Finanzierung Immobile

  • Hallo,

    ein kürzlich veröffentlichter Newsletter hat mich sehr verunsichert. Er sagte, dass man im Falle eine Immobilienfinanzierung nicht das Geld als ETF anlegen solle, sondern ins Haus investieren. Wir haben es kürzlich genau umgekehrt gemacht.

    Die Situation:

    Wir haben ein Haus gekauft --- Kaufpreis 420.000 €


    Wir wollen darin zehn/fünfzehn Jahre wohnen. Dann kommen wir in Rente, wollen das Haus verkaufen und in eine andere Stadt ziehen. Aus diesem Grund ist es nicht unser Ziel, die Immobilie komplett abzubezahlen. Wir tilgen den Kredit in 10/15 Jahren mit dem Erlös des Verkaufs.

    Eigentlich hätten wir die Immobilie (inkl. aller anderen Kosten wie Makler, Renovierung, etc.) bar bezahlen können. Ich habe den Weg gewählt, das Geld lieber in ETFs anzulegen und stattdessen einen Kredit für die Immobilie aufzunehmen.

    Wir haben einen Effektiven Jahreszins von 3,63 und jedes Jahr ein Recht auf Sondertilgung, zudem können wir innerhalb von zehn Jahren den Zinssatz zweimal kostenlos ändern. Die monatliche Belastung durch den Kredit entspricht ungefähr dem, was wir für eine Miete bezahlen müssten.

    Mein Plan: Das Geld in ETFs anzulegen/angelegt zu lassen und nach ca. acht Jahren langsam anfangen einen Teil davon auf ein Festgeldkonto/Tagesgeldkonto zu schieben?

    War das falsch?

    Wenn Ja, wie kann ich jetzt vorgehen?

    Ich würde mich freuen, wenn Ihr mir Eure --- fundierte --- Meinung dazu sagt.

    Liebe Grüße

  • Hallo Rapunzel74,

    nun lassen Sie sich mal nicht irre machen. Ihr gewählter Weg war nicht grundlegend falsch. Ob er der beste aller möglichen Wege war, wissen Sie in 10 oder 15 Jahren beim Verkauf. „Vor der Hacke ist es dunkel“ (alter Bergmannsspruch).

    Neben dem allgemeinen Lebensrisiko haben Sie mit Ihrem gewählten Weg zwei grundlegende Risiken:

    Zum gewünschten Verkaufszeitpunkt ist der erzielbare Verkaufswert unter die Restschuld gesunken.

    Zum Verkaufszeitpunkt ist der Wert Ihrer ETFs drastisch abgefallen.

    Damit Sie richtig in Schwierigkeiten kommen, müssen beide Ereignisse zeitgleich eintreten.

    Nun schreiben Sie keine konkreten Zahlen, deshalb allgemein: je kleiner die Restschuld zum Verkaufszeitpunkt ist, desto unwahrscheinlicher ist, dass Sie mit Minus verkaufen müssen. Also sollten Sie gelegentlich die Sondertilgungen (ich nehme an 5% des Anfangskredits) nutzen.

    Wenn Sie die Immobilie +/- Null verkaufen können, ist ein Börseneinbruch ärgerlich, aber nicht dramatisch.

    Gruß Pumphut

  • Eine parallele Geldanlagen bei laufender Immobilienfinanzierung ist immer ein Zinsdifferenzgeschäft. Gerade bei älteren Finanzierungen (rund um Corona) kann das super funktionieren, weil die Bautinsen entsprechend niedrig waren.

    Bei einem Kreditzins von 3,63% muss die alternative Anlage mindestens 4,93% vor Steuern bringen, damit es neutral ist. Das ist schon ziemlich viel und kann gut gehen, kann aber auch in die Hose gehen. Daher die aktuelle Empfehlung, lieber alles Geld in die Tilgung zu schieben.

  • Hallo,

    ..... Die monatliche Belastung durch den Kredit entspricht ungefähr dem, was wir für eine Miete bezahlen müssten.......

    Bei Miete also ähnliche Kosten.

    Ihr setzt also darauf,

    - dass die Immobilie in 10/15 Jahren mehr wert ist als heute und

    - dass die ETF dann mehr wert sind als heute.

    Unterm Strich: ETF auf Kredit.

    Kann man machen, muss man nicht.

  • Bei einem Kreditzins von 3,63% muss die alternative Anlage mindestens 4,93% vor Steuern bringen, damit es neutral ist. Das ist schon ziemlich viel und kann gut gehen, kann aber auch in die Hose gehen.

