Grundstücksrecht Ratgeber zum Nachbarrecht

Nachbarstreitigkeiten beschäftigen besonders häufig die Gerichte. Mit den wichtigsten Themen befasst sich dieser Beitrag:

Grundbegriff und Eigentumsbefugnisse 

Ein Grundstück besteht aus einem oder mehreren Flurstücken, für die nur ein Grundbuchblatt geführt wird (§ 3 Absatz 1 Grundbuchordnung). Damit ist ein räumlich abgegrenzter Teil der Erdoberfläche genannt. Zum Grundstück gehört alles, was mit diesem über und unter der Erdoberfläche verbunden ist. Besonderheiten gelten für den Überbau im Sinne von Paragraf 912 BGB.

Die Befugnisse des Grundeigentümers richten sich grundsätzlich nach Paragraf 903 BGB. Der Eigentümer kann danach mit dem Grundstück beliebig verfahren und andere vom Grundstück ausschließen. Diese Befugnisse werden jedoch begrenzt durch das Landesnachbarrecht (soweit vorhanden) sowie die Grundsätze des nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnisses. Auch ergeben sich Einschränkungen durch

  • Grunddienstbarkeiten (§ 1018 BGB) Mit einem solchen Recht wird ein Grundstück (sogenanntes dienendes Grundstück) zugunsten des Eigentümers eines jeweiligen anderen Grundstückes (sogenanntes herrschendes Grundstück) belastet. Diese Dienstbarkeit entfaltet Wirkung gegenüber jedermann.
  • Reallasten (§ 1105 BGB) Die Reallast ist ein dingliches Recht mit dem Inhalt auf wiederkehrende Leistungen aus dem Grundstück (zum Beispiel die Lieferung von Energie und Wasser oder eine laufende Geldzahlung).
  • Notwegerechte Dritter (§ 917 BGB) Wegerechte über Grundstücke können vertraglich vereinbart werden. Ist dies nicht geschehen, besteht aber trotzdem die Verpflichtung zur Gestattung, spricht man von einem Notwegerecht, welches die Verbindung zu öffentlichen Verkehrswegen sicherstellen soll. Hier wird ein strenger Maßstab angelegt, so dass zum Beispiel die Unerreichbarkeit des Grundstückes mit dem Kraftfahrzeug regelmäßig als nicht ausreichend angesehen wird, um ein Notwegerecht zu begründen, man dann also auf die Füße angewiesen ist. Die Duldung des Notwegerechts ist entschädigungspflichtig. Zu zahlen ist eine Rente.

Das Grundstück und seine Grenzen

Grenzabmarkung (§ 919 BGB)

Eine Abmarkung ist die Sicherung einer festgelegten Grenze durch die Errichtung von Grenzzeichen in der Natur. Der Eigentümer eines Grundstückes kann vom Nachbarn verlangen, dass dieser an der Errichtung fester Grenzzeichen oder der Wiederherstellung mitwirkt. Voraussetzung:

  • Die Grundstücke müssen unmittelbar aneinander grenzen.
  • Der Verlauf der Grenze muss unstreitig sein.
  • Es fehlen feste Grenzzeichen oder sie sind unkenntlich oder verrückt.

Der Vollzug der Abmarkung fällt grundsätzlich in den Zuständigkeitsbereich der staatlichen Vermessungsbehörden. Die Kosten der Abmarkung tragen die Beteiligten zu gleichen Teilen (§ 913 Absatz 3 BGB).

Grenzverwirrung (§ 920 BGB)

Diese Regelung setzt eine Pattsituation voraus. Dies ist dann der Fall, wenn beide Eigentümer zwar ihr Eigentum behaupten, es aber nicht beweisen können. Man klagt dann auf richterliche Feststellung des Grenzverlaufes. Das Gericht wird hier Vermessungsingenieure oder Sachverständige hinzuziehen. Lässt sich die richtige Grenze nicht ermitteln, wird das Gericht eine neue Grenze festlegen. Diese Entscheidung legt das Eigentum verbindlich fest.

Grenzeinrichtungen (§§ 921 ff. BGB

Nur solche Anlagen, die von der Grenze geschnitten werden (zum Beispiel Graben, Mauer), fallen unter Paragraf 921 BGB. Steht diese Anlage ausschließlich auf dem einem Grundstück, handelt es sich nicht um eine Grenzeinrichtung. Die Grenze muss allerdings nicht in der Mitte verlaufen.

