Jährliche Sonderzahlung vom Arbeitgeber Wer bekommt Weihnachts­geld?

Expertin für Recht - Dr. Britta Beate Schön
Dr. Britta Beate Schön
Finanztip-Expertin für Recht

Das Wichtigste in Kürze

  • Nicht alle Beschäftigten bekommen Weihnachts­geld. Die jährliche Sonderzahlung gibt es nur, wenn sich Dein Arbeitgeber im Arbeits- oder Tarifvertrag dazu verpflichtet hat.
  • Arbeitgebende, die Weihnachts­geld zahlen, dürfen es kürzen, wenn Du in Elternzeit gehst oder längere Zeit krank bist.
  • Laut Bundes­arbeits­gericht kann Dir ein Teil der Sonderzahlung von Deinem alten Arbeitgeber zustehen, wenn Du im Laufe des Jahres den Job gewechselt hast.

So gehst Du vor

  • Im Be­werbungs­ver­fahren solltest Du klären, ob der neue Arbeitgeber Sonderzahlungen wie Weihnachts­geld leistet.
  • Will Dein Arbeitgeber das Weihnachts­geld kürzen oder verlangt er sogar Rückzahlung, solltest Du Dich beraten lassen. Nicht immer sind solche Forderungen berechtigt.
  • Bei einem Jobwechsel während des Jahres kannst Du oft vom alten Arbeitgeber für jeden Beschäftigungsmonat ein Zwölftel der Sonderzahlung verlangen.

Über die Hälfte aller Beschäftigten können sich in Deutschland am Jahresende über Weihnachts­geld freuen. Gehörst Du dazu? Wir erklären Dir, wann Du Anspruch auf die Sonderzahlung hast. Und was Du tun kannst, wenn Dein Arbeitgeber Weihnachts­geld kürzen will oder sogar zurückfordert.

Wer hat Anspruch auf Weihnachts­geld?

Weihnachts­geld ist ein schönes Extra zum Jahresende. Meist wird es den Beschäftigten schon mit dem Novembergehalt ausgezahlt. Aber nicht alle bekommen es. Um Anspruch auf die Jahres­sonder­zahlung zu haben, braucht es eine rechtliche Grundlage – das kann zum Beispiel ein Tarif- oder Arbeits­vertrag sein.

Tarifvertrag - In vielen Tarif­verträgen haben die Vertreter von Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden vereinbart: Die Beschäftigten bekommen eine Jahres­sonder­zahlung. Unter diesem Begriff werden Urlaubs- und Weihnachts­geld mittlerweile oft zusammengefasst (vgl. § 20 TVöD). Betriebe mit Tarif­verträgen zahlen diese Sonderleistung häufiger. Im Jahr 2023 bekommen rund 86 Prozent der Beschäftigten mit Tarifvertrag Weihnachts­geld. Ohne Tarifvertrag sieht es deutlich schlechter aus mit dem Weihnachts­geld.

Arbeits­vertrag - Auch im Arbeits­vertrag kann ein Anspruch auf Weihnachts­geld geregelt sein. Eine solche Regelung könnte so lauten: „Es wird Weihnachts­geld in Höhe von 50 Prozent eines monatlichen Bruttogehalts bezahlt.“ Ohne Tarifvertrag bekommen laut einer Online-Umfrage des Portals Lohnspiegel.de in den Jahren 2022 und 2023 nur rund 42 Prozent der Beschäftigten eine Sonderzahlung zu Weihnachten.

Betriebsvereinbarung - Einige Unternehmen, die keiner Tarifbindung unterliegen, haben eventuell Betriebsvereinbarungen, aus denen sich für die Beschäftigten ein Anspruch auf Weihnachts­geld ergibt. Viele Fragen rund um die Jahres­sonder­zahlung lassen sich dort regeln: der Zweck der Zahlung, die Voraussetzungen, die Höhe, Details zur Kürzung und Rückzahlung von Weihnachts­geld. Wichtig: Eine solche Betriebsvereinbarung kann auch wieder gekündigt werden.

