Airline verweigert Entschädigung, obwohl das Endziel nur durch Inanspruchnahme einer selbstbezahlten Alternativbeförderung für die erste Teilstrecke erreicht werden konnte

  • Hallo liebe Freunde von Finanztip.de!


    Hinflug besteht aus drei Teilstrecken. Die erste von Berlin nach Frankfurt (Abflug 7:45 ab BER), die zweite führt nach Übersee, die dritte ist ein Inlandsflug im Zielland. Alle drei Teilstrecken von unterschiedlichen Fluggesellschaften.


    Am Abend vor dem Abflug, genauer, um 20:21, erfahren wir per SMS, dass der Flug nach Frankfurt gecancelled wurde. Also ca. 11,5 Stunden vor Abflug. Telefonate mit der Hotline bringen nichts: Obwohl ich auf deren Webseite Flüge sehe, die uns vorher (6:45 und 7:15) hätten nach Frankfurt bringen können, können wir nicht da reingebucht werden.

    Von der pünktlichen Ankunft am "Endziel" (das Wort habe ich jetzt erst gelernt ...) hing der Mietwagen ab.


    Um 20:44 bekommen wir Mail und SMS, in denen auf eine Umbuchung hingewiesen wird. Diese hätte uns 29 Stunden später abfliegen und 31.5 Stunden später, nachts um 23:24, ankommen lassen und hätte uns nichts genutzt, da in der Nacht und an den zwei darauffolgenden Tagen die Autovermietung geschlossen hatte. Es wären also vor Ort vermeidbare und weitaus höhere Kosten entstanden für Hotel (3 Nächte) und 4 nicht genutzte Miettage des gebuchten Mietfahrzeuges, die ich geltend gemacht hätte.


    Wir entscheiden, eine alternative Transportmöglichkeit zu nutzen, und fahren mit der Bahn von Berlin nach Frankfurt.

    Dort gelingt es hilfsbereiten und kompetenten Mitarbeiterinnen, uns wieder in die Anschlussflüge einzubuchen. Was dazu führt, dass wir pünktlich um 15:55 am Zielort waren.


    Für die entstandenen Kosten (Bahnfahrkarte, Taxi zu und vom Bahnhof) die sonst nicht entstanden wären, habe ich um Erstattung gebeten. Ich habe (noch) nicht das Wort "Entschädigung" genutzt. Ich habe mit einem Nebensatz darauf hingewiesen, dass bei Inanspruchnahme der vorgeschlagenen Umbuchung durch die Situation vor Ort unweigerlich Kosten entstanden wären, die weitaus höher ausgefallen wären. Siehe oben.

    Meine Bitte um Kostenerstattung wurde abgelehnt mit der Begründung, dass es nach ihrer Recherche am Endziel keine Verspätung gab und dass sie daher meinem "Antrag auf Entschädigung" (!) nicht nachkommen werden.


    Darum ging es nicht. Ich habe keine Entschädigung erbeten. Ich wollte lediglich meine Auslagen erstattet haben.
    Aber so ein offensichtlich systematisches Vorgehen (erst mal ablehnen ...) macht mich kämpferisch. Ich habe ja noch nicht einmal eine Ticketpreiserstattung für den ausgefallenen Flug bekommen ...

    Meine Fragen an die Wissenden:
    - Steht mir diese Kostenerstattung zu?
    - Oder steht mir statt dessen eine Entschädigung zu (pro Person 250 EUR) siehe https://www.finanztip.de/flugannullierung/

    - Oder beides?
    - Wie sollte ich argumentieren? - Gleich alle meine Argumente auf den Tisch?

    - Beides fordern, um der Fluggesellschaft (Ver-) Handlungsspielraum zu geben?
    - Wenn der Ticketpreis erstattet werden sollte und diese Summe niedriger ist als meine Auslagen - wie gehe ich dann vor?


    ... mir fällt bestimmt noch mehr ein.

    Vielen Dank bis hierher, liebe Grüße
    Andreas

  • Hallo Andreas,

    die erste Frage, die sich mir stellt, ist, ob die Flüge als ein Paket gebucht wurden oder ob es mehrere Einzelbuchungen waren. Danach richtet sich in meinen Augen auch der erste Ansprechpartner. Sollte es als eine Komplettreise gebucht worden sein, ist der Anbieter der erste Ansprechpartner. Wie es dann aber genau mit der Erstattung der Kosten aussieht, kann ich nicht genau sagen.

    Wenn die Flüge einzelnd gebucht wurden, dann ist die Fluggesellschaft der Ansprechpartner. Meinem Verständnis nach hast du ein Rücktrittsrecht im Fall eines gecancelten Flugs, wodurch dir die Kosten für den Flug erstattet werden müssen. Alternativ dürfte auch eine pauschale Entschädigung gem. Fluggastrechteverordnung möglich sein.


    Finanztip hat dazu auch einen Artikel auf der Seite, welcher hilfreich sein könnte. Dort wird auch auf die zuständige Schlichtungsstelle verwiesen:

    Flugausfall: Entschädigung, weil Flug annulliert?
    Flug gestrichen - Steht Dir eine Entschädigung bei Flugausfall zu? Diese Frage beantworten wir Dir hier.
    www.finanztip.de


    Disclaimer: Bin kein Rechtsanwalt, daher ist das mein laienhaftes Verständnis.



    PS: Hab gerade noch gesehen, dass du den Artikel bei Finanztip auch schon kennst und ihn in deinem Post verlinkt hattest. Das hatte ich irgendwie überlesen.

