Besteuerung Direktversicherung bei Auszahlung

  • Hallo allerseits,


    nachdem ich einige Zeit hier mitgelesen und gesehen habe, dass hier ein respektvoller Umgang miteinander gepflegt wird, habe ich mich auch dazu entschieden, dem Forum beizutreten. Mich interessieren momentan vor allem Fragen bezüglich Rentenlücke und Altersvorsorge mit ETF Depot, von denen ich sicherlich noch die eine oder andere hier stellen werde.


    Zunächst aber erstmal zur Besteuerung einer betrieblichen Direktversicherung von 2009. ich möchte mit 63 in Rente gehen, die Direktversicherung wird 2 Jahre später fällig. Ich plane, mir diese dann auszahlen zu lassen und als Cash-Bestandteil für die Entsparung eines ETF Depots einzusetzen (Minimierung des Sequence of Return Risk) einzusetzen.


    Wie wird die Komplettauszahlungg der Direktversicherung nun besteuert? Ich habe das so verstanden:


    Auszahlungsbetrag = Ansparsumme

    - Beitrag gesetzliche Krankenversicherung (ca. 15%)

    - Beitrag Pflegeversicherung (ca. 3%)

    - Einkommensteuer


    Ist das so richtig? Wie hoch ist dann die Einkommensteuer? Wenn meine Rente z.B. 2000 monatlich wäre, im Jahr also 24000, dann beträgt der Steuersatz nach der Steuertabelle momentan bei 12.5%. Im Jahr der Auszahlung kommt dann die Direktversicherung (z.B. 50000) dazu, d.h. das wären dann zusammen 74000, was laut Steuertabelle einen Steuersatz von ca. 28,5% macht. Also hätte ich dann Abzüge von 46.5% von der Ansparsumme?


    Ich würde mich über etwas Hilfe bei der Klärung sehr freuen.


    Beste Grüße

  • Hallo Jemand123, willkommen im Forum.


    Ich komme für das Auszahlungsjahr mit 74k statt 24k auf einen (Grenz-)Steuersatz von 36,18 %.


    Die Rechnung (mit deinen Zahlen) ohne BAV: 12,5% von 24k macht 3.000 € fürs FA

    mit BAV: 28,5% von 74k ergeben 21.090 €, also 18.090 € mehr als ohne BAV.


    Unterm Strich und rein steuerlich: zusätzliche 18.090 € auf zusätzliche 50k: macht 36,18%


    Die weiteren ca. 9.500 € ( ca. 19%) Abzüge für Kranken- und Pflegeversicherung verteilen sich auf 10 Jahre. also 1/10 davon, c.a. 950 €, fallen noch anteilig ins (Steuer-)Jahr der Auszahlung.


    Gruß

    Alexis

    "Unhappy Wife - Unhappy Life!" Roger Murgatroyd, 1977

  • Vielen herzlichen Dank Alexis für die schnelle Antwort. Also wird die gesetzliche Rente mit dem Durchschnitts-Steuersatz versteuert und nur der zusätzliche Betrag mit dem Grenzsteuersatz. Das war mir bislang noch nicht klar, wie die Berechnung erfolgt.


    Gruß

  • Moin Jemand123


    Herzlichen Willkommen hier im Forum.

    Meiner Meinung nach machst du den letzten Schritt vor dem ersten.

    Die Besteuerung der Auszahlung deiner Betrieblichen Altersvorsorge setzt ja erstmal das durchhalten der Ansparphase voraus. Und leider gibt es sehr viele schlechte Verträge und die lohnen sich oft für die Versicherten nicht.

    Erstmal solltest du überprüfen was das für eine Versicherung ist und vor allem wie hoch sind die Kosten? Sollte dein Arbeitgeber nur die mindest Zulage von 15% zahlen lohnen sich die Verträge oft nicht und du kannst besser ohne Versicherung selber ansparen.


    Dazu kann ich dir den Blogbeitrag von Hartmut Walz empfehlen:


    https://hartmutwalz.de/betrueb…eine-herbe-enttaeuschung/


    Viel Erfolg bei deiner Altersvorsorgeoptimierung.