Betriebliche Übung - Es kommt vor, dass Betriebe den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einen Bonus zum Jahresende zahlen, es dazu aber nichts Schriftliches gibt. Geschieht das regelmäßig, kann sich daraus ein Anspruch auf Weihnachts­geld ableiten lassen. Zahlen Unternehmen mindestens dreimal Weihnachts­geld ohne Vorbehalt, dann sind sie im vierten Jahr dazu verpflichtet. Arbeitgeber können das verhindern, indem sie klar darauf hinweisen, dass es sich um eine einmalige Leistung handelt und sich daraus kein Anspruch für die Zukunft ergibt. Es reicht aber nicht, zu schreiben, dass es sich beim Weihnachts­geld um eine freiwillige Leistung handelt (BAG, 23.01.2023, Az. 10 AZR 116/22).

Gleich­be­handlungs­grund­satz - Auch aus dem arbeitsrechtlichen Gleich­be­handlungs­grund­satz können Arbeitnehmende vielleicht einen Anspruch auf Weihnachts­geld ableiten. Etwa dann, wenn nur einige Mitarbeiter die Sonderzahlung bekommen, ohne dass es dafür einen sachlichen Grund gibt.

Tipp: Im Einstellungsgespräch solltest Du Dich erkundigen, ob Du Weihnachts­geld oder andere Sonderzahlungen bekommst. Diese Gratifikation kann ein wichtiger Baustein für Dein Jahresgehalt sein.

Freiwillige Sonderzahlung zum Inflationsausgleich

Einige Menschen, die bisher kein Weihnachts­geld bekamen, konnten sich im vergangenen Jahr über eine Sonderzahlung freuen. Seit dem 26. Oktober 2022 konnten Arbeitgebende ihren Beschäftigten zusätzlich zum Lohn steuer- und abgabenfrei bis zu 3.000 Euro als Inflationsausgleichsprämie zahlen (§ 3 Nr. 11c EStG). Eine solche Zahlung ist noch bis Ende 2024 möglich. Die Inflationsausgleichsprämie ließ sich auch in mehrere Zahlungen aufteilen. Du hast allerdings keinen Anspruch auf diese Prämie.

Wie viel Weihnachts­geld gibt es?

Viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bekommen zusätzlich ein halbes Monatsgehalt als Weihnachts­geld, einige sogar ein volles, das sogenannte 13. Monatsgehalt. Üblich ist ein zusätzlicher Monatslohn bei Banken, in der chemischen Industrie oder bei der Deutschen Bahn. Im Jahr 2023 haben laut Böckler-Stiftung Tarifbeschäftigte je nach Branche zwischen 250 und 3.800 Euro Weihnachts­geld bekommen. Vor den Festtagen kann die Sonderzahlung also eine kleine Finanzspritze oder aber ein wichtiger Beitrag zu Deinem Haushaltseinkommen sein.

Wie viel Weihnachts­geld Du bekommst, steht entweder in dem für Dich geltenden Tarifvertrag oder in Deinem Arbeits­vertrag. Besser ist es, wenn Du einen prozentualen Anteil vom Monatslohn bekommst. Dann erhöht sich Dein Weihnachts­geld mit jeder Lohnerhöhung.

Es kann auch sein, dass Dein Arbeits­vertrag nicht genau festlegt, wie viel Weihnachts­geld Du bekommst und Dein Arbeitgeber jedes Jahr neu entscheidet, was die Beschäftigten erhalten. Das ist grundsätzlich auch zulässig. Denn damit ist hinreichend deutlich, dass Du einen Anspruch auf Weihnachts­geld hast. Gibt es Streit um die Höhe, kann das Arbeitsgericht anstelle des Arbeitgebers die Höhe festsetzen (BAG, 16.01.2013, Az. 10 AZR 26/12).

In Tarif­verträgen wird die Höhe der Sonderzahlung oft an die Dauer der Be­triebs­zu­ge­hörig­keit gekoppelt: Je länger Du für Deinen Arbeitgeber tätig bist, desto mehr Weihnachts­geld bekommst Du. Einige Unternehmen überweisen einen festgelegten Pauschalbetrag, zum Beispiel 500 Euro.

Weihnachts­geld und Steuer

Von Deinem Weihnachts­geld musst Du Beiträge zur Sozialversicherung zahlen, also zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung. Wie viele Abzüge Du hast, kannst Du in Deiner Lohnabrechnung für November oder Dezember sehen. Besonderheiten ergeben sich, wenn Dein Gehalt und die Sonderzahlung zusammen die jeweiligen Bei­trags­be­messungs­grenzen übersteigen.

