Aller Anfang ist schwer - Portfolio-Aufbau mit ETFs

  • Hallo zusammen!

    Ich bin neu hier und auch im Thema Geldanlage völlig neu.


    Zu meiner Person:

    Ich heiße Alex, bin 40 Jahre alt und interessiere mich seit Herbst letzten Jahres für das Thema Geldanlage. Bisher bin ich ein klassischer Sparer gewesen, was übrig blieb wurde aufs Taggeldkonto geparkt, der Rest in die Abzahlung der Immobilie gesteckt. Das möchte ich nun mit einer Anlage in ETFs ändern.


    Zur Situation:

    Meine Frau und ich haben vor 10 Jahren ein Eigenheim gekauft (älteres Haus) und seither immer wieder Sanierungen aller Art durchgeführt. Langsam sind wir damit fürs erste durch, der Kredit, der noch offen ist, ist überschaubar und mit 1,125 % fix verzinst bis 2030. Auf meinem Taggeldkonto liegen 6,25 Monatsgehälter (von meinem Gehalt gemessen) als Notgroschen, meine Frau hat ihren eigenen (wir haben ein klassisches Drei-Konten-Modell). Die eigene Immobile dient natürlich auch als Absicherung, wir hätten kein Problem, diese im Alter zu veräußern und uns zu "verkleinern".


    Nun möchte ich anfangen, Geld in ETFs zu investieren zum langfristigen Kapitalaufbau. Mein Zeitrahmen hätte ich so in etwa 20 Jahre angepeilt.


    Ich hätte das Taggeld/Notgroschen als Sicherheitsbaustein gewertet und jetzt angefangen - anstelle das Taggeldkonto zu besparen - einen ETF Sparplan eingerichtet. Meine erste Frage: zählt der Notgroschen als Sicherheitsbaustein oder nicht? Ich hätte in ETFs investiert, bis beides ca. 50 % meiner Ersparnisse ausmacht und mir dann weitere Gedanken gemacht.


    Und nun meine hier wahrscheinlich schon 100 mal gestellte Frage:

    Einen ETF besparen oder mehrere? Ich habe die letzten Monate ziemlich intensiv Podcasts (natürlich Finanztip) gehört und bin trotzdem unsicher wie eh und je.


    Für mich kämen in Frage:

    ein FTSE ACWI oder ein MSCI AW, den ich dann zu 100 % besparen würde. Das wäre insofern schön, da es eine "große" Position wäre, völlig unkompliziert und ich mir nicht weitere darüber Gedanken machen müsste.


    Oder ich nehme mir mehrere ETFs ins Portfolio und gewichte selbst, wie etwa 65/35 MSCI World und MSCI EM.


    Mein innerer Unsicherheitsfaktor sagt, in ACWI sind zu wenige Schwellenländer drin, der US-Anteil ist zu hoch, political risk in den USA mit der Polarisierung Trump/Demokraten, eventueller Bürgerkriegsgefahr, Europa als sicherer Hafen, also vielleicht 50 % MSCI World und 15 % Eurostoxx 600.


    Dazu dann noch 20 % EM um alles zu umfassen, jedoch das Risiko China und die angespannte Lage in Ostasien mich verunsichert.

    Daher hätte ich dann noch 5 % in Indien investiert, da ich das für einen stabilen Wachstumsmarkt halte.


    Okay, bin ich paranoid und mache hier einen Anfängerfehler, mich zu sehr zu versplittern oder würdet ihr das auch so machen?


    Vielen lieben Dank,


    Alex

  • Ich bin neu hier und auch im Thema Geldanlage völlig neu.

    Hallo und willkommen :) Und sehr gut, dass du bei dem Thema dabei bist!