Eine Grenzeinrichtung setzt voraus, dass sie Vorteile für beide Grundstücke bietet. Häufig wird dabei der Vorteil in der grenzscheidenden Wirkung liegen (Sichtschutz). Eine Grenzanlage setzt voraus, dass beide Nachbarn der Errichtung der Anlage als gemeinsame Einrichtung zustimmen. Die Zustimmung kann auch in einer stillschweigenden Duldung liegen. 

Die Nachbarn dürfen die gemeinschaftliche Anlage grundsätzlich gemeinschaftlich nutzen. Dabei ist das Nutzungsrecht nicht beschränkt auf den Teil der Grenzanlage, der auf dem Grundstück des nutzenden Eigentümers steht. Allerdings ist das Nutzungsrecht beschränkt auf den Zweck der Grenzeinrichtung (zum Beispiel Betreten, Lagern, Befahren).

Die Kosten der Neuerrichtung einer Grenzanlage trägt, wenn nichts Abweichendes vereinbart ist, der Errichtende. Die Unterhaltungskosten sind, wenn nichts Abweichendes vereinbart ist, von den Nachbarn zu gleichen Teilen zu tragen. Es besteht keine Verpflichtung zur Wiederherrichtung der Einrichtung, wenn sie durch Dritte oder höhere Gewalt zerstört wird.

Überbau

Die Paragrafen 912 ff. BGB regeln die Folgen, wenn ein Nachbar unrechtmäßig über die Grenze seines Grundstückes gebaut hat. Die Vorschriften gelten also nicht, wenn der Überbau mit Zustimmung erfolgte.

Grundsätzlich wäre der Eigentümer, der unrechtmäßig mit seinem Bauwerk die Grenze überschreitet, zu dessen Beseitigung verpflichtet. Dies kann allerdings unbillig sein. Nach der gesetzlichen Wertung ist zudem die Erhaltung des bestehenden Gebäudes gegenüber der Durchsetzung der Eigentümerposition vorrangig. Deshalb wird unter bestimmten Voraussetzungen auf den Abriss verzichtet, der betroffene Eigentümer erhält aber einen Ausgleich in Form einer Rente oder in Form eines Anspruches, dass der überbaute Teil vom Überbauenden erworben wird. Es kann eben leicht beim Bauen zu einem Überbau kommen.

Ein Überbau kommt nur bei einem Gebäude in Betracht. Mauern und Zäune, Tore, Abflussvorrichtungen, Carporte sowie eine Abwassergruben fallen nicht darunter, wenn sie ohne Schaden für das Bauwerk entfernt werden können. Es spielt keine Rolle, ob sich der Überbau oberhalb oder unterhalb der Erdoberfläche befindet.

Das Bauwerk muss über die Grenze gebaut sein, wobei es sich um ein einheitliches Gebäude handeln muss. Dies trifft zu zum Beispiel für Erker, Balkone, Dachüberstände, Keller und Giebel, nicht jedoch für Teile, die folgenlos entfernt werden können, wie Fensterläden, Fahnen und Markisen, wobei letztere beseitigt werden müssen.

Man unterscheidet beim Überbau

  • den rechtmäßigen Überbau, der gesetzlich nicht geregelt ist,
  • den rechtswidrigen, aber entschuldigten Überbau (§§ 912 ff. BGB),
  • den rechtswidrigen und zusätzlich nicht entschuldigten Überbau, bei dem immer Beseitigung verlangt werden kann.

Letzteres ist der Fall, wenn der Überbauende vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt. Grobe Fahrlässigkeit liegt zum Beispiel vor, wenn bei einem unsicheren Grenzverlauf kein Fachmann für die Grenzfeststellung hinzugezogen wird. Derjenige, der an die Grenze baut, muss sich über den Grenzverlauf unterrichten. Man kann sich an Grenzsteinen orientieren. Auf einen Zaun darf man sich nicht verlassen.