Du musst die Sonderzahlung auch voll versteuern. Sie ist kein Arbeitslohn, sondern zählt zu den sogenannten sonstigen Bezügen. Für solche Einmalzahlungen wird die Lohnsteuer nach der Jahres­lohn­steuer­tabelle ermittelt. Dadurch wird die sogenannte steuerliche Progression etwas abgemildert. Dennoch bleibt oft weniger vom Weihnachts­geld übrig, als Du vielleicht erwartet hast.

Übrigens: Weihnachts­geld ist bis zur Hälfte des monatlichen Arbeitseinkommens, höchstens jedoch bis zum Betrag von 500 Euro, nicht pfändbar (§ 850a Nr. 4 ZPO).

Was gilt für Weihnachts­geld unter Vorbehalt?

Viele Arbeitgebende zahlen zwar Weihnachts­geld, betonen aber, dass die Jahres­sonder­zahlung freiwillig ist und für die Zukunft kein Anspruch entsteht. Oft sind diese Vorbehalte allerdings unwirksam.

Was ist der Frei­willig­keits­vor­behalt?

Mit einem sogenannten Frei­willig­keits­vor­behalt im Arbeits­vertrag soll verhindert werden, dass ein einklagbarer Anspruch auf Weihnachts­geld entsteht. Das klingt dann oft so:
„Weihnachtsgeld und andere Sonderzahlungen werden freiwillig gewährt. Auf diese Leistungen besteht auch nach wiederholter Gewährung kein Rechtsanspruch – weder der Höhe noch dem Grund nach.“

Steht im Arbeits­vertrag klar und deutlich, dass die Sonderzahlung freiwillig ist, dann entscheidet sich jedes Jahr, ob Du Weihnachts­geld bekommst und in welcher Höhe. Viele Frei­willig­keits­vor­behalte in Arbeitsverträgen sind aber unwirksam, da sie unklar oder widersprüchlich sind und damit den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligen (§ 307 BGB).

Ein Beispiel: Sagt der Arbeitgeber im Arbeits­vertrag eine Sonderzahlung in einer bestimmten Höhe ausdrücklich zu und bestimmt in einer anderen Klausel, dass der Arbeitnehmer keinen Rechtsanspruch auf die Sonderzahlung hat, dann widersprechen sich die Regelungen (BAG, 20.02.2013, Az. 10 AZR 177/12). Die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer hat in diesem Fall Anspruch auf die Sonderzahlung, die er einklagen könnte.

Auch ein Frei­willig­keits­vor­behalt in Kombination mit einer Klausel, dass alle Änderungen des Arbeits­vertrags schriftlich erfolgen müssen, kann unwirksam sein (BAG, 25.01.2023, Az. 10 AZR 109/22). Dementsprechend sind nur solche Frei­willig­keits­vor­behalte wirksam, wenn gleichzeitig explizit im Arbeits­vertrag steht, dass spätere individuelle Absprachen zwischen den Parteien von diesem Vorbehalt ausgenommen sein sollen.

Zahlt der Arbeitgeber Weihnachts­geld, ohne sich dazu im Arbeits- oder Tarifvertrag verpflichtet zu haben, kann er bei Auszahlung jedes Mal darauf hinweisen, dass die Zahlung freiwillig erfolgt. Diese Form des Frei­willig­keits­vor­behalts ist rechtens und verhindert eine betriebliche Übung. Einen Anspruch auf regelmäßges Weihnachts­geld gibt es dann nicht.

Was ist der Wider­rufs­vor­be­halt?

In einigen Arbeitsverträgen steht, dass der Arbeitgeber die Zusage von Weihnachts­geld widerrufen kann. Das klingt dann so:
„Weihnachtsgeld und andere Sonder­zu­wen­dungen können für die Zukunft widerrufen werden, sofern die Ertragssituation derartige Zahlungen nicht zulässt.“

Ein solcher Wider­rufs­vor­be­halt ist selten zulässig. Denn die Regelung muss klar formuliert sein. Das scheitert oft daran, dass darin die Gründe für einen Widerruf fehlen – zumindest in Stichworten. Nur dann können Beschäftigte wissen, unter welchen Voraussetzungen sie keine Sonderzahlung mehr bekommen.

