Junge Frau auf Balkon
Bild: fotografixx / GettyImages

Azubis und Studis finden kaum bezahlbare Zimmer; junge Paare stehen vergeblich Schlange für die erste gemeinsame Wohnung; Singles freuen sich über den neuen Job, aber verzweifeln an der Wohnungssuche. Der Mietmarkt in den meisten Großstädten ist seit Jahren angespannt. Auch der Wunsch nach den eigenen vier Wänden wird für Familien häufig zum Alptraum: Entweder gibt es schlicht kein Angebot – oder die Wohnungen sind für sie nicht finanzierbar.

Die Parteien haben das Problem inzwischen erkannt. Die Antworten aber sind grundverschieden. Vor allem in der Mietermetropole Berlin spaltet das Thema Wahlvolk wie Politik: Nachdem der Mietendeckel an der Zuständigkeit des Bundes gescheitert ist, können die Berlinerinnen und Berliner nun parallel zur Bundestagswahl in einem Volksentscheid abstimmen, ob die Politik zur Vergesellschaftung von 240.000 Wohnungen gezwungen werden soll. Noch sind diese Wohnungen im Besitz von Immobilienkonzernen.

Was am 26. September zur Wahl steht

Ganz so radikal sind die Parteiprogramme nicht, die Unterschiede trotzdem erheblich. Wir haben die Programme für Dich analysiert und drei Bereiche herausgesucht, die die unterschiedlichen Ansätze veranschaulichen: Erstens wie viele und welche Art von Wohnungen die Parteien neu bauen wollen, zweitens die Konzepte, um die Mieten bezahlbar zu erhalten. Und drittens die Wahlversprechen zur Förderung von Wohneigentum. Hierbei schauen wir auf das Thema Grunderwerbsteuer: Sie macht den Löwenanteil der Nebenkosten beim Kauf einer eigenen Wohnung oder eines Hauses aus.

 

Baustelle in Berlin
Bild: IMAGO / IPON

 

Diese Ziele haben die Parteien beim Wohnungsmarkt

Nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes wurden in den vergangenen beiden Jahren jeweils um die 300.000 Wohnung in Deutschland fertiggestellt. Das ist offenbar nicht genug, denn das Angebot in den Großstädten ist seit Jahren kleiner als die Nachfrage. In den Programmen der Parteien sehen die harten Zahlen zu den Zielen für den Wohnungsmarkt so aus:

 

Ziele für Wohnungsneubau (laut Wahlprogramm)

CDU/CSU: Bis 2025 mehr als 1,5 Millionen neue Wohnungen.

Grüne: Mit neuer Wohngemeinnützigkeit eine Million zusätzliche Mietwohnungen schaffen; den Bestand an Sozialwohnungen über zehn Jahre um eine Million erhöhen.

SPD: Neubau von 100.000 Sozialwohnungen jährlich.

Linke: Bis zu 250.000 Sozialwohnungen pro Jahr.

FDP: Keine konkrete Zahl.

AfD: Keine konkrete Zahl.

 

Während also die CDU/CSU das Tempo des Wohnungsbaus insgesamt beschleunigen möchte – von 300.000 auf etwa 400.000 pro Jahr –, geht es den Grünen, der Linken und der SPD vor allem um Sozialwohnungen (also geförderten Wohnraum mit besonders niedrigen Mieten). FDP und AfD legen sich bei diesem Thema nicht fest.

Wie ambitioniert die Ziele der Grünen, Linken und SPD zu den Sozialwohnungen sind, lässt sich daran ablesen, dass sich deren Zahl in den vergangenen 20 Jahren halbiert hat: von rund zwei Millionen auf etwa eine Million. Diesen Trend über kürzere Zeiträume wieder umzudrehen (vier Jahre bei den Linken, zehn Jahre bei Grünen und SPD), dürfte nur mit erheblich mehr Geldern und einer großen politischen Kraftanstrengung möglich sein.

