Bausparkassen haben in den letzten Jahren nach allgemeinen Schätzungen mindestens 250.000 gut verzinste Bauspar-Altverträge ihrer Kunden gekündigt. Hintergrund ist die seit 2015 anhaltende Niedrigzinsphase, die das Geschäft der Bausparkassen stark belastet. Der einst festgeschriebene Zinssatz ist für die Bausparkasse inzwischen eine hohe wirtschaftliche Belastung, denn viele Bausparer verzichten darauf, ihr Darlehen in Anspruch zu nehmen und nutzen den Vertrag stattdessen als lukrative Geldanlage.
Nach der Verhandlung Ende Februar 2017 hat der Bundesgerichtshof (BGH) nunmehr in zwei Fällen entschieden, dass die Kündigungen der Bausparkassen rechtens seien (Aktenzeichen XI ZR 185/16 und XI ZR 272/16). Voraussetzung ist allerdings, dass der Bausparvertrag seit mindestens zehn Jahren zuteilungsreif ist, d.h., in der Regel die vereinbarte Mindestsparzeit eingehalten und ein Mindestguthaben eingezahlt wurde.
Macht der Bausparer seinen Anspruch auf ein Bauspardarlehen zehn Jahre nach Zuteilungsreife nicht geltend, kann ihm der Vertrag nun gekündigt werden.
So führte der Vorsitzende Richter des XI. Zivilsenats des BGH in Karlsruhe, Jürgen Ellenberger, aus, dass es dem Sinn und Zweck des Bausparens widerspreche, einen zuteilungsreifen Vertrag über mehr als zehn Jahre als reine Sparanlage laufen zu lassen. Der Zweck sei ein Anspruch auf ein Darlehen, welcher mit Erlangen der Zuteilungsreife erreicht sei.
Verbraucherschutzanwälte argumentierten dagegen, dass die Bausparkassen die Verträge einst selbst als Geldanlage beworben und daran gut verdient hätten. Deshalb müssten sie heute die Konsequenzen tragen. Es sei vertragswidrig, das Risiko veränderter Marktverhältnisse auf die Kunden abzuwälzen.
Juristisch lag der Schwerpunkt beim Kündigungsrecht des Darlehensnehmers gem. § 489 BGB. Danach kann dieser den Vertrag in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang des Darlehens kündigen. Die Bausparkasse argumentierte, dass im Zeitraum der Ansparphase sie der Darlehensnehmer sei, weil sie vom Kunden Geld bekomme, das sie später zurückzahlen müsse, und der Zeitpunkt des vollständigen Empfangs des Darlehens der Zeitpunkt des Erreichens der Zuteilungsreife darstelle. Dieser Argumentation folgte der BGH.
Das letzte Wort ist damit jedoch noch nicht gesprochen, denn die Rechtmäßigkeit der Kündigung eines Bausparvertrages hängt nicht nur von der Dauer der Zuteilungsreife, sondern auch von weiteren Voraussetzungen und Umständen des Einzelfalls ab.