Aktienanleihen Hohe Zinsen gibt es nicht ohne Risiko

Hendrik Buhrs
Finanztip-Experte für Bank und Börse

Das Wichtigste in Kürze

  • Aktienanleihen sind spezielle Wertpapiere. Sie kombinieren die regelmäßigen Zinszahlungen einer Anleihe mit dem Kursrisiko einer einzelnen Aktie.
  • Im Anleiheteil des Geschäfts erhält der Anleger Zinsen für das überlassene Kapital. Diese sind deutlich höher als bei risikolosen Anlagen wie Festgeld.
  • Der Preis der höheren Zinsen sind mögliche Verluste bei der Rückzahlung des Kapitals: Ist die Aktie gefallen, erhält der Anleger nur noch den Aktienwert zurück.
  • Aktienanleihen sind eine Finanzwette, die Privatanleger in der Regel kaum überblicken können. Sie taugen daher nicht für die langfristige Vermögensanlage.

So gehst Du vor

  • Falls Du Dich gut mit Wertpapieren auskennst und bereits ein breit gestreutes Portfolio hast, kannst Du auch mal zu einer Aktienanleihe greifen.
  • Wenn Du ein unerfahrener Privatanleger bist, wink ab, wenn Dir Deine Bank Aktienanleihen anbietet.
  • Willst Du einfach und langfristig Vermögen aufbauen, streu das Anlagerisiko über viele Unternehmen. Das passende Instrument dafür ist ein börsengehandelter Indexfonds (ETF), der den Weltaktienindex MSCI World nachempfindet.
  • Empfehlenswerte Depots mit den niedrigsten Gebühren findest Du bei Finanzen.net Zero, Justtrade, Scalable Capital (Free Broker), Trade Republic und Flatex. Günstige Depots mit breitem Leistungsspektrum gibt es bei ING, ConsorsbankComdirect und 1822direkt.

„Sichern Sie sich jetzt attraktive Renditen auf Aktienanleihen auf Thyssenkrupp, VW, Vonovia!“ So wirbt ein Finanzportal im November 2018 für recht spezielle Wertpapiere. In der Tat klingen Zinsen von bis zu 10 Prozent verlockend. Doch Anleger müssen vorsichtig sein: Denn Aktienanleihen versprechen zwar höhere Zinsen, bergen aber ein großes Verlustrisiko. Börseneinsteiger sollten besser die Finger davon lassen.

Wie funktionieren Aktienanleihen?

Aktienanleihen gehören zu den Zertifikaten, sie sind dem Wesen nach sogenannte Inhaberschuldverschreibungen. Das bedeutet: Es gibt einen Herausgeber (Emittenten), der das Papier als Finanzprodukt „zusammenbaut“ und eine Gegenpartei (zum Beispiel ein Privatanleger), der das Papier kauft. Emittent einer Aktienanleihe ist meist eine Bank.

Ihrem Wesen nach ähneln Aktienanleihen klassischen Anleihen: Für einen bestimmten Zeitraum (die Laufzeit) erhält der Anleger vom Emittenten eine feste Zinszahlung. Am Ende der Laufzeit bekommt der Anleger sein Kapital zurück.

Allerdings ist die Höhe der Rückzahlung bei einer Aktienanleihe an den Kurs einer bestimmten Aktie gekoppelt: Liegt der Aktienkurs des Unternehmens am Ende der Laufzeit unter einem vorab festgelegten Preis, erhält der Anleger nicht mehr sein gesamtes Kapital zurück, sondern nur noch den Gegenwert einer festgelegten Zahl von Aktien – oder die Aktien selbst. Wie der Ausgleich erfolgt (ob in bar oder in Aktien), darf die Bank entscheiden.

Als Risikoausgleich kann es hohe Zinsen geben

Als Ausgleich für das Risiko, dass am Ende Geld „fehlt“, ist das Zinsversprechen bei Anleihen besonders hoch – bis in den zweistelligen Bereich hinein. Unter dem Strich gilt also: Nur wenn der Aktienkurs gleich bleibt oder steigt, erhalten Anleger den vollen Darlehensbetrag zurück. Fällt der Kurs dagegen unter einen bestimmten Wert, drohen finanzielle Einbußen – im schlechtesten Fall sogar der Totalverlust des eingesetzten Geldes.

Ein weiteres Risiko liegt beim Herausgeber der Aktienanleihe. Wird der Emittent – die Bank – zahlungsunfähig, erhalten Anleger weder ihre Zinszahlungen noch den Darlehensbetrag zurück. Hier spricht man vom Emittentenrisiko.

Worauf kommt es bei einer Aktienanleihe an?

