Kann man sich "zuviel Gedanken" um seine Finanzen machen?

  • --- Achtung der Eintrag beinhaltet verallgemeindernde Formulierungen wie "immer" und "überall" ----


    Hallo Zusammen,


    vorab die obligatorischen persönlichen Finanzinfos:

    - Angestellt, 39 Jahre

    - ETW gekauft und wird voraussichtlich in 3 Jahren abbezahlt sein

    - Notgroschen gefüllt

    - Dauerauftrag auf TG und ETF läuft anfang des Monats + "Abräumen" des Girokontos am Monatsende auf TG


    Die finanzielle Situation würde ich selbst als stabil aber nicht luxuriös einstufen.


    Ich möchte mal ein Luxusproblem diskutieren bzw. euren Input zu meinem "Problem" einholen:


    Derzeit überlege ich ob ich was den Medienkonsum zu Finanzen angeht mal etwas reduzieren sollte. Ich erwische mich immer wieder dabei, dass ich mir Gedanken um Geld mache ohne dann aber auch Entscheidungen zu treffen, weil vielleicht gibt es "morgen" ja eine andere Information die wichtiger/besser ist.


    Überall hört man, kümmer dich um die Altersvorsorge, kümmer dich um die Finanzen etc.. Man findet im Netz aber logischerweise fast nur Infos wie man Geld einsparen kann, nicht wie man lernt es für "persönlich sinnvolle" Zwecke auszugeben, die nicht wieder indirekt ein Investment sind. Teilweise denke ich mir aber, kann ich nicht einfach auch nur alle 6/12 Monate mich darum kümmern oder warum beschäftigt mich das so? Es ist wie ein Teufelskreis. Man spart, hat das gefühl nicht genug gespart zu haben und irgendwie "angst" Geld "unnütz" auszugeben.


    Hoffentlich versteht man mein wirres geblubber, ansonsten versuche ich es gerne nochmal anders zu umschreiben.

  • Glückwunsch, wenn ich meine Finanzen mit 39 schon so im Griff gehabt hätte wäre ich heute ein gutes Stück vermögender, aber verhungern muss ich deswegen auch nicht.


    Ich gebe dir erstmal ein halbes Jahr frei von deinen Finanzen. Dein Geld brauch dich dich nicht und kann auch alleine von deinen Sparplänen weggespart werden.


    Mittwoch fängt die Handball EM an. Die kannst du dir ganz in Ruhe anschauen.


    Viel Erfolg bei deiner neuen Freizeitgestaltung. ;)

  • Cheeky_guy


    Deine finanzielle Situation klingt - nach meinem Dafürhalten - doch recht ordentlich, solide und sozusagen "aufgeräumt" (auch ohne jetzt genaue Zahlen zu kennen z. B. zum Einkommen, zur Sparquote, zum Depotstand, zum Wert der ETW, zu schon eventuell auch nur halbwegs zu kalkulierenden Renten-/Pensionsansprüchen usw.). Erst recht für Dein - aus meiner Sicht jedenfalls - fast noch "jugendliches" Alter (39).


    Bezüglich Deiner gewählten Überschrift bzw. dem Titel "Kann mich sich zu viel Gedanken um seine Finanzen machen ?" wäre bzw. bin ich wahrscheinlich nicht unbedingt der beste und/oder geeignetste Ratgeber. Da ich als Kind mit Armut und prekären finanziellen Verhältnissen in Berührung gekommen war, hatte ich zum einen schon als Schüler (70er) begonnen mich mit dem Thema ein bißchen theoretisch zu beschäftigen, als auch zum anderen versucht immer (etwas und später etwas mehr) Geld zu verdienen (als Schüler und als Student, als Angestellter, als Selbständiger, inzwischen "bearbeite" bzw. verwalte ich mein Vermögen - auch wegen meiner künftigen Stiftung).


    Aus meiner Sicht sollte man zumindest die Basics und grundlegenden Linien unseres Geld- und Finanzsystems halbwegs "inhaliert" haben und sich daraus ableitend ein eigenes (subjektiv und individuell passendes) Finanzgerüst zusammenstellen. Dann kann man es eigentlich halbwegs "laufen" lassen. Wirklich wesentliche Korrekturen (jedenfalls solche, als ich schon etwas Geld hatte) habe ich nur noch einmal vorgenommen (Ende 90er), wegen der damals bevorstehenden Einführung der Europäischen Einheitswährung (da gehörte ich aber selbst in meinem - an dem Thema durchaus - interessierten Umfeld eher zu den wenigen Ausnahmen).