  • Moin Horst Talski, das ist definitiv ein valider Punkt. Ich war bislang gedanklich eher in Richtung ETF Depot unterwegs, damit das wenigstens auf dem Weg ist. Jetzt kommen die anderen Sachen noch mal unter die Lupe. Den Schritt zur potenziellen Beitragsfreistellung habe ich bislang noch nicht weiter durchdacht, aber da muss ich mir tatsächlich noch ein paar Details zusammensuchen und dann rechnen.


    Beste Grüße

  • Also wird die gesetzliche Rente mit dem Durchschnitts-Steuersatz versteuert und nur der zusätzliche Betrag mit dem Grenzsteuersatz. Das war mir bislang noch nicht klar, wie die Berechnung erfolgt.

    Das ist nicht richtig. Es wird ein zu versteuerndes Einkommen berechnet (also vereinfacht: Alle Einkünfte minus Werbungskosten minus Sonderausgaben wie KV/PV). Für dieses zu versteuernde Einkommen wird dann ein durchschnittlicher Steuersatz "abgerufen" (laut Gesetz errechnet). Damit wird alles versteuert. Der Grenzsteuersatz spielt bei der Berechnung keine Rolle. Er ist der Steuersatz, den man (anschaulich erklärt) auf einen zusätzlichen Euro Einnahmen zahlen müsste. Oder den Steuersatz, den man zurück bekommt, wenn man noch einen Euro Werbungskosten mehr hätte. Wenn das aber so wäre, würde die Berechnung nicht so wie von Dir geschildert erfolgen (also irgendwie getrennt nach Durchschnitt und Grenze), sondern wie von mir geschrieben als ein Gesamteinkommen. Maßgeblich ist dann noch, ob Alleinstehend/Verheiratet und was die Gesetze im jeweiligen Jahr sind, da ändert sich ja immer mal wieder etwas. Und da Du da ohnehin kaum Gestaltungsspielraum hast, würde ich dazu raten, es einfach auf Dich zukommen zu lassen.

  • Die Krankenversicherung zieht bei der Direktversicherung 14,6% + Zusatzbeitrag + Pflegeversicherung ein.

    Somit zahlst du für eine Krankenversicherung mit Krankengeldanspruch, obwohl du den als Rentner gar nicht hast. Hintergund ist, dass die in der Einzahlphase eingesparten KV-Beträge mit Krankengeldanspruch gewesen wären.

  • Die informativen Rückmeldungen haben mir bestätigt, dass es eine gute Idee war, sich hier anzumelden. Vielen herzlichen Dank dafür. Ich muss gestehen, dass die Infos und Links doch noch mehr Fragen bei mir aufgeworfen haben, als ich erwartet hatte. Aber das ist erstmal gut, weil es noch 12 Jahre sind, bis meine Frauen und ich Rente / Entnahmephase beginnen wollen.


    Ich werde mir zunächst den Vertrag / Versicherungsverlauf vornehmen, um abzuschätzen, ob ich die verbleibenden Jahreszahlungen vom Weihnachtsgeld da überhaupt noch investieren möchte oder lieber gleich anders anlege und die Direktversicherung dann ruhen lasse.

    Wie eingangs gesagt, war das Geld neben anderen Bausteinen dafür gedacht, eine mehrjährige Cash Reserve für die Entnahmephase des Depots aufzubauen (welches wir derzeit mit 100% ETF besparen).


    Ich kann ja mal hören lassen, wie es dann letztendlich mit der Direktversicherung ausgegangen ist.


    Vielen Dank und beste Grüße

  • Mich interessieren momentan vor allem Fragen bezüglich ... Altersvorsorge mit ETF Depot ...

    Zunächst aber erstmal zur Besteuerung einer betrieblichen Direktversicherung von 2009.

    Versicherung nach 2005 abgeschlossen, also neues Recht.

    Ich möchte mit 63 in Rente gehen, die Direktversicherung wird 2 Jahre später fällig.