  • 1. Shit happens. Es hätte für Dich schlimmer kommen können. Soweit ich aus Deiner länglichen Beschreibung ersehe, ist Dein Urlaub abgesehen von der ersten Flug-Teilstrecke reibungslos verlaufen.


    2. Gegen die Fluggesellschaft kommst Du allein nicht an. Das mußt Du Dir auch nicht antun. Ich habe das zweimal bei jeweils glasklarer Rechtslage exerziert und zweimal einen Rechtsanwalt gebraucht. Mir gegenüber war die Fluggesellschaft noch nicht einmal bereit, den Ticketpreis des ausgefallenen Fluges zu erstatten. Im ersten Fall erhielt ich Erstattung und Entschädigung auf das Schreiben des Rechtanwalts hin. Im zweiten Fall hat noch nicht einmal das geholfen, sondern erst das Einreichen der Klage, auf das hin die Gegenseite dann eingelenkt hat. Klares Yield-Management: Die bauen darauf, daß ein Anspruchsteller die Sache nicht durchzieht.


    Meinem Rechtsverständnis nach sollte mindestens der Ticketpreis zurückkommen sowie je 250 € Entschädigung pro Ticket (was Deine Auslagen decken sollte). Ob die Kosten für Taxi und Bahnfahrt zusätzlich geltend gemacht werden können, ahne ich nicht. Das weiß der Rechtsanwalt, ohne den Du in diesem Fall mit Sicherheit nicht auskommst. Nimm unbedingt einen Rechtsanwalt, der auf Reiserecht spezialisiert ist.


    3. Wenn Du nicht bereit bist, die Kosten für den Rechtsanwalt vorzustrecken: Bind Dir die Kosten ans Bein. Das ist ein ernst gemeinter Vorschlag, der sich nicht gegen Dich richtet, sich aber an der Realität orientiert. Obwohl der Sachverhalt klar ist, wird die Fluggesellschaft nicht freiwillig einlenken, und wenn Du noch so viel vergeblich "Einschreiben mit Rückschein" schickst.

  • Hallo Meins23, hallo Achim,

    vielen Dank für Eure Antworten.

    Es war eine Komplettreise, zusammengestellt von einem Veranstalter.
    Zum einen meint dieser, nicht zuständig zu sein, und zum anderen habe ich bei meiner Recherche Hinweise gefunden, dass es sinnvoller (oder richtiger?) ist, sich an die Fluggesellschaft zu wenden. - Das zu Deiner Frage, Meins23.

    Zu Achims Antwort.
    (1) "Längliche Beschreibung" ... - ich weiß. Wie und was hätte ich kürzen sollen? Ich hatte überlegt, mich dann aber des Verständis der Situation wegen für den ausführlichen Text entschieden.
    (2) Ich lese aus Deiner Antwort, dass mir Entschädigung und Erstattung zusteht, ob nun Ticketpreis oder Kostenerstattung, das sei erst mal dahingestellt. Das weißt Du, weil Du das zweimal durch hast. Das ist schonmal gut.
    (3) Hat in Deinen beiden Fällen die Fluggesellschaft auch die Anwaltskosten bezahlt?

    Danke, viele Grüße

    Andreas

  • Es war eine Komplettreise, zusammengestellt von einem Veranstalter.
    Zum einen meint dieser, nicht zuständig zu sein,

    Da hat der Veranstalter aber ganz einfach versucht, sich um seine Verantwortung zu drücken. Dein Vertragspartner ist nämlich nicht die Airline, sondern der Veranstalter.

    Siehe auch hier:

    Wird bei einer Pauschalreise der Flug gestrichen, kann zudem gegenüber dem Reiseveranstalter ein Anspruch auf die Minderung des Reisepreises bestehen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Ausfall eine deutliche Beeinträchtigung der Reise darstellt.

  • Es war eine Komplettreise, zusammengestellt von einem Veranstalter.
    Zum einen meint dieser, nicht zuständig zu sein, und zum anderen habe ich bei meiner Recherche Hinweise gefunden, dass es sinnvoller (oder richtiger?) ist, sich an die Fluggesellschaft zu wenden

    Wenn etwas schiefgeht, ist nie einer zuständig.

    Ich bin Rechtslaie, weiß allerdings, daß Fluggesellschaften in Entschädigungsfällen mauern ohne Ende. Daher habe ich Dir dringend ans Herz gelegt, einen passenden Rechtsanwalt zu mandatieren.


    1. Fall (Air Berlin selig): Flugverspätung um 3 1/2 Stunden - Entschädigung 250 € geltend gemacht, wortreiche Entschuldigungen (Man kann es ja mal probieren!). Ich schreibe: Zahlt, sonst Klage. Keine Antwort. Rechtsanwalt mandatiert, schreibt Air Berlin an, Ausrede. Klage eingereicht (die für Air Berlin sicher verloren gegangen wäre): Jetzt zahlen sie: Entschädigung für mich, Rechtsanwalt und Gerichtsgebühren. Das hätten sie billiger haben können.


    Vonseiten der Airlines steht ein klares wirtschaftliches Kalkül dahinter: Forderungen stellen kann jeder, wenige nur aber haben das Gesäß in der Hose, daß sie die Kosten für den Rechtsanwalt (und später fürs Gericht) vorschießen. In Fällen, in denen es die Anspruchsteller nicht tun, spart die Airline Geld.


