Unfall­ver­sicherung bei Invalidität Wann zahlt die private Unfall­ver­sicherung?

Barbara Weber
Finanztip-Expertin für Ver­si­che­rungen

Das Wichtigste in Kürze

  • Die private Unfall­ver­sicherung zahlt nur bei Invalidität, also bei einem bleibenden Gesundheitsschaden.
  • Außerdem muss der Gesundheitsschaden durch einen Unfall verursacht worden sein. Bei Krankheitsfolgen greift die Police nicht – anders als eine Be­rufs­un­fä­hig­keits­ver­si­che­rung.
  • Viele Versicherer schränken ihre Leistungen weiter ein und schließen etwa Unfälle durch besonders gefährliche Hobbys oder unter Alkoholeinfluss aus.
  • Damit der Versicherer einen Unfall anerkennt, musst Du bestimmte Fristen beachten und rechtzeitig einen Arzt aufsuchen.
  • Ohnehin gehört eine Unfall-Police nicht zu den wichtigsten Ver­si­che­rungen.

Ein Unfall kann ein einschneidendes Ereignis sein: Häufig haben Betroffene unter den gesundheitlichen Konsequenzen lange zu leiden. Eine private Unfall­ver­sicherung mildert immerhin die finanzielle Belastung ab. Allerdings sind keineswegs alle Unfallfolgen versichert. Wann also zahlt die Unfall­ver­sicherung und wann nicht? So einfach, wie diese Frage klingt, ist sie nicht zu beantworten. Vielmehr sind die Ver­si­che­rungsleistungen an eine Reihe von Bedingungen geknüpft.

Welche Bedingungen müssen erfüllt sein, damit die Ver­si­che­rung zahlt?

Das wichtigste Kriterium ist die Invalidität: Damit die Ver­si­che­rung zahlt, muss in der Regel eine dauerhafte Beeinträchtigung vorliegen. Lediglich vorübergehende Unfallfolgen wie ein gebrochenes Bein nach einem Sturz sind meist nicht versichert. Außerdem muss die Invalidität auch wirklich durch einen Unfall verursacht worden sein.

Ein Unfall im Sinne der Unfall­ver­sicherung liegt vor, wenn der Versicherte den bleibenden Gesundheitsschaden durch ein plötzlich von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis erleidet (§ 178 Abs. 2 VVG). Mitunter kann der Unfallbegriff in den jeweiligen Ver­si­che­rungs­be­din­gungen etwas von der Standard-Formulierung abweichen.

Eine Krankheit ist demnach kein Unfall – und daher auch nicht durch die private Unfall­ver­sicherung abgedeckt. Tatsächlich sind Erkrankungen aber sehr viel häufiger für bleibende Schäden verantwortlich als Unfälle. Wer sich gegen dieses Risiko absichern möchte, sollte die Finger von der Unfall­ver­sicherung lassen und besser eine Be­rufs­un­fä­hig­keits­ver­si­che­rung abschließen.

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  • Die staatliche Er­werbs­min­de­rungs­ren­te reicht nicht aus, eine Be­rufs­un­fä­hig­keits­ver­si­che­rung ist für fast jeden sinnvoll.

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Die Ver­si­che­rung muss den Unfall anerkennen

Welche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit die Ver­si­che­rung einen Unfall anerkennt, kannst Du Dir leicht mit einer Eselsbrücke merken: dem Wort „PAUKE“. Ein Unfall im Ver­si­che­rungssinn ist ein plötzlich (P), von außen (A), unfreiwillig (U) auf den Körper (K) wirkendes Ereignis (E).

Die Ver­si­che­rung prüft, ob diese Kriterien erfüllt sind, bevor der Versicherte Leistungen bekommt. So erkennen einige Ver­si­che­rungen einen durch Kreislaufversagen ausgelösten Sturz nicht als Unfall an, schließlich lässt sich der Vorfall auf eine organische Erkrankung zurückführen. Gute Tarife leisten aber auch, wenn ein Unfall durch einen Herzinfarkt oder Schlaganfall ausgelöst wurde.