    Wann möchtest Du denn mit 63 in Rente gehen? Das Renteneintrittsalter der gesetzlichen Rente gleitet bekanntlich seit einigen Jahren, das gilt auch für die "Rente mit 63", die ab Geburtsjahrgang 1964 eine "vorgezogene Rente mit 65" sein wird, also vorgezogener Renteneintritt 2029.


    Eine Tabelle des Renteneintrittsalters für "langjährig" und "besonders langjährige" Versicherte findest Du hier:

    https://www.smart-rechner.de/r…intrittsalter_tabelle.php


    Die Direktversicherung wird ab 65 fällig, entweder als Einmalzahlung oder als monatliche Rente. Dieses Alter bleibt vermutlich fix.

    Du hast für die Auszahlung einer Direktversicherung drei Optionen:

    - Du hast sie Dir auf einen Schlag auszahlen lassen

    - Du kannst sie verrenten lassen

    - Mischung zwischen beiden, z.B. 30% Kapitalauszahlung, Rest verrenten


    Die Beiträge einer Direktversicherung von nach 2005 (trifft bei Dir zu) waren steuer- und sozialabgabenfrei, also mußt Du sie bei der Auszahlung komplett als Einkommen versteuern und auch verbeitragen. Sie gelten praktisch als Einkommen, wobei es bei der Verbeitragung einen Freibetrag gibt.


    Hier:

    https://www.verivox.de/rentenv…llten-sie-achten-1001022/

    findest Du Versteuerung und Verbeitragung ziemlich ausführlich dargestellt. Die Versteuerung der Einmalauszahlung erfolgt in einem Schlag (was den Steuersatz sehr in die Höhe treibt), die Verbeitragung erfolgt so, als ob die Einmalauszahlung in 120 gleichen Monatsraten erfolgt wäre. Beides ist für Dich vermutlich ungünstiger als die Verrentung des Betrags.


    Die Versteuerung einer Rente ist kein Hexenwerk, aber so einfach, wie Du Dir das vorstellst, ist es auch wieder nicht. Eine Steuerberechnung für ein unbekanntes Jahr in der ggf. ferneren Zukunft ist reine Spekulation. Die Steuersätze, die Du aus einer aktuellen Steuertabelle herausliest, gelten für z.B. das Jahr 2030 oder gar 2040 höchstwahrscheinlich nicht.


    Das einzige, was man Dir heute schon sagen kann, ist, daß Du Dich mit einer Einmalauszahlung mit hoher Wahrscheinlichkeit schlechter stellst als mit einer Verrentung des Betrags.

  • Vielen Dank Achim Weiss, dass du dir so viel Zeit genommen hast. Rentenbeginn wäre 2035, insofern komme ich in den vollen Genuss der neuen Fristen. Aber das passt schon, ich habe mir vor einiger Zeit eine ausführliche Renteninformation zuschicken lassen, danach komme ich mit der aktuellen Rechtslage auf die Zeiten, natürlich mit 14,4% Abzügen.

    Gegen die Verrentung spricht aus meiner Sicht, dass ich da eine Wette auf mein Alter eingehe. Falls ich dann früh sterbe, ist das Geld weg, meine Frau würde auch nur noch einen kleineren Teil bekommen. Deswegen favorisiere ich inzwischen die Auszahlung trotz der bekannten Nachteile, um das Geld dann in unser Depotkonzept einzubauen, welches nicht nur unsere Rentenlücke schließen soll, sondern das im besten Fall auch für unseren Nachwuchs tun kann. Wir werden sehen. Die Direktversicherung ist sicherlich nicht die beste finanzielle Entscheidung in meinem Leben gewesen.


    Die weiterführende Links schaue ich mir auf jeden Fall noch an, vielen Dank dafür.


    Beste Grüße

  • Vielen Dank Achim Weiss, dass du dir so viel Zeit genommen hast.

    Gern geschehen.