 

Mieten-Demonstration in Berlin
Bild: Christoph Soeder / dpa

 

Mietpreise: Vom freien Markt bis zu verordneten Mietsenkung

Zusätzliche gesetzliche Vorgaben zur Miethöhe oder gar einen Mietendeckel lehnen CDU/CSU und FDP rundweg ab. Anders SPD, Linke und Grüne: Die Grünen wollen die reguläre Mieterhöhung innerhalb des Mietspiegels auf 2,5 Prozent begrenzen. Die SPD fordert für angespannte Wohnlagen sogar eine Begrenzung möglicher Mietsteigerungen auf die Höhe der Inflationsrate. Die Linke geht noch einen Schritt weiter: Sie fordert einen bundesweiten Stopp für Mieterhöhungen (Mietenstopp) – und will besonders hohe Mieten senken.

 

Instrumente gegen steigende Mieten (laut Wahlprogramm)

CDU/CSU: Ausreichend Wohnraum schaffen, Mietendeckel ist ein „ungeeigneter Eingriff“.

Grüne: Bundesgesetz für Mietobergrenze im Bestand, Mietpreisbremse entfristen und nachschärfen, reguläre Mieterhöhung auf 2,5 Prozent im Jahr begrenzen.

SPD: In angespannten Wohnlagen (…) zeitlich befristetes Mietenmoratorium, Erhöhung maximal in Höhe der Inflationsrate, Mietpreisbremse entfristen.

FDP: Mehr bauen, Mietpreisbremse abschaffen, bundesweiten Mietendeckel verhindern.

Linke: Mieten bundesweit deckeln, besonders hohe Mieten absenken, Mietenstopp in angespannten Wohnlagen.

AfD: Thema nicht enthalten.

 

Mehr Wohneigentum schaffen – Kaufnebenkosten senken

Wer eine Wohnung kauft oder baut, hat Nebenkosten: für Notarin, Makler und Grunderwerbsteuer. Die Maklerkosten wurden im Jahr 2021 bereits gesenkt, Käuferin und Verkäufer teilen sie sich nun. In vielen Regionen Deutschlands zahlen Eigenheimkäufer damit bereits rund 3,5 Prozent des Kaufpreises weniger an den Makler.

Für fast alle Parteien ist dieses Thema damit erst einmal vom Tisch. Lediglich die Grünen äußern sich in ihrem Programm noch einmal dazu: Sie wollen bei Immobilienkäufen wie bei Mietwohnungen das Bestellerprinzip einführen. Wenn die Verkäuferin also die Maklerin beauftragt, soll auch nur sie (und nicht der Käufer ebenso) die Maklerin bezahlen.

 

Wohnbesichtigung in Dortmund
Bild: IMAGO / Friedrich Stark

 

Grunderwerbsteuer könnte bald sinken

Deutlich mehr Bewegung gibt es bei einem weiteren Kostenpunkt beim Immobilienkauf: der Grunderwerbsteuer. Mit bis zu 6,5 Prozent schlägt sie beim Immobilienkauf in einigen Bundesländern (etwa Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein oder Thüringen) zu Buche. Da die Steuersätze in den vergangenen Jahren gestiegen sind und gleichzeitig auch die Kaufpreise, belastet die Grunderwerbsteuer immer öfter diejenigen, die sich den Traum von den eigenen vier Wänden erfüllen wollen.

Ein Beispiel: Bei einem Hauskauf zu 400.000 Euro werden in Nordrhein-Westfalen, Brandenburg oder Thüringen zusätzlich 26.000 Euro an Grunderwerbsteuer fällig.

Auch wenn die Grunderwerbsteuer Ländersache ist: In den Programmen für die Bundestagswahl gibt es einige Vorschläge zu dieser Steuer. CDU/CSU und FDP wollen Selbstnutzer mit einem Freibetrag entlasten. Bei der AfD soll die Steuer für selbst genutzte Wohnungen ganz entfallen. Die Grünen wollen allgemein die Steuer senken, die Linke hat diesen Punkt nicht im Programm.

 

Haltung zur Grunderwerbsteuer (laut Wahlprogramm)

CDU/CSU: Freibetrag von 250.000 beim erstmaligen Erwerb selbstgenutzten Wohnraums pro Erwachsenem plus 100.000 Euro pro Kind.