    Zur Situation:

    Meine Frau und ich haben vor 10 Jahren ein Eigenheim gekauft (älteres Haus) und seither immer wieder Sanierungen aller Art durchgeführt. Langsam sind wir damit fürs erste durch, der Kredit, der noch offen ist, ist überschaubar und mit 1,125 % fix verzinst bis 2030. Auf meinem Taggeldkonto liegen 6,25 Monatsgehälter (von meinem Gehalt gemessen) als Notgroschen, meine Frau hat ihren eigenen (wir haben ein klassisches Drei-Konten-Modell). Die eigene Immobile dient natürlich auch als Absicherung, wir hätten kein Problem, diese im Alter zu veräußern und uns zu "verkleinern".


    Nun möchte ich anfangen, Geld in ETFs zu investieren zum langfristigen Kapitalaufbau. Mein Zeitrahmen hätte ich so in etwa 20 Jahre angepeilt.

    Das klingt doch alles erstmal ordentlich - wobei der Notgroschen als solcher eher hoch ist für meinen Geschmack, aber ok. Ist die Frage was du zum "Notgroschen" zählst, was der für dich eigentlich ist, was auch in deine erste Frage mit reinspielt. Siehst du darin eventuell auch die Rücklagen für dein Eigenheim? Sind das deine gesamten Rücklagen, eventuell auch für geplante Dinge wie ein Auto, Urlaube oder irgendein anderes teures Hobby?


    Ich hätte das Taggeld/Notgroschen als Sicherheitsbaustein gewertet und jetzt angefangen - anstelle das Taggeldkonto zu besparen - einen ETF Sparplan eingerichtet. Meine erste Frage: zählt der Notgroschen als Sicherheitsbaustein oder nicht? Ich hätte in ETFs investiert, bis beides ca. 50 % meiner Ersparnisse ausmacht und mir dann weitere Gedanken gemacht.

    Das Thema hatten wir auch schon das ein oder andere Mal, ich selbst hab diese Frage vor einiger Zeit gestellt, den Thread findet man gewiss noch irgendwo. Ist dann ein sehr langes Thema geworden. Kurz gesagt: das macht Jeder anders bzw. Jeder kann es anders machen. Die allgemeinen Empfehlungen sind da auch nicht eindeutig. Natürlich IST der Notgroschen per Definition ein Sicherheitsbaustein. Aber ob er DER langfristige Sicherheitsbaustein ist, der deinen Aktien-ETF quasi ausgleichen soll? Das musst du selbst entscheiden.


    Ich habe für mich die Entscheidung getroffen, dass ich meine langfristige Anlage 80% Aktien-ETFs und 20% sicher auf dem Geldmarkt mache. Zusätzlich (!) hab ich momentan noch den Notgroschen mit 4 Netto-Monatsgehältern und nochmal zusätzlich verschiedene Budgets/Rücklagen für planbare Sachen. Der Notgroschen ist für mich für ungeplante Sachen wie etwa eine temporäre Arbeitslosigkeit oder eine längere Krankheit, sodass ich weder direkt an meine sonstigen Rücklagen, noch an meine Langfristanlage ran muss. Insgesamt sprechen wir bei mir dann aktuell eher von Risiko/Sicherheit 60/40 meines Gesamtvermögens. Das kann und wird sich über die Zeit noch ändern, das liegt auch zum Teil an meiner Lebenssituation in der es noch recht viele Variablen gibt. Bei dir sind einige dieser Variablen aber vermutlich schon gesetzt. Eigenheim, verheiratet, vielleicht die Entscheidung für oder gegen Kinder getroffen usw., um nur einige mögliche zu nennen. Es kommt immer auf die spezielle Situation an.


    Wenn du sagst, dass 50/50 sich für dich gut anfühlt, du für dich dieses Risikoprofil siehst, dann ist das doch eine nachvollziehbare Entscheidung. Ich würde in deinem Fall dann die 50/50 auf das Gesamtvermögen beziehen, sonst wäre es mir persönlich zu viel Sicherheit. Aber auch das musst du selbst entscheiden. 50/50 ist eher konservativ/zurückhaltend/vorsichtig.


    Einen ETF besparen oder mehrere? Ich habe die letzten Monate ziemlich intensiv Podcasts (natürlich Finanztip) gehört und bin trotzdem unsicher wie eh und je.

