Langjähriger Bausparvertrag - wie am sinnvollsten/rentabelsten abwickeln?

  • Liebe Community,


    zunächst einmal stellvertretend hier ein Dank an Finanztip, das mir in den letzten Wochen primär geholfen hat mich endlich mal in das Thema "Finanzen" richtig einzufuchsen. Ich möchte dabei nicht zu weit ausholen, nur in Kürze, dass ich immer schon ein Typ war, der sich bevor er Entscheidungen trifft richtig einarbeiten muss, was ich im Falle von Finanzen (ETFs usw.) lange gescheut hab. Das ist nun aber geschehen, gefühlt hab ich jeden Artikel und jedes Video gesehen :)


    Vorher hatte ich als praktisch einzige Anlageform, nachdem ich vor einigen Jahren ein aus Kindertagen stammendes "Papa-Aktiendepot" verkauft hatte, weil ich mich zu dem Zeitpunkt noch so intensiv einarbeiten wollte, einen Bausparvertrag. Hier die Eckdaten:


    Vertrabsabschluss: Ende 2011 (ich war noch unter 25 Jahre alt)

    Bausparsumme: 20.000

    Ansparsumme: 50%

    Regelsparbeitrag: 100€/Monat (hab ich nie eingehalten, s.u.)

    Sollzins: 1,95%

    Guthabenzins p.a.: 1%

    Treuebonus bei Nicht-Annahme des Darlehens und nach 12 Treuemonaten: +1% p.a. Nachverzinsung

    Stand aktuell: ca. 9000€

    Sparrate in den letzten Jahren, seitdem ich Geld verdiene: 60€ pro Monat (vorher 512€ pro Jahr, um die WoBauP zu erhalten) plus ein bisschen VL des Arbeitgebers

    Anspruch auf WoBauP: außer 2017 (vergessen einzuzahlen) in jedem Jahr; vermutlich auch 2023 und 2024 dazu berechtigt


    Das Ziel war 2011/2012 erstmal vor allem die Prämien zu bekommen. War damals noch Papa-initiiert - ich selbst würde nach heutigem Wissen keinen Bausparvertrag mehr abschließen, aber das ist ein anderes Thema. Inzwischen hab ich mit 3,5% und 4% verzinste Tagesgeldkonten und einem ETF-Sparplan (mit ordentlicher Einmalanlage) bessere Möglichkeiten, wenn es um den reinen Vermögensaufbau geht. Immobilie ist vielleicht irgendwann mal ein Thema - aber da werde ich mit 10.000€ Darlehen sowieso keine riesigen Sprünge machen und es ist noch nicht absehbar, geschätzt frühestens in 10 Jahren. Ja ich weiß, dass es am besten wäre, diese Entscheidung jetzt schon zu treffen, auch hinsichtlich Aktien-ETFs als Alternative, aber das ist mir aktuell einfach noch nicht möglich.


    Mein Plan wäre es also nun dieses und nächstes Jahr noch die erforderlichen Summen einzuzahlen, um die Wohnungsbauprämie zu bekommen und gleichzeitig meinen Verzicht auf das Darlehen und die Wahrnehmung der Treueprämie zu erklären. Die 1% zusätzliche nachträgliche Verzinsung p.a. sind denke ich die beste/sinnvollste sichere Rendite, die ich hier rausholen kann. Ergibt diese Überlegung aus eurer Sicht so Sinn?


    Der Berater/Verkäufer der Bausparkasse meinte, dass ich den Verzicht aufs Darlehen und die Wahrnehmung der Treueprämie schon jetzt erklären könne, dann würden die 12 Monate Treuezeit schon beginnen. Dann käme ich irgendwann im Spätsommer oder Herbst nächsten Jahres raus und könnte das Geld dann anders anlegen (ETF oder Tagesgeld).


    Entscheidend ist hier auch, dass ich unter 25 Jahre alt war bei Vertragsabschluss, sodass ich die Wohnungsbauprämie trotzdem ausgezahlt bekommen würde. Der Berater meinte, dass ich die gesamte Wohnungsbauprämie bekommen würde - meine Recherchen haben aber ergeben, dass man irgendwie nur die Prämie der letzten sieben Jahre bekommt dann. Da bin ich mir nun nicht sicher, was richtig ist. Weiß das Jemand?


    Für Meinungen/Anmerkungen zu meinem Plan und den beiden Fragen der Sinnhaftigkeit der Überlegung sowie zum Thema WoBauP für unter 25 Jährige (bei Abschluss) wäre ich sehr dankbar!


    Viele Grüße!

  • Ganz ehrlich, das ist aus heutiger/meiner Sicht ein schlechter Bausparvertrag.


    Erste Frage wäre, ist der schon "zuteilungsreif", das würde heißen, dass er nach 10 Jahren von der Bausparkasse gekündigt werden könnte. Zudem müsstest du eigentlich den Regelsparbeitrag monatlich einzahlen.


    1 % Zins + 1 % Bonuszins ist wirklich nicht sonderlich gut im Vergleich zu den aktuellen Tagesgeldzinsen oder Festgeldzinsen. Wenn der Bonuszins einfach nur die bisherigen Zinsen verdoppelt (hier gilt typischerweise kein ZinsesZinsEffekt) kommt es auf die Summe der bisherigen Zinsen an (bei Wüstenrot kann man das im Onlineportal einfach abfragen). Aber auch da kommen bsp. auf 750 € Zinsen dann auch "nur" nochmals 750,00 € am Schluss oben drauf. Die Frage ist also auf wieviel Bonuszins musst Du wie lange warten?


