Sondertilgung VS Tagesgeld/ETF beim Hauskredit

  • Hallo,


    wir haben 2020 selbst gebaut und hierfür einen Kredit über 180.000 € aufgenommen. Dieser hat eine Zinsbindung von 30 Jahren bei einem Zinssatz von 1,13 %.

    Zusätzlich können wir 5 % p.a. sondertilgen.


    Anfang des Jahres hatte ich ein Tagesgeldkonto bei der VW Bank mit 3,8 % Zinsen, jetzt bei Wüstenrot mit 3,75 % Zinsen. ETFs liegen derzeit im Schnitt bei guten 7 %.


    Gibt es aktuell Gründe, eine Sondertilgung vorzunehmen?

    Oder wäre es sinnvoller, abzuwarten, bis die Zinsen wieder sinken ?


    Freundliche Grüße,

    Sandy Schulz

  • Elena H.

    Hat das Thema freigeschaltet.
  • wir haben 2020 selbst gebaut und hierfür einen Kredit über 180.000 € aufgenommen. Dieser hat eine Zinsbindung von 30 Jahren bei einem Zinssatz von 1,13 %.

    Anfang des Jahres hatte ich ein Tagesgeldkonto bei der VW Bank mit 3,8 % Zinsen, jetzt bei Wüstenrot mit 3,75 % Zinsen. ETFs liegen derzeit im Schnitt bei guten 7 %.


    Gibt es aktuell Gründe, eine Sondertilgung vorzunehmen?

    Ja. Angst.


    Wirtschaftlich gesehen würde man bei einem so geringen Darlehenszinssatz natürlich eine alternative Anlage wählen (die Du oben beschreibst). Wirtschaftlich gesehen tilgt man ein Darlehen zu 1,13% natürlich nicht, sondern legt sein Geld parallel zu deutlich höherer Rendite an.


    Es gibt aber Leute, die es nicht aushalten, Schulden zu haben, selbst dann nicht, wenn ein nennenswertes Geldvermögen dagegensteht. Damit diese Leute wieder ruhig schlafen können, sollten sie sondertilgen.

  • Anfang des Jahres hatte ich ein Tagesgeldkonto bei der VW Bank mit 3,8 % Zinsen, jetzt bei Wüstenrot mit 3,75 % Zinsen. ETFs liegen derzeit im Schnitt bei guten 7 %.

    Relevant wäre zu wissen wie viel Euro jeweils auf dem Tagesgeldkonto und im Depot (nur Aktien?) liegen, um die Risikoverhältnisse einschätzen zu können… Je mehr Aktienanteil, desto größer logischerweise das Risiko.


    Wenn du wirklich auf Nummer Sicher gehen willst: Schonmal überlegt, fristenkongruente Anleihen zu kaufen? Also z.B. eine gut 20 Jahre laufende Anleihe (Bundesanleihe) zu kaufen, die dir einen Bruttozins zahlt, der auch netto sicher über dem liegt, was ihr an Zinssatz zahlt? Damit würdest du da aktuelle Zinsniveau für diese Laufzeit praktisch einfrieren, was sehr viel sicherer wäre als Tagesgeld oder Geldmarktfonds, die sehr bald und auch für längere Zeit wieder im Nullzinsbereich landen könnten…


    Achja und Glückwunsch zu diesem Lottogewinn!

    Die Aussage halte ich für etwas verfrüht und nur auf heute bezogen: Wären 0,5% Zinsen dann ein doppelter Lottogewinn? Wie schauts aus, wenn in 2-3 Jahren in der nächsten Finanzkrise das Zinsniveau wieder bei 0,x liegen sollte? Nach 10 Jahren käme man dann raus und könnte günstiger umschulden. Die Annahme, dass das nächste viertel Jahrhundert mit Leitzinsen wie aktuell zw. 3-4% über die Bühne geht, halte ich für ziemlich ungewiss und m.e. auch ziemlich unwahrscheinlich.


    Aktuell sehen 1,13% gut aus, ob‘s ein Lottogewinn war, werden wir in gut 25 Jahren beurteilen können… ;)

  • Nach 10 Jahren käme man dann raus und könnte günstiger umschulden. Die Annahme, dass das nächste viertel Jahrhundert mit Leitzinsen wie aktuell zw. 3-4% über die Bühne geht, halte ich für ziemlich ungewiss und m.e. auch ziemlich unwahrscheinlich.