    Hier wird dir die eine Fraktion das eine sagen, die andere das andere. Ich persönlich habe einen FTSE AW nachdem ich mit nur dem MSCI World angefangen hatte und dann nochmal gewechselt habe, um doch noch etwas breiter die ganze Welt abzubilden. Ich mag es in dem Fall einfach, einfach alles in einem ETF zu haben und nicht in die Versuchung zu kommen irgendwas optimieren zu müssen. Wenn ein mittelgroßes Unternehmen aufsteigt, oder ein Schwellenland zum entwickelten Land wird, dann ist es direkt drin. Das mag ich. Es gibt andere Strategien mit Vor- und Nachteilen, da findest du die Infos ja in den von dir erwähnten Quellen zuhauf.


    Wenn du anfängst und es einfach halten willst, was definitiv Vorteile hat, dann machst du damit aus meiner Sicht nichts falsch einen ETF zu besparen. Aber es ist natürlich deine Entscheidung.


    Okay, bin ich paranoid und mache hier einen Anfängerfehler, mich zu sehr zu versplittern oder würdet ihr das auch so machen?

    Paranoid und Anfängerfehler würde ich nicht sagen. Aber du MUSST es dir eben nicht so kompliziert machen. Wenn du es einfach halten willst, dann mach das doch. Wenn du anfängst dieses und jenes zu optimieren, dann kannst du dich am Ende vielleicht dranhalten damit. Wer weiß, vielleicht steigt China bald eh in den MSCI World auf, dann wäre deine ganze Strategie China auszuschließen zunichte gemacht. Vielleicht wird China auch mal ein tolles demokratisches Vorbildland mit offenen Märkten. Beides nicht super realistisch momentan, aber es geht ja um mindestens 20 Jahre Anlagehorizont. Bei mir war anfangs das Argument, dass ich nicht gern in so undemokratische Staaten wie China investiert sein möchte. Mir ist dann klar geworden, dass ich ja nicht in China oder andere einzelne Länder, sondern in die Weltwirtschaft an sich investiere und hier an historische Daten und für mich einen völlig logischen Prozess anknüpfe, nach dem es auch zumindest ungefähr so ähnlich weiter gehen wird, solange die Menschheit noch einigermaßen so existiert wie sie es heute tut.


    WENN du die Entscheidung triffst dir dein Portfolio kleinteiliger zusammenzustellen, dann musst du damit rechnen, dass du immer wieder etwas ändern musst oder möchtest. Das sollte dir klar sein. Auch beim einen ETF ist man davor nicht komplett geschützt, aber es ist wahrscheinlicher aus meiner Sicht.


    Viel Erfolg bei deinen eigenen Entscheidungen!

  • Ich mache es so:

    MSCI World (70 Prozent)

    MSCI Emerging Markets (20 Prozent)

    MSCI Europe Small Caps (10 Prozent)


    Damit ist mein US-Anteil etwas gesenkt und ich nehme die Small Caps mit.

  • Mein innerer Unsicherheitsfaktor sagt, in ACWI sind zu wenige Schwellenländer drin, der US-Anteil ist zu hoch, political risk in den USA mit der Polarisierung Trump/Demokraten, eventueller Bürgerkriegsgefahr, Europa als sicherer Hafen, also vielleicht 50 % MSCI World und 15 % Eurostoxx 600.

    Wäre Europa noch ein sicherer Hafen, falls Russland einen weiteren Angriffsstaat führt? Muss mehr China im Depot sein, falls es Taiwan überfällt? Was ist besser und beruhigender - eigene Energie-/Ölquellen in den USA oder die Importabhängigkeit Euopas? usw.


    Mit anderen Worten: Von unendlich vielen potentiell möglichen Zukünften wird eine realisiert werden … und niemand weiß welche.


    Ohne einen eigenen, selbst gefundenen Grund, davon abzuweichen, spricht für den Anfang viel für eine elegante ACWI-Abbildung des Aktienteils des Portfolios.

