Steuerpflicht Unbeschränkt oder beschränkt – das ist hier die Frage

Jörg Leine
Finanztip-Experte für Steuern

Das Wichtigste in Kürze

  • Du unterliegst der unbeschränkten Steuerpflicht und bist „Steuerinländer“, wenn Du zum Beispiel Deinen Wohnsitz in Deutschland hast.
  • Beschränkt steuerpflichtig bist Du hingegen und damit „Steuerausländer“, wenn Du keinen Wohnsitz in Deutschland hast und Dich auch nicht länger als 183 Tage hier aufhältst – aber Einkünfte in Deutschland erzielst.
  • Unter bestimmten Umständen darfst Du auf Antrag von der beschränkten in die unbeschränkte Steuerpflicht wechseln. Das kann Steuern sparen.

So gehst Du vor

  • Die Steu­er­er­klä­rung machst Du am besten mit einem Steuerprogramm oder einer Steuer-App.
  • Wir empfehlen für alle Fälle Wiso Steuer 2023 und Steuersparerklärung 2023 (ohne Photovoltaik). 
  • Wenn Du nicht selbstständig bist, reicht meist unser Preis-Leistungs-Tipp Tax 2023.
  • Für sehr einfache Fälle bietet sich auch eine Steuer-App an. In unserem ausführlichen App-Test haben uns Steuerbot, Wiso Steuer und Taxfix besonders überzeugt.

Ob jemand in Deutschland der Einkommensteuer unterliegt und damit als natürliche Person grundsätzlich einkommensteuerpflichtig ist, richtet sich danach, wo die Person wohnt und welche Einkünfte sie erzielt.

Die meisten Steuerzahlenden in Deutschland sind unbeschränkt steuerpflichtig, weil sie hier wohnen und arbeiten. Anders sieht es aus, wenn es in irgendeiner Form einen Auslandsbezug gibt – und in Deutschland zumindest ein Teil der Einkünfte erzielt wird. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn Du Deinen Ruhestand im Ausland genießt – und aus Deutschland eine Rente beziehst, im grenznahen Ausland lebst, aber in Deutschland arbeitest oder aus Steuerspargründen in Monaco gemeldet bist, aber auch noch in Deutschland Geld verdienst.

Was ist unbeschränkte Steuerpflicht?

Um als unbeschränkt steuerpflichtig zu gelten, musst Du zunächst eine „natürliche Person“ sein. Diese Voraussetzung zu erfüllen, ist einfach: Eine natürliche Person ist jeder Mensch. Natürliche Personen sind demnach nicht juristische Personen (juristische Personen sind zum Beispiel AG, GmbH, Genossenschaft oder eingetragene Vereine). Außerdem sind Personengesellschaften (GbR, OHG, KG) keine natürlichen Personen. Außerdem musst Du entweder einen Wohnsitz (§ 8 Abgabenordnung, AO) oder einen gewöhnlichen Aufenthalt (§ 9 AO) im Inland haben. Natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind unbeschränkt einkommensteuerpflichtig (§ 1 Abs. 1 Einkommensteuergesetz, EStG). Zunächst ist immer der Wohnsitz und erst danach zu prüfen, ob jemand einen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat.

Der Wohnsitzbegriff nach Paragraf 8 AO hat nichts mit einem Wohnsitz nach bürgerlichem Recht zu tun. Maßgebend für den steuerlichen Wohnsitz sind vielmehr die tatsächlichen Verhältnisse. Demnach ist eine Wohnung jede objektiv zum Wohnen geeignete Räumlichkeit (Beispiel: ein möbliertes Zimmer). Ein Steuerpflichtiger kann auch mehrere Wohnsitze haben, so zum Beispiel in Deutschland und im Ausland.

Achtung: Zusätzlich unbeschränkt steuerpflichtig sind zudem deutsche Auslandsbedienstete, die Geld aus einer öffentlichen Kasse erhalten, zum Beispiel Mitarbeiter von deutschen Botschaften oder Konsulaten.

Was ist beschränkte Steuerpflicht?

Natürliche Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind beschränkt einkommensteuerpflichtig, wenn sie bestimmte inländische Einkünfte erzielen (§ 1 Abs. 4 EStG).

Von der beschränkten Steuerpflicht sind also nur die inländischen Einkünfte betroffen. Bei einer unbeschränkten Steuerpflicht wird zuerst das weltweit erwirtschaftete Einkommen der deutschen Besteuerung unterworfen. Die Besteuerung des Welteinkommens wird durch bilaterale Doppel­besteuerungs­abkommen und nationale Regelungen in vielen Teilen aufgehoben oder gemildert.