Steht im Vertrag, dass Weihnachts­geld eine „freiwillige, stets widerrufliche Leistung“ ist, dann ist das widersprüchlich. Zahlt der Arbeitgeber freiwillig, kann er es für die Zukunft nicht widerrufen. Freiwilligkeits- und Wider­rufs­vor­be­halt schließen sich gegenseitig aus. Sie sind deshalb in der Kombination unwirksam (BAG, 08.12.2010, Az. 10 AZR 671/09).

Wie funktioniert die Gleichbehandlung beim Weihnachts­geld?

Arbeitgebende dürfen nicht ohne Grund einzelne Mitarbeiter der Belegschaft von der Zahlung von Weihnachts­geld ausnehmen. Das gebietet der Gleich­be­handlungs­grund­satz. Zulässig wäre es aber, Beschäftigten  mit einem höheren Gehalt kein Extrageld zu bezahlen. Erlaubt ist es auch, erst nach ein paar Jahren der Be­triebs­zu­ge­hörig­keit eine Jahres­sonder­zahlung zu zahlen.

Zahlt das Unternehmen Weihnachts­geld an die Mitarbeitenden, dann müssen auch Teilzeitkräfte anteilig die Sonderzahlung bekommen (§ 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG). Gleiches gilt für Minijobber. Wichtig: Mit dem Weihnachts­geld darf die Geringfügigkeitsgrenze beim Minijob nicht überschritten werden.

Darf der Arbeitgeber Weihnachts­geld kürzen?

Arbeitgebende haben das Recht, Sonderzahlungen zu kürzen, wenn eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter während des Jahres krank war (§ 4a EntgFG). Dazu ist aber unbedingt eine Kürzungsvereinbarung notwendig. Die Kürzung darf für jeden Krankheitstag ein Viertel des durchschnittlichen Lohns pro Tag nicht überschreiten.

Bei einer lang andauernden Krankheit bekommen gesetzlich Krankenversicherte nach sechs Wochen keine Lohnfortzahlung mehr, sondern Krankengeld. Für diese Zeiten darf der Arbeitgeber die Sonderzahlung unter Umständen kürzen, auch ohne besondere Vereinbarung. Ähnlich ist es, wenn jemand in Elternzeit geht oder ein sogenanntes Sabbatical nimmt. Denn in diesen Zeiten ruht das Arbeitsverhältnis.

Wie sich solche Ruhezeiten auf das Weihnachts­geld auswirken, hängt davon ab, welche Ziele Arbeitgebende mit der Sonderzahlung erreichen wollen. Soll es zusätzlicher Lohn für geleistete Arbeit sein oder soll die Betriebstreue belohnt werden? Was gewollt ist, kannst Du oft an den Formulierungen erkennen.

Verschiedene Zwecke einer Sonderzahlung

Zweck der Sonderzahlungtypische Formulierungen
zusätzlicher Lohn„Der Arbeitnehmer erhält eine Weihnachtsgratifikation in Höhe eines Bruttomonatsgehalts, die mit der Gehaltsabrechnung für Dezember abzurechnen und auszuzahlen ist.“
Belohnung der Betriebstreue„Mit dem Weihnachts­geld bezweckt der Arbeitgeber die Belohnung der in der Vergangenheit gezeigten Betriebstreue und die Förderung zukünftiger Betriebstreue des Mitarbeiters.“
Mischform„Mit dem Weihnachts­geld bezweckt der Arbeitgeber die Belohnung der in der Vergangenheit gezeigten Betriebstreue und die Förderung zukünftiger Betriebstreue des Mitarbeiters. Gleichzeitig dient die Sonderzahlung der Belohnung der Arbeitsleistung als solcher.“

Quelle: Finanztip-Recherche (Stand: Dezember 2023)

Je nachdem, welches Ziel Dein Arbeitgeber mit dem Weihnachts­geld verfolgt, ergeben sich unterschiedliche Konsequenzen, falls Du für längere Zeit gefehlt hast.