  • Hallo GCEA und willkommen im FT Forum, als erstes, es ist dein Geld und nur du bist dafür verantwortlich. Mit deinem Sicherheitsbaustein liegst du nach meinem Verständnis erst einmal richtig, eigene Immobilie und nicht neu braucht schon mal mehr Rücklagen als eine Einzimmerwohnung zur Miete. Wie man die Anlage nun nennt, Notgroschen oder Sicherheitsbaustein, ist für mich das Gleiche. Die Frage die ich nicht erkennen konnte, ist ob der Kredit 2030 bei Null angekommen ist oder ob er nur ausläuft und eine Restschuld besteht? Bei der ETF Anlage kann man nicht viel falsch machen, Vorschläge von FT nutzen, weltweit und gut ist. Die Strategie muss jeder für sich entscheiden, welche am Ende die richtige ist, weiß man hinterher, 20 Jahre sind ein guter Zeitraum. Ich bin auch jetzt knapp 20 Jahre in einem MSCI World investiert, dieser reicht mir und wird schon teilweise in den sicheren Hafen verschoben. Da man zum Renteneintritt in der Regel nicht alles braucht, hast du für einen großen Teil der Anlage länger Zeit. Wichtig Ruhe bewahren, keine Panikverkäufe wenn der Kurs nach unten rauscht und wenn es soweit ist eine Entnahme-Strategie erstellen. Interessant wäre noch deine Absicherung, BU und Risikolebensversicherung sind für dich sicherlich sinnvoll. Sonst viel Erfolg bei deinen Entscheidungen!

  • Mein innerer Unsicherheitsfaktor sagt, in ACWI sind zu wenige Schwellenländer drin, der US-Anteil ist zu hoch, political risk in den USA mit der Polarisierung Trump/Demokraten, eventueller Bürgerkriegsgefahr, Europa als sicherer Hafen, also vielleicht 50 % MSCI World und 15 % Eurostoxx 600.


    Dazu dann noch 20 % EM um alles zu umfassen, jedoch das Risiko China und die angespannte Lage in Ostasien mich verunsichert.

    Daher hätte ich dann noch 5 % in Indien investiert, da ich das für einen stabilen Wachstumsmarkt halte.

    Das kannst du natürlich so machen. Dir sollte dabei nur klar sein, dass du damit von der breiten Mehrheit abweichst und gegen den Markt wettest. Denn der ACWI oder AW ist nach der weltweiten Marktkapitalisierung gewichtet und diese spiegelt das durchschnittliche Verhalten aller Marktteilnehmer wider. Wenn du von dieser durchschnittlichen Meinung abweichen will und meinst es besser zu wissen als alle anderen, ist das natürlich völlig in Ordnung, allerdings solltest du dann auch fundierte Kenntnisse und Gründe dafür haben.


    Okay, bin ich paranoid und mache hier einen Anfängerfehler, mich zu sehr zu versplittern oder würdet ihr das auch so machen?

    Gerade als Anfänger empfiehlt es sich erstmal am Durchschnitt zu orientieren und nach der Marktkapitalisierung zu gewichten. Die Chance ist dann einfach größer, dass du dich nicht verzettelst und das Ganze über einen längeren Zeitraum durchziehst.

  • Erstmal vielen Dank für die raschen und ausführlichen Antworten!

    Zum Thema Notgroschen/Sicherheitsbaustein:

    Danke für den Tipp, ich werde den Notgroschen mit einbeziehen und ins Gesamtvermögen als Sicherheitsbaustein mit einrechnen, sonst wird der risikofreie Teil wirklich zu hoch.

    Ich weiß, über 6 Monatsgehälter sind hoch. Wir haben ein eigenes, gemeinsames Investkonto für unser Haus, welches aber bei jeder Sanierung regelmäßig leer geräumt wird ...

    Unser Haus hat noch einige Sanierungen vor sich, auch wenn wir schon einiges gemacht haben. Aber die Heizung ist noch alt und irgendwann wird das Dach sich ankündigen. Der Rest sind nur noch Schönheitsfehler, die zwar irgendwann gemacht gehören, aber nicht existenzbedrohend sind.