Beispiel 1: Birgit und ihr Mann Michael sind in Rente, haben ihre Zelte in Deutschland abgebrochen und leben in Griechenland. Nur gelegentlich besuchen sie in Deutschland ihren Sohn und dessen Familie. Sie haben also keinen Wohnsitz oder einen gewöhnlichen Aufenthalt mehr in Deutschland. Sie erzielen aber mit der deutschen Rente inländische Einkünfte und sind deshalb beschränkt steuerpflichtig.

Beispiel 2: Xaver ist ein österreichischer Unternehmer. Er unterhält in der Nähe von Kufstein in Bayern eine Betriebsstätte in Deutschland, hat aber keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland. Da Xaver aber aufgrund der Betriebstätte inländische Einkünfte im Sinne des Paragrafen 49 EStG erzielt, ist er ebenfalls beschränkt steuerpflichtig für Zwecke der deutschen Einkommensteuer.

Nachteile der beschränkten Steuerpflicht

Normalerweise würde man sagen, dass wer im Ausland lebt, steuerlich fein raus ist – weil die Steuern in Deutschland so hoch sind. Aber die beschränkte Steuerpflicht kann erhebliche Nachteile haben. Etwa wenn Du in Rente bist und im Ausland lebst. Denn dann kann es, abhängig vom Vorliegen eines Doppel­besteuerungs­abkommens, sein, dass Du einerseits Deine Rente in Deutschland versteuern musst, aber andererseits zahlreiche Vorzüge des deutschen Steuerrechts nicht in Anspruch nehmen kannst. Wie das für Dich aussieht, kannst Du im Ratgeber zur Rente im Ausland nachlesen.

Diese Vorteile kannst Du unter anderem nicht nutzen:

Du siehst, dass das von großem steuerlichem Nachteil sein kann und Du im Prinzip in der Steu­er­er­klä­rung fast nichts zum Absetzen hast und Du durch den Wegfall des Grundfreibetrags recht sicher steuerpflichtig wirst, auch wenn Du im Ruhestand bist. Es gibt aber einen Ausweg.

Antrag auf unbeschränkte Steuerpflicht

Unter bestimmten Umständen kannst Du es per Antrag schaffen, unbeschränkt steuerpflichtig zu werden und damit (wieder) die Vorteile des deutschen Steuersystems nutzen zu können. Das sind die Voraussetzungen (§ 1 Abs. 3 EStG):

  • Du erzielst mindestens 90 Prozent Deiner Einkünfte („Welteinkünfte“) in Deutschland

oder

  • Deine Einkünfte außerhalb Deutschlands übersteigen nicht den Grundfreibetrag. Der beträgt 10.908 Euro im Jahr 2023.

Hierunter fallen nicht nur die sogenannten Grenzpendler, sondern auch oft Rentnerinnen und Rentner, die im Ausland leben.

So sieht der Antrag aus

Quelle: Screenshot Formularcenter, Stand 12. Oktober 2023

Für den Antrag auf unbeschränkte Steuerpflicht gibt es zwei Varianten

  • Bescheinigung EU/EWR für Staatsangehörige der EU und des Europäischen Wirtschaftsraums (siehe Bild). Wenn Du die deutsche Staatsangehörigkeit hast, musst Du diese verwenden.
  • Bescheinigung außerhalb EU/EWR für alle anderen Personen.

Wo bekommst Du den Antrag?

Du kannst den Antrag zum Beispiel im Formularcenter des Bundesfinanzministeriums finden. Wähle dort “Steuerformulare” aus. Die Bescheinigung EU/EWR besteht aus drei Seiten, wobei die dritte Seite für die jeweilige ausländischen Steuerbehörde gebraucht wird. Der Antrag steht deshalb außer in Deutsch auch in 23 anderen Sprachen bereit. Das meint, dass die ersten beiden Seiten immer auf Deutsch sind, aber die dritte in der jeweiligen Landessprache.

Ebenfalls zum Download bereit steht der Antrag auf dieser Seite des Finanzamts Neubrandenburg. Du musst dazu ganz nach unten auf der Seite scrollen, findest dort aber nur Varianten in zwölf Sprachen. Das Finanzamt Neubrandenburg ist zuständig für Rentenempfänger im Ausland.

