Betreuungsverfügung Entscheide, wer Deine Betreuung übernehmen soll

Expertin für Recht - Dr. Britta Beate Schön
Dr. Britta Beate Schön
Finanztip-Expertin für Recht

Das Wichtigste in Kürze

  • Wenn Du Deine Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln kannst, weil Du krank oder stark beeinträchtigt bist, bekommst Du ohne Vorsorgevollmacht einen Betreuer an die Seite gestellt. Den wählt das Betreuungsgericht aus, bestellt und kontrolliert ihn.
  • Mit einer Betreuungsverfügung kannst Du eine Person benennen, die Deine Betreuung übernehmen soll, falls es nötig wird. Das Gericht wird sich an Deinen Vorschlag halten.

So gehst Du vor

  • Überleg Dir, ob es jemanden gibt, der Dein volles Vertrauen genießt. Dann solltest Du dieser Person eine Vorsorgevollmacht erteilen.
  • Hast Du keinen besonders Vertrauten, kannst Du jemanden benennen, den das Gericht mit Deiner Betreuung beauftragen soll.
  • Verwende für Deine Betreuungsverfügung am besten das Muster des Bundesjustizministeriums. Oder Du erstellst auch noch die anderen wichtigen Vorsorgedokumente wie Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung. Dazu empfehlen wir den Dienstleister PatientenverfügungPlus.

Was passiert, wenn Du eines Tages auf Hilfe von anderen Menschen angewiesen bist. Wer soll sich dann um alles kümmern? Das kannst Du selbst entscheiden. Entweder Du benennst in einer Vorsorgevollmacht jemanden, der rechtlich Deine Vertretung übernimmt. Oder Du wählst eine Person aus, die das Amtsgericht im Notfall als Betreuerin oder Betreuer bestellt.

Wann bestimmt das Gericht einen Betreuer?

Falls Du Deine Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln kannst, stellt Dir das Gericht einen Betreuer zur Seite. Aber erst dann, wenn es das für notwendig hält – etwa bei einer psychischen Krankheit, bei Demenz, nach einem Schlaganfall oder wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung (§ 1814 BGB). Früher gab es in solchen Fällen Entmündigungen, heute gibt es rechtliche Betreuer. 2016 standen rund 1,3 Millionen Menschen in Deutschland unter Betreuung.

Wer unter Betreuung steht, ist nach wie vor geschäftsfähig: Betreute können zum Beispiel Verträge unterzeichnen, eine Wohnung anmieten oder Reisen buchen. Es kann sein, dass das Gericht einen sogenannten Einwilligungsvorbehalt anordnet. Das bedeutet, dass die betreute Person für alle Rechtsgeschäfte, die nicht zum täglichen Leben gehören (Aktienkäufe, Hauskauf, Autokauf et cetera), die Einwilligung der betreuenden Person benötigt. Zu dieser Maßnahme greift das Gericht nur dann, wenn die erhebliche Gefahr besteht, dass die betreute Person sich selbst und ihrem Vermögen Schaden zufügt (§ 1825 BGB).

Doch wie erfährt das Gericht davon, dass Du erkrankt bist und Deine Angelegenheiten nicht mehr selbst erledigen kannst? Es gibt verschiedene Wege: Das Pflegeheim oder Krankenhaus, in dem Du behandelt wirst, kann das Gericht informieren. Auch Deine Familie oder jeder andere kann aktiv werden und Deine Betreuung anregen. So sieht das Formblatt dazu aus, mit dem man das Gericht darüber informieren kann, dass eine Person nicht mehr in der Lage ist, für sich selbst zu sorgen.

Das Betreuungsgericht beauftragt dann einen medizinischen Sachverständigen, der ein Gutachten zu Deiner Gesundheit und zu Deiner Lebenssituation erstellt (§ 280 FamFG). Du wirst dazu auch angehört. Benötigst Du nach der Einschätzung des Gutachters Unterstützung, dann bestimmt das Gericht eine Person, die Dich betreut.

Eine Betreuung kostet Geld. Die Kosten sind abhängig vom Vermögen. Nicht zum Vermögen zählt die Wohnung oder das Haus, in dem die hilfebedürftige Person wohnt. Bei einem Vermögen von über 5.000 Euro zahlt der Betroffene die Kosten für den Verfahrenspfleger und die Kosten für den ehrenamtlichen oder berufsmäßigen Betreuer.