Natürlich gibt es auch Grenzfälle: Zu Rechtstreitigkeiten führen häufig Verletzungen durch eine plötzliche Kraftanstrengung. Beispiel: Du hebst beim Umzug einen schweren Schrank an. Wenn dabei Muskeln, Sehnen oder andere Körperteile gezerrt oder anderweitig beeinträchtigt werden, ist das ein Unfall. Die Versicherer legen solche Fälle allerdings streng aus. Einen Bandscheibenvorfall nach dem schweren Heben akzeptieren viele Ver­si­che­rungs­ge­sell­schaften nicht als Unfall, weil es sich bei Bandscheiben- und Meniskusschäden häufig um Verschleißerscheinungen handelt.

Ein Unfall liegt auch vor, wenn die schädigende Wirkung erst nach und nach eintritt. Beispiel: Ein Bergsteiger rutscht in eine Felsspalte, kann sich nicht mehr befreien und erleidet Erfrierungen. Wenn der Versicherte dagegen bei einer als gesundheitsgefährdend anerkannten Arbeit giftige Stoffe einatmet, liegt kein Unfall vor. Mitunter greift bei solchen Berufserkrankungen aber die gesetzliche Unfall­ver­sicherung.

Im Ver­si­che­rungsvertragsgesetz (§ 178 Abs. 2 VVG) heißt es außerdem: „Die Unfreiwilligkeit wird bis zum Beweis des Gegenteils vermutet.“ Sollte der Unfallversicherer also den Verdacht haben, dass den Versicherten eine Mitschuld an dem Unfall trifft, muss er dies nachweisen. Das ist beispielsweise der Fall, wenn Krankheit oder Gebrechlichkeit für einen Teil der Gesundheitsschäden verantwortlich sind oder sich der Versicherte gar freiwillig geschädigt hat – etwa durch Selbstverstümmelung. Von diesem Passus dürfen die Ver­si­che­rungs­be­din­gungen auch nicht zum Nachteil des Versicherten abweichen.

Welche Unfälle sind vom Ver­si­che­rungs­schutz ausgeschlossen?

In den Ver­si­che­rungs­be­din­gungen sind auch Fälle aufgeführt, bei denen die Ver­si­che­rung nicht zahlen muss. Welche Unfallursachen vom Schutz ausgeschlossen sind, unterscheidet sich von Anbieter zu Anbieter. Die Liste für Unfälle, für die kein Ver­si­che­rungs­schutz besteht, ist oft recht umfangreich. Im Vertrag sind sie unter dem Punkt „In welchen Fällen ist der Ver­si­che­rungs­schutz ausgeschlossen?“ aufgeführt.

Bei folgenden Ereignissen zahlt die Unfall­ver­sicherung häufig nicht:

  • Unfälle durch Geistes- oder Bewusstseinsstörungen des Versicherten, einschließlich solche durch Trunkenheit. Darunter fallen manchmal auch Unfälle, die durch einen Schlaganfall, Epilepsie oder andere Krampfanfälle verursacht wurden. Gute Tarife zahlen allerdings auch in solchen Fällen.
  • Vom Ver­si­che­rungs­schutz ausgeschlossen sind Unfälle, die sich während einer Straftat ereignen, die der Versicherte begeht.
  • Durch Kriegs- oder Bürgerkriegsereignisse verursachte Unfälle fallen ebenfalls nicht unter den Ver­si­che­rungs­schutz. Es sei denn, der Versicherte wird auf einer Auslandsreise von den Ereignissen überrascht.
  • Erkrankungen durch radioaktive Strahlung und durch Kernenergie verursachte Unfälle sind genauso wenig versichert.
  • Auch Gesundheitsschäden durch Heilmaßnahmen oder Eingriffe am Körper sind kein Ver­si­che­rungsfall. Ver­si­che­rungs­schutz besteht jedoch, wenn die Behandlung, auch eine Strahlendiagnose oder -therapie, durch einen versicherten Unfall nötig wurde.
  • Infektionen und Vergiftungen sind ebenfalls oft ausgeschlossen. Achte darauf, dass wenigstens Krankheiten, die durch Insektenstiche und -bisse verursacht wurden, als Unfall gelten. Dann ist etwa eine Borreliose nach einem Zeckenbiss versichert.
  • Psychische und nervöse Störungen nach einem Unfall sind nur dann versichert, wenn sie direkt auf eine durch den Unfall verursachte organische Erkrankung des Nervensystems oder Epilepsie zurückzuführen sind. Eine rein seelische Erkrankung nach dem Unfall ist nicht versichert.

