Lohnt sich die BAV trotz 100% Arbeitgeberanteil?

  • Moin,


    ich zahle seit ~7 Jahren den Höchstsatz bAV und mein Arbeitgeber schlägt nochmal 100% drauf. Zum 1.1. wird der Betrag auf 180 € x2 angesetzt. In dem Dokument welches ich nun von der Alten Leipziger erhalten habe, steht folgendes

    Zitat

    Altersrentenbeginn: 01.06.2054
    Rentengarantiezeit der Altersrente: 5 Jahre

    Garantierte monatliche Altersrente: 285,35 EUR
    Garantierte einmalige Kapitalzahlung: 90.955,14 EUR

    Mir ist relativ klar, dass ich in dem Vertrag nicht mit vielen Zinsen rechnen kann, da er sehr sehr konservativ angelegt ist, wegen der Garantie. Durch den Arbeitgeberanteil sollte dies aber eigentlich auch egal sein.

    Nun wundere ich mich: Würde ich die 180 € ab heute selbst in einen ETF-Sparplan anlegen, so käme ich bei nur 4-5 % Zinsen nach Steuern bei 115 - 130k zum Renteneintritt raus.

    Daher die Frage: Lohnt sich die bAV trotz Arbeitgeberanteil eigentlich? Die Kohle ist mir bei der Alten Leipziger zwar zu 99,9% sicher, dennoch steht ja auch im Raum, ob die bAV bei eventuellem Arbeitgeberwechsel weitergeführt werden kann, etc.

  • Die Kernfrage ist eine andere, nämlich:


    In welche Anlageform steckst Du Dein Geld?


    Die meisten Deutschen sind total verliebt in festverzinsliche Papiere, weil sie mit diesen ausrechnen können, wie sich "ihr Geld" verzinst, und außerdem der Nominalbetrag garantiert ist. In den vergangenen sehr vielen Jahren haben sich Aktien besser entwickelt als Renten, aber der Aktienkurs schwankt halt. Viele Deutsche haben die irreale Furcht, daß sie eines Tages aufwachen und feststellen, daß über Nacht die gesamte Weltwirtschaft pleite gegangen ist und sie - gestern abend noch Millionäre - am Morgen ihr gesamtes Vermögen verloren haben.


    Also wird in diesem Land (mehr als in anderen Ländern) das Hohelied der festverzinslichen Papiere gesungen. Das kostet Geld, und zwar das Geld der Anleger selbst.


    Nur sehr wenigen Leuten ist beispielsweise klar, was "Rentengarantiezeit" bedeutet. Sie sehen nur den vermeintlichen Sicherheitsaspekt für "ihr Geld", "Rentengarantiezeit" ist ein Verkaufsargument, das letztlich den Anleger Rente kostet, denn bei sonst gleichen Bedingungen ist die Rentenzusage mit Rentengarantiezeit niedriger als ohne.


    Niemand kann und darf Dir die Entscheidung abnehmen, in welcher Form Du sparst. Als Betroffener würde ich mir ein Excel-Blatt bauen und ausrechnen, was eine alternative private Anlage bringen würde. Wer weiß? Vielleicht bietet Dein Arbeitgeber ja auch eine andere Form der betrieblichen Altersversorgung an oder legt sie gar auf Deine Initiative auf.


    Ich vertrete die Auffassung, daß man sich mit einer rentenbasierten Kapitalversicherung arm spart, andere Leute hingegen fürchten Aktien (heute sinnvollerweise: einen breiten Aktien-ETF) wie der Teufel das Weihwasser.


    Renommierte Autoren empfehlen eine etwa hälftige Aufteilung zwischen Renten und Aktien; gemessen daran, daß die gesetzliche Rente sinngemäß wie ein festverzinsliches Wertpapier funktioniert, kann man im Privatvermögen ziemlich hoch in Aktien gehen.


    Jeder Anleger legt sein Geld selbst an und ist auch selbst dafür verantwortlich. :)

  • Danke für deine Antwort. Ich habe neben der gesetzlichen Rente und bAV eine Sparquote in ETFs von ca. 27%, d.h. ich bin in dem Sektor schon sehr gut aufgestellt. Ich habe mich allerdings gefragt, ob dieser risikoarme teil der bAV überhaupt notwendig ist. In einem vergangenen Video von Finanztip wurde empfohlen auf jeden Fall die bAV zu nehmen wenn der Arbeitgeber 100% dazu gibt. Aber jetzt wo ich Unterschied in der Rendite sehe bin ich trotzdem am Zweifeln ob das so schlau ist.