Bei einem Vermögen von über 25.000 Euro musst Du zusätzlich die Kosten des Sachverständigengutachtens und die Jahresgebühren des Gerichts zahlen – die Mindestgebühr beläuft sich auf 200 Euro pro Jahr.

Das Geld und das Gerichtsverfahren kannst Du Dir sparen, wenn Du jemandem eine Vorsorgevollmacht erteilst. Das Gericht sieht dann nämlich davon ab, einen Betreuer einzusetzen (§ 1814 Abs. 3 BGB).

Es kann aber auch sein, dass das Gericht trotz Vorsorgevollmacht einen Betreuer bestellt. Etwa wenn Eheleute sich gegenseitig bevollmächtigt hatten und der Verdacht besteht, dass auch der Bevollmächtigte aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage ist, alles selbst zu entscheiden.

Sollte es zwischen den Angehörigen und dem Bevollmächtigten dauernd Streit geben, kann das Gericht zusätzlich einen Betreuer bestellen, obwohl eigentlich eine Vorsorgevollmacht vorliegt (BGH, 07.08.2013, Az. XII ZB 671/12). Oder wenn Geld verschwindet und Angehörige den Vorsorgebevollmächtigten im Verdacht haben (BGH, 26.02.2014, Az. XII ZB 301/13).

Wann ist eine Betreuungsverfügung sinnvoll?

Hast Du keine nahen Angehörigen oder fällt Dir niemand ein, dem Du so sehr vertraust, dass Du ihm eine weitreichende Vollmacht für Deine Konten und Dein Vermögen geben möchtest, ist eine Betreuungsverfügung sinnvoll. Die Person, die Du darin nennst, bestimmt das Amtsgericht im Notfall zu Deinem Betreuer (§ 1816 Abs. 2 BGB).

Ohne Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung bestimmt das Gericht einen Betreuer, den Du vielleicht gar nicht kennst – etwa ein Mitglied eines Betreuungsvereins oder einen selbstständigen Berufsbetreuer. Seit Januar 2023 müssen sich alle beruflichen Betreuer registrieren lassen, es gibt ein Betreuungsregister.

Welche Aufgaben übernimmt ein Betreuer?

Dein Betreuer unterstützt Dich als Dein gesetzlicher Vertreter bei Deinen Finanzen, bei Papierkram, bei allen Anträgen für Sozialleistungen und auch bei der Organisation der Pflege. Dabei darf das Gericht nur für solche Aufgabenbereiche Betreuung anordnen, in denen Unterstützung tatsächlich erforderlich ist (§ 1815 Abs. 1 BGB).

  • Vermögensangelegenheiten
  • Gesundheitsfürsorge
  • Bestimmung des Aufenthalts
  • Wohnungsangelegenheiten
  • Vertretung gegenüber Behörden, Ver­si­che­rungen und Sozialleistungsträgern

Eine Betreuung in allen Angelegenheiten darf das Gericht nicht anordnen. Vor der Betreuungsreform war eine solche Bestellung nicht ungewöhnlich.

Dein Betreuer muss die ihm übertragenen Aufgaben so erledigen, wie es Deinen Wünschen und Deinem Wohl entspricht (§ 1821 BGB). Dazu gehört auch, dass er nichts über Deinen Kopf hinweg entscheidet.

In der Betreuungsverfügung kannst Du zum Beispiel festlegen, welche Wünsche und Gewohnheiten die Dich betreuende Person respektieren soll. Zum Beispiel, ob Du zuhause oder in einem Pflegeheim versorgt werden willst. Auch ein bestimmtes Senioren- oder Pflegeheim, in dem Du leben möchtest, kannst Du angeben.

Kümmert sich Dein Betreuer auch um Dein Vermögen, so darf er nur in Deinem Interesse handeln. Sein eigenes und Dein Geld muss er auf getrennten Konten verwalten. Außerdem darf er in Deinem Namen nur kleine Geschenke machen und auch nur dann, wenn Du es möchtest und die Geschenke üblich sind – etwa Geburtstagsgeschenke an Deine Familie.

Stirbt die betreute Person, endet auch die Betreuung. Alles, was mit der Bestattung zusammenhängt, gehört nicht mehr zu den Aufgaben des Betreuers. Darum müssen sich die Angehörigen kümmern.

