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Mit Atombomben auf Spatzen geschossen: So könnte man den Fall unseres Lesers Thomas beschreiben. Es geht um eine Telefonrechnung, 1 Cent Schulden – und einen Call-by-Call-Anbieter, der kein Pardon kennt. Was war geschehen? Thomas bezahlt seine Telefonrechnungen Monat für Monat per Überweisung an die Deutsche Telekom. Die Rechnung für November 2017 zahlte unser Leser jedoch verspätet. Das kann passieren – und die Telekom machte daraus auch kein Drama.

Allerdings hatte Thomas auch die Sparvorwahl 01091 des Call-by-Call-Anbieters Kube & Au aus Köln genutzt. Für das kurze Gespräch fiel gerade einmal 1 Cent an. Solche Drittanbieter-Forderungen werden über die allgemeine Telefonrechnung beglichen. Die Telekom konnte den Betrag allerdings erst dann an den Call-by-Call-Anbieter weiterleiten, als Thomas seine Telefonrechnung schließlich bezahlte. Da war unser Leser bereits „in Verzug“, wie die Juristen sagen.

Nicht zimperlich zeigte sich Kube & Au, als das Unternehmen bemerkte, dass ihr redlich verdienter Cent noch nicht auf dem Konto war. Der Anbieter beauftragte das Inkassounternehmen EWD, ebenfalls aus Köln, das den Cent „beitreiben“ sollte, wie es im Juristendeutsch heißt. Das Inkassounternehmen fordert von Thomas nun neben der Hauptforderung von einem Cent auch 25,50 Euro Inkassogebühren – also mehr als das Zweitausendfache der ursprünglichen Forderung. Alles rechtens, sagt EWD.

Ungerecht, aber wohl legal

Unsere Rechtsexpertin hat den Fall geprüft und kommt zu dem Ergebnis, dass die zweitausendfachen Mahngebühren juristisch leider nicht zu beanstanden sind. Egal, ob die Forderung 500 Euro oder 1 Cent beträgt, ein Inkassounternehmen darf so viel Gebühren nehmen wie ein Anwalt (es gilt das Rechtsanwalts-Vergütungsgesetz). Die engen Grenzen, die für Mahngebühren gelten, greifen bei Inkassogebühren nicht.

Aber musste Kube & Au nicht erst eine Mahnung schicken? Eine Mahnung war hier wahrscheinlich nicht vorgeschrieben, da der Kunde spätestens 30 Tage nach Fälligkeit einer Rechnung in Verzug gerät. Das gilt aber für Verbraucher nur, wenn diese Folgen ausdrücklich in der Rechnung oder den Geschäftsbedingungen stehen. Die Frist war bereits überschritten, als die Telekom den Cent an Kube & Au weiterleitete.

Fraglich bleibt nur, ob Kube & Au die sogenannte Schadensminderungspflicht verletzte, als der Anbieter das Inkassounternehmen damit beauftragte, die Mini-Forderung einzutreiben.

Die Inkassogebühr in Höhe von 25,50 Euro ist angesichts der geringen Hauptforderung ärgerlich und vielleicht auch unanständig – allerdings nach den Buchstaben des Gesetzes korrekt. Wir prangern an, dass es keine Bagatellgrenze im Gesetz gibt.

So vermeiden Sie Inkassokosten

Wir raten, regelmäßige Rechnungen per Lastschrift oder mit einer anderen automatischen Methode zu bezahlen, um gar nicht erst in eine solche Situation zu kommen. Rechnungen sollten natürlich generell pünktlich bezahlt werden. Kommt eine Mahnung, überprüfen Sie, ob die Höhe der Mahngebühren zulässig ist. Laut Rechtsprechung sind 2 bis 3 Euro angemessen. Handelt es sich um das Schreiben eines Inkassounternehmens, prüfen Sie, ob Sie überhaupt schon in Verzug sind. Oft geraten Sie erst nach einer Mahnung in Verzug – es gibt aber Ausnahmen, wie in dem oben geschilderten Fall.

Prüfen Sie außerdem, ob die Forderung nicht zwischenzeitlich schon beglichen wurde. Im Fall unseres Lesers hatte die Telekom den Cent nach eigener Aussage längst an Kube & Au weitergeleitet. Das Inkassounternehmen forderte den Betrag von einem Cent aber weiterhin zusätzlich zu den Gebühren. Rufen Sie in einem solchen Fall das Inkassounternehmen an und fordern Sie eine korrigierte Rechnung, die nur noch die Inkassogebühren enthält, aber nicht mehr die bereits beglichene Forderung.

Das sagen EWD Inkasso und Kube & Au

Wir haben sowohl den Call-by-Call-Anbieter Kube & Au als auch EWD Inkasso um eine Stellungnahme zu dem Fall gebeten. EWD Inkasso war gut zu erreichen und beantwortete unsere Anfrage ausführlich telefonisch und schriftlich in angemessener Zeit. EWD erklärte, dass die Inkassogebühr von 25,50 Euro bereits am unteren Ende dessen liegt, was Inkassounternehmen bei kleinen Forderungen berechnen dürfen. Lesen Sie hier die Stellungnahme von EWD im Wortlaut.