    2. Fall (Corona-Zeit): Hin- und Rückreise, jeweils mit Zwischenstop, also 4 Tickets. 2 davon haben sie rechtzeitig storniert (Flugausfall wg. Corona ist höhere Gewalt, außerdem Termin eingehalten. Schön wäre es allerdings gewesen, wenn sie gleichzeitig mit der Stornierung das Geld zurücküberwiesen hätten). Die beiden Hinflüge haben sie aber nicht storniert, sogar die gleiche Flugnummer für eine andere Zeit am gleichen Tag vergeben, so daß man hätte glauben können, der Flug hätte tatsächlich stattgefunden.


    Bedingung der EU-Fluggastrichtlinie ist erfüllt: Rückerstattung der Tickets und Entschädigung. Sie wollten mir gegenüber noch nicht einmal den Rückflug erstatten, der schon Monate vorher bezahlt worden war. Also wieder Rechtsanwalt (der gleiche), dann ging das plötzlich. Airline hat bezahlt: Rückerstattung Ticket (In mehreren Tranchen! Das Ticket wollten sie erstatten, den Transport für den separat gebuchten Koffer aber nicht.), Entschädigung für die versäumte Stornierung, Rechtsanwaltshonorar.



    Was Du aus Deinem Fall machst, ist Deine Sache.


    Ich bin für mich der Auffassung, daß es hier zwei mögliche und sinnvolle Reaktionen gibt:


    Entweder Du hakst die Sache ab (Shit happens) und vergißt das Ganze.


    Oder Du ziehst es durch, dann aber auch komplett. Mit irgendwelchen Hotlines herumstreiten bringt nichts. Wenn Dir die Sache wichtig ist, mußt Du erstmal in den Geldbeutel fassen. Meines Erachtens steht Deine Sache gut, aber vor Gericht und auf Hoher See sind die Menschen in Gottes Hand,

  • 1. Es handelt sich um einen Interkontinentalflug und ich gehe davon aus, dass die gebuchte Flugverbindung von Berlin zum Endziel (Luftlinie!) länger als 3.500 km ist.

    -ist meine Annahme richtig?


    2. Der Abflug auf der ersten Teilstrecke (Berlin-Frankfurt) hätte planmäßig um 07:45 h gem. Sachverhaltsbeschreibung stattfinden sollen. Der Flug wurde jedoch annulliert. Meine Fragen hierzu:

    -wann seid ihr mit dem Taxi und der Bahn nach Frankfurt gestartet und von wo?

    -hatte die Airline einen Grund für die Annulierung des ersten Teilfluges angegeben?


    Nach Beantwortung dieser Fragen kann ich eine kompetente Antwort zur Rechtslage geben.

    'Es sei nicht immer zu verlangen, „dass der Inhalt gesetzlicher Vorschriften dem Bürger grundsätzlich ohne Zuhilfenahme juristischer Fachkunde erkennbar sein muss“.' (BVerfG, Beschl. v. 04.06.2012, Az.: 2 BvL 9/08)

  • 1.

    Im vorliegenden Fall handelt es sich um einen Flug nach Übersee, dessen Strecke über 3.500 km. Es handelt sich um einen einheitlichen Flug, bestehend aus drei Teilflügen. Bei der Beurteilung ist die Gesamtstrecke vom Startflughafen zum Endziel zu berücksichtigen.


    2.

    Der Flug wurde im Rahmen einer Pauschalreise gebucht. Dennoch empfiehlt es sich, seine Ansprüche direkt an die Airline -und nicht an den Reiseveranstalter- zu richten. Näheres: http://fluggastrecht.blogspot.…i-pauschalreisen.html?m=1


    3.

    Im vorliegenden Sachverhalt erreichte der Passagier zwar pünktlich sein Endziel, jedoch kam es aufgrund der Flugannullierung zu einer vorzeitigen Ersatzanreise, also quasi einer Verfrühung und nicht zu einer Verspätung. Die Europ. Fluggastrechte-VO gilt zwar ihrem Wortlaut nach nur bei Verspätungen am Endziel; jedoch urteilte der EuGH, dass die Fluggastrechte-VO auch bei Flugvorverlegungen bzw. vorzeitigen Ersatzanreisen gilt.

    Näheres hierzu: https://www.fvw.de/touristik/v…lt-als-annulierung-223065 und das Urteil im Volltext: https://curia.europa.eu/juris/…req&dir=&occ=first&part=1


    4.

    Gem. Art. 7 der Europ. Fluggastrechte-VO steht jedem Passagier hier eine entfernungsabhängige (über 3.500 km) Ausgleichszahlung zu. Diese Ausgleichszahlung ist binnen sieben Tagen dem Passagier zu zahlen. Sie ist ein pauschaler Schadenersatz für die Unannehmlichkeiten und die Freizeit des Passagiers, ohne dass der Passagier hier seinen konkreten Schaden beziffern muss.

    Vergleiche Artikel 7 Europ. Fluggastrechte-VO: https://eur-lex.europa.eu/lega…L/?uri=CELEX%3A32004R0261


    5.

    Daneben hat der Passagier einen zusätzlichen Anspruch auf Ersatz seiner von ihm verauslagten Fahrtkosten gem. Art. 8 der Europ. Fluggastrechte-VO, da die von der Airline angebotene Ersatzbeförderung nicht zumutbar war.

    Vergleiche Art. 8 Europ. Fluggastrechte-VO: https://eur-lex.europa.eu/lega…L/?uri=CELEX%3A32004R0261


    6.

