Hast Du eine Riesterrente, eine betriebliche Altersvorsorge, eine private Rentenversicherung oder einen Rürupvertrag? Wenn ja, dann drohen Dir womöglich Tausende Euro weniger Rente. Denn die über 30 Mio. privaten Rentenversicherungen in Deutschland haben – vor allem wenn sie fondsgebunden sind – eine Sache gemeinsam: den Rentenfaktor. Und um den tobt ein Streit.
Der Rentenfaktor bestimmt, wie viel Rente Dein Versicherer Dir später pro Monat auszahlt. Liegt der Rentenfaktor z. B. bei 30, bekommst Du pro 10.000€ Guthaben monatlich 30€. Den Faktor konnten Versicherer bislang senken und Deine zukünftige Rente damit kürzen. Was Sie in der Vergangenheit öfter getan haben: Z. B. die Allianz 2021 bei rund 750.000 Verträgen. Künftig ist das für Versicherer aber schwieriger.
Niedrige Zinsen kein Grund für Senkung
Das liegt an einem aktuellen Urteil des Landgerichts Köln (Az. 26 O 12/22). Dort hat ein Versicherter mit Unterstützung des Vereins Finanzwende gegen die Zurich Lebensversicherung geklagt, nachdem der Rentenfaktor in seinem fondsgebundenen Vertrag von 37,34€ auf 27,97€ pro 10.000€ gesenkt wurde, also um stolze 25%. Der Grund: die niedrigen Zinsen.
Das Gericht hat die Änderung jetzt kassiert, der niedrigere Rentenfaktor ist damit ungültig. Denn im Vertrag steht zwar, dass der Versicherer den Faktor einseitig senken darf, wenn die Rendite dauerhaft sinkt – diese Klausel ist aber unwirksam. Niedrige Zinsen allein sind nach dem Gesetz kein Grund, den Rentenfaktor zu senken, so das Gericht. Der Versicherer kann das niedrige Zinsniveau also nicht auf Dich abwälzen.
Was im Vertrag steht, gilt
Das heißt: Der Rentenfaktor, der im Vertrag steht, gilt. Egal, ob es sich explizit um einen garantieren Rentenfaktor handelt oder der Versicherte von einer Garantie ausgehen durfte. Auch das hat das Gericht klargestellt. Änderungen sind nur unter ganz engen Voraussetzungen möglich, z. B., wenn die Lebenserwartung plötzlich drastisch steigt.
Was das für Dich heißt? Wenn Du so einen Vertrag hast, solltest Du jetzt aktiv werden.
Das von der Kanzlei Pilz, Wesser & Partner erstrittene Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der betroffene Versicherer kann am Ende bis vor den Bundesgerichtshof gehen, der dann das Urteil überprüft. Es lässt sich also noch nicht abschließend sagen, wie angreifbar die Rentenfaktoren in Verträgen ohne Fonds nun sind. Check trotzdem schon mal, ob Dein Versicherer den Rentenfaktor in den letzten Jahren gesenkt hat. Denn das hast Du vielleicht gar nicht bemerkt.
Prüf jetzt, ob Dein Rentenfaktor gesunken ist
Du wurdest zwar wahrscheinlich darüber informiert. Im Gegensatz zu anderen Versicherungsverträgen steigt hier aber nicht der Beitrag. Du spürst es also nicht im Geldbeutel, sondern sparst einfach weiter und merkst die Änderung erst, wenn Du in Rente gehst – und es zu spät ist. Wenn Du dann Monat für Monat weniger Rente bekommst, als Dir eigentlich zusteht, verlierst Du schnell viel Geld: Bekommst Du später z. B. statt 400€ nur 300€ Rente pro Monat, sind das über 20 Jahre 24.000€ weniger. Schau deshalb die Briefe durch, die Du von Deinem Versicherer bekommen hast.
Wenn Dein Rentenfaktor gesenkt worden ist, schreib Deinem Versicherer! Denn Du solltest jetzt darauf hinweisen, dass die Senkung nicht korrekt ist, damit Deine Ansprüche nicht in ein paar Jahren verwirkt sind – egal, wann der Rentenfaktor gesenkt worden ist. Wir helfen Dir, das zu verhindern.
Lass Dir den Rentenfaktor bestätigen
Nächste Woche gibt es dazu in unserem Ratgeber zum Rentenfaktor ein Musterschreiben, mit dem Du von Deinem Versicherer feststellen und bestätigen lassen kannst, dass der ursprünglich vereinbarte Rentenfaktor noch gilt und nicht wirksam abgesenkt worden ist. Das Schreiben kannst Du Dir als Abonnentin oder Abonnent unseres Newsletters wie immer einfach runterladen.
Du bekommst schon Rente aus so einem Vertrag? Und die Rente ist wegen eines gesenkten Rentenfaktors niedriger? Dann hast Du vielleicht Anspruch auf Nachzahlung. Auch dafür gibt es nächste Woche einen Musterbrief in unserem Ratgeber, den Du Dir dort runterladen kannst. Wichtig: Deine Ansprüche können nach drei Jahren verjähren. Kümmer Dich also möglichst bald darum.
Wie Du herausfindest, ob sich Deine private Rentenversicherung lohnt, haben wir hier für Dich zusammengefasst.
(ene/bsö/jsc)