    Aktuell sehen 1,13% gut aus, ob‘s ein Lottogewinn war, werden wir in gut 25 Jahren beurteilen können… ;)

    Nö,

    das wird man bereits in 6 Jahren wissen. :/

    Ab dann könnte man Sonderkündigen, sofern es sich lohnt (Sprich man ein Darlehen für 20 Jahre unterhalb dieses Zinssatzes bekommt.

    Und wenn man 2030 nicht kündigt, könnte man ab da jedes Jahr den Joker der Sonderkündigung ziehen. Natürlich mit immer kürzerer Restlaufzeit.

    Insofern würde ich dem Wort 'Lottogewinn' in Sachen Hypothekendarlehen durchaus zustimmen. ;)

  • Nö,

    das wird man bereits in 6 Jahren wissen. :/

    Stimmt, also 10 Jahre Minus die bisherige Laufzeit, ganz genau genommen noch plus 6 Monate! ;)


    Richtig Lottogewinn ware das ganze aber doch nur, wenn man möglichst lange von einem relativ gesehen niedrigeren Zins profitiert! Und bei der Prognose, sei es über 30 Jahre oder über die noch verbleibenden 26 Jahre, wäre ich mehr als skeptisch: Kann klappen, kann aber auch sein, dass der Zinsvorteil bald wieder ich einen Zinsnachteil kippt.


    Habt ihr euch mal angeschaut, was die Zentralbanken bisher immer nach einem starken Leitzinsanstieg gemacht haben? Genau, die Zinsen relativ bald wieder gesenkt:

    Quelle: http://www.leitzinsen.info/


    Wie weit die Zinsen jetzt wie schnell wieder gesenkt werden, ist aus meiner Sicht die spannende Frage. Und damit wird sich entscheiden, wie viel Lottogewinn so ein Zinssatz in einem 30 Jahres-Zeitraum dann letztlich wirklich ist bzw. viel mehr rückblickend war…

  • Wie weit die Zinsen jetzt wie schnell wieder gesenkt werden, ist aus meiner Sicht die spannende Frage. Und damit wird sich entscheiden, wie viel Lottogewinn so ein Zinssatz in einem 30 Jahres-Zeitraum dann letztlich wirklich ist bzw. viel mehr rückblickend war…

    Natürlich besteht immer ein gewisses Risiko. Aber 2020 hatten wir bereits '0-Zins'. Und da hat der Threadersteller halt zu 1,13% p.a. auf 30 Jahre 'zugeschlagen'.

    Wenn die Zinsen jetzt wieder auf '0' fallen würden, halte ich es nicht unbedingt wahrscheinlich, dass es dann 30-jährige Darlehen erheblich günstiger werden würde.

    Und selbst, wenn es in 2 Jahren 0,9% p.a. Zins wären, ist die Differenz zum aktuellen Zins von 1,13% p.a. so klein, als das daraus ein großer Verlust entsteht.

    In die andere Richtung hingegen, ist der Kredit für die nächsten 26 Jahre abgesichert.

  • Gibt es aktuell Gründe, eine Sondertilgung vorzunehmen?

    Oder wäre es sinnvoller, abzuwarten, bis die Zinsen wieder sinken ?

    Wie von den anderen oben beschrieben, finanziell gibt es derzeit keinen Grund für Sondertilgungen.


    Selbst wenn die Zinsen wieder sinken, lohnt sich eine Sondertilgung erst dann, wenn die anderweitige Geldanlage vor Steuern weniger als 1,54% bringt. Tages- und Festgeld liegt derzeit noch deutlich drüber.


    Ich bin da selbst eher vorsichtig unterwegs (wir haben ebenfalls einen Immobilienkredit aus 2020 mit Zinsen von 0,x%), aber wir haben auch nur eine Zinsbindung von 15 Jahren vereinbart und bei uns geht es nicht um Sondertilgungen, sondern wir haben das Glück, dass wir die Rate deutlich reduzieren konnten. Wir legen die Differenz jetzt parallel in Festgeld an, um den Kredit dann zum Auslaufen der Zinsbindung komplett ablösen zu können.


    Bei einer derart langen Restlaufzeit der Zinsbindung wie bei euch (weitere 26 Jahre) würde ich dazu neigen, schlicht in einen ETF anzulegen. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird er derartige Gewinne erwirtschaften, dass selbst mit einem Börsencrash um meinetwegen 50% kurz vor Ende der Zinsbindung die Gesamtbilanz besser wäre als bei Tages- oder Festgeld. Aber das ist natürlich eine individuelle Entscheidung und Risikoabwägung (auch im Hinblick auf die Frage, wie alt ihr in 30 Jahren seid, wieviel Geld ihr verdient und ob ihr bis in 30 Jahren ggf. Probleme mit einer Anschlussfinanzierung bekommen könntet).