Beachte dabei, dass Du im Antrag auch Daten, Unterschrift und Dienststempel von der ausländischen Steuerbehörde brauchst. Verbringst Du Deinen Lebensabend zum Beispiel in Griechenland, brauchst Du diese Informationen von der griechischen Steuerbehörde. Wähle also das Formular in der jeweiligen Sprache aus, wenn es im Formularcenter angeboten wird. Griechisch ist dabei, gut für Dich. Denn es ist sehr unwahrscheinlich, dass die griechischen Steuerbehörden Deutsch können.

Gibt es für Dein Land keine eigene Sprachversion, nimm entweder die englische, französische oder spanische Variante, je nachdem, welche Sprache dort am ehesten als zweite Sprache akzeptiert ist.

Erweiterte beschränkte Steuerpflicht

Die sogenannte Wegzugsbesteuerung nach Paragraf 2 AStG (Außensteuergesetz) erweitert für bis zu zehn Jahre die unbeschränkte Steuerpflicht für Personen, die ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben. Damit soll Steuerflucht zumindest erschwert werden. Diese Kriterien müssen erfüllt sein: 

  • Du verlagerst Deinen Wohnsitz in ein Niedrigsteuerland.
  • Du warst in den letzten zehn Jahren vor dem Wegzug mindestens fünf Jahre unbeschränkt steuerpflichtig.
  • Du hast nach wie vor wesentliche wirtschaftliche Interessen im Inland.

Diese erweiterte beschränkte Steuerpflicht kann aber durch ein Doppel­besteuerungs­abkommen ausgeschlossen sein. Die erweiterte beschränkte Steuerpflicht trifft auch „Promis“ wie Showstars, Rennfahrer oder Fußballer, die Deutschland aus steuerlichen Gründen verlassen.

Unbeschränkte Steuerpflicht beim Erben

Die Steuerpflicht bei der Erbschafts­steuer ergibt sich aus Paragraf 2 Absatz 1 ErbStG. Unbeschränkte Steuerpflicht besteht bei der Erbschafts­steuer und Schenkungssteuer schon dann, wenn entweder der Erblasser, der Schenker oder der Erwerber ein Steuerinländer ist.

Die Erbschafts­steuerpflicht wirkt als erweiterte unbeschränkte Steuerpflicht bei deutschen Staatsangehörigen noch fünf Jahre nach ihrem Wegzug aus Deutschland nach. Es nutzt also in der Regel nichts, sich mit einem Erbe (oder einer Schenkung) schnell ins Ausland abzusetzen, etwa in ein Land wie Schweden, in dem es keine Erbschafts­steuer beziehungsweise Schenkungssteuer mehr gibt. So entschied auch der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 24. Mai 2023 (Az. II R 27/20).

* Was der Stern bedeutet:

Finanztip gehört zu 100 Prozent der gemeinnützigen Finanztip Stiftung. Die hat den Auftrag, die Finanzbildung in Deutschland zu fördern. Alle Gewinne, die Finanztip ausschüttet, gehen an die Stiftung und werden dort für gemeinnützige Projekte verwendet – wie etwa unsere Bildungsinitiative Finanztip Schule.

Wir wollen mit unseren Emp­feh­lungen möglichst vielen Menschen helfen, ihre Finanzen selber zu machen. Daher sind unsere Inhalte kostenlos im Netz verfügbar. Wir finanzieren unsere aufwändige Arbeit mit sogenannten Affiliate Links. Diese Links kennzeichnen wir mit einem Sternchen (*).

Bei Finanztip handhaben wir Affiliate Links aber anders als andere Websites. Wir verlinken ausschließlich auf Produkte, die vorher von unserer unabhängigen Experten-Redaktion emp­foh­len wurden. Nur dann kann der entsprechende Anbieter einen Link zu diesem Angebot setzen lassen. Geld bekommen wir, wenn Du auf einen solchen Link klickst oder beim Anbieter einen Vertrag abschließt.

Ob und in welcher Höhe uns ein Anbieter vergütet, hat keinerlei Einfluss auf unsere Emp­feh­lungen. Was Dir unsere Experten empfehlen, hängt allein davon ab, ob ein Angebot gut für Verbraucher ist.

Mehr Informationen über unsere Arbeitsweise findest Du auf unserer Über-uns-Seite.

Mit Deinem Beitrag unterstützt Du uns bei der unabhängigen Recherche für unsere Ratgeber.

Fördere die finanzielle Bildung in Deutschland. Mit Deinem Beitrag hilfst Du uns, noch mehr Menschen zu erreichen.