Bescheid Verlustvortrag zur Einkommensteuer. Wie ist es zu interpretieren?

  • Hallo,


    ich habe einen Bescheid (Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer)bekommen und würde gerne verstehen, was das für meine Gewinne am Kapitalmarkt für das neue Jahr bedeutet. Für welche Gewinne kann ich die verbleibenden negativen Einkünfte einsetzen?

    Der verbleibende Verlustvortrag wird nach § 10d Abs. 4 EStG festgestel1t für die Einkünfte aus
    - Kapitalvermögen (ohne Veräußerung von Aktien) auf . . . verbleibende negative Einkünfte...........xxx
    - Kapitalvermögen ( Veräußerung von Aktien) auf . . . . verbleibende negative Einkünfte..........yyy
    - privaten Veräußerungsgeschäften auf . . . . . . verbleibende negative Einkünfte.........zzz


    Hinweis: ich handle nur Aktien und ETF. Keine Optionsgeschäfte oder andere.


    Danke

  • Es wäre wesentlich einfacher gewesen, Du hättest Dir keine Verlustbescheinigung von der Bank geben lassen. Dann wären zukünftige Gewinne direkt bei der Bank verrechnet worden und Du hättest keine Steuer darauf bezahlt.


    Nun hast Du aber keinen Verlustvortrag bei der Bank mehr, sondern beim Finanzamt. Das bedeutet, Du versteuerst Gewinne dieses Jahr bei der Bank voll. Im Rahmen der nächsten Steuererklärung gibst Du alle Gewinne an und bekommst die bezahlte Steuer zurück, soweit der Verlustvortrag für die Gewinne ausreicht.


    Mit dem Verlustvortrag aus der Veräußerung von Aktien können nur Aktiengewinne (Kursgewinne) verrechnet werden.


    Mit dem Verlustvortrag aus Kapitalerträgen ohne Veräußerung von Aktien können alle Kapitalerträge (Kursgewinne, Zinsen, Dividenden etc.) verrechnet werden.


    Private Veräußerungsgeschäfte kommen vermutlich aus einem negativen Immobilienverkauf. Die kannst Du mit Geschäften innerhalb der Spekulationsfrist (z.B. Immobilien und andere Sachen, keine Kapitalerträge) verrechnen.

  • Ich nehme mal an, daß "zzz" = 0 ist.


    Jeder hat in seinem Depotkonto zwei sog. Verlusttöpfe, nämlich den Verlusttopf Aktien und den Verlusttopt Sonstiges.


    Verkaufst Du Aktien mit Verlust und verkaufst im gleichen Jahr keine anderen Aktien mit Gewinn (was man mit dem Verlust ganz oder teilweise aufrechnen könnte), dann notiert sich Deine Bank den Verlust erstmal intern im Verlusttopf Aktien (Bei Dir: xxx)


    Verkaufst Du ETFs mit Verlust, geht das sinngemäß genauso, allerdings kannst Du Verluste beim Handel mit ETFs mit allen anderen Kapitaleinkünften aufrechnen, auch mit Zinsen, auch mit Dividenden (aus ETFs oder Aktien). Der Saldo steht im Verlusttopf Sonstiges (Bei Dir: yyy).


    Es ist im allgemeinen praktisch, daß Du die Verlusttöpfe bei Deiner Bank läßt.

    Das hast Du nicht gemacht (warum auch immer). Das ist kein Beinbruch, aber es verkompliziert die Verrechnung.


    Du hast Dir von Deiner Bank eine Verlustbescheinigung ausstellen lassen. Damit bescheinigt Dir die Bank die Verluste in den beiden Töpfen und setzt die Töpfe auf 0.


    Du erklärst im Folgejahr Deine Kapitalerträge und auch den Verlust. Das registriert Dein Finanzamt und schickt Dir außer dem normalen Steuerbescheid auch einen Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags. Du wirst ihn ab jetzt so lange bekommen, bis der Verlust ausgeglichen ist (und wenn das viele Jahre dauert)


    xxx kannst Du mit Gewinnen aus Aktienverkäufen verrechnen, aber nur damit.

    yyy kannst Du mit allen anderen Kapitalgewinnen verrechnen, ETF-Verkäufe, Zinsen, Dividenden.


    Du hast beispielsweise in einem Jahr 2000 € Dividenden eingenommen, für die Dir Deine Bank (da über dem Freibetrag) Abgeltungsteuer einbehalten hat. Im Jahr darauf deklarierst Du Deine Kapitaleinkünfte. Dein Finanzamt wird den Betrag gegen yyy rechnen und Dir die Kapitalertragsteuer erstatten.


    Jetzt siehst Du auch, warum es praktisch gewesen wäre, die Verlusttöpfe bei der Bank zu lassen und sie nicht bescheinigen zu lassen: Läge der Verlusttopf noch bei der Bank, würde bereits die Bank diese Gegenrechnung vornehmen und Dir von der Dividende gleich keine Abgeltungsteuer einbehalten. So aber zahlst Du erst Kapitalertragsteuer und bekommst sie dann ein Jahr später (oder mehr) vom Finanzamt zurück.


    Finanzfluß hat einen schönen Text zum Themageschrieben.