Wenn nur Fahrlässigkeit vorliegt und der Nachbar rechtzeitig widerspricht, ist der Überbau ebenfalls zu entfernen. Der Widerspruch ist formfrei. Er muss sich an den Überbauenden richten, wobei eine Erklärung auch gegenüber dem Architekten oder dem Bauleiter genügen kann. Der Widerspruch muss so rechtzeitig erfolgen, dass der Überbau ohne erhebliche Zerstörung wieder beseitigt werden kann.

Rechtsfolgen des entschuldigten Überbaus

Der entschuldigte Überbau ist vom Nachbarn zu dulden, wenn er nicht rechtzeitig widerspricht. Er wird nicht im Grundbuch eingetragen. Auch bei einem Erwerb in der Zwangsversteigerung hat der Erwerber den Überbau zu dulden, wenn dieser vorher errichtet wurde.

Der Eigentümer des überbauten Grundstücks muss auch die Nutzung des Überbaus dulden, wobei die Duldungspflicht erlischt bei Beseitigung des Überbaus, der also nicht wieder errichtet werden darf. Verkehrssicherungspflichtig ist der Überbauende. Das Eigentum an dem Überbau gehört dem Überbauenden (Stammgrundstück).

Wer den Überbau zu dulden hat, kann dafür eine Rente verlangen. Grundlage für die Berechnung ist der Verkehrswert des überbauten Grundstücks zum Zeit­punkt der Grenzüberschreitung (§ 912 Absatz 2 Satz 2 BGB). Spätere Veränderungen des Grundstückswertes bleiben außer Betracht. Das Recht auf die Überbaurente geht allen Rechten an dem belasteten Grundstück, auch älteren Rechten, vor (§ 914 BGB), was auch für die Zwangsversteigerung gilt.

Der Eigentümer des überbauten Grundstückes, der trotz des Überbaus Eigentümer der betroffenen Fläche bleibt, kann vom Überbauenden anstelle der Rente verlangen, dass dieser ihm die überbaute Fläche abkauft (§ 915 BGB). Der Rentenverpflichtete kann die Ablösung nicht fordern. Der Anspruch auf Übernahme unterliegt nicht der Verjährung. Bei der Wertberechnung ist der Zeit­punkt der Grenzüberschreitung maßgebend. Das gilt auch dann, wenn das Ankaufsverlangen erst Jahre nach dem Überbau ausgeübt wird und der gegenwärtige Verkehrswert den Wert zum Zeit­punkt des Überbaus übersteigt.

Nicht entschuldigter Überbau

Wenn der Überbauende vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt, bedarf es keines Widerspruches des Nachbarn. Eine Duldungsverpflichtung besteht nicht. Eigentümer des Überbaus wird der Nachbar, der Entfernung verlangen kann. Er kann den Überbau allerdings auch behalten, wobei er dann einen Ausgleich zahlen muss.

Vertraglich vereinbarter Überbau

Durch die Zustimmung des Nachbarn zum Überbau werden nicht automatisch die Eigentumsfragen geregelt. Wenn die Beteiligten hier keine besonderen Vereinbarungen getroffen haben, gelten die gleichen Folgen wie für den entschuldigten Überbau, der zu dulden ist. Es besteht dann allerdings keine Verpflichtung zum Abkauf, da Paragraf 915 BGB nicht gilt.

Bäume und Sträucher

In Hamburg dürfen Pflanzen bis an die Grenze gesetzt werden. Probleme ergeben sich meist im Zusammenhang mit dem Überhängen von Zweigen und dem Eindringen von Wurzeln.
Zum einen stellt sich die Frage, ob der Nachbar die Störung selber beseitigen kann oder er auf einen Anspruch gegen den Eigentümer der Pflanzen beschränkt ist. Falls dem Nachbarn eine solche Beseitigung gestattet ist, muss festgestellt werden, ob er die Kosten vom Störer ersetzt verlangen kann.

Paragraf 910 BGB regelt für die genannten Störungen ein eigenes Beseitigungsrecht. Wurzeln eines Baumes oder eines Strauches, die in das nachbarliche Grundstück eindringen, dürfen ohne weiteres abgeschnitten werden. Gleiches gilt grundsätzlich auch bei Zweigen, allerdings unter der zusätzlichen Voraussetzung, dass dem Besitzer des Grundstückes fruchtlos eine angemessene Frist gesetzt wurde, die Beseitigung selbst vorzunehmen.