    Der Notgroschen ist dafür da, sollte das Instandhaltungskonto gerade leer sein und die Heizung sterben, ein Auto eingehen, etc. Oder ich werde arbeitslos (wir haben zwei kleine Kinder, meine Frau ist noch ein Jahr zuhause und hat kein Einkommen). Daher möchte ich den auch im Moment nicht verringern, bis das Investkonto wieder aufgefüllt ist. Wahrscheinlich würde ich es so machen, dass der Notgroßen bleibt, wie er ist und ich einfach weiter den ETF bespare, so dass ich irgendwann mal 25 zu 75 % Notgroschen/Aktien habe. Mit Anleihen kann ich mich nicht recht anfreunden und der Sicherheitsbaustein muss aus oben genannten Gründen für mich wirklich rasch verfügbar sein.


    Im Notgroschen ist wirklich nur Notfallgeld. Geld für Urlaube, Hobbies, kaputte Waschmaschinen, etc. wird anderweitig zusammengespart.


    @TamInvest

    Ja, da hast du wahrscheinlich Recht, passieren kann alles mögliche, die EMs können nun wieder richtig anziehen, Russland könnte Polen überfallen, China ein demokratisches Vorzeigeland werden. Wahrscheinlich mache ich mir hier zu viele Gedanken.

    Die Welt ist seit 2020 einfach deutlich unsicherer und unvorhersehbarer geworden. China strauchelt, Russland ist aggressiv, Europa dreht sich im Kreis und schreit "Feuer" und die USA sind drauf und dran ihren Hegemonialmachtstatus aufzugeben. Passieren kann eigentlich alles.


    Ich habe auch überlegt, ob ich einen AWCI bespare und wenn mal was übrig ist, das dann in einen EM ETF oder so zu schieben. Aber das macht dann auch keinen großen Sinn.


    Small-Caps finde ich auch sehr interessant, nicht nur EU sondern auch USA Small Caps. Es gibt einfach viel zu viele interessante Anlagemöglichkeiten, die ich sehr reizvoll finde - und ich hab zu wenig Geld um alle zu bedienen... :(


    Irgendwie habe ich mit meinen 40 Jahren Torschlusspanik. Die letzten 20 Jahre habe ich zwar eine Immobilie angeschafft aber so in der Rückschau verdammt viel Geld für Blödsinn verballert. Das bereue ich jetzt.

  • Das kannst du natürlich so machen. Dir sollte dabei nur klar sein, dass du damit von der breiten Mehrheit abweichst und gegen den Markt wettest. Denn der ACWI oder AW ist nach der weltweiten Marktkapitalisierung gewichtet und diese spiegelt das durchschnittliche Verhalten aller Marktteilnehmer wider. Wenn du von dieser durchschnittlichen Meinung abweichen will und meinst es besser zu wissen als alle anderen, ist das natürlich völlig in Ordnung, allerdings solltest du dann auch fundierte Kenntnisse und Gründe dafür haben.


    Gerade als Anfänger empfiehlt es sich erstmal am Durchschnitt zu orientieren und nach der Marktkapitalisierung zu gewichten. Die Chance ist dann einfach größer, dass du dich nicht verzettelst und das Ganze über einen längeren Zeitraum durchziehst.

    Danke, so habe ich das noch gar nicht gesehen, dass das dann eine Wette gegen den Markt ist - und ich hier ein völlig eigenes Ding durchziehe. Das stimmt mich dann doch nochmal sehr nachdenklich. Als Anfänger weiß ich es definitiv nicht besser als der Markt und ich habe auch nicht das Ziel, diesen zu schlagen.


    Vielleicht spiele ich auch einfach nur zu gerne rum...

  • Ach ja: der Kredit ist nicht abbezahlt 2030 sondern auf einen mittleren 5-stelligen Betrag reduziert. Die Frage ist was ich mit dem Rest mache. Eventuell dann eine Sondertilgung? Dafür müsste ich aber separat Rücklagen bilden, wofür meine finanzielle Power nicht ausreicht wenn ich in ETFs investieren will.

  • Hallo.


