Sicherheitsbaustein (EUR-Staatsanleihen) im Welt-Aktien-ETF Portfolio

  • Hallo zusammen,


    angenommen, man hat das für sich optimal Welt-Aktien-ETF-Portfolio definiert und es fehlt nur noch ein Sicherheitsbaustein. Aktuell setzt man sicherlich besser auf Tages/Festgeld aber auf lange Sicht und bei höheren Summen würde ich diesen Sicherheitsbaustein (20-30% des Depotwertes) gerne durch EUR-Staatsanleihen-ETF umsetzen. Die Empfehlungen auch von den Profis sind hierzu wenig konsistent und es ergeben sich aus meiner Sicht einige Fragen, die ich hier gerne diskutieren würde. Meine erste Frage betrifft die Laufzeiten:


    Welche Laufzeiten/Durations würdet ihr für die langfristige Anlage wählen?


    Gerd Kommer plädiert für den Sicherheitsbaustein für sehr hoch geratete EUR-Staatsanleihen mit sehr kurzen Laufzeiten (1-3 Jahre), um das Zinsänderungsrisiko zu reduzieren, das ja gerade viele heftig getroffen hat. Andreas Beck setzt im Gegensatz dazu u.A. bei seinem Global-Portfolio-One bewusst auf lange laufzeiten und betont die Notwendigkeit eines positiven Zinses am langen Ende der Zinsstrukturkurve. Für mich dient der (relativ kleine) Sicherheitsbaustein dazu, die Vola aus dem Gesamtportfolio rauszunehmen, er dient aber im Rahmen eines jährlichen Re-Balancings zwischen allen Bausteinen (Aktien-ETFs und Anleihe-ETFs) gewissermaßen auch als Investitionsreserve, da je nach Stand der Aktien/Anleihen entsprechend umgeschichtet und nachgekauft werden soll.


    Wie seht ihr das und was sind eure Erfahrungen bzw. Ratschläge hierzu?


    Danke und lieben Gruß

    FT_User

  • Wenn das Ziel darin besteht, die Volatilität zu reduzieren, machen nur kurzlaufende Anleihen Sinn. Langläufer sind in den Kursen zu volatil. Das gleiche gilt auch mit dem Ziel einer Investitionsreserve, außer man verlässt sich darauf, dass Aktien und Anleihen tendenziell (aber eben nicht immer) gegenläufig sind.


    Schließlich ist auch noch die Frage, ob das überhaupt Sinn macht. Wenn du ohnehin einen relativ kleinen Baustein hast, kannst du auch gut ohne Anleihen auskommen. Irgendwann stellt sich auch die Frage, ob es wirklich Sinn macht, den Baustein prozentual aufzuteilen oder in der absoluten Größe zu limitieren

  • Stimmt, Fragen über Fragen! Angenommen man wäre irgendwann im Rentenalter bei einer Depotsumme vom 1 Mio € und würde sich für 30% also 300T€ Sicherheitsbaustein entscheiden und hätte keine Lust damit Zinshopping zu betreiben oder das ganze wegen auf 100T€ begrenzter Einlagensicherung auf mehrere Banken aufzuteilen: Wieso meinst du es macht ggf. keinen Sinn, den Baustein prozentual aufzuteilen oder in der Größe zu limitieren? Wie würdest du hierbei alternativ vorgehen? Baustein einfach liegen lassen? Anteil ignorieren? ...

  • Stimmt, Fragen über Fragen! Angenommen man wäre irgendwann im Rentenalter bei einer Depotsumme vom 1 Mio € und würde sich für 30% also 300T€ Sicherheitsbaustein...

    Lass es doch einfach auf Dich zukommen! ;)

    Warum jetzt schon groß Gedanken darauf verschwenden, was evtl. in 20-30 Jahren sein wird? :/

    Noch vor 1,5 Jahren waren Zinsen kein Thema (mehr). Nun gibt es wieder Zinsen auf TG/FG. Meine Devise lautet: "Erstmal den Bären erlegen, bevor man sein Fell verteilt!"