    Wie aus anderen Antworten hervorgeht, wird das Einschalten eines Rechtsanwalts oder die Einschaltung eines für den Passagier kostenpflichtigen Fluggastrechteportals empfohlen. - Ich schlage hier vor, sich an die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SöP) zwecks Durchführung eines Schlichtungsverfahrens zu wenden. Das dortige Verfahren ist kostenlos. Näheres dazu:

    Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr
    Seit 01. Nov. 2014 schlichtet die 'Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e. V.' auch Streitigkeiten nach Unregelmäßigkeiten bei…
    fluggastrecht.blogspot.com


    7.

    Letztendlich wäre noch anzumerken, dass die Airline sich von der Pflicht zur Ausgleichsleistung über 600,- pro Passagier entlasten kann, wenn sie sich auf ‚außergewöhnliche umstände‘ (im Volksmund: höhere Gewalt) berufen kann. Dafür gibt der Sachverhalt allerdings keine Anhaltspunkte her.

    Nähers dazu: http://fluggastrecht.blogspot.…hnliche-umstande.html?m=1


    Fazit:

    **Ersatzbeförderung**: Auch wenn die Fluggesellschaft eine alternative Beförderung angeboten hat, die aber mit einer erheblichen Verspätung (31,5 Stunden späteres Eintreffen) verbunden gewesen wäre, kann dies als unzumutbar angesehen werden. Da Sie selbst eine alternative Transportmöglichkeit organisiert haben und letztendlich pünktlich angekommen sind, haben Sie dennoch den ursprünglichen Flugplan nicht wie vorgesehen nutzen können.


    Anmerkung:

    Die Tatsache, dass Sie letztlich pünktlich angekommen sind, ändert nichts an dem Anspruch auf Entschädigung, da der ursprüngliche Flug annulliert wurde und die angebotene Ersatzbeförderung erhebliche Verspätungen zur Folge gehabt hätte. Ihnen steht daher gemäß der EU-Fluggastrechteverordnung eine Entschädigung zu.

    'Es sei nicht immer zu verlangen, „dass der Inhalt gesetzlicher Vorschriften dem Bürger grundsätzlich ohne Zuhilfenahme juristischer Fachkunde erkennbar sein muss“.' (BVerfG, Beschl. v. 04.06.2012, Az.: 2 BvL 9/08)

  • Schlesinger

    Hallo Frau oder Herr Schlesinger,

    vielen Dank für die zweite Antwort - ich möchte aber trotzdem auf die Fragen aus der rsten Antwort reagieren:
    - wann seid ihr mit dem Taxi und der Bahn nach Frankfurt gestartet und von wo?
    => Taxi gegen 22:30 am Vorabend. Bahn um Mitternacht - Ankunft in FRA ca. 7:30

    - hatte die Airline einen Grund für die Annulierung des ersten Teilfluges angegeben?

    => Nein.

    Viele Grüße

    Andreas

  • Zitat von aarroz

    => Taxi gegen 22:30 am Vorabend. Bahn um Mitternacht - Ankunft in FRA ca. 7:30

    - hatte die Airline einen Grund für die Annulierung des ersten Teilfluges angegeben?

    => Nein.


    Dann dauerte also die für den ursprünglich gebuchten Flug in Eigenregie organisierte Ersatzbeförderung länger als vier Stunden. -

    Ich hatte deshalb danach gefragt, weil Gerichte hinsichtlich der Ausgleichszahlung bei der Vorverlegung von Flügen die gleichen Zeiträume ansetzen wie bei der Flugverspätung am Endziel.



    Dass die Airline keine Gründe für ‚außergewöhnliche Umstände‘ (= höhere Gewalt) angegeben hat, ist erstmal ein gutes Zeichen. - Dies schließt allerdings nicht 100-%-ig aus, dass sie später einmal versuchen wird, sich durch Vortragen von tatsächlichen oder erfundenen Gründen von der Pflicht zur Ausgleichsleistung zu befreien.


    Im übrigen hatte ich dir noch eine persönliche Nachricht geschrieben.


    Zwei Anmerkungen noch:

    -die Europ. Fluggastrechte-VO gilt auch für Kinder, wenn für sie ein Ticket erworben wurde. Für Kleinkinder (Babies), die kostenlos befördert werden, gilt die Verordnung nicht. Nur letztere hätten keinen eigenen Anspruch auf eine Ausgleichsleistung.

    vgl. hierzu: http://fluggastrecht.blogspot.…trechte-auch-fur.html?m=1


    -zur Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SöP) hatte ich geschrieben, man möge sich an diese wenden, da deren Dienste -im Gegensatz zu kostenpflichtigen Fluggastrechteportalen- gratis sind.

    Erste Voraussetzung für das dortige Verfahren ist, dass die Airline eine geltend gemachte Forderung abgelehnt hat. Hier würde ich nochmal klipp und klar mit Einschreiben (wegen Zustellungsnacheis) bei der Airline meine Ansprüche geltend machen und genau beziffern (bspw.: 3 Personen x 600,- EUR Ausgleichsleistung = 1.800,- EUR zzgl. der gezahlten Fahrpreise für Taxi und Bahn). Die zweite Voraussetzung ist, dass die Airline Mitglied im Trägerverein der SöP ist (siehe hier: https://www.schlichtung-reise-…/sruv_Mitgliederliste.pdf ) .