Der Eigentümer des Grundstückes, auf dem die Sträucher stehen, kann sich nur zur Wehr setzen, wenn der Nachweis einer Beeinträchtigung des Nachbarn fehlt. Das bloße Vorhandensein von Wurzeln im Erdreich stellt noch keine Beeinträchtigung dar. Anders sieht es aus, wenn die Wurzeln einen Platten- oder Teerbelag anheben, Rohrleitungen oder einen Garagenboden in Mitleidenschaft ziehen oder die Standfestigkeit einer Mauer beeinträchtigen.

Beim Überhang von Zweigen wird eine Beeinträchtigung angenommen bei dem Verstopfen der Dachrinne, der Verunreinigung von Gehwegen oder einer Verschattung. Der Rückschnitt darf nur bis zur Grundstücksgrenze (nicht bis zum Stamm) erfolgen und der beeinträchtigte Nachbar darf dazu das Grundstück des anderen Eigentümers nicht betreten. Der abschneidende Nachbar kann die Kosten seiner Beschneidungsmaßnahmen erstattet verlangen.

Ist durch das Eindringen der Wurzeln auf das Nachbargrundstück ein weitergehender Schaden entstanden (zum Beispiel Beschädigung von Rohrleitungen), ergibt sich nicht ohne weiteres ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Erneuerung oder Reparatur der Rohrleitungen, sofern es an einem Verschulden des Eigentümers der Pflanze fehlt.

Einwirkungen auf das Grundstück

Abwehr von Beeinträchtigungen

Für die Abwehr von Beeinträchtigungen sind zentrale Anspruchsgrundlagen die Paragrafen 1004, 906 BGB. Muss der Eigentümer Beeinträchtigungen dulden, kann sich auch ein Ausgleichsanspruch ergeben.

Paragraf 906 BGB bestimmt: „Der Eigentümer eines Grundstückes kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstückes nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. (...) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstückes herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstückes einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstückes über dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.“

Unwesentliche Beeinträchtigungen sind ohne Ausgleichsanspruch zu dulden. Ohne Bedeutung für die Beurteilung der Wesentlichkeit einer Beeinträchtigung ist, ob der Betroffene durch die Änderung seiner Nutzung oder andere Vorkehrungen (wie etwa Einbau schalldichter Fenster oder Änderung der Gewohnheiten/Schlaf bei offenem Fenster) die Beeinträchtigungen reduzieren oder gar ausschließen kann. Grundsätzlich darf der Eigentümer sein Eigentum nach seinen Vorstellungen nutzen.

Auch wesentliche Beeinträchtigungen sind dann zu dulden, wenn sie auf einer ortsüblichen Benutzung des Grundstückes beruhen und nicht durch zumutbare Maßnahmen verhindert werden können. Für die Ortsüblichkeit kommt es darauf an, ob eine Mehrheit von Grundstücken im Vergleichsgebiet bei im Wesentlichen gleicher Nutzung nach Art und Umfang im gleichen Maße beeinträchtigt wird.

Die Duldungspflicht besteht nur, wenn die Beeinträchtigungen nicht durch wirtschaftlich zumutbare Maßnahmen verhindert werden können. Dabei kommt es auf einen durchschnittlichen Benutzer des Grundstückes an, der Beeinträchtigungen verursacht. Von Bedeutung sind hier:

  • das nachbarschaftliche Verhältnis,
  • die Vor- und Nachteile einer solchen Abhilfe,
  • technisch organisatorische Möglichkeiten und
  • Leistungsfähigkeit eines durchschnittlichen Benutzers.

So fehlt es beispielsweise an der wirtschaftlichen Zumutbarkeit bei der gewerblichen Nutzung des Grundstückes, wenn die erforderlichen Maßnahmen derart hohe Kosten verursachen, dass ein Unternehmen auch mittelfristig nicht mit Gewinn betrieben werden kann. Zum Beispiel ist bei Bauarbeiten zu denken an Entstaubungsanlagen, schalldämpfende Maßnahmen, aber auch rein organisatorische Vorkehrungen oder eine zeitliche Begrenzung der störenden Tätigkeit.

