Soll ich als Arbeitnehmer eine Rürup Rente abschließen um Elterngeld zu erhalten

  • Hallo, meine Frau und ich erwarten im April 2025 Nachwuchs. Ab 01.04.2025 bekommt man nur noch Elterngeld bis zu einem versteuernden Einkommen von 175.000 EUR. Wir liegen leider oder glücklicherweise über diesem Einkommen, beide sind wir im Angestelltenverhältnis. Jetzt habe ich gelesen, dass man bis zu 55.000 EUR als verheiratetes Paar einmalig in eine Rürup Rente stecken kann und diese zu 100% steuerlich absetzbar sind.


    Nun zu meiner Frage: Würdet ihr eine Rürup Rente generell empfehlen mit einer Einmaleinlage von 55.000 EUR um an das Elterngeld zu kommen (fondsgebunden mit oder ohne Garantie)?

  • Hallo und herzlich willkommen!


    Grundsätzlich sollte man keine Anlage- oder Sparentscheidung treffen rein aus steuerlichen oder förderungstechnischen Gründen. Zumindest keine so große. Riester kann unter gewissen Umständen eine Ausnahme sein, eventuell VL für Arbeitnehmersparzulage, ein Tropfen auf den heißen Stein aber kann man machen. Rürup, da sind sich die meisten Experten einig, lohnt sich in noch viel weniger fällen als Riester. Dafür musst du heute eigentlich schon genau wissen was du für eine Situation in der Rente hast, damit sich das eventuell irgendwie rechnen könnte. Steuerlich absetzbar jetzt ja, aber nachher müsst ihr die Auszahlungen eben wieder voll versteuern. Es handelt sich um eine Steuerverschiebung und keine -Vermeidung. Wenn ihr jetzt 55.000 in eine solche Rente steckt, kannst du mal in einem Zinseszinsrechner eingeben was ihr euch dann an Opportunitätskosten einhandelt. Rürup selbst wird vermutlich keinen großen Gewinn erwirtschaften, wenn du stattdessen dieses Geld in einen weltweit gestreuten ETF anlegst, ist es sehr wahrscheinlich, dass das was du an Elterngeld bekommen würdest deutlich übertreffen könntest.


    Lies dich mal zum Thema ein, zum Beispiel hier:


    Rürup-Rente: Vor- und Nachteile der Basisrente


    Grundsätzlich mögen die Deutschen es aus meiner Sicht viel zu gerne Steuern zu sparen und Förderungen zu sammeln. Aber das ist nicht das was einen interessieren sollte, sondern das was unter dem Strich steht. Ich finde das Bild immer ganz passend, dass Deutsche lieber 1€ vom Staat nehmen (dafür dann undurchsichtige und schlechte Produkte in Kauf nehmen) als 4€ recht einfach zu erwirtschaften und davon 1€ an den Staat zu geben, also 3€ zu behalten.


    Wenn ihr ein so hohes Einkommen habt, dann gratuliere ich euch dazu, dann solltet ihr euch darüber freuen und den Familien, die es nötiger haben das Elterngeld gönnen. Das soll keine Moralpredigt sein, ich zahle auch nicht liebend gern Steuern und nehme auch gerne Förderungen mit, aber würde mich dafür nicht verbiegen wenn sie mir nicht zustehen oder wenn ich eben viel verdiene und folgerichtig auch viel Steuern zahle, zumal mich interessiert was am Ende dabei raus kommt.


    Aber: eure Entscheidung. Viel Erfolg in jedem Fall!

  • Bei den 55.132 € handelt es sich um den Höchstbetrag der Altersvorsorgeaufwendungen für Paare im Jahr 2024. Die gute Nachricht: Das könntet ihr jedes Jahr machen, sogar mit jährlich steigenden Beträgen. Die schlechte: Zu den Altersvorsorgeaufwendungen gehört auch die gesetzliche Rentenversicherung. Die von Euch geleisteten Beiträge musst Du also abziehen, um die steueroptimale Höhe der Einzahlung zu berechnen.


