Tilgung bei Niedrigzins (0,98%) aussetzen und stattdessen anlegen (Festgeld,ETF etc.)?

  • Einen schönen Abend zusammen,


    Wir haben 2021 ein Annuitätendarlehren für 15 Jahre über 558.000 Euro bei einem Zinssatz vom 0,98% und einer Tilgungsrate von 3,34% (2000 Euro monatlich) abgeschlossen.

    Aufgrund massiver Bauverzögerungen (voraussichtliches Bauende in 5 Monaten) sind wir mit der Tilgung noch nicht gestartet.

    Das Geld wurde bis auf 20.000 Euro abgerufen. Erst wenn diese abgerufen werden muss mit der Tilgung gestartet werden. Auf diese 20.000 Euro zahlen wir 3 % Zinsen.


    Unsere Überlegung ist nun: Wäre es finanziell nicht sinnvoller diesen Kredit niemals zu tilgen und das Geld stattdessen bis Ende der Laufzeit in ETFs,Festgeld oder ähnliches anzulegen?


    Über Rückmeldungen würden wir uns sehr freuen! :)

  • Als reine Zahlenoptimierung wäre es natürlich günstiger, das Geld nicht in die Tilgung, sondern in ein langlaufendes Festgeld zu stecken (wobei 10 Jahre in der Regel das Maximum ist). Aber die Bank wird sich nicht einfach darauf einlassen, dass ihr den Restkredit nicht abruft. Bei manchen Verträgen lässt sich der Tilgungssatz in einem gewissen Rahmen ändern, die Null werdet ihr da nicht erreichen.

  • Hallo Leben im Süden,


    Danke für deine Antwort! Hast du einen Tipp für uns wie wir herausfinden können ob unser Tilgungssatz änderbar ist? - oder liegt dies an individuellen Verhandlungen mit der Bank?


    Wenn wir es richtig verstehen gilt in diesem Fall „je niedriger der Tilgungssatz umso besser“,oder?

  • Hallo Leben im Süden,


    Danke für deine Antwort! Hast du einen Tipp für uns wie wir herausfinden können ob unser Tilgungssatz änderbar ist? - oder liegt dies an individuellen Verhandlungen mit der Bank?


    Wenn wir es richtig verstehen gilt in diesem Fall „je niedriger der Tilgungssatz umso besser“,oder?

    Das steht im Kreditvertrag den ihr unterschrieben habt. Und klar, aktuell kannst du mit der Rendite von sicherem Festgeld, nach Steuern, deinen Zinssatz locker übertreffen und hast damit ein positives Arbitragegeschäft

  • Steht in eurem Kreditvertrag. In der Regel kostet das aber einen gewissen Aufschlag, entsprechend ist das meistens nicht enthalten

    Zumindest für die ING kann ich sagen, dass zwei kostenlose Tilgungssatzänderungen zwischen 1% und 10% (bezogen auf die ursprüngliche Darlehenssumme) standardmäßig inklusive sind, weitere Änderungen dann gegen 100 EUR Gebühr. Siehe hier: Gebühren und Preise zur Baufinanzierung der ING – ING


    Ich habe das selbst auch schon genutzt, das ging einfach übers Onlinebanking anzupassen. Wir hätten es auch nicht aktiv reinverhandelt, nachdem es aber standardmäßig dabei war (und die ING darüber hinaus auch noch mit Abstand das günstigste Angebot hatte), haben wir es mitgenommen. Eigentlich damals (wir haben 2020 finanziert, im absoluten Zinstief) eher in der Überlegung, dass die Möglichkeit, die Rate zu reduzieren, bei Arbeitslosigkeit, längerer Krankheit etc. im Notfall helfen könnte. Diese Flexibilität für Zinsdifferenzgeschäfte nutzen zu können, hatten wir damals natürlich nicht auf dem Schirm.


    Wir sind mit einer Tilgung von 6,5% gestartet, haben die seit letztem Jahr auf 1% reduziert und legen die Differenz zur ursprünglichen Raten seither als Festgeld an.

  • Unsere Überlegung ist nun: Wäre es finanziell nicht sinnvoller diesen Kredit niemals zu tilgen und das Geld stattdessen bis Ende der Laufzeit in ETFs,Festgeld oder ähnliches anzulegen?

    Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Bank das mitmachen würde, den Kredit nie ganz abzurufen, zumal wenn ihr die 3% Zinsen wirklich nur auf die restlichen 20.000 EUR zahlt.