Bei bestehender Duldungspflicht hat der beeinträchtigte Nachbar einen Ausgleichsanspruch, das heißt einen Anspruch auf Zahlung in Geld. Der Ausgleichsanspruch ist nicht auf die volle Erstattung aller Nachteile gerichtet (zum Beispiel Mietminderung). Es handelt sich nicht um einen Schadensersatz-, sondern um einen Aufopferungsanspruch. Im Maßstab für die Höhe des Ausgleiches ist die Vermögenseinbuße, die über die zumutbare Maß hinausgeht.

Vertiefung des Nachbargrundstückes

Nach Paragraf 909 BGB darf ein Grundstück nicht in der Weise vertieft werden, dass der Boden des Nachbargrundstückes die erforderliche Stütze verliert, es sei denn, es wird für eine anderweitige Befestigung gesorgt. Häufigster Fall sind Tiefbauarbeiten auf dem Nachbargrundstück (Aushub einer Baugrube).

Das geschützte Maß an Festigkeit richtet sich nach den konkreten örtlichen Verhältnissen, namentlich danach, welche Befestigung das Nachbargrundstück nach seiner tatsächlichen Beschaffenheit benötigt. Dabei sind auch ungünstige Verhältnisse des Nachbargrundstückes, wie ungünstiger Baugrund und deshalb weniger tragfähige Fundamente, bis hin zu einer besonderen Schadensanfälligkeit des Gebäudes zu berücksichtigen, selbst wenn hierdurch die Vertiefungsarbeiten mehr als üblich erschwert werden. Der geschützte Eigentümer muss sich grundsätzlich nicht an diesen Mehrkosten beteiligen.

Eine an sich unzulässige Vertiefung wird zulässig, wenn insoweit der Vertiefende für eine genügende anderweitige Befestigung des gefährdeten Nachbargrundstückes sorgt. Dabei muss zu jeder Zeit das Nachbargrundstück geschützt werden. In Betracht kommt hier etwa die Anbringung einer Stützmauer oder einer Böschung. Eine einmal errichtete Befestigung muss auch weiterhin im ordentlichen Zustand gehalten werden. Die Befestigungsmaßnahmen sind auf dem zu vertiefenden Grundstück vorzunehmen. Allenfalls kann sich im Einzelfall ausnahmsweise eine Berechtigung zu dortigen vorübergehenden Sicherungsmaßnahmen ergeben.

Wird eine unzulässige Vertiefung vorgenommen und ergibt sich daraus ein Schaden, besteht eine Schadensersatzverpflichtung nach Paragraf 823 Absatz 2 in Verbindung mit Paragraf 909 BGB.

Schadensersatzpflichtig ist nicht nur der Eigentümer, der die Vertiefung veranlasst, sondern jeder, der an der Vertiefung mitwirkt. Architekten, Bauunternehmer, Ingenieure und Statiker trifft eine eigenverantwortliche Prüfungspflicht, die von einem hohen Sorgfaltsmaßstab geprägt ist. Grundsätzlich muss dann auch bei konkretem Anlass ein Sachverständiger für Baugrund- und Gründung hinzugezogen werden.

Einwirkungen durch Wasser

Nachbarschaftliche Konfliktlagen ergeben sich immer wieder aus dem Übertritt von Wasser auf Nachbargrundstücke. Zu unterscheiden ist zwischen Traufwasser und wild abfließendem Wasser. Unter Traufwasser versteht man Niederschlagswasser, das heißt Regen und Schneewasser, welches nicht unmittelbar auf dem Boden, sondern zunächst auf eine bauliche Anlage (Haus, Dach) trifft. Trifft der Niederschlag dagegen unmittelbar auf dem Boden auf, so handelt sich um wild abfließendes Wasser.

Es besteht keine Befugnis, Traufwasser auf das Nachbargrundstück abzuleiten oder ablaufen zu lassen, es muss also aufgefangen und abgeleitet werden. Darunter zu fassen ist auch der Fall, dass Niederschlagswasser von der Traufe zunächst auf das eigene Grundstück trifft und von dort auf das Nachbargrundstück gelangt. Besondere landesrechtliche Regelungen sind zu beachten, in Hamburg gilt Paragraf 7 Hamburgisches Wassergesetz.

Das Grundstück und seine Nutzung durch Dritte

Hier geht es nur um die Frage nach Bestehen und Umfang eines Rechtes zur dauernden oder auch nur vorübergehenden (Mit-)Benutzung eines benachbarten Grundstückes.