    Abgesehen gilt das in #2 gesagte: Es wird sich am Ende mit hoher Wahrscheinlichkeit rein finanziell nicht lohnen. Und ihr seid bis an Euer Lebensende an das Produkt gebunden. Das ist vielleicht noch richtig für Leute, die sonst gar nicht sparen oder immer dann ein neues Auto kaufen, wenn wieder 50.000 € zusammengekommen sind.

  • Rürup kopiert die steuerliche Absetzbarkeit von Rentenversicherungsbeiträgen.


    Die Zahlung von Sonderbeiträgen (Nachzahlung für Ausbildungszeiten bzw. der Ausgleich von Abschlägen) wäre eine weitere Möglichkeit.


    Für Ausbildungen kann man bis 45 nachzahlen, die Abschläge ab 50 ausgleichen (bei berechtigtem Interesse auch früher).

  • Meine Frau und ich erwarten im April 2025 Nachwuchs. Ab 01.04.2025 bekommt man nur noch Elterngeld bis zu einem versteuernden Einkommen von 175.000 EUR. Wir liegen leider oder glücklicherweise über diesem Einkommen, beide sind wir im Angestelltenverhältnis. Jetzt habe ich gelesen, dass man bis zu 55.000 EUR als verheiratetes Paar einmalig in eine Rürup Rente stecken kann und diese zu 100% steuerlich absetzbar sind.


    Nun zu meiner Frage: Würdet ihr eine Rürup Rente generell empfehlen mit einer Einmaleinlage von 55.000 EUR um an das Elterngeld zu kommen (fondsgebunden mit oder ohne Garantie)?

    Kurze Antwort: Lieber nicht.


    Wenn eine Frau ein Kind bekommt, gibt es staatliche Förderung. Staatliche Förderung ist für deutsche so etwas Ähnliches wie Honig für Bienen oder Bier für Schnecken: Sie können einfach nicht darauf verzichten. Sie machen geradezu alles, um diese staatliche Förderung abzugreifen, koste es, was es wolle. Oftmals bleibt der Verstand dabei auf der Strecke.


    Wäre ich an Deiner Stelle, würde ich kühlen Kopf bewahren und würde mein Excel auspacken. Besser gesagt: Ich hätte mein Excel vermutlich schon in dem Moment ausgepackt, in dem ich vom positiven Schwangerschaftstest erfahren hätte.


    Es stellt sich die Frage, wie hoch Ihr beide über der Grenze seid. Verdient Ihr zusammen eine Million, ist das über 175 T€. Auch kann schafft Ihr es möglicherweise, das Einkommen unter die Grenze zu drücken, allerdings mag das dann Mühe kosten.


    Relevante Größe ist das zu versteuernde Einkommen. Es ermittelt sich aus dem Bruttoeinkommen abzüglich Werbungskosten, abzüglich Sonderausgaben (beschränkt und unbeschränkt abziehbare) und abzüglich außergewöhnlicher Belastungen. Du suchst nun nach einer Ausgabe, die einerseits die Steuerbasis reduziert, Dir andererseits irgendwie erhalten bleibt.


    Du kannst natürlich 50 Mille an die Caritas spenden, damit drückst Du möglicherweise Dein zu versteuerndes Einkommen unter die magische Grenze. Mit dem Spendengeld hast Du natürlich ein gottgefälliges Wert getan, aber es ist halt weg.


    Mäßig große Beträge kannst Du in den Bereich "Altersversorgung" stauen und auch in den Bereich "Krankenversicherung". Bei der Altersversorgung sind in der Tat für ein Paar 55 T€ steuerlich absetzbar, aber dabei zählen die ohnehin bereits geleisteten eigenen Beiträge mit (etwa 17 T€ im Maximum pro Person). Hier sind also von der Größenordnung her maximal 20 T€ Spielraum. Wenn Du und/oder Deine Frau freiwillig oder privat krankenversichert seid, könnt Ihr bis zu 3 Jahresbeiträge vorauszahlen (und von der Steuer absetzen). Auch das drückt das zu versteuernde Einkommen.