    Rentenbeginn wäre 2035, insofern komme ich in den vollen Genuss der neuen Fristen. Aber das passt schon, ich habe mir vor einiger Zeit eine ausführliche Renteninformation zuschicken lassen, danach komme ich mit der aktuellen Rechtslage auf die Zeiten, natürlich mit 14,4% Abzügen.

    Die "Rente mit 63" ist im Jahr 2035 aus heutiger Sicht eine "Rente mit 65".


    Aus heutiger Sicht wird eine Rente, die im Jahr 2035 beginnt, mit 95% besteuert. Das geht so: Man multipliziert die Rente in den ersten Monaten mit 95% und besteuert das Ergebnis als Einkommen. Sobald ein vollständiges Jahr vorliegt, in dem Du Rente beziehst, wird ein persönlicher Freibetrag ausgerechnet, der 5% der Rente dieses Jahres beträgt. Dieser individuelle Freibetrag bleibt Dir dann lebenslang erhalten. Ok: Wenn Du 2.000 Euro Rente erwartest, wären das 24.000 Euro im Jahr, davon dann 5% sind 1.200 Euro Freibetrag. Schön, wenn man ihn hat, kriegsentscheidend ist der aber nicht.


    Ich schreibe hier ganz deutlich "aus heutiger Sicht" dazu. Wie im Vorposting schon geschrieben, kann man über solche Zeiten allenfalls peilen, sicher nicht sauber kalkulieren. Aktuell wird beispielsweise darüber diskutiert, ob man den Anrechnungsfaktor der Rente langsamer steigen lassen soll, nämlich nur 0,5% pro Jahr und nicht 1% pro Jahr. Das ist aber noch nicht spruchreif.


    Noch eins: 2000 Euro Rente im Jahr 2035 dürften von der Kaufkraft her deutlich weniger sein als 2000 Euro jetzt.

    Gegen die Verrentung spricht aus meiner Sicht, dass ich da eine Wette auf mein Alter eingehe. Falls ich dann früh sterbe, ist das Geld weg, meine Frau würde auch nur noch einen kleineren Teil bekommen. Deswegen favorisiere ich inzwischen die Auszahlung trotz der bekannten Nachteile, um das Geld dann in unser Depotkonzept einzubauen, welches nicht nur unsere Rentenlücke schließen soll, sondern das im besten Fall auch für unseren Nachwuchs tun kann. Wir werden sehen. Die Direktversicherung ist sicherlich nicht die beste finanzielle Entscheidung in meinem Leben gewesen.

    Prognosen sind immer schwierig, vor allem dann, wenn sie die Zukunft betreffen :)


    Jede Verrentung ist eine Wette auf die eigene Überlebenszeit, und nach Adam Riese stirbt die Hälfte vor dem errechneten Durchschnittsalter, die andere Hälfte danach (cum grano salis). Eine Rente bewahrt Dich vor dem Schicksal: "Geld alle, aber sonst noch fidel!" Grundsätzlich solltest Du das positiv sehen.


    Unser lieber Staat traut seinen Untertanen in finanzieller Sicht nicht über den Weg, und das vermutlich sogar zu Recht: Gibst Du einem Menschen einen Batzen Geld in die Hand, der eigentlich für den Rest seiner Tage reichen soll, dann werden sicher einige das Geld nicht anteilig verbrauchen, sondern es erstmal krachen lassen und hinterher auf die Hilfe der Gesellschaft angewiesen sein. Das gilt es sicherlich zu vermeiden.


    Die Direktversicherung hast Du abgeschlossen. Das kannst Du nicht mehr rückgängig machen, auch wenn Du es wolltest. Ich sehe das nicht so negativ wie Du. Du kannst jetzt allerdings eine schlechte Entscheidung nachschieben, nämlich die Versicherung kündigen. Damit hast Du dann eine unterirdische Rendite sicher. Es ist vermutlich sinnvoll, mit zusammengebissenen Zähnen die Versicherung durchzuhalten.


