Als unser Leser Jan aus Osnabrück neulich auf den Depotauszug seiner Bank schaute, erschrak er ziemlich: Er hatte im November Anteile von Indexfonds (ETFs) verkauft und musste mehr als 700 Euro Abgeltungssteuer zahlen, obwohl sein Gewinn nur bei 400 Euro lag. Ein Fehler? Leider nein, nur der ganz normale Steuer-Irrsinn! Seit Anfang des Jahres wird bei der Abgeltungssteuer anders gerechnet, so hat das noch Wolfgang Schäuble (im Bild) in seiner Zeit als Finanzminister umgesetzt.
Aufpassen müssen alle Anleger, die Anteile an reinen Aktienfonds besitzen, die heute weniger wert sind als am 31. Dezember 2017. Angesichts des Börsenabschwungs der vergangenen Monate ist das sehr wahrscheinlich. Das Problem: Während der bis Jahresbeginn aufgelaufene Gewinn voll zählt, werden vom Verlust in diesem Jahr nur 70 Prozent dagegen gerechnet.
Das bedeutet für unseren Leser Jan: Die ETF-Anteile waren Ende 2017 rund 8.000 Euro mehr wert als beim Kauf. 2018 verloren sie 7.600 Euro. Das Finanzamt rechnet die 8.000 Euro voll als Gewinn, aber vom Verlust nur 70 Prozent, also 5.320 Euro. Macht rechnerisch 2.680 Euro „Gewinn“ – und damit mehr als 700 Euro Abgeltungssteuer.
Sofern Sie also nicht schon bald das Geld brauchen, denken Sie noch mal über den Verkauf nach.
Wichtig vor allem: Verkaufen Sie niemals aus Panik in einem Börsenabschwung. Wollen Sie langfristig Vermögen aufbauen – also zum Beispiel „mit Aktien für die Rente vorsorgen“, wie Friedrich Merz vorgeschlagen hat –, dann zählt nur die langfristige Perspektive! Wer zwischen 1975 und 2017 beliebige 15 Jahre in ein weltweites Aktienportfolio investierte, verlor niemals Geld. Schwankungen am Aktienmarkt haben sich stets ausgeglichen.
Sara Zinnecker war bis Juni 2020 Finanztip-Redakteurin im Team Bank & Geldanlage. Nach ihrem Volontariat an der Georg von Holtzbrinck-Schule für Wirtschaftsjournalisten schrieb sie beim Handelsblatt über Geldanlage und Altersvorsorge. Zuvor studierte Sara Zinnecker in Nürnberg, Italien und Portugal internationale Volkswirtschaftslehre mit Diplom-Abschluss, arbeitete bei Lokalzeitungen sowie der Süddeutschen Zeitung.
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Wieso wird der 2.680 Euro „Gewinn“ zu 100% angerechnet und nicht 70% davon (2.680*0.7=1876)?, wodurch die Abgeltungssteuer sich auf 495 reduziert?
Sehr geehrte Frau Zinnecker, ich habe noch eine Frage zum Thema ETF: Bei der Onvista Bank habe ich schon seit über einem Jahr einen Sparplan für einen MSCI World-ETF von iShares. Nun habe ich gesehen, dass die Onvista Bank jetzt noch viele zusätzliche kostenfreie ETF-Sparpläne anbietet. Könnten Sie aus diesem Angebot einen weiteren Fonds als „Beimischung“ empfehlen? Ich bedanke mich schon jetzt für Ihre Auskunft!