    Aber seid ihr sicher, dass das so ist, und dass ihr auf den abgerufenen Teil von 538.000 EUR gar nichts zahlt? Ich hätte erwartet, dass auf den abgerufenen Teil zumindest die 0,98% anfallen (nur eben noch ohne Tilgung).

  • Ich verstehe gar nicht, wo hier herausgelesen wird, dass der TO die verbliebenen 20.000 niemals abrufen will, und dass er momentan gar keinen Zins zahlt. Er schreibt doch nur, die 20.000 seien noch nicht abgerufen (was nichts darüber sagt, ob er sie je abruft) und er zahle noch keine Tilgung (was nichts über den regulären Zins der ersten 538.000 Euro sagt).


    Kurzum, an den TO: Ja, wenn Du die Tilgung reduzieren kannst (auf Null wird wohl nicht gehen, aber niedriger ist niedriger), kannst Du mit dem für die Tilgung vorgesehenen Geld ein Zinsdifferenzgeschäft machen und damit besser abschneiden als mit der regulären Tilgung.

  • Ich verstehe gar nicht, wo hier herausgelesen wird, dass der TO die verbliebenen 20.000 niemals abrufen will

    Im einen Satz schreibt er von den verbleibenden 20k und im nächsten vom niemals tilgen.


    er zahle noch keine Tilgung (was nichts über den regulären Zins der ersten 538.000 Euro sagt).

    Für den bereits abgerufenen Teil zahlt man den regulären Zins. Sprich, in diesem Fall die 0,98%

  • Im einen Satz schreibt er von den verbleibenden 20k und im nächsten vom niemals tilgen.

    Aber die Info vom noch nicht abgerufenen Teil und die Info über den Wunsch, nicht zu tilgen, sagt doch nichts über den angedachten Umgang mit dem noch nicht abgerufenen Teil aus … :/ Aber egal … ich will nicht rechthaberisch sein wie … andere hier im Forum. :S :saint: :)

  • Ich verstehe gar nicht, wo hier herausgelesen wird, dass der TO die verbliebenen 20.000 niemals abrufen will und dass er momentan gar keinen Zins zahlt. Er schreibt doch nur, die 20.000 seien noch nicht abgerufen ...

    ... er zahle für diese 20.000 einen Bereitstellungszins von 3% (also 600 € pro Jahr) ...

    .... und er zahle [vor dem vollständigen Abruf der Darlehenssumme] noch keine Tilgung ...

    ... für das Darlehen mit einem Volumen von 538 T€ und 0,98% Zins bei einer vereinbarten anfänglichen Tilgung von 3,34%.


    Solange das so bleibt, zahlt er einen Zins von 0,98% auf 518 T€ (also 5076 €/a oder 433 €/m) und 3% Bereitstellungzins auf 20 T€ (600 €/a, 50 €/m). Zusammen sind das 6576 €/a (483 €/m) Zins oder 1,1% auf das abgerufene Darlehensvolumen von 518 T€. (Ich habe überschlägig mal jährlich gerechnet, vermutlich gilt der angegebene Zins monatlich, dann wäre er jährlich gerechnet effektiv etwas höher).


    Wenn man das optimieren wollte, könnte man möglicherweise noch weiteres Geld abrufen (sagen wir mal 10 T€, wir wollen es ja nicht übertreiben). Das sparte etwa 2%/a Zins auf die zusätzlichen 10 T€ oder immerhin 200 €/a.


    Den Betrag, den der Darlehensnehmer in die Tilgung stecken sollte, legt er als Festgeld an (10 Jahre sind maximal üblich, aber man kann Festgelder ja auch verlängern). 3 % nach Steuern sollten damit erreichbar sein, für die ersten 25 T€ auf 4% (Sparerfreibetrag). Wenn der Threadstarter verheiratet ist, kann das Ehepaar die Zinsen von 50 T€ steuerfrei einnehmen. Bei 1500 € Sparrate monatlich haben sie also etwa 3 Jahre steuerlich den Rücken frei.


    Ich würde an Stelle des Threadstarters mal ganz genau in meinen Darlehensvertrag schauen, ob diese Konstruktion von den Vertragsbedingungen machbar ist. Möglicherweise bietet ihm ja sogar die finanzierende Bank passende Festgeldkonditionen, dann bekommt sie ob der ursprünglich nicht beabsichtigten Tilgungsaussetzung keine kalten Füße. Wenn der Vertrag es aber hergibt: Pacta sunt servanda.

  • Liebe Community,

    Vielen Dank für euer fundiertes Wissen!