  • Klar, man könnte abwarten und erstmal keinen Sicherheitsbaustein nutzen oder nur Tagesgeld/Festgeld in kleinerem Umfang. Aber: Es geht mir auch finanzmathematisch um eine möglichst gute Risiko-Rendite-Kombination und dabei macht ein Anleine-Anteil im Portfolio durchaus Sinn. Den Bären erlege dich dann gewissermaßen zu 80% wenn ich 20% relativ sichere Anleihen berücksichtige. ;) Davon sollte ich auch satt werden und mir auch erhoffen, dass durch das Re-Balancing zwischen allen Bausteinen ein positiver Effekt entsteht, da man entsprechend relativ gesehen günstiger Aktien oder Anleihen nachkauft, je nach Marktlage...

  • Lass es doch einfach auf Dich zukommen! ;)

    Genau!


    Es wird in dieser Zukunft so viele Optionen geben … von der Verteilung auf x Banken mit jeweils einem Tagesgeldkonto über Festgelder bis zu zeitlich passend eingerichteten Einzelanleihen - woher soll man heute wissen, was dann in der Zukunft der beste Weg ist?!


    Ich bin sehr dafür, Probleme dann zu lösen und unter den real vorliegenden Bedingungen zu lösen, wenn sie da sind.

  • Klar, man könnte abwarten und erstmal keinen Sicherheitsbaustein nutzen oder nur Tagesgeld/Festgeld in kleinerem Umfang.

    Also was nun? Geht es Dir um das Setting heute oder um das Setting in einer Rentenalterzukunft?


    Heute zum Sicherheitsbaustein kannst Du gut Tagesgeld nutzen oder eben kurz laufende Euro-Staatsanleihen … Um die Relation aufzuzeigen, wie relevant es ist: Wenn es im Sicherheitsbaustein um 50.000 Euro geht - was ja nicht so wenig wäre, wenn er 20 Prozent des Gesamtvermögens ausmachen soll - und um ein Optmierungsdelta von 0,5 Prozentpunkten … sprechen wir im Jahr über 250 Euro.

  • Es wird in dieser Zukunft so viele Optionen geben …

    Auch das ist sicher richtig. Falls Putin oder Trump den Atomkrieg vom Zaun brechen, wären viele Überlegungen hinfällig. Auch könnte morgen die eierlegende Wollmilchsau für die private Geldanlage um die Ecke kommen, in die dann alle umschichten.


    Aber: Ich Suche - Stand heute (!) - eine möglichst gute Risiko-Rendite-Kombination, die voraussichtlich mittel- bis langfristig einigermaßen tragfähig sein wird. Die alten 60/40 Portfolios haben in den letzten 10 Jahren (Nullzinsphase) nicht mehr funktioniert. Jetzt wo die Zinsen wieder da sind, sehe ich gerade auch im Fall wieder fallender Zinsen mittelfristig Chancen für Anleihen. Warum also nicht überschaubare 20% Anleihen beimischen?

  • Heute zum Sicherheitsbaustein kannst Du gut Tagesgeld nutzen oder eben kurz laufende Euro-Staatsanleihen …

    Warum nutzt dann Andreas Beck explizit lang laufende sichere Staatsanleihen für die Investitionsreserve? Ich schätze, er setzt auf die tendenziell geringe Korrelation zwischen Anleihen und Aktien (das letzte Jahr bestätigt dann die Regel :)) und plant einfach langfristig, sodass der auf längere Sicht höhere Zins der länger laufenden Anleihen die "Verluste" durch Schwankungen des Zinsniveaus überkompensieren. Mein Ziel ist wie gesagt ein Portfolio, das aus heutiger Sicht (!) möglichst realistisch auch langfristig funktioniert ohne viel Arbeit zu machen...

  • Du musst aber schon wissen, was Du willst: Sicherheit auch im Sinne von Sicherheit vor einem Zinsänderungsrisiko - oder eine möglichst geringe Korrelation zum Aktienmarkt. Für Letzteres habe ich u. a. zu Gold und zu EM-$-Bonds gegriffen.


