
Was die Finanzsteuer für Sie bedeutet
Mehr als ein Jahrzehnt dauert der Kampf schon. Der Kampf um eine Steuer auf Finanzmarkt-Transaktionen. Sie war gedacht als Reaktion auf die Finanzkrise 2007 bis 2009 – und sollte vor allem die Exzesse von Hedgefonds und Spekulanten eindämmen. Die Liste der Befürworter war lang: Sie reichte von liberalen Wirtschaftsnobelpreisträgern wie James Tobin auf der rechten Seite bis hin zum globalisierungskritischen Verein Attac ganz links.
Dann steckte die Steuer jahrelang in den Mühlen der Institutionen fest, die sie immer mehr zermahlten. Anfang der Woche stellte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) vor, was übriggeblieben war. Für seinen Entwurf erntete er einen Sturm der Entrüstung. Und das völlig zu Recht. Deshalb haben wir auch an den Finanzminister geschrieben – hier der offene Brief (PDF) unseres Chefredakteurs Hermann-Josef Tenhagen.
Denn aus der Steuer, die die Spekulanten bremsen sollte, wurde eine Abgabe, die vor allem Kleinanleger trifft, die ihr Geld in Aktien und Fonds anlegen. Die sollen künftig 0,2 Prozent des Aktienwertes an den Fiskus abführen, falls sie Aktien von einem der 500 großen europäischen Unternehmen kaufen.
Alle besonders riskanten Geschäfte am Finanzmarkt, also Spekulationen auf Währungen, Rohstoffe oder Unternehmen mit sogenannten Zertifikaten und Derivaten, sollen steuerfrei bleiben. Sogar der problematische Hochgeschwindigkeitshandel, der aus einer kleinen Schwankung eine globale Krise machen kann, soll von der Abgabe ausgenommen sein. Das verkehrt die ursprüngliche Idee der Finanztransaktionssteuer ins Absurde.
Und wer als Kleinanleger mit Blick aufs Alter spart, muss sich besonders veräppelt vorkommen. Denn die Einnahmen aus der Steuer, so kündigt Scholz es an, sollen ausgerechnet die Grundrente finanzieren.
Bei Finanztip kümmern wir uns normalerweise nicht um die Details politischer Planung, bis die Sache klar ist und wir Ihnen sagen können, was zu tun ist. Und tatsächlich ist noch unklar, ob der Entwurf von Finanzminister Scholz so kommt. Womöglich werden bestimmte Anlagen für die Altersvorsorge doch noch von der Steuer verschont.
Aber wir wollen uns jetzt schon äußern, weil wir uns Sorgen machen um Ihre Altersvorsorge. Denn der Scholz-Entwurf sendet schon jetzt das völlig falsche Signal: Indem er die Anlage in Aktien bestraft (und nur diejenige in Aktien), legt er nahe, dass diese falsch sei.
Lassen Sie sich davon nicht beirren!
Lassen Sie sich von der geplanten Steuer nicht davon abhalten, weiter Geld in Aktien anzulegen – und diesen gescheiten Weg der Altersvorsorge weiterzugehen. Die aktuell geplante Steuer ist zwar ärgerlich, doch vergleichsweise niedrig. Und die von uns empfohlenen ETFs enthalten ganz überwiegend Firmen, die nicht von der Steuer betroffen wären.
Es wird auch in Zukunft besser sein, einen Teil seines Geldes in Aktien-Indexfonds (ETFs) anzulegen als in Staatsanleihen zu Nullzinsen zu investieren oder in kostspielige Versicherungsprodukte. Auch für die Altersvorsorge.
Übrigens: Selbst wenn die 0,2-Prozent-Steuer kommen sollte, gibt es einige deutlich schlimmere Kostentreiber beim Aktienkauf, von denen Sie wissen sollten. Im heutigen Punkt für Punkt ganz unten in diesem Newsletter haben wir deshalb eine kleine Anleitung für Sie, wie Sie diese leicht umgehen.
Als Chefredakteur verantwortet Hermann-Josef Tenhagen alle Inhalte und die grundsätzliche Ausrichtung von Finanztip. Er war 15 Jahre Chefredakteur bei der Zeitschrift Finanztest (Stiftung Warentest). Davor war er unter anderem Nachrichtenchef der Badischen Zeitung und stellvertretender Chefredakteur bei der taz. Er studierte Politik, Volkswirtschaft, Pädagogik und Literaturwissenschaften.
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1 Kommentar
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Da haben die Lobbyisten mal wieder ganze Arbeit geleistet.
Der einfache Investor / Sparer wird zu Kasse gebeten, aber diejenigen, welche die damalige Finanzkrise ausgelöst haben (Hedgefonds, Derivate, Hochfrequenzhandel, usw.), dürfen völlig unbescholten weitermachen.
Ich frage mich täglich mehr und mehr, ob ich im „falschen Film“ bin …..