Dieselabgase auf der Straße im Stau
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Aktualisiert am 28.07.2017

Wer Diesel fährt, will vor allem günstig Auto fahren. Doch gerade für preisbewusste Autofahrer werden Diesel gerade zu einem denkbar schlechten Geschäft: Der Wiederverkaufswert ist in Gefahr. Das liegt daran, dass der Diesel viel Stickoxide ausstößt und damit die Gesundheit der Bewohner in den Innenstädten gefährdet. Die Probleme sind so groß, dass vielerorts Fahrverbote drohen.

In zwei Metropolen sind konkrete Fahrverbote im Gespräch: München und Stuttgart. In beiden Städten geht es um Fahrverboten für Diesel in der Innenstadt ab Anfang 2018. Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) sprach Mitte Juni erstmals von solchen Plänen. In Stuttgart ist schon länger von Straßensperrungen für Dieselfahrzeuge die Rede. Hintergrund sind die hohe Schadstoffbelastung und Klagen der Deutschen Umwelthilfe (DUH) gegen 16 Städte. Dazu gehören neben München und Stuttgart auch Düsseldorf, Köln, Bonn, Aachen, Essen, Gelsenkirchen, Frankfurt, Mainz und Berlin.

In München soll die Umweltzone gesperrt werden

Im Falle Münchens hatte die DUH im März vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs durchgesetzt, dass München bis Ende des Jahres einen wirksamen Luftreinhalteplan einführen muss. Denn in der Innenstadt werden die geltenden EU-Grenzwerte für Stickoxide immer wieder stark überschritten.

Die Werte einzuhalten ist nach Ansicht des Münchener Oberbürgermeisters ohne Fahrverbote kaum vorstellbar. Er sehe nicht, „wie wir künftig weiter ohne Sperrungen auskommen werden“. Betroffen von dem Plan wären alle Diesel außer Modelle mit Euro-6-Abgasnorm – also etwa 80 Prozent der Fahrzeuge. Für sie soll die Münchener Umweltzone ab 1.1.2018 tabu sein. Allerdings braucht es dazu entweder eine bundesweite Regelung oder eine gerichtliche Erlaubnis für die Stadtregierung. Darüber entscheidet vermutlich im Herbst das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig.

In Stuttgart verlangt das Verwaltungsgericht indirekt Fahrverbote

Für Stuttgart hatte die grün-schwarze Landesregierung in Baden-Württemberg zwar früh einen Luftreinhalteplan mit Straßensperrungen auf den Weg gebracht. Anfang Juli aber war Regierungschef Winfried Kretschmann (Grüne) davon abgerückt, eben mit Hinweis auf das Fehlen einer bundesweiten Regelung und der Hoffnung auf eine deutliche Senkung des Stickoxid-Ausstoßes der Dieselmotoren durch Nachrüstungen der Autoindustrie.

Mit dieser Haltung aber scheiterte die Landesregierung am 28. Juli vor dem Verwaltungsgericht in Stuttgart. Der Richter urteilte nicht nur, dass die bisher diskutierten Nachrüstungen der Diesel-Fahrzeuge auch unter günstigen Annahmen nicht ausreichten, um die Luft in Stuttgart sauber genug zu halten. Auch die bisher im Luftreinhalteplan der Stadt angedachten Fahrverbote seien nicht ausreichend. Ohne umfassende Fahrverbote werde es bis 2018 keine ausreichend gute Luft geben.

Das Stuttgarter Verwaltungsgericht urteilte außerdem, dass die fehlende Bundesregelung für umfassende Fahrverbote kein Grund sei, keine Fahrverbote in Stuttgart einzuführen. Dafür sei der Schutz der Gesundheit zu wichtig. Gegen das Urteil ist allerdings noch eine Revision möglich.