    Mach wie Du meinst (und Deine Frau das mitträgt). Ich persönlich komme mit einem ETF aus, vielleicht mache ich es in Zukunft noch etwas ausgefeilter. Wir werden sehen, denn der Sparplan soll noch grob 2 Jahrzehnte laufen. Das ist genug Zeit, um noch Sachen auszuprobieren.


    Wenn das Zinsänderungsrisiko mit der Restsumme 2030 und folgend beherrschbar ist, dann sind Sondertilgungen nicht zwingend notwendig. Falls Du aber Sondertilgungen in Erwägung ziehst, dann müsstest Du ggf. die ETF-Sparrate etwas niedriger ansetzen, um den Spielraum zu bekommen. Sparraten kann man anpassen, wenn der Bedarf besteht, das ist keine Schwarz/Weiß-Geschichte.

  • Ach ja: der Kredit ist nicht abbezahlt 2030 sondern auf einen mittleren 5-stelligen Betrag reduziert. Die Frage ist was ich mit dem Rest mache. Eventuell dann eine Sondertilgung? Dafür müsste ich aber separat Rücklagen bilden, wofür meine finanzielle Power nicht ausreicht wenn ich in ETFs investieren will.

    Da wir die Zinsentwicklung nicht kennen würde ich das schon als Risiko sehen, kann mich noch an Zinsen um die 10% erinnern. Wenn ich auch nicht an so eine Entwicklung glaube, hätte ich sie trotzdem im Hinterkopf. Würde mir die Sache mal in Ruhe durchrechnen. Die ETF Anlage würde ich zum Start erst einmal sehr einfach halten, wenn du mit der Sache vertraut bist, kannst du immer noch handeln. Selbst der normale MSCI World reagiert recht zügig auf Veränderungen, Beispiel Japan war da mal ganz vorne und wurde dann recht zügig von der USA abgelöst. Die Firmen mit den größten Anteilen sind weltweit unterwegs was auch das Klumpenrisiko geringer werden lässt. Bei deiner Schilderung mit anstehenden Instandhaltungen würde ich schon den Sicherheitsbaustein hoch halten.

  • Vielleicht spiele ich auch einfach nur zu gerne rum...

    Genau das ist der Punkt über den du dir denke ich klar werden musst. Geht es dir um eine Strategie, von der du überzeugt bist, dass sie besser ist als der Markt bzw. die Marktkapitalisierung? Oder geht es dir eher darum, dass es doch viel zu langweilig ist nur einen ETF zu besparen? Ich persönlich finde es ja überhaupt nicht langweilig, ziehe es bisher durch und beschäftige mich dennoch gerne mit diesen Themen und Überlegungen. Aber je mehr ich lese, desto mehr werde ich persönlich darin bestärkt, dass eine einfache Strategie selbst für die meisten, die Finanzen als ihr Hobby sehen, das beste sein dürfte. Für mich ist es das jedenfalls. Eben weil ich weiß, dass ich es nicht besser weiß. Einen Spieltrieb sollte man möglichst raushalten. Manche leben den dann in einem extra Depot aus, in dem sie ein paar Einzelaktien haben im geringen Umfang. Aber wenn du sowieso eher defensiv unterwegs bist, warum dann nicht die einfache Variante?


    Übrigens noch als Ergänzung, auch wenn ich wie gesagt der 1-ETF-Strategie anhänge: auch für andere Strategien gibt es zum Teil wissenschaftliche/statistische Erkenntnisse. Zum Beispiel was Faktorprämien (z.B. Small Caps) angeht, oder die Übergewichtung ("70/30" usw.) von Emerging Markets. Aber ob das am Ende besser läuft als die simple Lösung, die eben andere Vorteile hat, kann dir niemand sagen. Kann mir niemand sagen. Deshalb bleibe ich bei der einfachen Lösung. Du musst es wie gesagt selbst entscheiden. Jeder Mensch ist anders, jede Situation ist anders.