    Meine nunmehr gut 50-jährige Erfahrung in der Praxis deckt sich zudem mit der (wohl herrschenden) Lehrmeinung, daß der absolute Großteil (80 oder eher 90%) des (langfristigen) Anlageerfolges von der Asset-Allocation bestimmt wird - und nicht von der Frage, welche Aktien, welche Immobilie, welche Anleihe, welchen Rohstoff usw. kaufe ich ? Dagegen sind selbst nicht ganz unbedeutende sonstige Weichenstellungen wie "Mieten vs Kaufen", "GKV vs PKV", GRV vs PAV, Aktiv vs Passiv usw. eher Petitessen. Die vorab erfolgte Absicherung existentieller Risiken (soweit als Versicherung zu vertretbaren Kosten "einkaufbar") natürlich vorausgesetzt.


    Ohne jetzt anmaßend klingen zu wollen: Als der deutlich Ältere erlaube ich mir noch a) den Hinweis, daß nicht jeder ein hohes Alter erreicht (schon gar nicht gesund, munter und halbwegs fit), man also einen (wie auch immer gearteten) Kompromiss für sich selbst zwischen "Leben/Konsum und Sparen/Vorsorgen" finden sollte - und b) die Anmerkung, daß man sich klar machen sollte, was Geld letztlich für einen bedeutet und welche (insbesondere auch finanziellen) Ziele man (langfristig) wirklich anstrebt. Man trifft besser (oder überhaupt nur) auf was man auch (ab)zielt.


    Fast schon ein kleiner Gesinnungsaufsatz ...


    Gute Gedanken und Entscheidungen wünsche ich Dir !

  • Ich stimme Dir zu, dass man früher nicht permanent damit beschäftigt war, Optionen gegeneinander abzuwägen und Entscheidungen treffen zu müssen. Das betrifft aber nicht nur "Gedanken um die Finanzen" im engeren Sinne, wie die Themen und Diskussionen hier im Forum. Das geht doch schon los beim Tanken für's Auto, wo man durch das dauernde Auf und Ab des Spritpreises mit einer erheblichen Preisspanne an ein und demselben Tag höllisch aufpassen muss, damit man nicht den falschen Zeitpunkt erwischt und dann das Gefühl hat einen Fehler gemacht zu haben und sich schlecht fühlt, weil der Spritpreis 60 Minuten später um 15 Cent gefallen ist. Ähnlich läuft es beim Einkauf mit oder ohne Angeboten (die Kiste Cola mal für 14,00 €, dann im Angebot für 9,00 €). Genauso bei den Anbietern und Tarifen für Telefon-/Internet, Strom, Heizung, Versicherungen, Altersvorsorge, Tagesgeld und und und...

    Und wenn Du Dir die (Online-)Zeitungen anguckst, dann stehen, da unheimlich oft Artikel drin, deren Überschrift in der Art ist "Das müssen Sie ab nächstes Jahr (nächstes Quartal, nächsten Monat) beachten". Und dann wird erläutert das wegen irgendeiner (Gesetzes-)Änderung wieder mal akuter Handlungsbedarf besteht.


    Wenn man da mal wieder ein bisschen Ruhe reinbekommen könnte, dann wären die Leute vielleicht etwas weniger gestresst und genervt. Z.B. könnte man auch bei uns die Anzahl der zulässigen Preisänderungen an den Tankstellen auf 2 x pro Tag einschränken. Stattdessen war aber mal in Diskussion, in den Obst- und Gemüseabteilungen der Lebensmittelläden elektronische Preisschilder zu installieren, damit sich auch der Preis von Kartoffeln über den Tag ändern kann - wenn er denn nicht durch einen Angebotsprospekt "fixiert" worden war (die Angebotsprospekte laufen jetzt übrigens auch nicht mehr in einem einheitlichen Wochen-Rythmus -> noch mehr Fluktuationen und Unruhe)

  • Hallo.


