Sanierungsfahrplan (iSFP) für Einfamilienhaus nicht nachvollziehbar

  • Hallo,

    ich habe in den vergangenen Wochen einen Sanierungsfahrplan (iSFP) für ein freistehendes Einfamilienhaus erstellen lassen, dessen Ergebnisse ich nicht nachvollziehen kann. Kurz die Daten zu meinem Haus, die dem Energieberater bei der Bestandsaufnahme mitgeteilt wurden:

    - Baujahr 1964, Wohnfläche laut Verkehrswertgutachten 225 qm

    - Dachdämmung, Fenster 2-fach verglast (nach 2015), sonst keine energetisch relevanten Sanierungsmaßnahmen (Heizungstausch Ende 2023 hier nicht berücksichtigt)

    - jährlicher Heizölverbrauch (bis Ende 2023): 3500-4000 l

    - jährlicher Stromverbrauch: 2600 kWh


    Es sind nicht die empfohlenen energetischen Sanierungsmaßnahmen mit den prozentualen Einsparpotentialen, die sind Standard, und auch nicht die geschätzten Kosten, dafür gibt es plausible Richtwerte, die mich irritieren. Was mich wundert, sind der beschriebene Ist-Zustand des Hauses und die absoluten Einsparpotentiale durch die Sanierungsmaßnahmen.


    Abweichend von den oben genannten Zahlen setzt der Energieberater für den Ist-Zustand meines Hauses folgende Werte an, von denen er sich auch nicht abbringen lässt:

    - Energiekosten 10.100 €/a

    - Endenergieverbrauch 55.700 kWh/a

    - Primärenergiebedarf 300 kWh/(qm*a)


    Ich verstehe nicht, wie der Energieberater zu diesem exorbitanten Energiebedarf kommt. Insgesamt wird die Energieeffizienz des Hauses als "sehr schlecht" bewertet.


    Unabhängig von diesem iSFP habe ich 2017 von der Verbraucherzentrale einen Energiecheck inkl. Thermographie erstellen lassen. Ergebnis war, dass mein Haus der Bausubstanz entsprechende, durchschnittliche Energieverluste ohne nennenswerte Schwachstellen aufweist. Als Jahresverbrauch Heizenergie ergaben sich 167 kWh/(qm*a).


    Ich kann nicht nachvollziehen, wie es zu derartig eklatanten Unterschieden kommen kann. Werden für den Energiebedarf eines Hauses in einem iSFP generell Richtwerte aus irgendeiner Norm zugrunde gelegt, unabhängig vom tatsächlichen Verbrauch, oder ist der iSFP einfach nur schlecht gemacht?

  • Ja, das ist so mit den Energieberatern. Die haben ihre theoretischen Vorstellungen und davon lassen sie sich auch nicht abbringen. Du darfst dich auch schon darauf einrichten, dass es auch in der Praxis nicht die Verbesserungen und Einsparungen geben wird, die er dir theoretisch vorrechnet. Letztlich leben diese Branche und die Sanierungsideologie davon, dass der Ist-Zustand theoretisch schlecht und der anzustrebende künftige Zustand theoretisch schön gerechnet werden. Ich glaube nicht, dass bei einem solchen Haus die Sanierungskosten jemals wieder durch Einsparungen heraus geholt werden können. Und gelegentlich gibt es dann darüber hinaus auch noch Großkatastrophen, wie z. B. wenn sich unter der Dämmung Lasius brunneus wohlzufühlen beginnen.

  • Ja, das ist so mit den Energieberatern. Die haben ihre theoretischen Vorstellungen und davon lassen sie sich auch nicht abbringen. Du darfst dich auch schon darauf einrichten, dass es auch in der Praxis nicht die Verbesserungen und Einsparungen geben wird, die er dir theoretisch vorrechnet. Letztlich leben diese Branche und die Sanierungsideologie davon, dass der Ist-Zustand theoretisch schlecht und der anzustrebende künftige Zustand theoretisch schön gerechnet werden. Ich glaube nicht, dass bei einem solchen Haus die Sanierungskosten jemals wieder durch Einsparungen heraus geholt werden können. Und gelegentlich gibt es dann darüber hinaus auch noch Großkatastrophen, wie z. B. wenn sich unter der Dämmung Lasius brunneus wohlzufühlen beginnen.