Die Kube & Au GmbH, die den Stein überhaupt erst ins Rollen brachte, war hingegen für eine Stellungnahme deutlich schwerer zu erreichen. Wir riefen die in der Rechnung angegebene Telefonnummer an. Außerdem versuchten wir es unter der Nummer, die im Impressum der Website 01091.net angegeben ist. Unter beiden Anschlüssen verwies man uns auf eine E-Mail-Adresse, an die wir unsere Anfrage richten sollten. Das haben wir getan. Bis zum Redaktionsschluss am 8. Februar 2018 ist noch keine Antwort eingetroffen. Wir aktualisieren diesen Blogbeitrag, falls noch eine Antwort kommt.

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Daniel Pöhler
Autor

Stand:

Daniel Pöhler war bis Ende 2020 Co-Pilot im Newsletter-Team und gelegentlich als Mobilitäts-Experte von Finanztip unterwegs. Daniel hat Betriebswirtschaft studiert und bei einem Fachmagazin für Telekommunikation volontiert. Seine ausgeprägte Leidenschaft für gute Sprache hatte ihm einen weiteren Job bei Finanztip eingebracht: den des stellvertretenden Textchefs.

15 Kommentare

  1. „Egal, ob die Forderung 500 Euro oder 1 Cent beträgt, ein Inkassounternehmen darf so viel Gebühren nehmen wie ein Anwalt (es gilt das Rechtsanwalts-Vergütungsgesetz)“

    Ja eben, und genau deswegen ergeben die besagten 25,50€ Gebühr ja gar keinen Sinn. Denn die Vergütung orientiert sich ganz klar an der Forderung und dem 0,5 bis 1.3 fachen dessen. Bei ein paar Cent Hauptforderung liegen wir im Bereich der Null an Gebühren.

    Dann gibt sich der Artikel mit den Aussagen der Inkassounternehmen ab. Und die angebliche Rechtsexpertin weiß offensichtlich gar nicht, was im Rechtsanwalts-Vergütungsgesetz drin steht. Da hätte sich der Autor und die Expertin aktuelle Urteile anschauen sollen, wo es genau um die Inkassokosten ging.

    Seltsamer Artikel.

    1. Was ein Anwalt an Vergütung berechnet, ergibt sich aus dem Rechtsanwalts-Vergütungsgesetz. Danach ist bei einem Wert bis 500 Eur. eine Gebühr von 45 Eur zu berechnen. Davon das 0,5-fache ist 22,50 Eur. Das entspricht dem Mindestbetrag dessen, was ein Anwalt berechnen darf.

  2. Genau das hat Kube und Aue jetzt wieder gemacht: Mein Telefon hatte eine Woche lang eine Störung, von der Telekom habe ich eine Rechnung über Telefongebühren erhalten, die doppelt so hoch ausfiel wie sonst; habe Gesprächsanachweis angefordert, es waren Gesprächs-Kosten in der Zeit der Störung ausgewiesen, habe Gutschift von der Telekom erhalten und somit auch die Rechnung zum Einzug freigegeben, wurde auch eingezogen- bis auf einen Cent! Eben die Gesprächskosten des Anbieters Kube und Au. Habe bei der Telekom reklamiert, die hat sofort den 1 Cent an Kube und Au überwiesen. Ich erhalte trotzdem von EWO Inkasso eine Rechung über überfällige Forderung von 1 cent sowie Inkassokosten von 22,50 €. Ich verweise auf die Zahlung der Telekom, aber sie haben keine Eingangs- oder Zurücknahmebestätigung von ihrem Auftraggeber. Vielleicht ist der Cent der Telekom noch gar nicht eingegangen oder ist nicht zuordbar oder vielleicht braucht es auch bei der internen Buchhanltung bei Kube und Au auch Wochen bis Zahlungseingänge verbucht sind. Es ist alles unglaublich und dreist.

  3. In der Tat. Manchmal ist es unbegreiflich, wie Unternehmen ihr Mahnwesen organisieren. Es ist natürlich richtig, dass auf eine Nichtzahlung unverzüglich reagiert werden muss. Aber immer angemessen und dazu gehört eine individuelle Prüfung eines Falles. Nicht selten werden Kunden durch standarisierte Mahnschreiben, die maschinell erstellt werden, unnötig verschreckt.

  4. Manchmal ist wirklich unklar, was Unternehmen mit solchen Aktionen erreichen wollen. Es sollte doch jeder Firma klar sein, dass sich das auch rumspricht, wie mit Kunden umgegangen wird. Es kann doch nicht im Sinne einer Firma sein, Kunden für die Zukunft zu vergraulen… ?

  5. Interessanter Beitrag, und ich gebe meinen Vorrednern natürlich Recht: Die Relationen des genannten Vorfalls sind natürlich unverständlich. Aus der Praxis kann ich jedoch berichten, dass es für gewöhnlich meist um stattlichere Beträge der Forderungsausfälle geht. Ein ähnlicher Vorfall ist mir noch nicht untergekommen.