    Stellst Du Riester und Rürup neben die gesetzliche Rente, sehen die ersten beiden ziemlich alt aus. Wenn Du wirklich Geld in ein Rentenversicherungssystem stecken willst, bist Du mit der gesetzlichen Rente wahrscheinlich besser bedient als mit Riester und Rürup. Haken an der Sache: Als Pflichtversicherter kannst Du nur unter bestimmten Umständen freiwillige Beiträge leisten und wenn Du freiwillig einzahlen darfst, dann nicht besonders viel. Dennoch könntest Du Dich in Deinem Fall und im Fall Deiner Frau danach erkundigen: Bis man 45 ist (ich unterstelle mal, daß Ihr beide diese Grenze noch nicht reißt), kann man für Schul- und Ausbildungszeiten Beiträge nachzahlen. Die obengenannten 20 T€ Beiträge müßten eigentlich machbar sein. Bitte erkundige Dich, bereits der Telefonservice der Deutschen Rentenversicherung ist erheblich besser als jede Hotline, die Du kennst, die Rentenberatung ohnehin.


    Du schreibst nichts davon, was Deine Frau verdient. Das Elterngeld, das vermutlich hauptsächlich Deine Frau in Anspruch nehmen will, bemißt sich nach dem Nettoeinkommen. Je nach Sachlage mag es zweckmäßig sein, sofort nach positivem Schwangerschaftstest die Steuerklassen zu wechseln, damit die Frau netto mehr Geld verdient, somit mehr Elterngeld bekommt.


    Um das beurteilen zu können, braucht mal allerdings Zahlen. :)

  • Hallo, danke für die ausführliche Antwort. Unser Gehalt ist beim Mann ca. 150.000, bei der Frau ca. 80.000 EUR. Daher würde sie den Höchstsatz bekommen.


    das mit der Krankenversicherung liest sich spannend. Danke für den Tipp. Schau ich mir mal an !!

  • Hallo, danke für die ausführliche Antwort. Unser Gehalt ist beim Mann ca. 150.000, bei der Frau ca. 80.000 EUR. Daher würde sie den Höchstsatz bekommen.

    ... selbst dann, wenn Ihr die Steuerklassenkombination III/V gewählt hättet.

    Das mit der Krankenversicherung liest sich spannend. Danke für den Tipp. Schau ich mir mal an !!

    Die Summe Eurer Bruttoeinkommen ist 230 T€. Davon gehen ab etwa 16 T€ für die Rentenversicherung. Wieviel für die Kranken- und Pflegeversicherung abgeht, ist noch unbekannt, für gesetzliche Versicherungen etwa 13 T€.


    Ich habe keine vernünftige Handreichung gefunden, wieviel Rentenversicherungsbeiträge man freiwillig nachzahlen kann, selbst auf der Seite der Deutschen Rentenversicherung nicht.


    Meines Wissens kann man nur für das eine Jahr zwischen 16 und 17 nachzahlen, für den Rest der Schule nicht, für das Studium erstmal nicht. Ab dem 25. Lebensjahr kann man dann wieder nachzahlen. Das alles aber nur, wenn man damals nicht sozialversicherungspflichtig war. 1 Jahr Maximalbeiträge für Dich und Deine Frau wären 33 T€, zusammen wären das 16 + 33 = 49 T€, somit paßte das noch mit der Steuer. Damit wäret Ihr schon knapp unter der Grenze. Da darf bei Dir dann nur kein Bonus dazwischenkommen.


    Zur Sicherheit würde ich vermutlich noch den Joker Krankenkasse ziehen. Mehr Abstand ist besser, und Du verlierst dadurch ja nichts (außer dem Zins auf die Zahlung).