Viele Versicherer schränken ihre Leistungen weiter ein und schließen auch Unfälle durch riskante Hobbys oder Tätigkeiten aus. So sind besondere Gefahren im Beruf oder Privatleben – etwa durch Autorennen, Drachenfliegen oder Paragliding – nicht oder nur gegen Aufpreis (Risikozuschlag) versichert.

Welche Fristen musst Du beachten?

Leistungen aus der Unfall­ver­sicherung kannst Du beanspruchen, wenn die Ver­si­che­rungs­be­din­gungen den Unfall nicht explizit ausschließen. Ein eindeutiger Ver­si­che­rungsfall sind etwa Verletzungen durch einen Autounfall. Außerdem musst Du bestimmte Fristen beachten. So muss die Beeinträchtigung innerhalb eines Jahres nach dem Unfall aufgetreten sein und dem Versicherer gemeldet werden. Spätestens 15 Monate nach dem Unfall muss ein Arzt den Gesundheitsschaden feststellen. Fehlt diese fristgerechte ärztliche Feststellung, bekommst Du im schlimmsten Fall gar keine Leistungen. Heilt die Verletzung während dieser Zeit, besteht kein Anspruch auf Leistung: Die Ver­si­che­rung zahlt nur, wenn die Beeinträchtigung andauert.

In der Regel steht Dir bei festgestellter Invalidität eine einmalige Zahlung zu. Die Höhe hängt von der vereinbarten Ver­si­che­rungs­sum­me und vom Invaliditätsgrad ab. Je nach Schwere des Gesundheitsschadens zahlt der Versicherer dann einen bestimmten Prozentsatz der vereinbarten Summe. Anspruch auf die volle Ver­si­che­rungs­sum­me hast Du bei hundertprozentiger Invalidität. Bei Funktionsverlust eines Körperteils legt die sogenannte Gliedertaxe fest, wie viel Geld Du erhältst. Für bestimmte Berufsgruppen, zum Beispiel Ärzte und Musiker, bieten einige Unfallversicherer besondere Gliedertaxen an, die beispielsweise bei Verlust eines Fingers deutlich höhere Leistungen vorsehen.

Wie wirken sich Vorerkrankung aus?

Falls eine Vorerkrankung oder Gebrechlichkeit den Unfall mit ausgelöst oder zur anschließenden Invalidität beigetragen hat, muss der Versicherte das im Antrag angeben. Haben bereits bestehende Krankheiten zu dem Unfall beigetragen, kürzt die Ver­si­che­rung ihre Leistung in der Regel. Das gilt etwa, wenn der Versicherte an Osteoporose erkrankt ist und dadurch schlimmere Knochenbrüche erlitten hat als ein gesunder Mensch. Abhängig davon, wie stark die Erkrankung zum Unfall oder seinen Folgen beigetragen hat, zahlt die Ver­si­che­rung dann entsprechend weniger. Für pflegebedürftige Personen ist der Abschluss einer Unfall­ver­sicherung daher oft wenig sinnvoll – mitunter bekommen sie auch gar keinen Vertrag.

Autor
Julia Rieder

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