Dieselgipfel von Autoindustrie und Politik

Am 2. August findet auf Einladung der Bundesregierung ein Diesel-Gipfel von Politik und Autoindustrie statt. Dort sollen Lösungen für das Abgasproblem der Diesel beraten werden: Es geht um das Ausmaß der Maßnahmen und die Verteilung der Kosten. Der Daimler-Konzern ist bereits mit dem Rückruf für mehr als drei Millionen Diesel vorgeprescht. Dabei soll den Fahrzeugen ein Software-Update eingespielt werden, um die Abgasreinigung zu optimieren.

Es ist aber zweifelhaft, ob solche Software-Updates ausreichen. Das Verwaltungsgericht Stuttgart jedenfalls ist nicht überzeugt. Technisch ist es wohl möglich, Diesel mit Euro 5 richtig auf den Euro 6-Standard aufzurüsten. Dafür müsste aber auch das Auto selbst verändert werden, nicht nur die Software. Experten gehen von Kosten von etwa 1.500 bis 2.000 Euro aus. Etwa 40 Prozent aller Diesel fallen in die Kategorie Euro 5.

Den Diesel verkaufen oder reklamieren

Die Zukunft des Diesels ist also ungewiss. Die Anschaffung eines neuen Diesels sollten Sie nach Möglichkeit herauszögern. Wer ein Auto des VW-Konzerns mit manipulierter Software besitzt, sollte deshalb die Gelegenheit ergreifen, das Auto einfach zurückzugeben und auf Entschädigung zu klagen. Es gibt Rechtsdienstleister, die Ihnen den Prozess und das Risiko komplett abnehmen. Wie das geht, lesen Sie in unserem Ratgeber zum Abgas-Skandal.

Denkbar ist auch ein Verkauf – und zwar bevor der Wert Ihres Autos unnötig fällt. Also am besten bevor Innenstädte den Diesel tatsächlich aussperren. Wie das ganz bequem geht, lesen Sie im Gebrauchtwagen-Ratgeber. Für Gewerbetreibende würde es sicher die ein oder andere Ausnahme vom Fahrverboten geben. Nicht aber für normale Autofahrer.

An stark befahrenen Straßen sind hauptsächlich Autos die Quelle gefährlicher Stickoxide, vor allem Dieselmodelle. Dagegen hilft nur eine effektive Abgasreinigung. Die aktuell schärfste Abgasnorm ist Euro 6. Allerdings will die DUH auch ein Fahrverbot für Euro-6-Diesel erwirken. Denn diese produzieren im tatsächlichen Betrieb erheblich mehr Stickoxide als im Prüfzyklus im Labor. Nach diesen Werten aber wird entschieden, ob ein Diesel die aktuelle Euro 6-Norm erfüllt.

Stickoxide kosten Zehntausenden vorzeitig das Leben

Stickoxid ist ein Reizgas, das vor allem Menschen mit Allergien und Atemwegsinfekten zu schaffen macht. Bei hohen Belastungen nehmen Herz-Kreislauferkrankungen und Sterblichkeit zu. Einer Studie zufolge zufolge ist pro Jahr allein in Europa von 30.000 vorzeitigen Todesfällen durch Stickoxide aus Dieselmotoren auszugehen. Nach Einschätzung der Europäischen Umweltagentur, einer offiziellen EU-Behörde, starben 2012 in Europa sogar 72.000 Menschen vorzeitig, wenn man außer dem Dieselauto auch alle anderen Stickoxid-Quellen berücksichtigt. Allein in Deutschland waren es demnach 10.400 Tote.

Matthias Urbach
Autor

Stand:

Matthias Urbach war von 2014 bis 2022 stellvertretender Chefredakteur von Finanztip. Als Diplomphysiker und Absolvent der Henri-Nannen-Schule kombiniert er analytisches und redaktionelles Know-how. Zuvor war er unter anderem als Verlagsdirektor beim SpringerNature-Wissenschaftsverlag und als Leiter von taz.de tätig.