Wie erstellst Du eine Betreuungsverfügung?

Du kannst bestimmen, wer Dein Betreuer werden soll. Dafür solltest Du eine Betreuungsverfügung aufsetzen, mit Ort und Datum versehen und dann unterschreiben.

1. Muster für Betreuungsverfügung verwenden

Wir empfehlen Dir für eine Betreuungsverfügung das Muster des Justizministeriums. In der Broschüre Betreuungsrecht findest Du unter Formular C das richtige Dokument. Dort kannst Du auf einer Seite festlegen, wer für Dich als Betreuer bestellt werden soll. Wichtig ist, dass Du auch angibst, wann die Person geboren ist und wo, damit das Gericht Deinen Wunschbetreuer eindeutig identifizieren und finden kann. Deshalb sind auch die Kontaktdaten wichtig.

Gibt es eine Person, die auf keinen Fall Deine Betreuung übernehmen soll, kannst Du das auch in dem Muster vermerken.

Hast Du Fragen rund um das Betreuungsrecht, sind die Betreuungsbehörden oder Seniorenämter am Wohnort mögliche Ansprechpartner. Die erstellen auch für das Betreuungsgericht den Bericht über Deine soziale Situation. Du kannst Dich auch an einen Betreuungsverein wenden. Das sind eingetragene Vereine, die alle Interessierten und auch ehrenamtliche Betreuer beraten. Die Beratung ist kostenlos.

2. Einen Rechtsdienstleister beauftragen

Wer mit Hilfe eines Rechtsdienstleisters ein sogenanntes Vorsorgepaket erstellt, ist auf der sicheren Seite. Dort ist zur Sicherheit auch eine Betreuungsverfügung inklusive. Willst Du also neben der Betreuungsverfügung auch eine Patientenverfügung aufsetzen, empfehlen wir das Unternehmen Patientenverfügungplus.

PatientenverfügungPlus
Online-Portal für rechtliche Vorsorge
  • Erfahrung seit 2014
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  • Erinnerungsservice alle zwei Jahre

Verfügung registrieren

Im Zentralen Vorsorgeregister kannst Du Deine Betreuungsverfügung auch registrieren lassen. Geht dann beim Vormundschaftsgericht der Antrag ein, dass Du eine Betreuerin oder einen Betreuer bekommst, fragt das Gericht bei der Bundesnotarkammer nach, ob dort eine Betreuungsverfügung registriert ist. Es erfährt so von Deinem Willen.

Um die Betreuungsverfügung registrieren zu lassen, musst Du eine Gebühr zahlen. Deren Höhe hängt vom gewählten Eintragungsverfahren ab und liegt zwischen 20,50 und 26 Euro.

Betreuungsverfügung regelmäßig überprüfen

Du kannst die Verfügung jederzeit ändern und jemand anderen als Betreuer bestimmen. Manchmal ist das erforderlich, gerade wenn sich Eheleute gegenseitig als Betreuer einsetzen. So kann es passieren, dass einer der beiden etwa an Demenz erkrankt ist und sich um den anderen nicht mehr kümmern kann. Überprüfe am besten einmal im Jahr Deine Betreuungsverfügung und auch andere Vorsorgedokumente wie etwa eine Patientenverfügung.

Was sind die Unterschiede zur Vorsorgevollmacht?

Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung überschneiden sich teilweise. Sowohl Betreuer als auch Bevollmächtigte sind rechtliche Vertreter. Beide helfen, falls die betroffene Person ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln kann. Hast Du jemandem eine Vorsorgevollmacht gegeben, so kann er alle Aufgaben übernehmen, die auch von der Betreuung übernommen werden. Es gibt aber wichtige Unterschiede:

Gericht benennt Betreuer - Wer eine Vorsorgevollmacht verfasst hat, bestimmt seine rechtliche Vertretung selbst. Den Betreuer oder die Betreuerin bestimmt ein Gericht.

Gericht kontrolliert Betreuer - Bei der Vorsorgevollmacht bist Du auf Vertrauen zur bevollmächtigten Person angewiesen, denn Du bist im Notfall nicht mehr in der Lage, zu prüfen, ob jene die Vorgaben einhält. Anders als bei der Vorsorgevollmacht werden die vom Gericht für die Betreuung bestellten Personen auch vom Betreuungsgericht kontrolliert.