    Tatsächlich müssen wir auf jeden Fall mit der Tilgung starten sobald wir die letzten 20.000Euro (oder auch nur einen Teil davon) abrufen.


    Zinsen zahlen wir neben den 3%auf die 20 TE noch die 0,98% auf die 538 TE.


    Wir haben nochmal in unseren Kreditvertrag geschaut (siehe unten)

    Tatsächlich kann die Tilgungsrate 1mal jährlich geändert werden,- allerdings kann sie nur erhöht und nicht herabgesetzt werden.


    Hierbei sind wir auf folgende Spalte aufmerksam geworden „Die Tilgung beginnt 1 Monat nach Vollvalutierung“.

    Könnte das im Umkehrschluss bedeuten- Wenn keine volle Auszahlung des Kredits erfolgt sind wir nicht verpflichtet zu tilgen?

    (Oder haben wir hier andere Sachverhalte nicht bedacht?)


    Liebe Grüße

  • Tatsächlich müssen wir auf jeden Fall mit der Tilgung starten, sobald wir die letzten 20.000Euro (oder auch nur einen Teil davon) abrufen.

    Warum ist das so? Sind 20 T€ als minimale Tranche festgelegt?

    Im Vertrag steht: Die Tilgung beginnt bei Vollvalutierung.

    Zinsen zahlen wir neben den 3%auf die 20 TE noch die 0,98% auf die 538 TE.

    Vermutlich nicht. Von den vereinbarten 538 T€ hast Du ja erst 518 T€ bekommen. Für die restlichen 20 T€ zahlst Du ja 3% Bereitstellungszinsen. Wäre es so, wie Du schreibst, würden für die letzten 20 T€ (die Du noch nicht bekommen hast) fast 4% Zinsen berechnet.

    Wir haben nochmal in unseren Kreditvertrag geschaut (siehe unten)

    Tatsächlich kann die Tilgungsrate 1mal jährlich geändert werden,- allerdings kann sie nur erhöht und nicht herabgesetzt werden.

    Das ist nachvollziehbar. Die Obergrenze der Tilgung dürfte aber theoretisch sein. Die Sparkasse würde sich vermutlich nicht wehren, wenn Du dieses Darlehen, was unter Markt verzinst wird, schneller tilgtest (etwa indem Du eine Erbschaft einfließen ließest). Eben das war ja das Thema des Finanztip-Rundbriefs: Wird ein Darlehen niedriger verzinst als der aktuelle Marktzins, lohnt sich ggf. eine parallele Anlage statt der Tilgung.

    Hierbei sind wir auf folgende Spalte aufmerksam geworden „Die Tilgung beginnt 1 Monat nach Vollvalutierung“.

    Könnte das im Umkehrschluss bedeuten- Wenn keine volle Auszahlung des Kredits erfolgt sind wir nicht verpflichtet zu tilgen?

    Ich verstehe das so, aber ich bin Laie. Ob die Sparkasse Dir den Restbetrag wirklich zwangsweise aufs Auge drücken kann, obwohl Du dieses Geld überhaupt nicht brauchst? Keine Ahnung. Steht vielleicht irgendwo im Vertrag oder vielleicht auch in irgendwelchen AGB, auf die innerhalb des Vertrags verlinkt wird. Eine Überlegung wäre, das Festgeld bei genau dieser Bank zu machen, damit erhöht sich deren Risiko dann nicht. Mal ganz davon abgesehen, daß die Risikobewertung vor dem Vertragsschluß erfolgt. Wenn sich während der Vertragslaufzeit das Risiko erhöht, ist das eben so.


    Wie üblich in Rechtsdingen: Im Zweifelsfall einen passenden Rechtsanwalt fragen. Es heißt, der hafte im Zweifelsfall für eine sachlich falsche Auskunft. :)

  • Warum ist das so? Sind 20 T€ als minimale Tranche festgelegt?

    Im Vertrag steht: Die Tilgung beginnt bei Vollvalutierung.

    20TE sind laut diesem `Formblatt` der Bank die Mindestsumme die abgerufen werden kann. Tatsächlich taucht diese Zahl im Vertrag selber aber nicht auf-besteht vielleicht doch noch die Hoffnung einen Teil des Restgeldes abrufen zu können ohne mit der Tilgung starten zu müssen?


    Hätten wir diese Option eher im Blick gehabt hätten wir natürlich mehr als die genauen 20TE beim Kredit belassen.