15 Kommentare

  1. Liebe Frau Wolf,

    da bin ich leider überfragt. Damit müssten Sie sich an einen Anwalt wenden. Ich vermute aber, dass Sie so eine Regelung nicht ohne Weiteres durchsetzen können. Sie müssten vermutlich wie alle anderen auf Rückgabe oder Schadenersatz klagen.

    Dazu hier der Link auf unseren Ratgeber: http://www.finanztip.de/vw-abgasskandal/

    Bester Grüße
    Matthias Urbach

  2. Hallo Herr Urbach,

    ich habe einen betroffenes Audimodell und habe schon ein Update letztes Jahr erhalten. Das Auto ist finanziert. Kann ich aufgrund des Wertverlustes eine niedrigere Rate verlangen?
    Bei der Schlussrate mache ich mir keine Sorgen wegen des verbrieften Rückgabewerts.

    Vielen Dank für Ihre Antwort.

    Mit freundlichen Grüßen
    Christina Wolf

  3. Wenn die Städte schon vor Jahren angefangen hätten, mehr für den Radverkehr zu tun, wäre das Klima in den Städten inzwischen bestimmt besser. Aber das scheinen die Politiker immer noch nicht begriffen zu haben, wie der aktuelle Fahrradklimatest des ADFC zeigt: http://www.fahrradklima-test.de/
    Stattdessen werden in vielen Städten Autos immer noch bevorzugt behandelt und Radfahren können sehen, wo sie bleiben… Dann muss man sich über so viele Autos in der Stadt nicht wundern…

  4. Hallo Meiner Meinung nach sind die von Gott, Entschuldigung,der EU
    Festgelegten Feinstaudgrenzwerte absolut willkürlich und die damit verbundenen
    Todesfälle für mich als Bürger nicht beweisbar den Dieselpkwfahrern anzulasten sind.
    Des weiteren halte ich das Ganze für eine abgekartete Aktion zwischen Politik und
    Autoindustrie ( vergleichbar mit der Abwrackprämie vor einigen Jahren ) um deren
    Verkaufszahlen zu Lasten der Dieselfahrern anzukurbeln,da ja die Zuzahlungsprämie
    unserer Regierung für Elektroautos ein Flopp ist und war.

  5. Die kleinen Benziner heutzutage verbrauchen auch nicht mehr viel, sollen doch alle mal anfangen umzusteigen. Sparen auf Kosten der Umwelt ist ein schlechtes Geschäft, vielleicht nicht für uns aber für unsere Enkel und deren Kinder!

    1. Liebe Nathalie,

      das hängt ganz von der konkreten Ausgestaltung ab. Da die Bundesregierung bisher keine einheitliche Regelung aufgesetzt hat (Stichwort „Blaue Plakette“), ist das noch völlig offen. Und möglichweise von Stadt zu Stadt unterschiedlich.

      Wenn sich die Regel aber an die bestehende Umweltzonen-Regel anlehnt, dann hieße das: Oldtimer dürfen fahren.

      Siehe hier:
      http://www.umweltbundesamt.de/themen/luft/luftschadstoffe/feinstaub/umweltzonen-in-deutschland#textpart-6

      Mit besten Grüßen
      Matthias Urbach

  6. Vorab, es ist schon schlimm daß heutige Luftverschmutzung zugenommen hat.
    Aber warum muß Deutschland, als eines der kleinsten Luftverschmutzer, immer die Welt retten? Weil unsere Regierung herausgefunden hat, daß man damit die Bürger sehr gut zur Kasse beten kann.
    Die Autolobby verstehen ebenfalls ihr Geschäft sehr gut.
    Unsere alten Autos, bei uns die sogenannte Luftverschutzer, werden dannins Ausland verkauft und die dort weiterhin gleiche Luft.
    Toll

    1. Sehr geehrter Herr Ulbrich,
      ein Software-Update verbessert nicht automatisch die Schadstoffklasse. Ich vermute Sie fahren einen Diesel aus dem VW-Konzern?
      Beste Grüße
      Matthias Urbach