    Und die Frage ist natürlich, was bedeutet „in die Hose gehen“ im konkreten Fall?

    Ist soviel Vermögen da, dass es lediglich ärgerlich ist, dass die Zinswette nicht aufgegangen ist (und es rückblickend günstiger gewesen wäre, den Kredit abzubezahlen bzw. gar nicht erst aufzunehmen)?

    Oder kommt man in ernsthafte finanzielle Schwierigkeiten, wenn am Tag X die Immobilie um 30% im Wert gesunken ist und außerdem das Depot nach einem Crash leider gerade bei minus 50% steht?

    Davon und von der eigenen Risikoneigung hängt es ab, wie man sowas sinnvollerweise regelt.

    Vermutlich ist die Tilgung gemeint.
    Klingt stark nach einem Ing DiBa immokredit.

    Ja, davon gehe ich ich auch aus. Wir haben auch so einen Kredit und die Rate soweit wie möglich reduziert (weil 0,x% Zins). Wir legen trotzdem die Differenz parallel in Festgeld an und nicht in ETF. Wir sind da eher weniger risikogeneigt…

  • Hallo Rapunzel74

    der Forumsfreund Meins23 hat es bereits perfekt erklärt, besser kann man es nicht sagen.

    Nach aller bisheriger Erfahrung der Vergangenheit ist Deine Überlegung vorteilhaft.

    Da aber die Zinsdifferenz derart gering ist (wie Meins23 schon ausgerechnet hat),

    kann diese Strategie auch schiefgehen wenn die Fakten der einen oder anderen Anlage sich nur geingfügig änder.

    Es wurde hier aber auch schon gesagt, dass sich das Risiko selbst im negaitven Fall in Grenzen hält sowohl bei den Immoblienzinsen als auch bei der Aktienmarktrendite.

    Uenn Du dieses Risiko tragen kannst ohne in Sshwierigkeiten zu kommen, dann kannst Du das trotz der geringen Differenz machen.

    Auch 1,5% Differenz können sich in 20 Jahren erheblich summieren zumal wenn die Rendite von ETFs noch höher sein sollte als von Dir geschätzt.,

    Aus meiner langjährigen Erfahrung als Immobilienmakler weiß ich, dass es nur wenige Immoblienkäufer sind, die sich auf dieses Experiment einlassen würden.

    Ich selbst gehöre übrigens auch zu der "mutigen" Gruppe, allerding mit hohen Reserven die jede Schieflage auffangen würden.

    Viel Erfolg wünscht Dir McProfit

  • Ich würde mich freuen, wenn Ihr mir Eure --- fundierte --- Meinung dazu sagt.

    Apropos "fundierte Meinung": Bin nur Finanz-Laie, wenn auch ein an solchen Themen Interessierter mit zudem ein bißchen eigenen Erfahrungen (u. a. Börse und Immobilien betreffend)

    Nur am Rande und vorab ganz generell in dem Kontext:

    Eigentlich hätten wir die Immobilie (inkl. aller anderen Kosten wie Makler, Renovierung, etc.) bar bezahlen können.

    Wenn man ausreichend Geld hat, kann man eigentlich in Sachen "private Finanzen" ziemlich viel bis alles Mögliche machen - und diese Dinge generell entspannter sehen (außer Immobilien "bar" bezahlen, das ist inzwischen gesetzlich verboten worden - daher deute ich Deine Formulierung um in "Gesamtkaufpreis aus vorhandenen Mitteln begleichen sprich überweisen können"). Die Frage bleibt halt immer nur, ob sich das lohnt sprich rechnet und/oder ob man das auch mental aushält (subjektive Risikobereitschaft (Risikotoleranz)).

    Habe beispielsweise an verschiedenen Orten live erlebt, daß Leute - wissend sie bleiben (berufsbedingt) definitiv nur für drei oder fünf Jahre vor Ort - (nichtsdestotrotz) eine Immobilie zwecks Eigennutzung gekauft haben. Andere wiederum (Rechner mit "spitzem Bleistift" und Fokus allein auf die reinen Zahlen und nicht auf "schöner Wohnen") würde das apodiktisch ablehnen und niemals praktizieren (sprich immer versuchen ein passendes Objekt zu mieten).

    Für mich wäre das bei überschaubarer (Selbst)Nutzungsdauer eher nix, schon allein aufgrund der hierzulande üblichen hohen Transaktionskosten (Grunderwerbssteuer, Notargebühren, Kosten Grundbuchamt, ggf. Maklercourtage).