    Die dritte Voraussetzung ist, dass die Airline mit dem vom Passagier beantragten Schlichtungsverfahren einverstanden ist. Dies sind sie in der Regel.

    Weitere Vorteile der Schlichtung sind: das Verfahren ist verjährungshemmend und nicht bindend (=wenn einem das Ergebnis missfällt, kann man immer noch vor Gericht klagen).

    'Es sei nicht immer zu verlangen, „dass der Inhalt gesetzlicher Vorschriften dem Bürger grundsätzlich ohne Zuhilfenahme juristischer Fachkunde erkennbar sein muss“.' (BVerfG, Beschl. v. 04.06.2012, Az.: 2 BvL 9/08)

  • 2. Gegen die Fluggesellschaft kommst Du allein nicht an. Das mußt Du Dir auch nicht antun. …


    3. Wenn Du nicht bereit bist, die Kosten für den Rechtsanwalt vorzustrecken: Bind Dir die Kosten ans Bein. Das ist ein ernst gemeinter Vorschlag, der sich nicht gegen Dich richtet, sich aber an der Realität orientiert. Obwohl der Sachverhalt klar ist, wird die Fluggesellschaft nicht freiwillig einlenken, und wenn Du noch so viel vergeblich "Einschreiben mit Rückschein" schickst.

    Diese Ratschläge sind meines Erachtens nicht hilfreich, da sie nicht der Rechtslage und nicht der tatsächlichen Lage entsprechen.


    1.

    Gem. EuGH-Urteil gilt die Europ. Fluggastrechte-VO nicht nur bei verspäteter Ankunft am Enziel sondern auch bei Flugvorverlegungen!

    Die Europ. Fluggastrechte-VO gilt zwar ihrem Wortlaut nach nur bei Verspätungen am Endziel; jedoch urteilte der EuGH, dass die Fluggastrechte-VO auch bei Flugvorverlegungen bzw. vorzeitigen Ersatzanreisen gilt.

    Näheres hierzu: https://www.fvw.de/touristik/v…lt-als-annulierung-223065 und das Urteil im Volltext: https://curia.europa.eu/juris/…req&dir=&occ=first&part=1

    Aufgrund der Annullierung der ersten Teilstrecke kam es zu einer Flugvorverlegung in Form der vom Passagier selbst organisierten Ersatzanreise.

    2.

    Zu den Erfolgaussichten vor Gericht:

    2a.

    **Hohe Erfolgsquote**: Viele Fluggäste gewinnen ihre Verfahren gegen Fluggesellschaften, da die Verordnung klare Rechte und Pflichten festlegt. Es gibt Schätzungen, dass in der EU etwa **80-90 % der Fälle zugunsten der Passagiere** entschieden werden, wenn diese berechtigte Ansprüche haben.

    2b.

    **Außergerichtliche Einigungen**: In vielen Fällen einigen sich Fluggesellschaften mit den Fluggästen, bevor es überhaupt zu einem Gerichtsverfahren kommt, insbesondere wenn der Fall klar ist und es bereits Präzedenzfälle gibt.

    2c.

    **Häufige Verteidigungsstrategien der Airlines**: Fluggesellschaften versuchen oft, sich mit Verweisen auf "außergewöhnliche Umstände" (z. B. schlechtes Wetter, Streiks oder nichtssagenden Fliskeln) von der Zahlungspflicht zu befreien. Allerdings werden diese Ausnahmen von Gerichten streng geprüft, und oft sind solche Verteidigungen nicht erfolgreich.

    3.

    Im übrigen gibt es noch das für Passagiere kostenlose Schlichtungsverfahren vor der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr, siehe hier: http://fluggastrecht.blogspot.…den-offentlichen.html?m=1

    'Es sei nicht immer zu verlangen, „dass der Inhalt gesetzlicher Vorschriften dem Bürger grundsätzlich ohne Zuhilfenahme juristischer Fachkunde erkennbar sein muss“.' (BVerfG, Beschl. v. 04.06.2012, Az.: 2 BvL 9/08)

  • Da hat der Veranstalter aber ganz einfach versucht, sich um seine Verantwortung zu drücken. Dein Vertragspartner ist nämlich nicht die Airline, sondern der Veranstalter.

    Siehe auch hier:

    Der Anspruch nach der 'EU-Fluggastrechte-Verordnung' ist direkt an das Luftfahrtunternehmen zu richten. Hierzu auch: BGH v. 11.03.2008, Az.: X ZR 49/07, veröffentlicht in RRa 2008, 175, besagt: VO (EG) Nr. 261/2004 gewährt Ansprüche ausschließlich gegen das ausführende Luftfahrtunternehmen, nicht gegen den Reiseveranstalter.


    Der Pauschalreisende ist in der komfortablen Lage, daß er zwei Anspruchsgegner hat:
    -seinen Reiseveranstalter und
    -seine Airline.

    Der Passagier könnte also nach deutschem Reiserecht (in Deutschland §§ 651a ff. BGB) gegen seinen Reiseveranstalter vorgehen, denn eine Flugverspätung stellt einen Reisemangel dar, der den Kunden zu einer nachträglichen Preismindung berechtigt. Allerdings ist hierbei anzumerken, daß Gerichte hier erst ab der fünften Verspätungsstunde eine Preisminderung zubilligen - und zwar fünf Prozent des anteiligen Tagesreisepreises pro Verpätungsstunde ab der fünften Stunde.