  • Hallo zusammen,


    ich befinde mich in einer ähnlichen Situation wie Stefan:


    - verheiratet, keine Kinder

    - geschätztes Bruttoeinkommen Mann 2024: 165k aus nicht-selbstständiger Tätigkeit

    - geschätztes Bruttoeinkommen Frau 2024: 35k aus nicht-selbstständiger Tätigkeit; 30k Gewinn aus selbständiger Tätigkeit

    - somit geschätztes Gesamt-Bruttoeinkommen Ehepaar 2024: 230k

    - Gemäß Rechner des Bundesfinanzministeriums werden wir daher ein zu versteuerndes Einkommen von ca. 200k erwarten und somit keinen Anspruch auf das Elterngeld mehr haben bei Geburt nach dem 01.04.2025 (Parameter: kinderlos, Zusatzbeitrag KK 1,7%).


    Wir erwarten nun Nachwuchs nach dem 01.04.2025 und überlegen wie vorzugehen ist, um finanziell keine Nachteile aus der Neuregelung zum Elterngeld zu bekommen. Bitte keine moralischen Appelle, wir können rechnen und auch für uns sind 21k (12x1.8k) kein Pappenstiel.


    Wir haben nun folgende Idee:

    - Abschluss einer fondsbasierten Rürup Basisrente ohne Garantie (MSCI World) mit verhältnismäßig niedrigen Effektivkosten von ca. 0,6% p.a. mit einer Einmalzahlung von etwa 25k

    - Dadurch Senkung unseres zu versteuernden Einkommens auf die relevante Schwelle bei gleichzeitiger Altersvorsorge für meine Frau


    Folgende Fragen dazu:

    - Kann meine Frau bei einer gemeinsamen steuerlichen Veranlagung meine "freien" und abzugsfähigen Vorsorgeaufwendungen nutzen? Anders gefragt: Kann auch bei gemeinsamer steuerlicher Veranlagung nur jeder Ehepartner für sich die Vorsorgeaufwendungen von 27.566 EUR geltend machen?

    - Um sicher zu gehen: Lediglich die Arbeitnehmerbeiträge zur Rentenversicherung sind von den 27.566 EUR Vorsorgeaufwendungen abzuziehen, korrekt? Die Arbeitgeberbeiträge bleiben unberücksichtigt? (wichtig für die Berechnung der "freien" Vorsorgeaufwendungen)

    - Bei einer Einzahlung in die Rürup Rente von 25k in 2024 erwarte ich bei einem Grenzsteuersatz von 42% eine Steuerrückerstattung von 10,5k, korrekt?

    - Gibt es sonst aus eurer Sicht etwas, was ich nicht durchdacht habe?


    Vielen Dank vorab für eure (konstruktive) Rückmeldung.

  • Ihr teilt Euch die 2×28K. Wie Ihr die aufteilt ist Euer Ding. Von 0%/100% über 50%/50% bis 100%/0% ist alles denkbar.


    Paragraph 10 EStG (Der zweite Satz ist der interessante.)


    1Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nummer 2 sind bis zu dem Höchstbeitrag zur knappschaftlichen Rentenversicherung, aufgerundet auf einen vollen Betrag in Euro, zu berücksichtigen. 2Bei zusammenveranlagten Ehegatten verdoppelt sich der Höchstbetrag.

  • Rürup, da sind sich die meisten Experten einig, lohnt sich in noch viel weniger fällen als Riester.

    Ach ja? Daher also die nachfolgende Anekdote:


    Walter Riester auf dem Standesamt. Immer wieder ängstlich hinter sich blickend, wartet er, bis er an der Reihe ist. Schließlich ist es so weit, und er trägt sein Anliegen vor.

    "Abgelehnt!" bescheidet ihn der Beamte und schickt ihn hinaus. "Der Nächste bitte."


    Der steht dann auch schon auf der Matte, trägt sein Anliegen vor und wird beschieden mit
    "Aber selbstverständlich, Herr Professor. Solls nur der Nachname sein oder wollen Sie auch Ihren Vornamen loswerden?" 8)

    "Unhappy Wife - Unhappy Life!" Roger Murgatroyd, 1977