    Grundsätzlich verschiebst Du mit einem solchen Sparvehikel Steuer in die Zukunft, und das ist finanzmathematisch erstmal günstig. Die Beträge gehen vom Bruttoeinkommen weg, sie werden nicht versteuert, sie werden nicht verbeitragt. Daß Du davon keine Rentenbeiträge zahlst, ist nicht gut, dafür gibt hinterher weniger Rente. Den Krankenkassenbeitrag verschiebst Du, die Steuer verschiebst Du (wobei die Steuer in der Rentenzeit geringer sein sollte als jetzt).


    Es ist vermutlich günstiger, daß Du dann, wenn es soweit ist, die Rente nimmst. Du kannst allenfalls einen Teilbetrag (bis 30%) direkt entnehmen und den Rest verrenten. Die komplette Kapitalabfindung dürfte ungünstig sein. Das alles ist jetzt aber noch kein Thema. Aktuell geht es darum, daß Du die Versicherung bis zum Ende durchhältst.

  • Die "Rente mit 63" ist im Jahr 2035 aus heutiger Sicht eine "Rente mit 65".

    Es ist doch eindeutig (an den Abschlägen erkennbar) von der Altersrente für langjährig Versicherte die Rede, also mit 63.


    Dass die (abschlagsfreie) "Rente mit 63" dies nur für zwei Jahrgänge war, ist ein anderes Thema.

  • Aktuell geht es darum, daß Du die Versicherung bis zum Ende durchhältst.

    Kündigen werde ich mit Sicherheit nicht. Variante Durchhalten bzw. beitragsfrei stellen werde ich mir noch durchrechnen. Auszahlungsart festlegen hat noch etwas Zeit. Im Grunde habe ich erstmal genug Informationen, um in der nächsten Zeit mit den Zahlen zu spielen. Die Steuerverschiebung macht ja nur dann wirklich Sinn, wenn durch die Rendite der Zinseszins forciert wird. Da wären wir mit einem thesaurierenden ETF eher besser aufgestellt gewesen.

  • Die Krankenversicherung zieht bei der Direktversicherung 14,6% + Zusatzbeitrag + Pflegeversicherung ein.

    Somit zahlst du für eine Krankenversicherung mit Krankengeldanspruch, obwohl du den als Rentner gar nicht hast. Hintergund ist, dass die in der Einzahlphase eingesparten KV-Beträge mit Krankengeldanspruch gewesen wären.

    Was ist, wenn man in der Ansparzeit über der Beitragsbemessungsgrenze lag? (bzw. nahe dran).

  • Was ist, wenn man in der Ansparzeit über der Beitragsbemessungsgrenze lag? (bzw. nahe dran).

    Scheint niemand zu interessieren. Du darfst aber gerne gegen diese Einstufung klagen.

    Den Arbeitgeberanteil dafst du hier auch mit bezahlen, was dir als Arbeitnehmer und GRV-Rentner erspart bleibt.

    Solltest du keine weiteren Einkünfte haben, darfst du auch gleich den Beitrag für die Mindestbemessungsgrenze von 1096,67 Euro bezahlen. Bei einer Auszahlung von 24000 Euro darfst du dann alles an die KV überweisen.


    Man merkt hier, dass die Gesetzentwürfe von den Lobiisten der KV mitgeschrieben werden.

  • Es ist vermutlich günstiger, daß Du dann, wenn es soweit ist, die Rente nimmst. Du kannst allenfalls einen Teilbetrag (bis 30%) direkt entnehmen und den Rest verrenten. Die komplette Kapitalabfindung dürfte ungünstig sein. Das alles ist jetzt aber noch kein Thema. Aktuell geht es darum, daß Du die Versicherung bis zum Ende durchhältst.

    Kündigen werde ich mit Sicherheit nicht. Variante Durchhalten bzw. beitragsfrei stellen werde ich mir noch durchrechnen. Auszahlungsart festlegen hat noch etwas Zeit. Im Grunde habe ich erstmal genug Informationen, um in der nächsten Zeit mit den Zahlen zu spielen. Die Steuerverschiebung macht ja nur dann wirklich Sinn, wenn durch die Rendite der Zinseszins forciert wird. Da wären wir mit einem thesaurierenden ETF eher besser aufgestellt gewesen.