Darf eine Sonderzahlung mit reinem Entgelt­charakter gekürzt werden?

Bei solchen Zahlungen, etwa einem echten 13. Monatsgehalt, darf der Arbeitgeber die Sonderzahlung  kürzen, wenn der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin länger fehlt. War er oder sie das ganze Jahr über krank, muss der Arbeitgeber kein Weihnachts­geld zahlen (BAG, 21.03.2001, Az. 10 AZR 28/00). Auch während der Elternzeit muss der Arbeitgeber kein Weihnachts­geld zahlen (BAG, 12.01.2000, Az. 10 AZR 840/98).

Wichtig: Bist Du sechs Wochen vor der Geburt und acht Wochen danach im gesetzlichen Mutterschutz, darf Dein Arbeitgeber wegen dieser Wochen die Jahres­sonder­zahlung nicht einfach kürzen – es sei denn, es liegt dazu eine besondere Vereinbarung vor.

Was gilt für die Sonderzahlung als Belohnung von Betriebstreue?

Wollen Arbeitgebende mit der Sonderzahlung die Betriebstreue belohnen, dürfen sie das Extrageld in der Elternzeit oder während einer lang andauernden Krankheit nicht kürzen. Für eine typische Gratifikation ohne Vergütungscharakter spricht, wenn die Höhe der Sonderzahlung sich unterhalb eines Monatsentgelts bewegt (BAG, 18.01.2012, Az. 10 AZR 667/10).

Betriebstreu kann eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter auch dann sein, wenn sie oder er nicht gearbeitet hat – etwa in einem Sabbatical. Bei ruhenden Arbeitsverhältnissen ist eine Kürzung des Weihnachts­gelds also in diesen Fällen nicht möglich. Das bedeutet: Selbst jemand, der das ganze Jahr nicht gearbeitet hat, da er krank war oder in Elternzeit, hat Anspruch auf Weihnachts­geld.

Beispiel: Annette ist seit Januar 2003 durchgehend bei ihrem Arbeitgeber beschäftigt. Sie ist seit Dezember 2021 bis heute durchgehend krank und hat nicht gearbeitet. Sie bekam seit 2004 immer mit dem Novembergehalt 1.500 Euro zusätzlich als Weihnachts­geld überwiesen. In den Abrechnungen war die jeweilige Leistung als „freiw. Weihnachts­geld“ bezeichnet. Der Arbeitgeber zahlte für 2022 und 2023 kein Weihnachts­geld. Zu Unrecht. Annette hat einen Anspruch auf Weihnachts­geld aus betrieblicher Übung. Der Arbeitgeber durfte die Sonderzahlung auch nicht wegen der Erkrankung kürzen. Dazu fehlte eine klare Vereinbarung (BAG, 23.01.2023, Az. 10 AZR 116/22).

Ist die Kürzung einer Sonderzahlung mit Mischcharakter erlaubt?

Soll mit dem Weihnachts­geld die Betriebstreue honoriert werden und soll es auch zusätzlicher Lohn für die geleistete Arbeit sein, kann im Vertrag stehen, dass bei ruhendem Arbeitsverhältnis die Sonderzahlung gekürzt werden darf. Ohne ausdrückliche Regelung darf der Arbeitgeber nicht einfach weniger zahlen. Von einer Sonderzahlung mit Mischcharakter ist immer auszugehen, wenn diese mehr als 25 Prozent des Jahresgehalts ausmacht.

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Wer bekommt Weihnachts­geld nach der Kündigung?

Hast Du während des Jahres Deinen Job gekündigt und bisher immer Weihnachts­geld bekommen, hast Du vielleicht noch Ansprüche gegen Deinen alten Arbeitgeber. Schau in Deinen Arbeits­vertrag, was mit der Sonderzahlung bezweckt wurde.

Sonderzahlung mit reinem Entgelt­charakter: Will der Arbeitgeber die im Jahr geleistete Arbeit mit dem Weihnachts­geld zusätzlich vergüten, dann steht Dir anteiliges Weihnachts­geld zu, wenn Du während des Jahres ausgeschieden bist (BAG, 13.05.2015, Az. 10 AZR 266/14). Für jeden Monat, den Du noch im Unternehmen beschäftigt warst, kannst Du ein Zwölftel des Weihnachts­gelds verlangen. War Dein letzter Arbeitstag zum Beispiel der 30. Juni, dann steht Dir noch das halbe Weihnachts­geld zu.