    Geht der Passagier im vorliegenden Fall gegen die Airline vor, stehen ihm gem. Art. 7 und 8 der Europ. Fluggastrechte-VO 600,- pro Passagier Ausgleichsentschädigung zzgl., der von ihm vorverauslagten Kosten für die von ihm selbst organisierte Ersatzbeförferung auf der ersten Teilstrecke zu.


    Näheres: http://fluggastrecht.blogspot.…i-pauschalreisen.html?m=1


    Wichtig:

    Der Fluggast darf nicht doppelt kassieren! Bei erheblichen Flugverspätungen steht dem Kunden laut EU-Fluggastrechte-Verordnung ein Anspruch auf Entschädigung durch die Airline zu. Auf der anderen Seite kann er nach deutschem Reiserecht eine Minderung des Reisepreises beim Reiseveranstalter verlangen. Der BGH hatte Urteil (Aktenzeichen X ZR 126/13) entschieden, dass nicht beides parallel möglich ist. Der BGH begründet seine Entscheidung, dass dieses Vorgehen unzulässig ist, damit, dass beide Forderungen dieselbe Unannehmlichkeit ausgleichen sollen – nämlich den verspäteten Flug. Für Schäden, die aus der Flugverspätung resultieren, ist nach Ansicht der Richter die Fluggastrechte-Verordnung einschlägig. Es könne nicht zweimal ein Ausgleich für dieselbe Unannehmlichkeit verlangt werden.

    'Es sei nicht immer zu verlangen, „dass der Inhalt gesetzlicher Vorschriften dem Bürger grundsätzlich ohne Zuhilfenahme juristischer Fachkunde erkennbar sein muss“.' (BVerfG, Beschl. v. 04.06.2012, Az.: 2 BvL 9/08)

  • Deine Aussage ist so nicht falsch, jedoch im vorliegenden Fall nicht sinnvoll.


    In der Regel sind die Ausgleichsbeträge höher, wenn der Reisende/Passagier seine Ansprüche nach Flugänderung, Annullierung, Nichtbeförderung oder großer Verspätung direkt an die Airline richtet.


    Die Airline braucht keine Ausgleichleistung zahlen wenn sie mindestens zwei Wochen oder mehr über die Flugänderung informiert oder die Flugunregelmässigkeit auf „außergewöhnlichen Umständen“ (=höherer Gewalt) beruht. Dann hat der nur-Flug-buchende Passagier keinen Anspruch gegen die Airline, jedoch hat der Pauschalreisende (Flug und Hotel gebucht) einen Anspruch auf nachträgliche Reisepreisminderung gegen den Reiseveranstalter.


    Nichts anderes sagt der komplette Artikel von anwalt.org aus.

    'Es sei nicht immer zu verlangen, „dass der Inhalt gesetzlicher Vorschriften dem Bürger grundsätzlich ohne Zuhilfenahme juristischer Fachkunde erkennbar sein muss“.' (BVerfG, Beschl. v. 04.06.2012, Az.: 2 BvL 9/08)

  • Zum konkreten Fall kann ich nichts beitragen. Habe mir für solche Fälle folgende Hilfen notierte, beide aber bisher nicht gebraucht:


    "Flugärger": Mit App kostenlos Entschädigung berechnen | Verbraucherzentrale.de
    Die Verbraucherzentralen sind der Ansicht, dass Fluggäste bei Flugärger kostengünstig und ohne viele Hindernisse zu ihrem Recht kommen sollten. Die…
    www.verbraucherzentrale.de


    Flightright: Flugausfall? Wir setzen Ihre Ticketerstattung durch
    Erhalten Sie Ihr Geld zurück und nicht nur einen Gutschein. Auch bei Flugausfällen wegen Corona. Kostenlos bei Zahlung innerhalb von 7 Tagen.
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  • 2. Gegen die Fluggesellschaft kommst Du allein nicht an. Das mußt Du Dir auch nicht antun. Ich habe das zweimal bei jeweils glasklarer Rechtslage exerziert und zweimal einen Rechtsanwalt gebraucht.


    Mir gegenüber war die Fluggesellschaft noch nicht einmal bereit, den Ticketpreis des ausgefallenen Fluges zu erstatten. Im ersten Fall erhielt ich Erstattung und Entschädigung auf das Schreiben des Rechtanwalts hin. Im zweiten Fall hat noch nicht einmal das geholfen, sondern erst das Einreichen der Klage, auf das hin die Gegenseite dann eingelenkt hat.


    Klares Yield-Management: Die bauen darauf, daß ein Anspruchsteller die Sache nicht durchzieht.

    Diese Ratschläge sind meines Erachtens nicht hilfreich, da sie nicht der Rechtslage und nicht der tatsächlichen Lage entsprechen.

    Ich berichgte immerhin von zwei echt durchgezogenen Fällen.

    Wie oft hast Du schon eine Flugpreis-Erstattung mit Entschädigung nach EU-Fluggastverordnung durchgezogen?


    Das ist ja gerade der Knackpunkt: Trotz glasklarer Rechtslage mauern die Airlines. Das ist Zivilrecht, insoweit muß der Anspruchsteller seinen Anspruch selbst durchsetzen.

    Zu den Erfolgaussichten vor Gericht:

    Hohe Erfolgsquote: Viele Fluggäste gewinnen ihre Verfahren gegen Fluggesellschaften, da die Verordnung klare Rechte und Pflichten festlegt. Es gibt Schätzungen, dass in der EU etwa 80-90 % der Fälle zugunsten der Passagiere entschieden werden, wenn diese berechtigte Ansprüche haben.