    Benötigt ihr eigentlich überhaupt eine Sondertilgung? Bei 30 Jahren Laufzeit der Zinsbindung hätte ich erwartet, dass der Vertrag bis zum Auslaufen der Zinsbindung ohnehin getilgt ist? Oder habt ihr die Rate so niedrig angesetzt, dass doch noch eine Anschlussfinanzierung notwendig würde ohne Sondertilgungen?

  • Vielen Dank für die informativen Antworten.


    Nach den 30 Jahren bleibt bei uns ein offener Betrag von etwa 3000 €. Darüber mache ich mir jedoch keine Sorgen.


    Von dem Sonderkündigungsrecht nach 10 Jahren habe ich auch schon gehört. Das ist ein einseitiges Kündigungsrecht oder? Gibt es noch weitere Zeitpunkte, zu denen man eine Sonderkündigung vornehmen kann?


    Freundliche Grüße

    Sandy Schulz

  • Von dem Sonderkündigungsrecht nach 10 Jahren habe ich auch schon gehört. Das ist ein einseitiges Kündigungsrecht oder? Gibt es noch weitere Zeitpunkte, zu denen man eine Sonderkündigung vornehmen kann?

    Ja, Du (Ihr) kannst nach 10 Jahren im Prinzip jederzeit mit 6 monatiger Kündigungsfrist kündigen. Die Bank nicht (jedenfalls nicht so einfach!).

    Vorsicht: Wenn Ihr im Laufe der ersten 10 Jahre z.B. die monatliche Tilgungsrate im gegenseitigen Einvernehmen mit der Bank anpasst, beginnen die 10 Jahre neu zu laufen. ;)

  • Nach den 30 Jahren bleibt bei uns ein offener Betrag von etwa 3000 €. Darüber mache ich mir jedoch keine Sorgen.

    Aber wenn es keine Restschuld abzulösen gibt, dann musst Du doch gar keine Sondertilgung machen und auch kein Geld für eine Ablösung des Darlehens zum Ende der Zinsbindung zurücklegen (egal ob Festgeld oder ETF).

  • Aber wenn es keine Restschuld abzulösen gibt, dann musst Du doch gar keine Sondertilgung machen und auch kein Geld für eine Ablösung des Darlehens zum Ende der Zinsbindung zurücklegen (egal ob Festgeld oder ETF).

    Ich hätte es nur gemacht um früher damit durch zu sein und um Zinsen zu sparen.

  • Ich hätte es nur gemacht um früher damit durch zu sein und um Zinsen zu sparen.

    MIch wundert, dass es noch keiner hier (mit genauen Zahlen) geschrieben hat, daher übernehme ich das mal.

    Bei deinem Kreditzins benötigst du eine Anlage, die dir mehr als 1,54% p.a. vor Steuern bringt und du bist selbst nach Steuern in der Gewinnzone. Das "Zinsen sparen" bezahlst du also mit hohen Opportunitätskosten in Form von "entgangenen Kapitalerträgen".


    Da du eine lange Laufzeit hast und das Darlehen innerhalb der Laufzeit komplett getilgt wird, brauchst du auch gar keine Rücklagen für den Kredit. Du kannst also mit dem Geld ins Risiko gehen und an der Börse investieren. Selbst wenn dann der große Crash ein halbes Jahr vor Ende der Zinsbindung kommt, kann es dir egal sein. Die Restschuld sollte wohl ohne Probleme drin sein, im Zweifel muss halt einmal kurz der Notgroschen herhalten.

    Und bei einer angenommenen Rendite von 7% p.a. an der Börse liegt dein Gewinn nach Steuern und Kreditzinsen immer noch bei 4% p.a., auf den du bei einer Sondertilgung verzichten würdest.

  • MIch wundert, dass es noch keiner hier (mit genauen Zahlen) geschrieben hat, daher übernehme ich das mal.

    Bei deinem Kreditzins benötigst du eine Anlage, die dir mehr als 1,54% p.a. vor Steuern bringt und du bist selbst nach Steuern in der Gewinnzone. Das "Zinsen sparen" bezahlst du also mit hohen Opportunitätskosten in Form von "entgangenen Kapitalerträgen"

    Also, ich zitiere mich üblicherweise nicht selbst, aber hier mache ich mal eine Ausnahme. 😁

    Selbst wenn die Zinsen wieder sinken, lohnt sich eine Sondertilgung erst dann, wenn die anderweitige Geldanlage vor Steuern weniger als 1,54% bringt. Tages- und Festgeld liegt derzeit noch deutlich drüber.