Hammerschlags- und Leiterrecht

Hierunter versteht man das Recht des Grundstückseigentümers, das Nachbargrundstück in bestimmtem Umfang zu betreten und zu benutzen, um von dort aus Bau-, Instandsetzungs- und Unterhaltungsarbeiten hinsichtlich baulicher Anlagen auf seinem eigenen Grundstück vorzunehmen, die sonst nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand durchgeführt werden können und die andererseits den Nachbarn nur vorübergehend und geringfügig beeinträchtigen.

Hammerschlagsrecht bedeutet, dass der Nachbar das Grundstück betreten darf. Leiterrecht ist die Befugnis, dort auch Leitern und Gerüste aufzustellen sowie Geräte und Materialien über dieses Grundstück zu transportieren und sie dort zu lagern. Das Hammerschlags- und Leiterrecht bezieht sich nur auf Arbeiten im Zusammenhang mit baulichen Anlagen. Mit umfasst sind auch Arbeiten zur Errichtung und Beseitigung baulicher Anlagen, hierzu gehören auch Verputzarbeiten, auch Vorbereitungsarbeiten sind umfasst. Dabei darf das Nachbargrundstück nur insoweit in Anspruch genommen werden, als es notwendig ist.

Das Recht ist schonend auszuüben. Betreten werden darf nur der unbebaute Teil des Nachbargrundstückes. Bauliche Anlagen auf dem Nachbargrundstück dürfen nur betreten werden, wenn es die Bauordnung ausdrücklich vorsieht. Das Hammerschlags- und Leiterrecht kann sich auch auf den Bereich unterhalb der Erdoberfläche beziehen, zum Beispiel bei einem notwendigen Aushub zum Zwecke der Abdichtung der im Erdreich befindlichen Grundmauer.

Ein Selbsthilferecht besteht jedoch nicht. Ist der Nachbar nicht zur Duldung bereit, muss das Recht gerichtlich durchgesetzt werden. Der Duldungspflichtige hat Anspruch auf Ersatz des entstandenen Schadens unabhängig von einem Verschulden des Berechtigten. Der Umfang des Anspruches richtet sich darauf, den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen, zum Beispiel eine Ersatzbepflanzung vorzunehmen oder den Rasen wieder anzusäen. Eine Sicherheitsleistung kann vor Beginn der Arbeiten verlangt werden.

Baulast

Mit Baulasten sollen öffentlich-rechtliche Hindernisse, die einem Bauvorhaben entgegenstehen, beseitigt werden. Sie werden nicht im Grundbuch eingetragen. Beispielsweise genannt werden Geh- und Fahrtrechte, Leitungsrechte, die Übernahme von Abstandsflächen, die Verpflichtung zur Grenzbebauung, die Sicherung gemeinsamer Bauteile, die Übernahme von erforderlichen Stellplätzen und Spielflächen. Bei einer Zwangsversteigerung des dienenden Grundstückes bleibt die Baulast unberührt. Die Bauaufsichtsbehörde kann durch Verwaltungsakt auf die Baulast verzichten. Hierzu ist die Behörde verpflichtet, wenn an der Baulast kein öffentliches Interesse mehr besteht. Häufiger Streitpunkt ist, ob die Baulast unmittelbare zivilrechtliche Wirkungen hat. Dies wird regelmäßig verneint.

Vereinbartes Nachbarrecht durch Grunddienstbarkeiten

Grunddienstbarkeiten erweitern die Rechtsposition des Eigentümers des herrschenden Grundstückes, indem sie die Rechte des Eigentümers des dienenden Grundstückes einschränken. Sie gestatten somit die Verlagerung von Eigentumspositionen im Wege der Vereinbarung.

Mit einer Grunddienstbarkeit kann nur ein Grundstück oder ein grundstücksgleiches Recht belastet werden. Sie betrifft immer das gesamte Grundstück und kann deshalb nicht an einem ideellen Miteigentumsanteil bestellt werden. Sie geht unter, wenn sie am Anteil eines Miteigentümers erlischt, zum Beispiel durch Zwangsversteigerung. Davon zu unterscheiden ist der Fall, dass ein ganzes Grundstück mit einer Grunddienstbarkeit belastet wird, die Ausübung aber auf eine bestimmte Teilfläche beschränkt wird. Wichtig ist nur, dass der in Anspruch genommene Bereich bestimmt genug bezeichnet wird. Berechtigter einer Grunddienstbarkeit kann nur der jeweilige Eigentümer des herrschenden Grundstückes sein.