  • Wenn du die Arbeitsplätze und Vorstandsgehälter der Alten Leipziger weiter unterstützen möchtest musst du weiter in die bAV einzahlen.


    Möchtest du selbstbestimmt über dein Vermögen verfügen stocke dein ETF Sparplan auf.



    Vielleicht kannst du dir mit deinem AG vielleicht einen Zuschuss zum selber sparen aushandeln.


    Viel Erfolg mit deinen Finanzentscheidungen

  • Ich habe neben der gesetzlichen Rente und [der] bAV eine Sparquote in ETFs von ca. 27%, d.h. ich bin in dem Sektor schon sehr gut aufgestellt. Ich habe mich allerdings gefragt, ob dieser risikoarme Teil der bAV überhaupt notwendig ist. In einem vergangenen Video von Finanztip wurde empfohlen, auf jeden Fall die bAV zu nehmen wenn der Arbeitgeber 100% dazu gibt. Aber jetzt wo ich Unterschied in der Rendite sehe, bin ich trotzdem am Zweifeln, ob das so schlau ist.

    Irgendwas ist ja immer :)


    Es ist Dein Geld und letztlich Deine Entscheidung. Der Zuschuß des Arbeitgebers hilft natürlich, er verschiebt die Rechnung. Aber Rentenversicherungen sind halt notorisch renditeschwach und werden es meiner Ansicht auch bleiben. Vielleicht geht es ja noch in eine andere Richtung, vielleicht sieht Dein Arbeitgeber das vielleicht auch so, daß er seinen Mitarbeitern eventuell noch eine andere Möglichkeit bieten sollte. Dann legst Du diese Rentenversicherung schlafen und nutzt eine Anlage in ETFs.


    Ich mag das ganze deutsche Zeug nicht mit seiner Zwangsverrentung. Ich hätte stattdessen gern eine freie Anlagemöglichkeit ähnlich wie 401k in Amerika, also ein Anlagekonto, mit dem ich grundsätzlich machen kann, was ich will, auf das ich in meiner aktiven Zeit aber nur einzahlen kann und kein Geld davon abziehen. Wenn einer wie Du jetzt in seinen 30ern diszipliniert genug ist zum Sparen, dann wird er mit 65 oder 67 schon sein Geld nicht auf einmal auf den Kopf hauen und dann der Sozialhilfe anheimfallen.


    Aber wir sind hier halt im Land der Anlageangsthasen bis hinauf in die Regierung, also werden offizielle Angebote immer so gestrickt bleiben, wie sie es jetzt sind. :(

  • Noch eine kleine Anmerkung zum Titel:

    ich zahle seit ~7 Jahren den Höchstsatz bAV und mein Arbeitgeber schlägt nochmal 100% drauf.

    Nicht schlecht. Aber damit sind es immer noch keine 100 % Arbeitgeberanteil (das hieße nämlich: der Arbeitgeber zahlt alles und du nichts).


    In deinem Fall ist es eine fifty/fifty-BAV, die immerhin noch besser ist als das was sonst so vorkommt (im schlechtesten Fall mit lumpigen 13,05%, die dann noch als 15% "vermarktet" werden ).


    Klar, warum sollte der Anbieter sein Ding mit korrekten 50% verramschen, wenn er auch 100% draufschreiben kann? Alles nur eine Frage der Formulierung.

    "Unhappy Wife - Unhappy Life!" Roger Murgatroyd, 1977

  • Ist es theoretisch möglich, die bAV für mich beitragsfrei zu stellen und mein Arbeitgeber zahlt weiter ein? So rein gesetzlich gibt es da irgendwelche Einschränkungen?

  • Ist es theoretisch möglich, die bAV für mich beitragsfrei zu stellen und mein Arbeitgeber zahlt weiter ein? So rein gesetzlich gibt es da irgendwelche Einschränkungen?

    Wenn der Arbeitgeber Deinen Anteil einfach verdoppelt, dann würde das so nicht funktionieren. Wenn er Deinen Anteil um Summe X aufstockt, dann ja.


    Wie sieht die konkrete Regelung aus?