Sonderzahlung mit Mischcharakter: Hat die Weihnachts­geldzahlung Mischcharakter, dann wird mit dem Weihnachts­geld neben dem reinen Entgelt für die vergangenen Monate auch die Betriebstreue belohnt. Das hat zur Folge, dass der vor Weihnachten ausscheidende Mitarbeiter einen Anspruch auf anteilige Zahlung von Weihnachts­geld hat. Oft steht das auch ausdrücklich so im Arbeits­vertrag.

Wann greift eine Stichtagsklausel?

Arbeitgeber verwenden oft Stichtagsklauseln. Weihnachts­geld gibt es nur dann, wenn sich der Arbeitnehmer zu einem bestimmten Datum in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis befindet.

Will der Arbeitgeber mit dem Weihnachts­geld allein die Betriebstreue honorieren, ist eine solche Stichtagsregelung möglich. Es ist dabei egal, ob Du gekündigt hast oder gekündigt wurdest (BAG, 18.01.2012, Az. 10 AZR 667/10).

Zahlt der Arbeitgeber Weihnachts­geld für die Betriebstreue und die geleistete Arbeit, darf die Zahlung nicht von einem ungekündigten Arbeitsverhältnis an einem bestimmten Stichtag im Folgejahr abhängig gemacht werden. Entsprechende Klauseln im Arbeits­vertrag sind unwirksam (BAG, 13.11.2013, Az. 10 AZR 848/12). Trotz der Regelung im Arbeits­vertrag hat der Arbeitnehmer Anspruch auf anteiliges Weihnachts­geld.

Wichtig: In Tarif­verträgen können Stichtagsregelungen erlaubt sein, die in Einzel­arbeits­verträgen regelmäßig unzulässig sind (BAG, 27.06.2018, Az. 10 AZR 290/17). Die Sonderzahlungen sind oft ein Baustein in der Tarifstruktur. Dabei sind viele Formen zulässig. Deshalb ist eine Klausel, die ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis am 31. Dezember voraussetzt, auch dann wirksam, wenn die Jahressonderleistung auch eine zusätzliche – bereits verdiente – Vergütung sein soll (BAG, 03.07.2019, Az. 10 AZR 300/18).

Wann musst Du Weihnachts­geld zurückzahlen?

Es gibt Verträge mit Stichtagsklauseln, wonach Beschäftigte das Weihnachts­geld behalten dürfen, wenn sie zu einem festgelegten Termin im neuen Jahr noch im Unternehmen beschäftigt sind. Damit sollen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter länger an das Unternehmen gebunden werden.

Besteht das Arbeitsverhältnis dann zu diesem Datum nicht mehr, muss die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer das Weihnachts­geld zurückzahlen. Aber nicht in jedem Fall. Handelt es sich bei der Sonderzahlung um zusätzlichen Lohn, dann musst Du es in keinem Fall zurückzahlen. Anders sieht es aus, wenn das Weihnachts­geld als Belohnung der Betriebstreue gezahlt wurde. Die Rechtsprechung hat dazu die folgenden Grenzwerte festgelegt (BAG, 21.05.2003, Az. 10 AZR 390/02):

  1. Bei Weihnachts­geld von weniger als 100 Euro ist eine Rück­zahlungs­ver­pflichtung ausgeschlossen.
  2. Bei Weihnachts­geld von mehr als 100 Euro, aber unter einem Monatsgehalt darf der Arbeitgeber die Rückzahlung davon abhängig machen, dass der Arbeitnehmer noch bis zum Ablauf des ersten Quartals des Folgejahres für das Unternehmen tätig ist.
  3. Bei Weihnachts­geld von mehr als einem Monatsgehalt ist eine Bindung über den 31. März des Folgejahres zulässig.

Fordert Dein Ex-Arbeitgeber einen Bonus, Weihnachts­geld oder eine andere Sonderzahlung zurück, solltest Du Dich beraten lassen. Oft besteht ein solcher Anspruch nicht. Rechtsberatung bieten Anwaltskanzleien oder Gewerkschaften.

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