Um die Funktionsweise der Aktienanleihen im Detail zu verstehen, sollten Anleger folgende wichtige Begriffe gehört haben. Sie setzen den vertraglich bestimmten Rahmen für das Geschäft:

Laufzeit - Sie kann variieren und liegt etwa zwischen einem Monat und bis zu zwei, maximal drei Jahren. Je länger die Laufzeit, desto unvorhersehbarer ist häufig die Entwicklung des Aktienkurses.

Basiswert - Das ist eine bestimmte an der Börse notierte Aktie. Wenn der Kurs des Basiswertes fällt, sinkt in der Regel auch der Preis der Aktienanleihe.

Basispreis - In der Regel entspricht er dem Kurs des Basiswerts am Tag der Ausgabe (Emission) der Aktienanleihe. Der Basispreis wird vorab definiert und dient am finalen Bewertungstag als Vergleichswert.  

Höhe der Zinszahlung (Kupon) - Die Zinszahlung bekommt der Anleger je nach Gestaltung des Produktes entweder am Ende der Laufzeit oder zwischendurch ausgezahlt. Die genaue Höhe des Kupons hängt unter anderem davon ab, wie stark die Aktie (der Basiswert) schwankt.

Nennwert - Das ist der Wert eines Aktienanleihen-Anteils. In der Regel liegt die kleinste handelbare Stückelung bei 1.000 Euro Nennwert. Der Anleger muss der Bank also mindestens diesen Betrag zur Verfügung stellen.

Wann lohnt die Aktienanleihe für den Anleger?

Ob sich das Darlehensgeschäft mit der Bank für den Anleger insgesamt lohnt, hängt vom Basispreis der Aktie im Zusammenspiel mit den garantierten Zinszahlungen ab. Du solltest vier Situationen unterscheiden:

  1. Die Aktie hält ihren Wert - Steht der Kurs der Aktie zum Stichtag ebenso hoch oder höher als der Basispreis, profitieren Anleger maximal. Sie erhalten dann den gesamten Darlehensbetrag von der Bank in bar zurück – und haben über die Laufzeit oder am Ende zusätzlich hohe Zinsen kassiert.
  2. Die Aktie verliert moderat an Wert - Notiert die Aktie etwas unter Basispreis, wird die Bank sehr wahrscheinlich ihr Wahlrecht wahrnehmen und dem Anleger statt Barem Aktien zurückgeben. Die Anzahl ist vorher festgelegt. Bei einem Nennwert von 1.000 Euro und einem Basispreis von 40 Euro, bekommen Anleger also 25 Aktien ins Depot gebucht.

    Der Wert dieser Aktien ist allerdings gesunken – zusammen sind sie weniger wert als der ursprüngliche Darlehensbetrag (Nennwert). Sofern die vereinbarten Zinszahlungen hoch genug waren, können Anleger den Wertverlust jedoch kompensieren. Insgesamt ziehen sie noch eine positive Rendite aus dem Geschäft.
  3. Die Aktie verliert stark an Wert - Auch in dem Fall wird die Bank Aktien statt Barem liefern. Der Wertverlust zum Nennwert ist jetzt aber beträchtlich. Die Zinszahlungen können diesen Wertverlust nicht mehr ausgleichen. Insgesamt ziehen Sparer eine negative Rendite aus dem Geschäft. Ist die Aktie wertlos geworden, bleibt Anlegern nur der Kupon. Sie erleiden dann nahezu einen Totalverlust.
  4. Die Aktie steigt deutlich im Wert - Der Rückzahlbetrag der Aktienanleihe ist immer auf den Nennwert plus Zinsen beschränkt. Somit können Anleger von Kurssteigerungen der Aktie nicht über den Basispreis hinaus profitieren. Anders als bei einem Direktinvestment in eine Aktie erhalten Anleger bei Aktienanleihen auch keine Dividendenzahlungen. Steigt der Kurs stark an, wäre ein Direktinvestment für Anleger profitabler gewesen.

Wer eine neu aufgelegte Aktienanleihe zeichnet, muss also eine bestimmte Meinung über den voraussichtlichen Kursverlauf haben: Der Aktienkurs sollte sich während der Laufzeit eher seitwärts entwickeln, also etwa gleich bleiben, oder mindestens: nicht sinken.

Was sind Protect-Aktienanleihen?

Anleger können auch eine entschärfte Version der klassischen Aktienanleihen kaufen: Die Aktienanleihe Protect – auch Aktienanleihe Plus genannt. Dabei zahlt die Bank auch dann den vollen Darlehensbetrag zurück, wenn die Aktie zum Laufzeitende an Wert verloren hat.  