  6. Warum es solche Aktionen gibt, die vollkommen an den Haaren herbeigezogen sind? Weil es auch Menschen gibt, die dagegen klagen, dass nur Kunden und nicht die Kundinnen in einer Bank angesprochen werden. Wir sollten uns das Leben nicht so schwer machen und auch mal Fünfe gerade sein lassen. Auch wenn es die Möglichkeit gibt, Inkassounternehmen zu beauftragen, sollte man solch einen Inkassoservice doch wirklich nur in Anspruch nehmen, wenn die Forderungen gerechtfertigt sind. Alles andere wirft einen dunklen Schatten auf den Gläubiger selbst sowie auf das beauftragte Inkassobüro.

  7. Da fragt man sich doch ernsthaft, was der Call-by-Call Anbieter von dieser Aktion hatte. Um den einen Cent kann es ja nicht gehen. Ausser einen schlechten Ruf hat er mit dieser Sache sicher nichts gewonnen. Es sei denn, er macht mit dem Inkassounternehmen gemeinsame Sache…. Lächerlich!

  8. Nur zur Richtigstellung: Ein Inkassounternehmen agiert im Auftrag seines Auftraggebers. Ein Inkassounternehmen ist hingegen nicht dazu verpflichtet, die Rechtmässigkeit eines Anspruchs zu prüfen. Hier ist also in erster Linie dem Gläubiger ein Vorwurf zu machen. Okay, zugegeben: 1 Cent ist lächerlich, ebenso wie der Auftrag, der an das Inkassounternehmen gestellt wurde… Da hatte wohl jemand Langeweile..

  9. Zivilrecht ist Zivilrecht. Das heißt: Derjenige, der etwas haben will, muß klagen. Ein Inkassobriefchen zu schreiben ist für die Inkassofirma einfach und billig, das kostet nicht mehr als das Porto. Schon einen Mahnbescheid zu erwirken, kostet echtes Geld, und eine Klage erst recht.

    Als „Schuldner“ hätte ich es darauf ankommen lassen. Höchstvermutlich wäre nichts nachgekommen. Wer sich allerdings als „Schuldner“ einschüchtern läßt und zahlt, dessen Geld ist weg. 25,50 Euro Lehrgeld, so der „Schuldner“ bezahlt getan hat.

  10. Fahrlässig wie in dem Artikel Inkasso“unternehmen“ auf eine Stufe mit Volljuristen gestellt werden. Im Grunde sind erstere nichts anderes als eine Tante-Emma-GmbH an die gewisse Rechte abgetreten werden. Vllt. sollte sich der Autor diverse Grundsatzentscheidungen unterschiedlicher LG und OLG anschauen.

    Lieber 60€ an einen Anwalt überweisen müssen als an […]. Selbst die 25€ sind juristisch nicht haltbar und würden vor Gericht abgewiesen.

    Ich hätte in jedem Fall die Forderung abgelehnt und auf den Rechtsweg verwiesen. Wo kommen wir da hin.

    Beitrag von der Redaktion gekürzt.

  11. Es kommt immer auf den Einzelfall an. In diesem Fall wäre auch die Telekom zuständig gewesen hinsichtlich Mahnwesen. Und zwar wegen Einzugsabtretung. Schon deshalb ist die Sache Rechtsfehlerhaft und anfechtbar.

  12. Die Schadenminderungsobliegenheit ist hier nicht einschlägig, da es nicht um Schädigungshandlungen geht. Es geht um Vertragsrecht.

  13. Es gibt sehr wohl indirekt eine Bagatellgrenze im Recht. Das ganze Rechtssystem ist durchdrungen vom Rechtsstaatsprinzip und das wiederum kennt den Grundsatz der rechtsmißbräuchlichen Inanspruchnahme von Rechtsmitteln. Genau dieser Fall liegt hier vor. Darüber hinaus verstößt das Verhalten gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Und zu allem Überdruss war wahrscheinlich die Hauptsache auch schon erledigt, als das Inkassounternehmen zur Aktion schritt. Ein Inkassounternehmen muß immer Prüfen, ob nicht inzwischen Erledigung eingetreten ist! Letztlich war also das Verlangen des Inkassounternehmen rechtswidrig!

  14. „Wir prangern an, dass es keine Bagatellgrenze im Gesetz gibt.“ – Inkassounternehmen verkaufen ihren Kunden im Wesentlichen eine Drohkulisse gegenüber dem Schuldner, denn letztlich müssen auch Inkassounternehmen im Ernstfall vor Gericht gehen. Das finde ich unsympathisch und es grenzt ans Unseriöse. Dennoch muss ich zugeben, dass eine Inkasso-Bagatellgrenze möglicherweise dazu führen würde, dass jeder den entsprechenden Bagatellbetrag von Rechnungen abziehen könnte in der Gewissheit, deswegen nicht von einem Inkassounternehmen belangt werden zu können.

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