    Aber nochmal, Du musst wissen, was Du willst, und für wann Du es willst. Nach einem Segelflieger zu fragen, und dann, wenn man einen empfohlen gekriegt hat, zu nöhlen, dass man mit dem gar nicht Hochseesegeln gehen kann, ist nicht zielführend.

  • Aber nochmal, Du musst wissen, was Du willst, und für wann Du es willst.

    Wie geschrieben: Basierend auf heutiger Lage, den heutigen Finanzinstrumenten und Möglichkeiten ein Portfolio stricken, dass ich voraussichtlich für sehr lange Zeit (d.h. mehrere Jahrzente) so besparen könnte, um es dann z.B. für den Ruhestand nutzen zu können. Ziel demnach: Optimale Risiko-Rendite-Kombination langfristig mit einer Kombination aus Welt-Aktien-ETF (Großteil) und EUR-Staatsanleihe-ETF (Beimischung zur Depotstabiliserung und als Investitionsreserve)!

  • Für Letzteres habe ich u. a. zu Gold und zu EM-$-Bonds gegriffen.

    Laut den Studien, die ich dazu in die Finger bekommen habe, ist Gold bei weitem nicht so gering zum Aktienmarkt korreliert, wie man das hoffen würde. Gold mit bis zu 10% würde ich auch überlegen, aber dann nicht als Investment sondern eher als Versicherung. Die EM-$-Bonds würde ich in Anlehnung an Kommer dem risikobasierten Teil zurechnen und gerade nicht dem Sicherheitsbaustein. Das wegen Währungsrisiken, Ausfallrisiken, politischen Risiken u.s.w. Meine Frage zielt ja gerade explizit auf einen AAA/AA EUR-Gov.-Bond-ETF als Sicherheitsbaustein im Portfolio ab...

  • Wie geschrieben: Basierend auf heutiger Lage, den heutigen Finanzinstrumenten und Möglichkeiten ein Portfolio stricken, dass ich voraussichtlich für sehr lange Zeit (d.h. mehrere Jahrzente) so besparen könnte, um es dann z.B. für den Ruhestand nutzen zu können. Ziel demnach: Optimale Risiko-Rendite-Kombination langfristig mit einer Kombination aus Aktien-ETF (Großteil) und Anleihe-ETF (Beimischung zur Depotstabiliserung und als Investitionsreserve)!

    Ich vermute, es bringt Dir nichts, wenn ich schreibe, vor dem Hintergrund meiner hohen Aktienquote von mehr als 80 Prozent langlaufend Euro- und US-Staatsanleihen sowie die besagten EM-$-Bonds und Gold beigemischt zu haben. Diese Teile rechne ich aber garantiert nicht dem Sicherheitsbaustein zu, von dem Du teils schreibst, weil in den Assetklassen die Volatilität und der max. Drawdown auch immens sein können. Mir ging es aber um eine möglichst geringe Korrelation zu den Aktien.

  • Basierend auf heutiger Lage, den heutigen Finanzinstrumenten und Möglichkeiten ein Portfolio stricken, dass ich voraussichtlich für sehr lange Zeit (d.h. mehrere Jahrzente) so besparen könnte, um es dann z.B. für den Ruhestand nutzen zu können.

    Aber das sind doch zwei Paar Schuhe.


    Ich würde heute 100% in Aktien stecken, über Jahrzehnte so weitersparen und erst dann, wenn die Rente näher rückt, ggf. sukzessiv Teile umschichten - je nachdem, wie hoch mein Sicherheitsbedürfnis dann ist und was es nach den dann geltenden Marktbedingungen so an sinnvollen sicheren Anlagen gibt.


    Oder ist dein Sicherheitsbedürfnis so hoch, dass du jetzt schon weniger Volatilität willst? Das hat dann aber mit der Rente in x Jahrzehnten nichts zu tun.

  • Oder ist dein Sicherheitsbedürfnis so hoch, dass du jetzt schon weniger Volatilität willst? Das hat dann aber mit der Rente in x Jahrzehnten nichts zu tun.

    Und dann muss man überlegen, wie man Volatilität rausnehmen will?