  • Da wir die Zinsentwicklung nicht kennen würde ich das schon als Risiko sehen, kann mich noch an Zinsen um die 10% erinnern. Wenn ich auch nicht an so eine Entwicklung glaube, hätte ich sie trotzdem im Hinterkopf.

    Bezogen sich die 10% nicht eher auf eine (annähernde) Vollfinanzierung?

    Bei einer Restschuld in Höhe von z. B. 30% (wild geschätzt) wird der Zins in der Tendenz doch niedriger sein, oder? ;)

  • Bezogen sich die 10% nicht eher auf eine (annähernde) Vollfinanzierung?

    Bei einer Restschuld in Höhe von z. B. 30% (wild geschätzt) wird der Zins in der Tendenz doch niedriger sein, oder? ;)

    1991 ging die Vollfinanzierung teilweise auf 11% wie hoch das bei einer Restschuld war habe ich nicht auf dem Schirm.

  • GCEA


    Deine bisherige Finanzhistorie klingt recht solide. Die Idee - allein schon Gründen der Diversifikation (aber natürlich auch wegen der Rendite) - nun auch mit Aktien zu starten, in deinem Fall wohl via ETF bzw. ETFs, klingt vernünftig. In Deinem zarten Alter (40) ist da auch noch ein sehr üppiger Zeithorizont vorhanden.


    Vielen bis den meisten (in meinem Umfeld, also nur anekdotische Evidenz) reicht bei geringem Depotvolumen (unterhalb sechsstellig) meist ein einziger weltweiter ETF aus (MSCI World, FTSE All World etc.). Im mittleren sechsstelligen Bereich sind es dann eher schon mal zwei, drei oder vier. Manchen reichen aber auch zwei für sieben- oder achtstellige Volumina. Jeder Jeck ist da wohl anders.


    Nur zu Deinem Verständnis: Für meinen Teil bilde ich diese Assetklasse (Aktien) über Einzelwerte ab. Wie schon gesagt, da tickt jeder Jeck anders.

    passieren kann alles mögliche, die EMs können nun wieder richtig anziehen, Russland könnte Polen überfallen, China ein demokratisches Vorzeigeland werden. Wahrscheinlich mache ich mir hier zu viele Gedanken.

    Um sein Geld kann man sich kaum zu viele Gedanken machen - nach meinem Dafürhalten.


    Derartige Überlegungen (zu geographischen Gewichtungen) widersprechen aber - meines Erachtens jedenfalls - schon ein bißchen dem Ansatz und auch konzeptionellen Grundgedanken "rein passiv" anzulegen und sozusagen nur "via Trittbrett-Fahren" die globale "Markrendite" einzufahren bzw. "abzugreifen" ...


    Nur am Rande: Habe ja schon so einiges gehört aber das finde ich schon sehr erstaunlich

    Europa als sicherer Hafen

    noch dazu ausgerechnet i. V. z. den USA - wenn man da nur mal auf so Aspekte wie die Anzahl der wertvollsten Unternehmen, das Wirtschaftswachstum, die Produktivität, die wirtschaftliche Dynamik, die wettbewerbs- und marktwirtschaftliche Ausrichtung, die Demographie, die Qualität der Zuwanderung, die Währung (Weltleitwährung vs. Euro als Einheitswährung in einer Währungsunion ...), die militärische Power samt Verteidigungs- und Abschreckungspotential schaut - um nur einige Beispiele zu nennen. Das aber, wie gesagt, nur am Rande.


    Gute Gedanken (eine Geheimwissenschaft dürfte das in deinem Fall kaum sein), gutes Gelingen und viel Erfolg wünsche ich !

  • Vielleicht einfach pragmatisch anfangen? Die genannten FTSE ACWI oder ein MSCI AW werden wohl eine solide Basis für die ersten Schritte (Jahre) bilden. Dann könnt ihr erstmal Erfahrung sammeln und ggf. später immer noch auf andere umsteigen, um z.B. nicht mit dem Verkauf der ältesten Anteile mit den meisten Gewinnen anzufangen.