    Hallo epsilon2,

    ich sollte vielleicht noch ergänzen, dass es gar nie meine Absicht war, den Sanierungsfahrplan umzusetzen. Ich benötige ihn vielmehr, um die "15% Erneuerbare-Vorschrift" in BW (teilweise) zu erfüllen. Der iSFP zählt als 5%, selbst wenn man nichts daraus verwirklicht.

    Ich muss dem Energieberater an dieser Stelle zugutehalten, dass er seinerseits der Meinung war, dass sich wirklich keine einzige der empfohlenen Sanierungsmaßnahmen, auch keine PV oder Solarthermie als Ergänzung, zu meinen Lebzeiten auch nur annähernd rechnen würde. Er hat mich außerdem in meiner Entscheidung im letzten Jahr bestärkt, die alte Ölheizung durch eine Gas-Brennwertheizung zu ersetzen, da die parallel angebotene Wärmepumpe auf völlig unrealistischen Annahmen beruhte und nie (wirtschaftlich) funktioniert hätte.


    So nebenbei, die Maßnahmen würden - nach Abzug jeglicher Förderung - ca. € 180.000 kosten und darin sind Maßnahmen (neue Verkabelung, Leitungsrohre usw.) noch gar nicht enthalten, die bei einem 60 Jahre alten Haus im Rahmen einer Kernsanierung fällig wären. Ein Irrsinn.


    Besser im gegenwärtigen Zustand so lange darin wohnen, wie es nur geht, und dann ggf. für den Grundstückswert verkaufen. Oder die potenziellen Erben reißen ab und bauen neu (unwahrscheinlich).

  • Hallo Forums Freund hans1956

    Ich schreib dir hier als Praktiker.

    Wir haben selbst in den letzten 2-3 Jahren ein älteres freistehendes Einfamilienhaus komplett modernisiert.

    Darunter auch mit einer neuen Wärmepumpen-Heizung anstelle der alten Gasheizung.

    Die gesamten Umbaukosten betrugen 350.000 €, davon empfehlen auf neue Heizung und energetische Maßnahmen, Isolierung Fußbodenheizung Rund 150.000 €.

    Die Zuschüsse aus Berlin erforderten unendlich lange Korrespondenz, viel Bürokratie und viel Mithilfe durch Energieberater und die Hausbank.

    Nach Fertigstellung und nach einer Wartedauer von weiteren neun Monaten haben wir dann den Zuschuss von rund 50.000 € erhalten.

    Dieser stand lange auf der Kippe, weil kleinste Fehler im Ablauf den Zuschuss verhindern können.

    Unser heutiges Fazit,

    wir haben jetzt ein modernes Einfamilienhaus, mit Neubau-Standard , allerdings mit höheren Heizkosten als zuvor weil man oft mit Klimageräten oder offenem Kamin zuheizt.

    Möglicherweise kann oder will sich das nicht jeder Haus-Besitzer leisten

    Viele Grüße McProfit

  • Ich wette, die Antwort wird "das sind Erfahrungswerte" oder so ähnlich lauten.



  • Ich kann nicht nachvollziehen, wie es zu derartig eklatanten Unterschieden kommen kann. Werden für den Energiebedarf eines Hauses in einem iSFP generell Richtwerte aus irgendeiner Norm zugrunde gelegt, unabhängig vom tatsächlichen Verbrauch, oder ist der iSFP einfach nur schlecht gemacht?

    Mein iSFP war für ein noch älteres Haus - aber mit ähnlichen Dämmversuchen wie Deinen - ähnlich ärgerlich, wenn auch beim Primärenergieverbrauch nicht ganz so schlimm wie Deiner (übrigens: In meinem iSFP-Plan gibt es eine Legende, was die einzelnen Begriffe beim Verbrauch so bedeuten sollen, auch wenn man als Laie selbst damit nicht voll durchsteigt).


    An diesem iSFP-Hype ist aber auch das BafA mit schuld, weil es bei seinen Förderrichtlinien zu oft iSFP und Energieberater gemeinsam als Voraussetzungen für Förderung nennt, obwohl sich beim Antragsverfahren dann zeigt, dass man einen iSFP für eine Einzelmaßnahme nicht unbedingt gebraucht hätte. Und zu allem Überfluss ist BafA jetzt aus dem Fördergeschäft draußen und die KfW zieht wieder ganz andere Saiten auf.


    Einziger Trost: Wenn's der Energieberater ehrlich mit Dir gemeint hat, wird er beim BafA einen Antrag auf Kostenzuschuss gestellt haben, und danach hält sich der Nettopreis für einen iSFP in Grenzen (jedenfalls für ein Einfamilienhaus).

