Wer eine Pauschalreise unternimmt, ist bisher schon sehr gut geschützt. Bei Mängeln können Sie den Reisepreis mindern und sogar Schadensersatz verlangen wegen entgangener Erholung und Urlaubsspaß. Zudem sind Sie über den Sicherungsschein geschützt, falls der Veranstalter nach Ihrer Zahlung Insolvenz anmelden muss und die Reise deshalb ausfällt. Sie bekommen auf jeden Fall Ihr Geld zurück und sind damit in einer besseren Position als alle Flugreisenden.
Ab dem 1. Juli 2018 gelten neue Regeln in Deutschland, mit denen der Gesetzgeber die europäische Pauschalreise-Richtlinie umgesetzt hat. Von da an fällt jede neue Buchung unter das neue Gesetz. Was ändert sich für den Verbraucher?
1. Mehr Zeit für Ansprüche
Ein großer Vorteil ist, dass Urlauber nicht mehr so schnell ihre Ansprüche nach dem Urlaub anmelden müssen. Statt eines Monats haben Reisende dazu jetzt zwei Jahre Zeit (§ 651j BGB). An der kurzen Ausschlussfrist sind viele Urlauber in der Vergangenheit gescheitert. Die neue Regelung ist deshalb eine klare Verbesserung für Pauschalreisende. Vor Ort muss der Reisende aber nach wie vor einen Mangel sofort anzeigen und den Veranstalter auffordern, Abhilfe zu schaffen.
2. Drei Übernachtungen sind Pflicht
Veranstalter müssen ab dem 1. Juli die Kosten für drei Übernachtungen übernehmen, wenn der Gast zum Beispiel wegen einer Naturkatastrophe nicht zurückfliegen kann (§ 651k Abs. 4 BGB). Bisher haben Veranstalter die Kosten in der Regel auch aus Kulanz übernommen, jetzt sind sie dazu gesetzlich verpflichtet.
3. Mehr Spielraum für Preiserhöhungen
Schlechter ist die Position von Verbrauchern, die auf einmal mehr zahlen sollen, etwa weil sich die Treibstoffkosten für den Flug erhöht haben. Früher konnten Reisende bei Preiserhöhungen nach der Buchung kostenlos vom Vertrag zurücktreten, wenn der Veranstalter den Preis um mehr als 5 Prozent erhöht hat. Die Hürde ist mittlerweile höher: ab dem 1. Juli können Reisende erst dann kostenlos stornieren, wenn sich der Preis um 8 Prozent erhöht (§ 651g Abs. 3 BGB).
4. Reine Zimmervermittlung ist keine Pauschalreise mehr
Eine deutliche Verschlechterung gibt es bei Ferienhäusern und einzeln gebuchten Hotelzimmern. Bisher galten auch dafür der besondere Schutz des Pauschalreiserechts. Einen Anspruch auf Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit haben Urlauber zum Beispiel nicht mehr, deren einzeln gebuchtes Hotelzimmer unerträglich laut ist. Daher kann es sinnvoll sein, eine weitere Leistung zusätzlich zu buchen, um in den Genuss des Pauschalreiserechts zu kommen.
5. Tagesreisen nicht mehr besonders geschützt
Urlauber, die gerne Tagesreisen unternehmen, sind ebenfalls schlechter gestellt. Das neue Pauschalreiserecht gilt künftig nur noch für Tagesreisen, die mindestens 500 Euro kosten (§ 651a Abs. 5 Nr. 2 BGB). Ist die Reise nicht so teuer, entfällt der besondere Schutz.
6. Mehr Schutz im Reisebüro und auf Online-Plattformen
Es wird mehr ungewollte Pauschalreisen geben und das ist gut für Urlauber. Der Vermittler – also das Reisebüro oder die Online-Plattform – können ungewollt zum Veranstalter werden, indem sie für mehrere Einzelleistungen – etwa Flug und Hotel – einen Gesamtpreis bilden (§ 651b BGB). Auch bei verbundenen Online-Buchungen kann das vorkommen, wenn das Portal die Daten an das zweite Unternehmen überträgt und der Reisende dort innerhalb von 24 Stunden bucht (§ 651c BGB). Der Vermittler haftet dadurch als Veranstalter einer Pauschalreise auch zusätzlich für Reisemängel.
7. Mehr Schutz vor Insolvenz
Besser geschützt sind Reisende auch durch die neuen verbundenen Reiseleistungen (651w BGB). Bucht ein Urlauber im Reisebüro oder auf einem Online-Portal etwa erst einen Flug und dann noch einen Mietwagen und muss er beides separat zahlen, dann ist das zwar keine Pauschalreise, aber das Unternehmen vermittelt verbundene Reiseleistungen. In diesem Fall gibt es einen Basisschutz. Überweist der Reisende den Preis an den Vermittler, muss er zum Beispiel auch gegen Insolvenz abgesichert sein.
8. Der Anbieter muss offenlegen, was künftig eine Pauschalreise ist
Das neue Recht schafft mehr Transparenz. Reisebüros und Online-Portale müssen darüber mit gesetzlichen Mustern informieren, ob der Reisende eine Pauschalreise oder verbundene Reiseleistungen gekauft hat und welche Rechte der Reisende hat – und zwar vor der Buchungsbestätigung (§ 651d BGB). Informiert ein Portal oder Reisebüro nicht darüber, haftet es automatisch wie der Veranstalter einer Pauschalreise.
Britta Beate Schön ist bei Finanztip für sämtliche Rechtsthemen zuständig. Die promovierte Juristin und Rechtsanwältin war als Leiterin der Rechtsabteilung bei Finanzdienstleistern wie der Telis Finanz AG und der Interhyp tätig. Vorher lehrte und forschte sie in Japan als DAAD-Junior-Professorin für deutsches und Europarecht. Ihr Studium absolvierte sie in Münster, Genf, Regensburg und Leipzig.
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4 Kommentare
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Guten Tag!
Dieser Blog ermöglicht wirklich eine super Hilfe! Ich lerne gerade die Gesetze für Pauschalreisen kennen. Das könnte auf meinen zukünftigen Reisen sehr nützlich sein. Vielen Dank für die Anregungen.
Mit freundlichen Grüßen,
Hypnosetherapeut Simon Brocher aus Köln
Danke für den Überblick. Da gibt es ja jetzt wirklich einiges, das sich geändert hat. Dass jetzt nur noch teuere Tagesreisen ab 500 Euro geschützt sind finde ich etwas seltsam.
Was heißt denn „informiert ein Reisebüro nicht darüber“ ? Reicht es auch, wenn man die Reisebuchung zugeschickt bekommt und das mit der Insolvenz im Kleingedruckten steht oder muss man mündlich auf das Risiko hingewiesen werden?
Hallo
Guten Tag
Wunderbarer Blog-Beitrag. Informieren Sie alle, besonders diejenigen, die gerne reisen. Gibt denjenigen, die eine Pauschalreise machen wollen, eine Idee. Ich hoffe, bald wieder mehr informative Blogeinträge von Ihnen zu lesen.
Mit freundlichen Grüßen
Onma