  • Also, ist jetzt vielleicht eine lustige Idee, weil ziemlich direkt, aber … wenn man schon bei einer Bank vor Ort finanziert hat, könnte man da doch einfach mal fragen, was passiert, wenn man das Geld nicht mehr braucht und nicht abruft.

  • 20TE sind laut diesem `Formblatt der Bank die Mindestsumme, die abgerufen werden kann. Tatsächlich taucht diese Zahl im Vertrag selber aber nicht auf. Besteht vielleicht doch noch die Hoffnung, einen Teil des Restgeldes abrufen zu können, ohne mit der Tilgung starten zu müssen?


    Hätten wir diese Option eher im Blick gehabt, hätten wir natürlich mehr als die genauen 20TE beim Kredit belassen.

    Wie es bei Dir im Geldbeutel aussieht, weißt nur Du. Du brauchst es hier nicht zu schreiben.


    Für Dich aber mußt Du halt klären, ob Du die fehlenden 20 Mille noch brauchst oder nicht oder ob Du den Abruf schieben kannst. Es ist ja Deine Sache, aber ich würde es vermutlich nicht auf die Spitze treiben. Wenn das unproblematisch zu machen gewesen wäre, hätte ich mir vorstellen können, daß ich mir nochmal 10 T€ hätte auszahlen lassen. Vermutlich aber wird sich die Sparkasse sträuben. Sie halten Dir das obige Formular vor die Nase und machen das einfach nicht.


    Oder Du probierst es halt. Ich persönlich bin als Lügner völlig ungeeignet. Man würde es mir ansehen, wenn ich schwindle. Manche Leute sind diesbezüglich anders: Die können mit Engelsmiene schwindeln wie gedruckt. Wenn Du zu dieser Sorte gehörst, erzählst Du dem Sparkassenmenschen halt, Du bräuchstest keine 20 mehr, sondern nur noch 10. Vielleicht macht er das ja. Unterschied: 10 T€ x 2% im Jahr = 200 €.


    Klar ist, daß Du ohnehin sparen mußt, das heißt: Das Geld, was nach Plan in die Tilgung ginge, müßtest Du schon weglegen, am besten natürlich mehr. Das Geld aber kannst Du erstmal auf ein Tagesgeldkonto legen (und nach 6 Monaten den Betrag vielleicht zum nächsten Werbeangebot hoppen lassen). Auch ein Geldmarkt-ETF wäre eine Option. Mit Festgeldern wäre ich zunächst zurückhaltend. Ich weiß nicht, ob die Bank Dich irgendwann mal anspricht, wann Du denn nun endlich mit der Tilgung anfängst. Andererseits dürfte sie das dann nur für die Zukunft verlangen können und dann hast Du die Sparraten bis dahin schon auf der Seite.


    Momentan kannst Du ja den Unschuldigen spielen und sagen: "Ich bin ja noch überhaupt nicht fertig mit dem Bau!" Mittelfristig würde man aber den Zins schon festhalten wollen, sprich: weg vom Tagesgeld hin zu einem Festgeld gehen.


    Eine Überlegung wäre auch, ein eventuelles Festgeld dann bei genau dieser Sparkasse anzulegen, sofern die einen tolerablen Zins bietet, quasi als Angebot zum Gut-Wetter-Machen. In den nächsten 15 Jahren wirst Du vermutlich das Darlehen nicht zurückzahlen können. In 15 Jahren brauchst Du eine Prolongation, man sollte sich vorher überlegen, ob man sich den Weg zu einer Prolongation bei gerade dieser Sparkasse verbaut.


    Hast Du Dir übrigens schon einen Spezial-Tilgungsplan für die nächsten 15 Jahre gestaltet? Das ist mit Excel schließlich kein Problem. Wenn auch keiner in die Zukunft schauen kann, kann man doch sich um realistische Annahmen bemühen. Wenn man ein solches Zinsdifferenzgeschäft macht, sollte man wissen, um wieviel sich die beiden (oder mehreren) Wege letztlich unterscheiden.


    Es hat von meiner oberflächlichen Warte aus betrachtet den Anschein, als ob man das wie beschrieben machen könnte. Im nächsten Darlehensvertrag fängt die Sparkasse diese Option dann natürlich ab, aber das kann Dir ja egal sein. Es ist auch nicht wahrscheinlich, daß sich diese Zinssituation so wiederholt, sprich: daß Darlehenszinsen um so viel niedriger sind als Habenzinsen.


    Ich bin gespannt, wie das mit Dir weitergeht. Ich hoffe doch, daß Du uns auf dem Laufenden hältst. :)