    Wir haben es kürzlich genau umgekehrt gemacht.

    Die Situation:

    Wir haben ein Haus gekauft --- Kaufpreis 420.000 €


    Wir wollen darin zehn/fünfzehn Jahre wohnen.

    Ganz generell würde ich - ganz persönlich - bei Engagements in Aktien (in welcher Form auch immer) stets einen Anlagehorizont von mindestens 15 besser 20 Jahren ansetzen. Bei Immobilien, so man die nicht als Handelsware behandelt, einen eher noch längeren (wobei eine selbst genutzte Immobilie in der Regel nur eine Melange aus "Lebensstil und Konsum" einerseits und "Vermögensaufbau und Altersvorsorge" andererseits darstellt - mit im Einzelfall durchaus sehr unterschiedlicher Gewichtung der beiden Elemente).

    Eigentlich hätten wir die Immobilie (inkl. aller anderen Kosten wie Makler, Renovierung, etc.) bar bezahlen können. Ich habe den Weg gewählt, das Geld lieber in ETFs anzulegen und stattdessen einen Kredit für die Immobilie aufzunehmen.

    Zu Deinem konkreten "Fall" samt Frage könnte man fast die klassische Juristen-Antwort geben: "Es kommt darauf an" ...

    Entscheidend auch auf Dinge, die aber außerhalb Deines Einflußbereiches liegen (Entwicklung des Aktien- und Immobilienmarkts).

    De facto ist das ein Zinsdifferenzgeschäft (Schuldzins Darlehen vs Rendite der ETFS) mit der zusätzlichen Unsicherheit, wie der Immobilienmarkt zum geplanten Verkaufszeitpunkt aussieht (Verkaufspreis Haus).

    Nicht wenige würde das (pointiert) als "Spekulation auf Kredit" bezeichnen. Andere als durchaus "mögliche Vorgehensweise" (wenn dafür sowohl die objektive Risikotragfähigkeit als auch die subjektive Risikobereitschaft (Risikotoleranz) vorhanden ist). "Schlaflose Nächte" beispielsweise sollten einem dann aber im Verlauf und bei Marktschwankungen (Börse bzw. Immobilienmarkt) eine solche Konstruktion nicht bereiten - meiner Meinung nach jedenfalls.

    In den langen Jahren der Niedrig-Zinsen für Immobiliendarlehen (ab 2010 ff - und im weiteren Verlauf dann auch Jahre lang mit einer Null (!) vor dem Komma bei den Zinskonditionen; jedenfalls bei passender Bonität des Darlehensnehmers und solider Immobilie) war diese Vorgehensweise auch bei Eigennutzern so unüblich nicht.

    Bei einer solchen Zinskondition aber

    Wir haben einen Effektiven Jahreszins von 3,63

    ist das schon eine sehr deutlich "sportlichere" Vorgehensweise (zumal die Schuldzinsen für Dein finanziertes selbst genutztes Haus steuerlich nicht in Ansatz bringbar sind - bei den ETFs aber dagegen Steuern zu berücksichtigen sind).

    Ob sich die Konstruktion wirklich finanziell gelohnt hat, wird man erst sehen, wenn die "Stunde der Wahrheit" (Verkauf des Hauses) gekommen ist. Wenn bezüglich des Zeitpunkts eine gewisser "zeitlicher Korridor" besteht (das hier - "10 bis 15 Jahre" - klingt vielleicht danach)

    Wir wollen darin zehn/fünfzehn Jahre wohnen. Dann kommen wir in Rente, wollen das Haus verkaufen und in eine andere Stadt ziehen.

    besteht eine zusätzliche "Stellschraube", um das Ganze möglichst erfolgreich zu gestalten.

    Neben den bereits vorhandenen weiteren "Stellschrauben":

    jedes Jahr ein Recht auf Sondertilgung zudem können wir innerhalb von zehn Jahren den Zinssatz zweimal kostenlos ändern.

    ... und nach ca. acht Jahren langsam anfangen einen Teil davon auf ein Festgeldkonto/Tagesgeldkonto zu schieben ...

    (Damit "Zinsen kostenlos ändern" sind sicherlich nicht die Zinsen gemeint, sondern das einseitige Recht des Darlehensnehmers die Tilgung zu ändern (Tilgungssatzwechsel))


    Viel Erfolg und gutes Gelingen wünsche ich jedenfalls !