  • Ich heiße Alex, bin 40 Jahre alt und interessiere mich seit Herbst letzten Jahres für das Thema Geldanlage. Bisher bin ich ein klassischer Sparer gewesen, was übrig blieb, wurde aufs Tagesgeldkonto geparkt, der Rest in die Abzahlung der Immobilie gesteckt. Das möchte ich nun mit einer Anlage in ETFs ändern.


    Meine Frau und ich haben vor 10 Jahren ein Eigenheim gekauft (älteres Haus) und seither immer wieder Sanierungen aller Art durchgeführt. Langsam sind wir damit fürs erste durch, der Kredit, der noch offen ist, ist überschaubar und mit 1,125 % fix verzinst bis 2030.

    Einen Kredit mit 1 Komma bedient man heutzutage, tut aber sinnvollerweise nicht mehr, weil zusätzliches Geld sich anders angelegt besser rentiert.

    Auf meinem Tagesgeldkonto liegen 6,25 Monatsgehälter (von meinem Gehalt gemessen) als Notgroschen, meine Frau hat ihren eigenen (wir haben ein klassisches Drei-Konten-Modell). Die eigene Immobile dient natürlich auch als Absicherung, wir hätten kein Problem, diese im Alter zu veräußern und uns zu verkleinern.

    Wenn man bereits 40 ist, steht das Alter unmittelbar vor der Tür! Es ist gut, wenn man darauf vorbereitet ist. :)

    Nun möchte ich anfangen, Geld in ETFs zu investieren zum langfristigen Kapitalaufbau. Mein Zeitrahmen hätte ich so in etwa 20 Jahre angepeilt.

    Wie langfristig "langfristig" ist, wenn man 40 ist, zeigt sich dann. Ich schlage vor, Du fängst erstmal an.

    Ich hätte das Tagesgeld/Notgroschen als Sicherheitsbaustein gewertet und jetzt angefangen - anstelle das Taggeldkonto zu besparen - einen ETF Sparplan eingerichtet.

    Du hast bereits eine ganze Menge Sicherheitsbausteine. Dein Haus etwa, Deine Rentenansprüche etwa, auch das Tagesgeld.

    Mit 1 fängt man an. Wenn man laufen lernen will, freut man sich über die ersten gelungenen Schritte und plant nicht gleich 110 m Hürden.


    Ich würde einen ETF auf einen breiten Index nehmen, egal welchen. Die unterscheiden sich längst nicht so sehr, wie es immer behauptet wird, vor allem, solange es um kleine Beträge geht. An welche Sparrate hättest Du denn gedacht?


    Ob das dann eine "große Position" ist, ergibt sich dann. Wenn Du die ersten Schritte gemacht hast und Dich sicher fühlst, kannst Du hinterher immer noch etwas dazunehmen.


    Viele Anfänger brüten monatelang über einem feinziselierten Strauß von ETFs, die man dann mit je 25 € zu besparen denkt. Wer stattdessen einfach Monat für Monat 500 € in 1 breiten ETF gesteckt hat, hat mit dem Wettlauf schon angefangen, wenn der andere noch nicht einmal die Schuhe aus dem Schrank geholt hat.

    Mein innerer Unsicherheitsfaktor sagt, in ACWI sind zu wenige Schwellenländer drin, der US-Anteil ist zu hoch, political risk in den USA mit der Polarisierung Trump/Demokraten, eventueller Bürgerkriegsgefahr, Europa als sicherer Hafen, also vielleicht 50 % MSCI World und 15 % Eurostoxx 600.

    Stell Deinen inneren Unsicherheitsfaktor einfach mal zurück. Was "richtig" ist, weiß ohnehin keiner (oder man weiß es in 20 Jahren in der Rückschau). Solange man noch von kleinen Beträgen spricht, können verschiedene Konzepte so fürchterlich nicht auseinanderlaufen, das gibt ja schon die Mathematik nicht her.


    Mach hin und viel Glück!

  • Die genannten FTSE ACWI oder ein MSCI AW werden wohl eine solide Basis für die ersten Schritte (Jahre) bilden.

    Knapp daneben, gerade anders herum. FTSE All-World oder MSCI ACWI.