Voraussetzung dafür ist jedoch, dass der Aktienkurs nicht unter einen vorab definierten Kurs fällt. Weil das Risiko niedriger ist, ist auch der garantierte Zins geringer als bei klassischen Aktienanleihen.

Unterschreitet der Aktienkurs einmal den kritischen Wert, entfällt die Protect-Funktion. Dann verwandelt sich das Produkt in eine klassische Aktienanleihe, bei der die Rückzahlbedingungen wieder vom Aktienkurs am Bewertungstag abhängen.

Was müssen Anleger beachten?

Aktienanleihen sind grundsätzlich nichts für Börseneinsteiger. Sie koppeln ihren finanziellen Einsatz an die Kursentwicklung einer einzelnen Aktie: Schon ein Skandal oder schlechte Geschäftszahlen können den Referenzwert für die Anleihe absinken lassen, selbst wenn sich der Aktienmarkt insgesamt positiv entwickelt. Für den langfristig ausgerichteten Privatanleger gehören Aktienanleihen also in die Kategorie unnötiges Finanzprodukt.

Finanztip empfiehlt Anlegern, die langfristig Vermögen aufbauen wollen, nie auf eine einzelne Aktie zu spekulieren, sondern das Risiko immer auf viele Unternehmen zu verteilen. Gut dafür eignen sich weltweit ausgerichtete und kostengünstige Aktien-Indexfonds (ETFs). Die Anteile lagerst Du am besten in einem kostenlosen Wertpapierdepot.

Mehr dazu im Ratgeber Indexfonds/ETFs

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  • Unsere ETF-Empfehlungen für MSCI-World-ETFs: iShares (ISIN: IE00B4L5Y983), Xtrackers (ISIN: IE00BJ0KDQ92) und Invesco (IE00B60SX394); für MSCI-All-Countries-World-ETFs: SPDR (IE00B44Z5B48) und iShares (IE00B6R52259)

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  • Mit dem richtigen Wertpapierdepot zahlst Du wenig fürs Kaufen und Verkaufen von Aktienfonds (ETFs).
  • Finanztip empfiehlt zehn Depotangebote. Jeweils am stärksten: ING (Preis-Leistung), Finanzen.net Zero (Kosten) und Comdirect (Leistungsumfang).

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Konditionen genau prüfen

Anleger bekommen Aktienanleihen vor allem dann angeboten, wenn sie ein Wertpapier-Portfolio bei einer Bank haben. Neu aufgelegte Aktienanleihen bietet die Bank ihren Kunden „zur Zeichnung“ an. Wer sich entscheidet, das Papier zu kaufen, erhält die Anleihen dann nach Ende der Zeichnungsfrist ins Depot gelegt und kann sie dort bis zum Ende der Laufzeit lassen.

Es gibt allerdings auch einen Sekundärmarkt. Wer sich also für ein Investment in Aktienanleihen interessiert, kann passende Produkte auch an der Börse oder zum Beispiel über die Portale onvista.de oder finanzen.net finden. Beim Sekundärmarkt wirken dieselben Mechanismen wie bei klassischen Anleihen: Abhängig vom aktuellen Marktzins und den Erwartungen an den Aktienkurs ist die Aktienanleihe teurer oder günstiger als ihr Nennwert. Vorab sollten Anleger außerdem auf diese Konditionen achten:

Zinssatz - Er kann sich nicht nur auf ein Jahr beziehen, sondern auf die gesamte Laufzeit. Die Finanztip-Empfehlung lautet also: Achte genau auf die Laufzeit der Aktienanleihe und worauf sich der angegebene  Zinssatz bezieht.

Stückzinsen - Sie können zusätzlich zum Kaufpreis anfallen. Den vollständigen Kupon erhalten Anleger nur, wenn sie die Aktienanleihe über die gesamte Laufzeit halten. Wer sie zwischendurch kauft, muss bereits aufgelaufenen Zinsen unter Umständen erstatten. Die Finanztip-Empfehlung lautet: Frag beim Emittenten nach, ob die Stückzinsen eingepreist sind.

Basiswert - Investoren sollten nicht nur auf den Kupon achten, sondern sich auch ausführlich mit den Entwicklungschancen der zugrunde liegenden Aktie befassen. Nur so können sie Chancen und Risiken  der künftigen Marktentwicklungen einer Aktie realistisch einschätzen. Außerdem sollten sie gegenüber dem Basiswert positiv eingestellt sein, denn unter Umständen bekommen sie diese Aktie am Ende der Laufzeit ins Depot gebucht.

Autoren
Isabelle Modler
Sara Zinnecker

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