Grüne: Steuer soll sinken, aber keine Zahlenangaben. Die Länder sollen den Steuersatz für Selbstnutzende senken können.

SPD: Keine Entlastung. Stattdessen soll die Umgehung der Steuer durch Unternehmen abgeschafft werden („Share Deals“).

FDP: Freibetrag von bis zu 500.000 Euro für selbstgenutztes Wohneigentum, wieder auffüllbar.

AfD: Abschaffung der Grunderwerbsteuer beim Erwerb von Immobilien zur Eigennutzung.

Linke: Thema nicht enthalten.

 

Duell der Kanzlerkandidaten
Bild: Christian Mang / dpa

 

Was Du ansonsten erwarten kannst

Unsere Übersicht ist nur ein Ausschnitt aus dem Ideenkasten der Parteien. Darin finden sich weitere Vorschläge: zur Stärkung der Erbpacht, um die Kaufpreise niedrig zu halten (SPD), eine stärkere Rolle von kommunalen Wohnungsunternehmen und Genossenschaften (Grüne), ein Vorkaufsrecht für Mieter (Linke) sowie das Fortbestehen von steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten beim Bau von Mietwohnungen (Union). Die AfD will Bauland vergünstigt an Familien abgeben – und die Konditionen der staatlichen Förderbank KfW verbessern.

Ideen gibt es also genug. Was am Ende umgesetzt wird, hängt davon ab, wer Kanzlerin oder Kanzler wird – und mit welcher Koalition.

Was Du jetzt schon tun kannst

So oder so: Es gibt schon jetzt Gesetze, die Mieterinnen vor besonders drastischen Mieten schützen. Und es gibt Mietervereine, Versicherungen und Dienstleister, die Dir helfen, Dein Recht auch durchzusetzen. Und auch gegen überhöhte Abrechnungen für Heizung oder Nebenkosten kannst Du Dich wehren.

Falls Du ein Haus oder eine Wohnung kaufen willst, kannst Du Dir etwas mehr leisten, wenn der Kredit günstig finanziert ist und Du auch mögliche Fördergelder in Anspruch nimmst. Woran Du beim Kauf alles denken solltest, haben wir in unserer Checkliste zusammengestellt. Und wenn Du noch schwankst, ob mieten oder kaufen besser für Dich ist, dann hilft Dir dieser Ratgeber.

Wahlprogramme der im Bundestag vertretenen Parteien:

Wenn Du an den Details interessiert bist, findest Du hier die Wahlprogramme. Sie sind allerdings ordentliche Schmöker: 140 eng bedruckte Seiten sind es etwa bei der CDU/CSU, sogar 272 Seiten bei den Grünen.

Dirk Eilinghoff
Autor

Stand:

Dirk Eilinghoff ist Stellv. Chefredakteur in der Finanztip-Redaktion und zusätzlich als Experte für die Themen Geldanlage und Baufinanzierung zuständig.

1 Kommentar

Comments are closed.

* Was der Stern bedeutet:

Wir wollen mit unseren Empfehlungen möglichst vielen Menschen helfen, ihre Finanzen selber zu machen. Daher sind unsere Inhalte kostenlos im Netz verfügbar. Wir finanzieren unsere aufwändige Arbeit mit sogenannten Affiliate-Links. Diese Links kennzeichnen wir mit einem Sternchen (*).

Bei Finanztip handhaben wir Affiliate-Links aber anders als andere Websites. Wir verlinken ausschließlich auf Produkte, die vorher von unserer unabhängigen Experten-Redaktion empfohlen wurden. Nur dann kann der entsprechende Anbieter einen Link zu diesem Angebot setzen lassen. Geld bekommen wir, wenn Du auf einen solchen Link klickst oder beim Anbieter einen Vertrag abschließt.

Ob und in welcher Höhe uns ein Anbieter vergütet, hat keinerlei Einfluss auf unsere Empfehlungen. Was Dir unsere Experten empfehlen, hängt allein davon ab, ob ein Angebot gut für Verbraucher ist.

Mehr Informationen über unsere Arbeitsweise findest Du auf unserer Über-uns-Seite.