  • Ich habe letztes Jahr bei 4 Energieberatern angefragt, denen war das Reihenhaus aus den 70ern wohl nicht spannend genug. Keiner hat sich zurückgemeldet. Nachdem eigene Recherche ergeben hat, dass bei einem Einkreis Heizungssystem eine Wärmepumpe sehr ineffizient wäre, ist es eine neue Gasbrennwertheizung geworden.

  • Mein iSFP war für ein noch älteres Haus - aber mit ähnlichen Dämmversuchen wie Deinen - ähnlich ärgerlich, wenn auch beim Primärenergieverbrauch nicht ganz so schlimm wie Deiner (übrigens: In meinem iSFP-Plan gibt es eine Legende, was die einzelnen Begriffe beim Verbrauch so bedeuten sollen, auch wenn man als Laie selbst damit nicht voll durchsteigt).


    An diesem iSFP-Hype ist aber auch das BafA mit schuld, weil es bei seinen Förderrichtlinien zu oft iSFP und Energieberater gemeinsam als Voraussetzungen für Förderung nennt, obwohl sich beim Antragsverfahren dann zeigt, dass man einen iSFP für eine Einzelmaßnahme nicht unbedingt gebraucht hätte. Und zu allem Überfluss ist BafA jetzt aus dem Fördergeschäft draußen und die KfW zieht wieder ganz andere Saiten auf.


    Einziger Trost: Wenn's der Energieberater ehrlich mit Dir gemeint hat, wird er beim BafA einen Antrag auf Kostenzuschuss gestellt haben, und danach hält sich der Nettopreis für einen iSFP in Grenzen (jedenfalls für ein Einfamilienhaus).

    Hallo dunnerkeilnochemool (anstrengender Nick ;-)),


    danke für deinen Hinweis, ja, zu Primärenergiebedarf steht da:

    "Der Primärenergiebedarf berücksichtigt neben dem Endenergiebedarf des Gebäudes auch den Energieaufwand für die vorgelagerten Prozessketten außerhalb des Gebäudes. Dazu gehören die Gewinnung, Aufbereitung, Umwandlung und Verteilung der jeweils eingesetzten Brennstoffe."


    Mag sein, dass ich falsche Erwartungen an die Ist-Beschreibung meines Hauses hatte. Ich hatte gehofft, jetzt lerne ich wirklich etwas darüber, wohin sich meine Heizenergie "verflüchtigt". Der Energieaufwand bei der Öl- oder Gasförderung und dann bis zu meinem Haus hat mich nicht so interessiert...


    Witzig finde ich auch die "Sowieso-Kosten":

    "Zu den Sowieso-Kosten zählen im iSFP die Kosten, die ohnehin für notwendig Instandsetzungen anfallen, sowie Kosten für sonstige Modernisierungsmaßnahmen (z.B. Komfortverbesserung)."

    In der Kostenabschätzung werden dann aber sämtliche Kosten für die Sanierungsmaßnahmen zu "Sowieso-Kosten". Sowieso...


    Trotz allem bleiben die Zahlen für mich nicht nachvollziehbar, aber das ist jetzt nicht von allgemeinem Interesse. Ich bespreche den iSFP ohnehin noch einmal mit dem Energieberater. Vielleicht kommt mir da die große Erleuchtung.


    Beruhigend ist wenigstens, dass ich wirklich nur den Restbetrag nach Förderung bezahlen muss; das ist überschaubar. Wenn es ausreicht, um damit die 15%-Vorgabe teilweise zu erfüllen, soll es mir letztendlich egal sein.

  • Ich habe letztes Jahr bei 4 Energieberatern angefragt, denen war das Reihenhaus aus den 70ern wohl nicht spannend genug. Keiner hat sich zurückgemeldet. Nachdem eigene Recherche ergeben hat, dass bei einem Einkreis Heizungssystem eine Wärmepumpe sehr ineffizient wäre, ist es eine neue Gasbrennwertheizung geworden.

    Hallo Taler,


    bei mir war die Suche nach einem Energieberater vor wenigen Wochen kein Problem. Letztes Jahr musste man den Energieberatern und Heizungsbauern noch hinterher rennen. Das ist jetzt offenbar nicht mehr so. Die Begeisterung für die Wärmewende hat ja offensichtlich auch nachgelassen.

  • Hallo Taler,


    bei mir war die Suche nach einem Energieberater vor wenigen Wochen kein Problem. Letztes Jahr musste man den Energieberatern und Heizungsbauern noch hinterher rennen. Das ist jetzt offenbar nicht mehr so. Die Begeisterung für die Wärmewende hat ja offensichtlich auch nachgelassen.