    1. Ich glaube, dass die Antwort auf diese Frage in % und € geringer ausfällt, als wenn Du den Bausparvertrag kündigst (dauert meist auch ein paar Monate bis das Geld da ist) und das Geld dann in dein ETF-Depot und ggf. einen Teil in Festgeld investierst. Wenn Du dich an ETFs nicht rantraust, dann halt erstmal in ein gutes Tagesgeld.
    2. Die VL kannst Du ja auch in einen ETF-Sparplan laufen lassen https://www.finanztip.de/vermoegenswirksame-leistungen/
    3. auf die Wohnbauprämie ist geschi**en, die macht den Kohl nicht fett, auch wenn Du da was zurückzahlen müsstest, das sollte der ETF später schon wieder rausholen können.
  • Hallo DidiRich,


    danke für deine Antwort und Meinung :)


    Ich möchte den Bausparvertrag sozusagen "auf lange Sicht" nicht verteidigen. Aus heutiger Sicht hätte ich niemals überhaupt einen abgeschlossen. Wir sind uns einig, dass ich mit dem gleichen Geld in Aktien-ETF deutlich besser gefahren wäre in der Zeit. Aber die Situation ist nun mal wie sie ist - da hab ich in jungen Jahren nun mal auf den Vater gehört und weder er noch ich wussten es damals besser. So geht es ja letztlich vielen.


    Was ich aber meine ist, dass eine 2% Verzinsung wenn man von ETF absieht die letzten Jahre (!), also NICHT aktuell, ok war als sichere (!) Anlageform - also keine Aktien-ETF. Ich BIN ja inzwischen in Aktien-ETF in meinem risikobehafteten Teil und in meinem sicheren Teil neben dem Bausparvertrag im Tagesgeld und momentan sozusagen dabei alles zu Rebalancen. Die langfristige Strategie ist klar. Der Risikoteil ist aber schon "voll" im Moment, der Teil aus dem Bausparvertrag gehört aktuell zu meinem sicheren Teil, den ich gerne erstmal halten würde.


    Die Situation ist doch jetzt Folgende:


    a) ich kündige jetzt und packe die 10.000€ in einen Aktien-ETF. Bekomme ich im Schnitt 7% p.a., macht 700€. Das kann natürlich mehr sein, es kann auch weniger sein. Wie gesagt ist mein Risikoteil eigentlich schon voll, ich erwähne es trotzdem zum Vergleich.


    b) ich kündige jetzt und packe die 10.000€ auf Tagesgeld und/oder Festgeld. Rechnen wir mal mit dem höchsten was es momentan gibt, 4%: 400€ Zinsen


    c) ich kündige nicht, sondern ziehe die Treueoption und warte das nächste Jahr (nicht mal ganz) ab und lasse es mir dann ohne Darlehen zuteilen. Sollte zeitlich dann trotz Zuteilung passen, dass es bis Ende 2024 da ist, vielleicht Anfang 2025: dafür gibt es 1% Zinsen 100€. Plus die 1% p.a. Nachverzinsung 750€. Plus Bausparprämie 70€. Also 920€ dafür, dass ich das eine Jahr warte. Meinetwegen rechne ohne Bausparprämie: 850€, die nach dem Jahr sicher wären.


    Aus meiner Sicht spielt es kaum eine Role, ob es am Ende 1, 2 oder 3 Monate womöglich länger dauert mit der Zuteilung - es kommt doch drauf an, was ich aus den 10.000€ in der Zeit herausholen kann. Und da braucht es doch bei Aktien-ETF (a) sehr viel Glück und bei Tagesgeld/Festgeld (b) nach aktuellen Zinsen mindestens 2 Jahre, um in die Region von Variante c) zu kommen, auch mit Zinseszins. Und das zweite Jahr bei c) gehe ich mal davon aus, dass ich es ja dann auch höher verzinst anlegen kann - oder eben doch in Aktien, wenn ich mehr Risiko fahren will/kann.


    Ich möchte damit nicht sagen, dass das was du sagst nicht richtig ist, sondern meine eigene Rechnung erklären, warum aus meiner Sicht in der nun mal gegebenen Situation Variante c) aus meiner Sicht am besten ist.


    Aber genau deshalb frag ich ja: übersehe ich hier etwas? Ist meine Rechnung Quatsch?


    Viele Grüße!

  • Quatsch ist das auf keinen Fall was Du vor hast. Du hast Dir Gedanken gemacht und ein vernünftiges Vorgehen entwickelt. Find ich gut.


    Mir geht es ganz ähnlich mit einem 2% verzinsten Bausparvertrag mit 2,5% Bonuszins (nach Darlehensverzicht), drin sind 38.000 € und bisher 6.000 € Zinsen über gesamte Laufzeit. Bei mir schlägt dann nur die Kapitalertragsteuer voll zu wenn der Bonuszins ausgezahlt wir ;(

    Aber bei Dir hört sich das so an, als ob der Punkt wohl (leider ;) ) noch keine Rolle spielen sollte


    Wer solche guten Fragen wie Du stellst, bei dem mache ich mir keine Sorgen, dass da viel Geld kaputt gemacht würde.

    Variante C) sehe ich keinen Fehler drin, insbesondere die Rückzahlung der Wohnbauprämie dürfte keine Rolle spielen (da bei Abschluss U25)


    Gruß