Eine Grunddienstbarkeit ist nur zulässig, wenn die Belastung des dienenden Grundstückes für die Benutzung des herrschenden Grundstückes von Vorteil ist (§ 1019 BGB), also diesem einen Nutzen bringt. Fehlt ein Vorteil, ist die Grunddienstbarkeit nichtig. Paragraf 1018 BGB beschränkt den Inhalt einer Grunddienstbarkeit,

  • dass der Eigentümer des herrschenden Grundstückes das dienende Grundstück in einzelnen Beziehungen nutzen darf,
  • dass auf dem dienenden Grundstück gewisse Handlungen nicht vorgenommen werden dürfen oder
  • dass die Ausübung eines Rechtes ausgeschlossen ist, das sich aus dem Eigentum an dem belasteten Grundstück dem anderen Grundstück gegenüber ergibt.

Unzulässig sind Grunddienstbarkeiten mit dem Inhalt, das belastete Grundstück zu veräußern, nicht zu veräußern, keine dinglichen Belastungen vorzunehmen, das Grundstück nicht zu teilen, nicht zu vermieten oder zu verpachten und schließlich das Verbot der Aufteilung in Wohnungs- und Teileigentum.

Dagegen sind Benutzungsverbote zulässig. Typischer Inhalt von Grunddienstbarkeiten ist zum Beispiel ein Überfahrts- und Überwegerecht. Die Dienstbarkeit kann aber auch in dem Verbot bestehen, gewisse Handlungen nicht vorzunehmen (Unterlassungsdienstbarkeit).

Die dritte Alternative von Paragraf 1018 BGB untersagt dem Eigentümer die Ausübung eines Rechtes, das sich aus dem Eigentum an dem belasteten Grundstück dem herrschenden Grundstück gegenüber ergibt.

Ist der Eigentümer des herrschenden Grundstückes berechtigt, zur Ausübung der Dienstbarkeit auf dem belasteten Grundstück eine Anlage zu halten, so hat er diese in einem ordnungsgemäßen Zustand zu halten (§ 1020 Satz 2 BGB). Beispiele für Anlagen sind ein Kanal, eine Stauanlage, ein Erker, eine Kläranlage, Versorgungsleitungen, Straßen.

Wird die Anlage so vom Eigentümer des herrschenden als auch vom dienenden Grundstück benutzt, muss jeder sie nach seinen eigenen Erfordernissen unterhalten, ohne aber dem anderen gegenüber dazu verpflichtet zu sein. Sinnvollerweise sollte die Unterhaltungspflicht bei der Bestellung der Dienstbarkeit geregelt werden. Diese Vereinbarung kann zum Inhalt der Grunddienstbarkeit werden.

Die Grunddienstbarkeit wird auf dem Grundbuchblatt des belasteten Grundstückes eingetragen. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, sie auf dem Grundbuchblatt des herrschenden Grundstückes zu vermerken (sogenannter Herrschvermerk, § 9 GBO). Da die Grunddienstbarkeit teilweise für das herrschende Grundstück von großer Bedeutung ist, wird die Eintragung auf dem herrschenden Grundstück oft von Grundpfandrechtsgläubigern verlangt. Sofern dies geschehen ist, müssen nämlich die dinglich Berechtigten, insbesondere die geldgebenden Kreditinstitute, der Veränderung des Rechtes zustimmen.

Bei einer Zwangsversteigerung des dienenden Grundstückes bleibt die Grunddienstbarkeit bestehen, wenn sie in das geringste Gebot fällt, das heißt dem Recht des betreibenden Gläubigers im Range vorgeht. Hat die Grunddienstbarkeit dagegen Rang nach diesem Recht, so erlischt sie mit dem Zuschlag. An die Stelle des erloschenen Rechtes tritt ein Anspruch auf Wertersatz aus dem Versteigerungserlös.

Emp­feh­lungen aus dem Ratgeber Rechts­schutz­ver­si­che­rung

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13. Dezember 2012


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