    Erstens klassisch über einen Sicherheitsbaustein. Der ist, ohne zu schwanken. Angenommen, man hat Aktien mit einem max. Drawdown von 60 Prozent. Man will aber nur das Risiko eines max. Drawdowns von 30 Prozent eingehen … dann muss man halt 50/50 machen mit den Aktien und einer Assetklasse, die nominell einfach stabil ist.


    Zweitens über andere Bausteine im Risikobaustein, die mit den besagten Aktien wenig korrelieren. Dann hat man eine höhere Renditeaussicht als bei der ersten Lösung, aber eben auch mehr Risiko - weshalb man nicht von einem Sicherheitsbaustein sprechen kann.


    Man muss wissen, was man will!

  • Ich würde heute 100% in Aktien stecken, über Jahrzehnte so weitersparen und erst dann, wenn die Rente näher rückt, ggf. sukzessiv Teile umschichten - je nachdem, wie hoch mein Sicherheitsbedürfnis dann ist und was es nach den dann geltenden Marktbedingungen so an sinnvollen sicheren Anlagen gibt.

    Das könnte man so machen und klar, implizit unterstelle ich ja auch, dass Aktien langfristig die höchste Rendite bringen, deshalb ja auch mein Anteil von 80% in der Ansparphase und die Idee, dann z.B. auf 70% zu redizieren oder anderweitig umzuschichten. Meine Frage ist nur eben die: Wie sollte man einen Sicherheitsbaustein von 20-30% jetzt stricken, wenn man bei den kommenden Aktienmarkteinbrüchen eben nicht zu 100% dabei sein will, das Depot zumindest etwas stabilisiert, Re-Balancing und Umschichtungen zwischen Aktien und Anleihen betreiben kann, u.s.w.!

  • Klar, man könnte abwarten und erstmal keinen Sicherheitsbaustein nutzen oder nur Tagesgeld/Festgeld in kleinerem Umfang.

    Bei 20% Sicherheitsbaustein und 100K€ FG/TG pro Bank bist Du schon bei 400K€ ETF-Depot. :/

    Ich habe z.B. eine alte KLV und eine bAV in meinem Sicherheitsbaustein. Das mach dann mit meiner Tagesgeldreserve aktuell etwa 60/40 Risiko vs. Sicherheit.

    Ich Investiere aktuell etwa 85/15 Risiko vs. Sicherheit in der Hoffnung irgendwann zur Rente im Bereich 75/25 anzukommen. Meine GRV entspricht dann ja auch nochmal rund 500K€ Sicherheitsbaustein.

  • Es hat ja auch eine gewisse Tradition im Portfoliomanagement (wenn wir von den letzten Jahren des Nullzinsumfeldes einmal absehen), eben keine 100% Aktienportfolios zu fahren: Aktuell machen das neben Kommer auch Ray-Dalio mit seinem All-Weather-Portfolio, Martin Weber mit seinem ARERO und Beck schon früher im X-trackers Portfolio und viele mehr...

    100% Aktien ist easy, ich frage mich ja aber gerade was ich mit einem 80/20 Portfolio und hierbei konkreter den 20% innerhalb des Portfolios (und ohne TG/FG) machen würde... :)

  • Letztlich ist die Rechnung bei langfristigen Anlagehorizonten zwischen Kommer und Beck meinem Verständnis bei regelmäßigem Re-Balancing dann in Hinblick auf die Laufzeiten/Duration doch die:


    Überwiegt der Zinsvorteil der länger laufenden Anleihen den Nachteil der höheren Schwankungen bei Änderungen des Zinsniveaus oder nicht?


    Kommer scheint das zu verneinen und setzt auf kurze Laufzeiten auch trotz sehr langfristigen Anlagehorizonten und konsequentem buy-and-hold und Beck sagt sich offenbar gleich: Wenn ich langfristig anlege, kann ich auch die Einbrüche der Anleihekurse aussitzen und langfristig die höhere Anleiherendite mitnehmen.


    Hat hierzu jemand konkrete Erfahrungen mit beiden Strategien oder kennt Studien, die versuchen diese beiden Strategien zu evaluieren?