    Na klar! In der Tat ist die Erfolgsquote vor Gericht hoch - dazu muß der Fall aber erstmal vor Gericht kommen. Viele Kunden trauen sich das nicht, was ein Vorteil für die jeweilige Airline ist, die dann eben nicht die Entschädigung zahlt.

    Im übrigen gibt es noch das für Passagiere kostenlose Schlichtungsverfahren vor der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr, siehe hier: http://fluggastrecht.blogspot.…den-offentlichen.html?m=1

    Man sollte sich von öffentlichen Schlichtungsstellen nicht zuviel versprechen. Aber ok, probieren kann man es.


    Bei klarer Sachlage ist das Risiko einer Niederlage vor Gericht gering, insoweit ist auch das Kostenrisiko gering. Allerdings besteht immer die Gefahr, daß man sich als Laie in Formalien verheddert, wenn man aus Angst, auf den Rechtsanwaltskosten sitzen zu bleiben, es ohne rechtsanwaltliche Hilfe probiert. Ich rate daher davon ab.


    Wenn die Sachlage eindeutig ist, tut man wohl daran, das Geld für den Rechtsanwalt auszulegen. Die durchschnittliche Airline sollte über einen solchen Prozeß nicht pleitegehen, also bekommt man die Kosten erstattet, wenn man schließlich obsiegt.

  • Ich berichgte immerhin von zwei echt durchgezogenen Fällen.

    Wie oft hast Du schon eine Flugpreis-Erstattung mit Entschädigung nach EU-Fluggastverordnung durchgezogen?

    Einmal bekam ich nach einem Flugausfall, einhergehend mit einer 24stündigen Verspätung, von der Airline die entfernungsbedingte Ausgleichsleistung (in dem Fall 400,- EUR) binnen sieben Tagen ausgezahlt - genau wie es in der Fluggastrechte-VO steht.


    Ein zweites mal ging ich gegen eine Airline nicht nach der Fluggastrechte-VO sondern nach nationalem Recht vor, weil ich selbst freiwillig einen nicht stornierbaren Flug stornierte und die Airline sich weigerte, mir meine Steuern und Gebühren für Dritte (bspw. Lande- u. Sicherheitsgebühren) zurückzuzahlen. Hier mahnte ich die Airline gerichtlich an und reichte anschließend Zivilklage gegen die Airline ein. Kurz vor dem Prozesstermin einigte sich der gegnerische Anwalt mit mir auf 90 % meiner Forderung.


    Ein dritter Fall ereignete sich auf dem Euroairport Basel/Mühlhausen. Hier argumentierte die Airline, dass der Flughafen auf Schweizer Staatsgebiet liege und daher die Europ. Fluggastrechte-VO dort nicht gelte. Tatsächlich liegt der Airport tatsächlich auf Schweizer Staatsgebiet, jedoch gilt dort französisches -und somit europäisches(!)- Recht, zu welchem auch die Fluggastreche-VO gehört. Es obsiegte der Passagier vor Gericht mit Urteil gegen die Airline. Dieses Verfahren habe ich allerdings nur begleitet.


    Ich selbst betreibe einen Fluggastrechte-Blog und kenne daher sehr viele konkrete Einzelfälle.


    Mittlerweile ist die Europ. Fluggastrechte-VO rund 20 Jahre alt und zahlreiche Knackpunkte der VO sind mittlerweile ausgeurteilt.


    Zu den von dir erwähnten Formalitäten gebe ich dir recht. Man muss zahlreiche Sachen beachten; angefangen mit der Wahl des richtigen Gerichtsstands usw. . Hier gebe ich dir Recht, dass rechtsunerfahrene Personen nicht ohne rechtliche Unterstützung vor Gericht ziehen sollten. Jedoch können auch diese erstmal selbst versuchen, ihre Forderung direkt bei der Airline geltend zu machen oder das kostenfreie Schlichtungsverfahren vor der SöP zu betreiben. Bei letzterem werden übrigens keine „faulen Kompromisse“ geschlossen sondern man erhält einen Schlichtungsbescheid, der ähnlich begründet ist wie ein Gerichtsurteil. Jedoch entfällt dort eine umfangreiche Beweisaufnahme.

    'Es sei nicht immer zu verlangen, „dass der Inhalt gesetzlicher Vorschriften dem Bürger grundsätzlich ohne Zuhilfenahme juristischer Fachkunde erkennbar sein muss“.' (BVerfG, Beschl. v. 04.06.2012, Az.: 2 BvL 9/08)

  • Wie oft hast Du schon eine Flugpreis-Erstattung mit Entschädigung nach EU-Fluggastverordnung durchgezogen?

    [verschiedene Male]

    Ich ... betreibe einen Fluggastrechte-Blog und kenne daher sehr viele konkrete Einzelfälle.

    ... und bestätigst einen Gutteil meiner Darstellung, wenngleich Du mir formal widersprichst.

    Einmal bekam ich nach einem Flugausfall, einhergehend mit einer 24stündigen Verspätung, von der Airline die entfernungsbedingte Ausgleichsleistung (in dem Fall 400,- EUR) binnen sieben Tagen ausgezahlt - genau wie es in der Fluggastrechte-VO steht.

    So sollte es sein, so sollte man es von einem seriösen Handelspartner eigentlich erwarten können.