    Du scheinst ja schon gut aufgestellt zu sein und für die nächsten 3 Jahre einen Plan zu haben. Das ist deutlich mehr als Mehrheit der Bevölkerung in dem Alter vorzuweisen hat.


    Wenn der Plan steht, dann muss man sich nicht ständig neuen Input holen, sondern kann ab und an ein wenig regulierend eingreifen, aber den Plan hauptsächlich sich selbst erfüllen lassen.


    Wenn Dir der Informationsorkan nicht gut tut, dann solltest Du tatsächlich etwas Abstand gewinnen und andere Sachen finden, die Dich nicht belasten, sondern stärken.


    Neujahrsvorsätze alternativ die Fastenzeit werden ja gerne für (temporäre) Verhaltensänderungen genutzt.

  • Ja, Du solltest dann mal etwas Auszeit nehmen, wenn Du ständig 'glaubst' etwas an Deinem Vermögensaufbau ändern zu müssen. Wenn die Basis erstmal stimmt, was ja bei Dir der Fall zu sein scheint, ist langfristiger Vermögensaufbau total langweilig.


    Es bedarf aber auch einem gewissen Pragmatismus nicht ständig der nächsten Sau, die von der Finanzindustrie und den -medien durchs Dorf getrieben wird, hinterherzurennen.

    Ich höre sehr viele Finanz-Podcasts. Und jetzt ist die Zeit der Jahresrückblicke, wo sich diverse Podcaster in Ihren Erfolgen geradezu überbieten.

    -200% mit Cryptos.

    -100% mit Tesla

    usw.

    Niemand sagt aber, mit wie viel Geld man jeweils investiert war und was unterm Strich dabei herausgekommen ist. 100% von 1.000€ macht halt auch nur 2.000€. Damit sichert man nicht seine Altersvorsorge. :/


    Im Wertpapierforum wurden gerade gestern 2 Beiträge eröffnet, die nicht gegensätzlicher hätten sein können. Im einem Thread wurde die Frage gestellt, ob es nicht 'besser' wäre von 70 MSCI World / 30 MSCI EM auf einen weltweiten FTSE All World zu wechseln, die andere Frage war genau anders herum: Wechsel von einem marktkapitalisierten Depot hin zu 70 World / 20 EM / 10 Europa.

    Das Witzige: Beide konnten jeweils auf Youtube-Videos bzw. Artikel von 'Finanzexperten' verweisen, die genau die Argumente liefern warum zukünftig die eine oder andere Strategie 'besser' sei.:D

    Also Keep Cool und lass einfach laufen!

    Einmal im Jahr prüfen, ob noch Alles paßt reicht im Prinzip auch vollkommen aus (z.B. Rebalancing).

    Man findet im Netz aber logischerweise fast nur Infos wie man Geld einsparen kann, nicht wie man lernt es für "persönlich sinnvolle" Zwecke auszugeben, die nicht wieder indirekt ein Investment sind. Teilweise denke ich mir aber, kann ich nicht einfach auch nur alle 6/12 Monate mich darum kümmern oder warum beschäftigt mich das so? Es ist wie ein Teufelskreis. Man spart, hat das gefühl nicht genug gespart zu haben und irgendwie "angst" Geld "unnütz" auszugeben.

    Geld mit gutem Gewissen auszugeben ist sehr wichtig. Man lebt nicht nur für die Altersvorsorge. Daher leben und sparen (investieren)!

    Und es muss wahrlich nicht immer sinnvoll sein, wofür man sein Geld ausgibt. Und schon mal gar nicht für andere Menschen. Ich erfreue mich z.B. daran, wenn ich meine Motorräder mit einigen Extras aufpeppe, die eigentlich total sinnlos sind.:D

    Du mußt halt herausfinden, was für Dich wichtig ist (z.B. Reisen, Hobby) und dann darf man sein Geld auch gern dafür ausgeben.

    Vermögensaufbau ist quasi wie ein Marathonlauf. Und es reicht, wenn man das Ziel erreicht. Man muss nicht erster werden. Ich komme lieber einfach nur an, als dass ich irgendwann aufgebe, weil ich die ersten 20 Kilometer (Jahre ;) ) zu ambitioniert angegangen bin.