    Ich habe mich neulich mal mit einem Fachmann für Kapitalversicherungen unterhalten. Er hat mir gesagt, daß 80 bis 90% der Kapitalversicherungen ihr Enddatum nicht erleben. Bei vorzeitiger Kündigung ist die Rendite aber halt unterirdisch.


    Dein Deal war der, daß Du ein festverszinsliches Papier besparst (letztlich ist eine Kapitalversicherung ein solches), und zwar aus Deinem Bruttoeinkommen. Der Staat stundet Dir die Steuer und die Sozialbeiträge, dafür wird die Auszahlung versteuert und verbeitragt. Auf alle solche Zusatzeinkünfte fiel bisher der normale Krankenkassenbeitrag an, der dem Rentner dann noch höher vorkam als sonst schon (nämlich statt grob 8% nun 16%). Um das zu kompensieren, hat unser Staat sich noch eine neue Methode ausgedacht, nämlich einen Freibetrag der Auszahlung, die nicht von der kranken Kasse verbeitragt wird. Wäre ja vermutlich zu einfach gewesen, wenn man schlicht gesagt hätte: Auf diese Zusatzrente wird der halbe Krankenkassenbeitrag fällig.


    Der Hintergrund der Steuerverschiebung ist eigentlich ein anderer: Besteuert werden soll das Geld, das Du verdienst und dann auch ausgeben kannst. Wird von vornherein ein Sparbeitrag abgezweigt, steht Dir dieses Geld nicht zur Verfügung, also sollte man es fairerweise auch noch nicht besteuern. Daß auf diese Weise ein Zinseszinseffekt entsteht, mag eine Nebenwirkung sein.


    Wenn Du dann viele Jahre später auf das Geld zugreifst, wird es zu diesem Zeitpunkt versteuert. Das hat schon seine Logik.



    Die Deutschen sind in der Geldanlage Sicherheitsfanatiker. Läßt Du den Durchschnittsdeutschen zwischen Rendite und Sicherheit wählen, wird er zunächst unbedingt die Sicherheit wählen, dann sehen, wie gering die Rendite ist und fragen, ob es nicht irgendein Mittel gibt, Sicherheit mit Rendite zu kombinieren, also ob man dieses Wasser nicht doch auf irgendeine Weise anzünden kann, damit es besser wärmt. Diese Mentalität zieht sich vom Volk natürlich auch in die Regierung, also hat man bei Riesterverträgen einen Kapitalerhalt zwingend vorgegeben.


    Ein weiterer urdeutscher Irrtum ist die Orientierung am Nominalwert. Da legt einer im Jahr 2000 1000 Euro an und bekommt im Jahr 2030 1000 Euro zurück, und alle rechtlichen Instanzen sind zufrieden, denn er hat ja "sein Geld" zurückbekommen. Daß dieser Nominalbetrag nach 30 Jahren nur einen Bruchteil des Ausgangswertes wert ist, kümmert keinen.


    Ich bin seit vielen Jahren in Aktien investiert; es ist in der Zeit auf- und abgegangen, in der Summe aber aufwärts. Das wird langfristig immer so sein, aber es kann auf diesem Weg schon auch derbe Durststrecken geben. Beispielsweise konnte man mit deutschen Aktien zwischen etwa 1960 und etwa 1980 kein Geld verdienen, mit Renten in dieser Hochzinsphase aber wohl. Wir haben sehr erfreuliche Börsenjahre hinter uns, aber das Steigen der Kurse ist kein Automatismus. So sehr ich für das Anlagevehikel ETF auf einen breiten Aktienindex bin, so ist dessen Steigen doch kein Naturgesetz. Im Nachhinein zu sagen: "Hätte ich statt der Renten besser einen EFT gekauft!" bringt es nicht.


    Laß mal das Jahr 2035 kommen (das Jahr, in dem Du in Rente gehen willst), dann sehen wir schon, ob die Konditionen des Jahres 2023 immer noch gelten. :)