Tanken
Bild: CasarsaGuru / iStock.com

Autofahrer aufgepasst: Wenn Sie ein neues Auto kaufen wollen, können Sie den Herstellerangaben zum Spritverbrauch inzwischen überhaupt nicht mehr vertrauen. Lag der reale Verbrauch 2004 im Schnitt lediglich 10 Prozent über den Herstellerangaben, waren es 2009 bereits 20 Prozent – und inzwischen sind es sogar 42 Prozent. Das ergab eine große Studie (PDF) des ICCT-Instituts.

Die Hersteller nutzen die Spielräume des offiziellen Messverfahrens immer dreister aus. Der Unterschied schlägt schnell mit 400 bis 500 Euro zusätzlich im Jahr fürs Tanken zu Buche. Zwar gilt seit September ein neues Verfahren, aber nur für neue Fahrzeugtypen. Die Kombination aus einem besseren Test auf dem Prüfstand (WLPT), und einer Verbrauchsmessung auf der Straße (RDE) soll die Realität besser abbilden – wie gut das gelingt, ist noch unklar.

Noch schlimmer: Die Abweichungen beim Spritverbrauch streuen stark. Während zum Beispiel der Fiat 500 (0.9 Twinair) in der Praxis 75 Prozent mehr verbraucht, als vom Hersteller angegeben, gibt es ein Opel-Astra-Modell, bei dem es nur 7 Prozent sind. Das gilt aber nicht für alle Astras: So frisst ein anderes Modell 50 Prozent mehr Sprit.

Ob Mercedes C-Klasse, Audi A3, Seat Leon, Mini Cooper oder VW Touran – fast in jedem Autohaus finden sich Modelle, die auch die Hälfte mehr verbrauchen als vom Hersteller versprochen. Das ergeben Messungen von Fachzeitschriften.

Im folgenden eine Liste mit beispielhaften Werten und Fahrzeugen:

Modell Treibstoff Test-Ver-brauch Hersteller-Angabe Mehrver-brauch
Fiat 500 0.9 Twinair Super 7,3 4,2 75%
BMW 218d Gran Tourer Diesel 6,8 4,3 58%
Mercedes CLA 220 CDI Diesel 6,3 4 59%
Lexus NX 300h E-FOUR F Sport Super 8,3 5,3 57%
Audi A3 Sportback Super 7,3 4,7 59%
Seat Leon ST 1.4 TSI ACT Super 7,3 4,7 59%
Mini One Super 7,1 4,6 56%
Opel Astra 1.6 CDTI DPF ecoFLEX Diesel 5,8 3,9 49%
Mini Cooper D Diesel 5,2 3,5 49%
Toyota Yaris Hybrid Hybrid/ Super 4,9 3,3 48%
Peugeot 308 SW BlueHDi 150 Diesel 5,9 4 48%
Mercedes A 180 CDI Diesel 5,6 3,8 52%
Ford Mondeo Turnier 2.0 TDCI Diesel 6,6 4,5 49%
VW Touran 2.0 TDI BMT Diesel 6,4 4,4 50%
Audi A7 3.0 TDI quattro S tronic Diesel 7,5 5,2 44%
Opel Meriva Diesel 5,7 4 43%
Nissan Juke 1.5 dCi Tekna Diesel 5,7 4 43%
VW Golf Variant 1.6 BlueTDI Diesel 5,5 3,9 41%
Skoda Yeti 2.0 TDI Diesel 6,5 5,8 13%
VW Golf Sportsvan 1.4 TSI Super 6 5,6 7%
Audi Q3 2.0 TDI quattro S tronic Diesel 6,3 5,9 7%
Opel Astra 1.4 Turbo Sports Tourer Super 6,3 5,9 7%
Land Rover Defender 110 DPF Diesel 10,8 11,1 -3%

Quelle: autozeitung.de, Feb. 2016 und Autobild, 2014. Anmerkung: alle Werte gerundet

Besonders kurios: Der Land Rover verbraucht sogar minimal weniger als angegeben.

Für Käufer bedeutet das: Googeln Sie in jedem Fall den realen Spritverbrauch des Autos Ihrer Wahl. Solche Daten veröffentlichen zum Beispiel „Auto Bild“, „Auto Motor und Sport“ oder die „Auto Zeitung“, aber auch spezielle Portale wie spritmonitor.de. Das sammelt Angaben von Autobesitzern über den echten Verbrauch – und ist wie die Fachzeitschriften Grundlage für die ICCT-Studie gewesen.

Matthias Urbach
Autor

Stand:

Matthias Urbach war von 2014 bis 2022 stellvertretender Chefredakteur von Finanztip. Als Diplomphysiker und Absolvent der Henri-Nannen-Schule kombiniert er analytisches und redaktionelles Know-how. Zuvor war er unter anderem als Verlagsdirektor beim SpringerNature-Wissenschaftsverlag und als Leiter von taz.de tätig.

4 Kommentare

  1. ich fahre eine Volvo S60 Diesel mit 114 PS und komme mit 5,1 Liter auf 100 km.
    Das ist der Durchschnitt der vergangenen 4 Jahre.
    Voraussetzung ist natürlich auch vorausschauende Fahrweise.
    Damit liege ich auch höher als die „Werksangabe“. Aber der Verbrauch geht absolut in Ordnung.
    Manche KLEINKRAFTRÄDER (Mofas) brauchen auch 3-4 Liter pro 100 km.

  2. Die Studie ist das eine, die Interpretation ein andere. Die Studie basiert nicht auf normierten Verbräuchen, sondern größtenteils darauf, was Leute (unabhängig von ihrem Fahrstil und dem Wartungszustand ihres Autos, den Fahrstrecken, etc.) real verbrauchen. Zitat: …Grundlage sind Online-Einträge von privaten Fahrzeugbesitzern …Aufzeichnungen zu Betankungsvorgängen bei Dienstwagen…“
    Die Überschrift ist deswegen unseriös- tief unseriös, weil diese Schlussfolgerung bei der Studiensystematik nicht möglich ist.
    P.S.: Natürlich gehe ich davon aus, dass der Realverbrauch auch höher ist als die Herstellerangaben. Allerdings machen die Fahrweise und die eigenen Umstände eher noch mehr aus.

    1. Wenn genug Fahrer ihre Verbräuche eintragen, gleichen sich die Unterschiede im Fahrverhalten aus und man bekommt einen realistischen Wert. Auffällig ist, dass die Lücke zwischen der Prospektangabe der Hersteller und dem tatsächlichem Verbrauch immer größer wird. Vonseiten der Autobauer scheint keinerlei Interesse zu bestehen, die Kunden ehrlich zu informieren. Nicht einmal der Versuch wird gemacht. Deshalb finde ich solche Übersichten zutiefst hilfreich.

    2. Ich verstehe Ihren Punkt. Ich will Ihnen erläutern, warum wir trotzdem so zugespitzt haben:
      Die Methode der Messung des Spritverbrauchs beruhte auf einer Einigung der Behörden mit der Autoindustrie. (Einer sehr wohlwollenden seitens der Politik.) Die Industrie wirbt mit dem Wert. Und der Kunde kennt die Details überhaupt nicht. Nur wer Autozeitungen liest oder schon mal so ein Auto hatte und die Werte selbst verglichen hat, kennt den Unterschied.

      Es ist also höchste Zeit, dass das Verfahren realisitischer wird. Mal sehen, was der neue Test bringt.

      Wir Informierteren (zu denen Sie ja auch gehören) haben uns viel zu sehr daran gewöhnt, dass die Herstellerangaben bloß Werte für die Galerie sind.

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