    Ein zweites Mal ging ich gegen eine Airline nicht nach der Fluggastrechte-VO sondern nach nationalem Recht vor, weil ich ... einen nicht stornierbaren Flug stornierte und die Airline sich weigerte, mir meine Steuern und Gebühren für Dritte (bspw. Lande- u. Sicherheitsgebühren) zurückzuzahlen. Hier mahnte ich die Airline gerichtlich an und reichte anschließend Zivilklage gegen die Airline ein. Kurz vor dem Prozesstermin einigte sich der gegnerische Anwalt mit mir auf 90 % meiner Forderung.

    Just das schreibe ich ja. Du hast den (nicht stornierbaren) Flug abgesagt, somit ist der Flugpreis selbst unleugbar verfallen, aber die Steuern und Gebühren, die für die Airline ja ein Durchlaufposten sind, muß sie zurückerstatten. Ein seriöser Handelspartner hätte das auf einfachen Brief hin auch gemacht. Deine Airline aber nicht. Noch nicht einmal ein gerichtlicher Mahnbescheid hat sie beeindruckt (der den letzlich Unterlegenen ja bereits Geld kostet), also hast Du Klage eingereicht (die auch Geld kostet, allerdings weniger, wenn man sich nach Klageinreichung unterwirft). Schließlich hat man Dir 90% Schadenersatz angeboten, was primär eine psychologische Sache ist. Hätte die Airline gleich eingelenkt, wäre es für sie viel billiger gewesen.


    Um wieviel Geld ging es eigentlich? War die ursprüngliche Forderung überhaupt dreistellig oder war es weniger? Und was hat die Sache schließlich gekostet? Nach meinem Dafürhalten kann das für die Airline nicht wirtschaftlich gewesen sein.


    Vonseiten des Anspruchstellers (hier also Dir) ist es halt eine Überlegung, ob man das selbst macht und als juristischer Laie am Ende aus formalen Gründen noch versemmelt oder ob man den Hunni für einen Reiserechts-Rechtsanwalt noch drauflegt, der a) genau weiß, was er tut und b) allein durch seinen Namen dem Gegner signalisiert, daß man beabsichtigt, die Chose durchzuziehen.


    Ich habe diesbezüglich mein Lehrgeld bezahlt: Ich habe mal einen Zivilrechtsprozeß geführt und gewonnen und wollte mir dabei den Rechtsanwalt sparen. Vor dem Amtsgericht ist ja keine Anwaltspflicht. Ich habe damals aber nicht gewußt, daß ich einen Antrag auf einen Kostenfeststellungsbeschluß stellen muß. Also habe ich die Gerichtskosten des gewonnenen Prozesses schließlich selbst bezahlt, die nach der Rechtslage der Gegner hätte tragen müssen.


    Daraus habe ich die Lehre gezogen, daß ich mir entweder die Sache spare und den Verlust halt hinnehme. Wenn ich mich aber entschließe, die Sache zu verfolgen, werde ich mir in Zukunft den Anwalt nicht mehr sparen wollen.

    Das darf aber jeder Anspruchsteller für sich selbst entscheiden.


    PS: Faule Kompromisse sind der Kern jedes Zivilrechtsverfahrens, gerichtlich und außergerichtlich. Der von Dir beschriebene Fall mit 90% Anerkenntnis des Schadenersatzes zeigt das ja.


    Ich bin gespannt, wie die Sache des Threaderstellers ausgeht.

  • Ja, hallo nochmal, hier nochmal der Threadersteller.

    Ich habe nach dem zweiten vergeblichen Versuch gütlicher Einigung per Mail auf der vom User Schlesinger geratenen Seite der Schlichtungsstelle https://www.schlichtung-reise-und-verkehr.de/ dialoggeführt einen Fragebogen ausgefüllt. Schritt für Schritt leicht zu verstehen.

    Tipp für alle, die nach mir kommen: Habt alle Eck- und Verbindungsdaten parat, haltet Rechnungen und Belege sowie den bisher ausgetauschten Schriftverkehr bereit. Dann kommt Ihr schneller durch das Formular.

    Die Schlichtungsstelle vergibt eine Bearbeitungsnummer und bittet um ca. 1/4 Jahr Geduld.
    Lange vor Ablauf der Frist bekam ich eine Mail der Lufthansa:
    "Guten Tag vorname nachname,

    gemäß dem sofortigen Anerkenntnis im Schlichtungsstelle Reise & Verkehr e.V. Fall SRUV-nummer möchten wir Ihnen den vereinbarten Betrag in Höhe von betrag EUR auszahlen.
    ...
    Sobald wir die Daten erhalten haben, werden wir den Betrag in Höhe von betrag EUR ohne weitere Ankündigung auszahlen." - was sie auch innerhalb 1 Woche getan haben.

    Also - meine Erfahrung aus dem Fall: Zweimal anschreiben, (sich abschmettern lassen), und dann die Schlichtungsstelle einschalten. Wer Recht hat, bekommt Recht. Einen teuren Anwalt muss man nicht hinzuziehen, evtl. erst dann, wenn es mit Hilfe der Schlichtungsstelle nicht zum gewünschten Ergebnis kommt.

    Also - Ihr Pessimisten da oben: Ich hab mein Geld, und mehr als erwartet: Ich habe nicht nur meine Kosten zurück, sondern auch pro Person eine Entschädigung.

    Eine Frage noch: Wo kann man jetzt noch "nachtreten" und das miese Verhalten, erst mal zu versuchen, berechtigte Ansprüche abzuwehren, anprangern?


    Danke, viele Grüße
    Andreas