    Da ist was dran. Ich kenne einen Energieberater, der inzwischen wieder 3 x die Woche ins Training kommt. Das war letztes Jahr im Durchschnitt 1 x der Fall. :(

    "Unhappy Wife - Unhappy Life!" Roger Murgatroyd, 1977

  • Ich verstehe nicht, wie der Energieberater zu diesem exorbitanten Energiebedarf kommt. Insgesamt wird die Energieeffizienz des Hauses als "sehr schlecht" bewertet.

    Der Energieberater muß sich an die Normen halten. Und da ist festgeschrieben, was eine Außenwand oder ein Dach Baujahr xy für einen Aufbau hat, und welchen U-Wert bzw welchen Energiebedarf man damit hat. Mit genauen Angaben der Baustoffdicken und Kenngrößen kann man genauer rechnen. Aber diese Angaben wirst du vermutlich nicht haben.


    Dei tatsächlicher Energieverbrauch mag günstiger sein. War bei mir genauso.

  • "Der Energieberater muß sich an die Normen halten. Und da ist festgeschrieben, was eine Außenwand oder ein Dach Baujahr xy für einen Aufbau hat, und welchen U-Wert bzw welchen Energiebedarf man damit hat."


    Das stimmt. Das Programm ist quasi eine einzige große Datenbank, in der alle Bauteile und Baustoffe mit ihren Werten hinterlegt sind. Du gibst den Aufbau des Hauses ein und das Programm schmeißt dir ein errechnetes Ergebnis aus.

  • Hallo Taler,


    bei mir war die Suche nach einem Energieberater vor wenigen Wochen kein Problem. Letztes Jahr musste man den Energieberatern und Heizungsbauern noch hinterher rennen. Das ist jetzt offenbar nicht mehr so. Die Begeisterung für die Wärmewende hat ja offensichtlich auch nachgelassen.

    Tja, jetzt brauche ich aber erstmal keinen mehr. Und die 4 sind bei mir auch auf der schwarzen Liste gelandet, die werde ich auch in Zukunft nicht anfragen.

  • Ich muss dem Energieberater an dieser Stelle zugutehalten, dass er seinerseits der Meinung war, dass sich wirklich keine einzige der empfohlenen Sanierungsmaßnahmen, auch keine PV oder Solarthermie als Ergänzung, zu meinen Lebzeiten auch nur annähernd rechnen würde

    Da habe ich meine Zweifel. Ein gutes Angebot für eine PV amortisiert sich teilweise schon nach 10 Jahren. Als Mann in deinem Alter hast du eine Lebenserwartung von ca. 74 Jahren, also noch 16 Jahre Zeit. Bis dahin hat sich auch ein mittelmäßiges Angebot amortisiert.

    Ich stelle auch mal in Frage, dass dein Haus so schlecht ist, dass man es nur noch abreißen kann.

  • Das stimmt. Das Programm ist quasi eine einzige große Datenbank, in der alle Bauteile und Baustoffe mit ihren Werten hinterlegt sind. Du gibst den Aufbau des Hauses ein und das Programm schmeißt dir ein errechnetes Ergebnis aus.

    Je genauer man den Aufbau der Fenster, Wände und Dachflächen kennt, desto besser.


    Wer Excel hat, kann sich ein kostenloses Programm von der Kalksandsteinindustrie zum Selbertesten hier herunterladen:


    Link


    Standardmäßig wird aber bei der Berechnungsmethode das gesamte Haus vom Keller bis zum Dachfirst auf 22 Grad aufgeheizt, und die Außentemperaturen laut Norm werden in den letzten Jahren Dank Klimaerwärmung so auch nicht mehr erreicht.


    Ein genauerer Ansatz ist die raumweise Heizlastberechnung, die man mit einem Tool von Dannfoss auch selber durchführen kann.


    Der tatsächliche Verbrauch kann beim Energiebedarfsausweis berücksichtigt werden, beim ISFP nicht. Denn der Bund will einen Überblick über den tatsächlichen Gebäudestandard haben, den tatsächlichen Energieverbrauch kennt er aus anderen Quellen. Und wenn die EU-Gebäuderichtlinie umgesetzt wird, müssen die schlechtesten x Prozent nachgerüstet oder abgerissen werden.

  • Hallo Andrej, vielen Dank für deine Hinweise, ich werde mich damit weiter schlau machen.