Wenn Leserinnen und Leser uns ihre Erfahrungen mit Krankenkassen schildern, geht es immer wieder um Fälle wie diese: „Habe nach einem Unfall vor zwei Jahren mit Brustwirbel-Brüchen eine stationäre Reha beantragt – wurde abgelehnt.“ Oder: „Vom Arzt verordneter E-Rollstuhl wurde für halbseitig gelähmte Patientin abgelehnt.“ Das sind zwar Einzelfälle. Aber es gibt viele Leistungen, die Deine Kasse bewilligen muss, bevor Du sie bekommst – wie Anträge auf Reha, Psychotherapie, Haushaltshilfe oder die Übernahme von Fahrtkosten.
Die gute Nachricht: Bei einer Ablehnung kannst Du widersprechen. Und Deine Chancen stehen gut: Mehr als 40 Prozent der Widersprüche sind erfolgreich. Das zeigen Daten von 21 Krankenkassen mit rund 45 Millionen Versicherten, die wir exklusiv ausgewertet haben.
Punkt 1: Lege binnen eines Monats Widerspruch ein
Um zu widersprechen, reicht ein formloses Schreiben mit Aktenzeichen und Datum der Ablehnung. Du kannst unseren Musterbrief verwenden. Dein Widerspruch muss bei der Krankenkasse innerhalb eines Monats eingehen, nachdem Du die Ablehnung bekommen hast. Unterschreibe und verschicke ihn am besten als Einwurf-Einschreiben.
Punkt 2: Hol Deine Ärztin mit ins Boot
Krankenkassen sind gesetzlich verpflichtet zu prüfen, ob Du eine Behandlung brauchst und ob es eine günstigere Methode gibt, die ebenfalls zum Ziel führt. Deshalb ist es wichtig, dass Du – möglichst schon beim Antrag, spätestens aber beim Widerspruch – gut begründest, warum ein bestimmtes Medikament oder die spezielle Therapie für Dich notwendig ist. Lass Dir dabei von Deinen Ärzten helfen und schicke nützliche Unterlagen mit.
Falls sich die Kasse auf ein Gutachten des Medizinischen Diensts (MD) beruft, etwa um das Krankengeld einzustellen, dann solltest Du das Gutachten anfordern und bei der Widerspruchsbegründung darauf eingehen.
Punkt 3: Lass Dich beraten
Beratungsstellen wie die Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD), Verbraucherzentralen oder Sozialverbände (etwa VdK oder SoVD) können Dir zusätzliche Tipps geben, wie Du in Deiner konkreten Situation am besten vorgehst.
Punkt 4: Nimm den Widerspruch nicht unüberlegt zurück
Nach dem Widerspruch prüft die Krankenkasse Deinen Fall erneut. Bleibt sie bei ihrer Ablehnung, geht der Fall an den Widerspruchsausschuss der Kasse. Dort landet unserer Analyse zufolge etwa ein Drittel der Widersprüche. Lass Dich nicht dazu drängen, den Widerspruch zurückzunehmen. Dann kannst Du gegen die Ablehnung nicht mehr vorgehen.
Punkt 5: Letzte Möglichkeit: Klage vor dem Sozialgericht
Ist Dein Widerspruch auch im Ausschuss nicht erfolgreich, kannst Du binnen eines Monats Klage beim Sozialgericht einreichen. Das kostet keine Gerichtsgebühren. Es ist aber sinnvoll, sich von einem Fachanwalt für Sozialrecht vertreten zu lassen. Hast Du keine Rechtsschutzversicherung und verlierst den Fall, musst Du das Anwaltshonorar selbst zahlen. In bestimmten Fällen kannst Du Prozesskostenhilfe bekommen.
Punkt 6: Wie sich die Kassen verhalten, ist intransparent
Wie Krankenkassen mit ihren Kunden umgehen, lässt sich nur schwer vergleichen. Denn sie müssen keine Statistiken dazu veröffentlichen. Die Ampel-Koalition will das ändern. Bis es so weit ist, bewerten wir in unserem großen Krankenkassenvergleich, ob Kassen auf ihrer Homepage erklären, wie Versicherte Widerspruch einlegen können, und ob sie Statistiken zu Widersprüchen und Gerichtsprozessen freiwillig veröffentlichen. In dieser Transparenzbewertung konnten sich 2022 einige Kassen verbessern. Eine Spitzenwertung erreichten jedoch nur vier.
Julia Rieder kümmert sich als Redakteurin um Versicherungsthemen. Während ihres Volontariats bei Finanztip sammelte sie Hörfunk-Erfahrung beim Inforadio. Vorher war sie in den Redaktionen von Frontal 21, der Berliner Zeitung und dem Online-Magazin politik-digital tätig. Ihr Studium der Politikwissenschaft hat Julia an der Freien Universität Berlin mit einem Master abgeschlossen.
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Danke für die Tipps zur Vorgehensweise bei einer Ablehnung von der Krankenkasse. Gut zu wissen, dass wenigstens 40% der Widersprüche doch übernommen werden. Meine Mutter benötigt nach einem Unfall ebenfalls Reha und wir haben zum Glück gleich Widerspruch eingereicht. Auf eine Antwort warten wir aber noch. Ich denke der Fahrdienst zur Reha wird dann erst recht nicht übernommen.