Soll der Betreuer auch die Vermögensangelegenheiten für den Betroffenen verwalten, muss er dem Gericht regelmäßig Bericht erstatten und eventuell Vermögensverzeichnisse erstellen. Er muss Einnahmen und Ausgaben des Betreuten durch Kontoauszüge und Belege nachweisen. Der Betreuer braucht darüber hinaus eine Genehmigung des Betreuungsgerichts, um einen Wohnungsmietvertrag zu kündigen, den der Betreute geschlossen hat (§ 1833 BGB). Eine bevollmächtigte Person darf in Deinem Namen Deine Wohnung aufgeben, ohne dass ein Gericht sich dazu äußern müsste.

Gericht legt fest, ab wann der Betreuer handeln darf - Da die Vorsorgevollmacht ab Ausstellung gilt, ist nicht garantiert, dass der Bevollmächtigte nur dann handelt, wenn es wirklich erforderlich ist. Die Betreuungsverfügung hingegen berechtigt die Person, die für die Betreuung vorgeschlagen wurde, noch nicht zum Handeln. Erst wenn sie vom Betreuungsgericht bestellt wurde, hat sie die dafür nötige Grundlage.

Geschäftsfähigkeit nur für Vollmacht nötig - Wer eine Person als Betreuer benennen will, muss selbst nicht geschäftsfähig sein (§ 104 BGB). Die Wünsche muss das Gericht grundsätzlich auch dann beachten, wenn sie ein Mensch geäußert hat, der nicht geschäftsfähig war (BGH, 15.10.2010, Az. XII ZB 165/10). Das ist bei einer Vorsorgevollmacht anders – nur eine erwachsene, geschäftsfähige Person kann jemanden bevollmächtigen. Wir haben die Unterschiede in der nachfolgenden Tabelle für Dich zusammengefasst:

Unterschiede: Betreuungsverfügung und Vorsorgevollmacht

 BetreuungsverfügungVorsorgevollmacht

Voraussetzungen

 

Du solltest der Person vertrauen, die Du für Deine Betreuung benennst.

 

Du musst nicht geschäftsfähig sein, um Deinen Wunsch-Betreuer zu benennen.

Du solltest dem Bevollmächtigten unbedingt vertrauen.

 

Du musst geschäftsfähig sein, wenn Du die Vorsorgevollmacht aufsetzt.

Vorteile

 

 

Ein Gericht kontrolliert den Betreuer.

 

Du sparst Zeit und Kosten, da kein gerichtliches Betreuungsverfahren nötig ist.

Nachteile

 

 

Das Gerichtsverfahren mit medizinischen Gutachten kann anstrengend sein. Es fallen jährliche Kosten an.

Die bevollmächtigte Person unterliegt keiner Kontrolle.

Quelle: Finanztip-Recherche (Stand: Juli 2023)

Was brachte die Reform des Betreuungsrechts?

Die Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts trat zum 1. Januar 2023 in Kraft. Seitdem steht die Selbstbestimmung der betreuten Menschen stärker im Vordergrund.

Das Gericht darf demnach eine Betreuung nur dann anordnen, wenn sämtliche sozialrechtlichen Hilfen nicht mehr ausreichen, um den zu Betreuenden hinreichend zu versorgen (§ 1814 Abs. 3 BGB). Gegen den frei gebildeten Willen eines volljährigen Betroffenen darf das Gericht keinen Betreuer bestellen.

Neu eingeführt wurde ein Betreuerregister. Dort werden nur solche Betreuer registriert, die persönlich geeignet, zuverlässig und sachkundig sind.

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Dienstleister Vorsorgedokumente

Wir haben acht Rechtsdienstleister angeschrieben; fünf Unternehmen haben unseren ausführlichen Fragebogen beantwortet.

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Bewertungskriterien

Wir haben die Dienstleistung der Unternehmen anhand von sechs Kriterien bewertet. Die Dienstleister konnten insgesamt 130 Punkte erzielen.

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Emp­feh­lung

Wir haben eine konkrete Emp­feh­lung herausgearbeitet, mit der Du Deine Vorsorgedokumente erstellen kannst: PatientenverfügungPlus.

Mehr zu unseren Kriterien und unserer Bewertung erfährst Du im Ratgeber zur Patientenverfügung.

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