  • Also, ich zitiere mich üblicherweise nicht selbst, aber hier mache ich mal eine Ausnahme. 😁

    Asche auf mein Haupt. Hatte den Thread eigentlich komplett mitgelesen, aber der Absatz in deinem Post ist irgendwie durchgerutscht. Man sollte vielleicht erst nach dem ersten Kaffee schreiben :D


    Aber da ich meinen Post nicht mehr editieren kann, hier jetzt die Ergänzung bzw. Anpassung zu obigen Post:

    Wie 12345 schon geschrieben hat, reichen 1,54% p.a. vor Steuern aus, um mehr Zinseinnahmen als Kosten zu haben. Ab da rentiert es sich also, den Kredit nicht zusätzlich zu tilgen.

    Der Rest aus meinem Post oben (gerade im Bezug auf die sowieso gegebene Volltilgung in den 30 Jahren) kann dann so stehen bleiben ;)

  • Ich spinne mal weiter. Lässt sich die Tilgung ändern / auf ein Minumum setzen?

    Dann könnte man zusätzlich mit der ersparten Tilgung ein positives Zinsdifferenzgeschäft machen, solange die Zinsen höher sind.

    Wir machen das tatsächlich so. Wir haben bei der ING einen Immobilienkredit zu 0,54% Zinsen bei einer Zinsbindung von 15 Jahren. Das war selbst angesichts der damaligen Niedrigzinsen das mit Abstand beste Angebot, zusätzlich sind zwei kostenlose Ratenanpassungen zwischen 1% und 10% Tilgung standardmäßig dabei. Seit die Zinsen gestiegen sind, haben wir die Rate so weit wie möglich reduziert und legen die monatlich vierstellige Differenz als Festgeld zu deutlichen höherem Zinssatz an. Wir müssen damit nicht die Inflation schlagen, sondern nach Steuern nur die 0,54%.


    Bei Anlage in einen ETF hätten wir natürlich eine höhere Renditechance, aber auch ein deutlich höheres Risiko. Angesichts der Tatsache, dass aufgrund der Ratenreduzierung nach dem Ende der Zinsbindung noch ein ordentlicher sechsstelliger Betrag übrig bleiben wird, haben wir uns entschieden, das Geld so anzulegen, dass es sicher für die komplette Ablösung des Darlehens in gut 10 Jahren reicht.


    In den meisten Immobilienkrediten ist das aber nicht vorgesehen. Ob man es nachträglich verhandeln kann, weiß ich nicht.


    Ich würde aber vermuten, dass das bei jemandem wie der Threadstarterin mit sehr ausgeprägtem Sicherheitsbedürfnis und dem Wunsch, die Schulden möglichst schnell loszuwerden, auch wenn es Geld (= Opportunitätskosten) kostet, eher nicht in Frage kommt.


    Am Ende muss das jeder für sich entscheiden, und wenn man nur mit abbezahlter Immobilie gut schläft, ist das auch okay. Ich kann den Gedankengang gut verstehen. Auch wird fanden den Gedanken verlockend, bei maximal hochgesetzter Rate und maximalen Sondertilgungen in gut fünf Jahren schon mit der Finanzierung durch zu sein. Aber nachdem wir durchgerechnet hatten, dass der umgekehrte Weg (die Rate runterfahren, die lange Zinsbindung für den niedrigen Zinssatz maximal ausnutzen und möglichst wenig tilgen sowie die Differenz parallel anlegen) selbst mit Festgeld und nach Steuer wahrscheinlich einen mittleren fünfstelligen Betrag bringen wird, war klar, soviel ist uns das "gute Gefühl" dann doch nicht wert.


    Wir wissen natürlich nicht, wie sich die Zinsen künftig entwickeln werden. Aber die Rate wieder hochsetzen und sondertilgen könnten wir immer noch (wenn es wider Erwarten in den nächsten Jahren z.B. wieder zu Negativzinsen kommen sollte). Und Stand heute sind wir nach Steuern schon fünfstellig im Plus, und zwar mit einem höheren Betrag als beide Kredite - ING und KfW (dort lässt sich Rate und Tilgung nicht verändern) - insgesamt an Zinsen kosten. Faktisch kostet uns die Finanzierung damit am Ende nichts.