  7. Fahrer eines manipulierten Diesel-Autos haben wenigstens die Möglichkeit zu klagen und vielleicht ihr Fahrzeug zurückzugeben. Ich fahre einen nicht-EA189-Euro5-Diesel aus dem VW-Konzern und bin trotzdem vom Wertverlust durch den Dieselskandal betroffen. Die Schuld liegt hier für mich eindeutig bei VW, aber durch die Vertuschung des Konzerns zusammen mit der Politik bleibe ich auf dem Wertverlust sitzen. Als einzige Konsequenz bleibt mir nur nie wieder ein Auto dieses Konzernes zu kaufen…

  8. Lieber Herr Henkel,

    Sie haben völlig recht: Man sollte nichts überstürzen. Wir haben uns bislang in dieser Frage auch eher bedeckt gehalten. Inzwischen verdichten sich aber die Indizien, dass wir in mehreren Städten nicht an Fahrverboten vorbeikommen. Die Politik hat lange versucht, das Thema klein zu halten, aber die Grenzwertüberschreitungen in Verbindung mit den Gerichtsurteilen erzwungen durch die DUH, haben nun die Situation verändert.

    Und falls Sie einen manipulierten VW besitzen: Den können Sie wahrscheinlich nur noch bis Ende des Jahres zurückgeben (eine Klage gegen VW vorausgesetzt).

  9. Was Sie zwar im Blog schreiben, im Newsletter aber nicht: Die Fahrverbote betreffen nicht die Euro 6 Diesel (von denen auch heute schon einige sehr geringe NOx-Werte selbst im Strassenbetrieb haben, auch hier müsste differenziert werden).
    Im übrigen reden wir über Vorhaben, es wird meiner Einschätzung nach nicht zu Fahrverboten kommen; die Kommunen werden andere Lösungen bevorzugen – und das ist auch angebracht und eventuell sogar wirksamer (z.B. intelligente Verkehrssteuerung).

    Jetzt pauschal die Empfehlung auszusprechen, mal ganz eben en passant seinen Diesel zu verkaufen, ist eine unseriöse Panikmache: Aufgrund der allgemeinen Verunsicherung durch ähnlich voreilige Ratschläge auch in anderen Medien wird man jetzt einen besonders niedrigen Preis erzielen.
    Ruhe bewahren, beim voreiligen Verkauf kann man viel Geld verlieren.

  10. Was wir vor allem brauchen sind weniger Menschen auf diesem Planeten. Menschen die nicht hier sind können auch nicht Autofahren, Strom verbrauchen, Müll produzieren! Es wird immer oberflächlich an kleinigkeiten gediktert anstatt das Problem mal beim Namen zu nennen und an der Wurzel zu Packen. maximal 1 Kind Pro Paar weltweit, kostenlose Verhütung für alle!

  11. Ich finde ein Fahrverbot für Diesel eine völlig überzogene und unverhältnismäßige Maßnahme. Auch das Euro6-Diesel ausgenommen werden sollen, verstehe ich nicht. Im realen Verkehr sind sie nicht viel besser als Euro5 Diesel. Ein solches Fahrverbot wird keine Verbesserung der Luftwerte bringen.
    Man sollte neben den Stickoxiden auch C02, Feinstaub durch Reifen und Bremsenabrieb und den Lärm durch Autos und LKW beachten und verringern. Auch Flugzeuge, Kraftwerke und Schiffe tragen hier übrigens einen Anteil bei.
    Für den Stadtverkehr heißt die Lösung nicht Diesel aussperren, sondern den Verkehr insgesamt zu verringern. Warum denkt hier z.B. niemand über ein generelles Tempolimit von 30 km/h in Städten nach ? Es würde den Verkehrsfluß flüssiger machen, ÖPNV und Fahrrad würde als Alternative interessanter werden und müsste entsprechend ausgebaut werden. Der Verkehr würde sicherer werden.
    Warum traut sich kein Politiker diesen Vorschlag zu machen und politisch umzusetzen ?

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