Kran­ken­ver­si­che­rungspflicht Weshalb sich jeder krankenversichern muss

Barbara Weber
Finanztip-Expertin für Ver­si­che­rungen

Das Wichtigste in Kürze

  • Angestellte, die im Jahr weniger als 69.300 Euro brutto verdienen, müssen in eine gesetzliche Kran­ken­kas­se. 

  • Verdienst Du mehr oder bist aus einem anderen Grund nicht pflichtversichert, musst Du Dich freiwillig gesetzlich versichern oder in die private Kran­ken­ver­si­che­rung.

  • In einigen Fällen kannst Du Dich von der Kran­ken­ver­si­che­rungspflicht befreien lassen und in die private Kran­ken­ver­si­che­rung gehen, obwohl Du weniger verdienst. Diese Entscheidung lässt sich nicht immer rückgängig machen und sollte gut überlegt sein.

So gehst Du vor

  • Prüfe, welches System für Dich am besten geeignet ist. Eine Entscheidungshilfe findest Du in unserem Ratgeber Gesetzliche oder private Kran­ken­ver­si­che­rung?
  • Vergleiche Preis und Leistungen, um die passende gesetzliche oder private Kran­ken­ver­si­che­rung zu finden.

In Deutschland muss jeder eine Kran­ken­ver­si­che­rung haben. Je nachdem, welche Voraussetzungen Du erfüllst, bist Du pflichtversichert in einer gesetzlichen Kran­ken­kas­se. Du kannst Dich auch freiwillig gesetzlich versichern oder wählst eine private Kran­ken­ver­si­che­rung. Mitglieder einer gesetzlichen Kran­ken­kas­se können ihre Kinder und Ehegatten oder Partner in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft in vielen Fällen kostenfrei mitversichern. Was für Dich gilt, erklären wir Dir schnell und einfach in diesem Ratgeber.

Für wen gilt die Kran­ken­ver­si­che­rungspflicht?

Pflichtversichert in der gesetzlichen Kran­ken­ver­si­che­rung sind grundsätzlich alle Angestellten, deren Bruttolohn die aktuell geltende Jahres­arbeits­entgelt­grenze (Versicherungspflichtgrenze) nicht übersteigt. Für dieses Jahr beträgt diese 69.300 Euro oder 5.775 Euro pro Monat. Dazu zählen neben dem laufenden monatlichen Gehalt auch regelmäßige jährliche Zahlungen wie Urlaubs- oder Weihnachts­geld.

Fällt Dein regelmäßiges Einkommen dadurch unter die Grenze, wirst Du wieder krankenversicherungspflichtig. Keine Auswirkungen auf die Ver­si­che­rungspflicht hat es, wenn Dein Einkommen aufgrund von Kurzarbeit oder einer Wiedereingliederung nur vorübergehend unter dieser Grenze liegt.

Wenn Du privat versichert bist und Dein Verdienst unter die Jahres­arbeits­entgelt­grenze fällt, hast Du ein Son­der­kün­di­gungs­recht. Damit kannst Du in die gesetzliche Kran­ken­ver­si­che­rung zurückkehren. Allerdings kannst Du Dich auch von der Ver­si­che­rungspflicht befreien lassen, um privat versichert zu bleiben. Das solltest Du Dir aber gut überlegen, denn wer von der Ver­si­che­rungspflicht befreit ist, kann die private Kran­ken­ver­si­che­rung nur noch unter strengen Voraussetzungen verlassen.

Geregelt ist die Ver­si­che­rungspflicht im Sozialgesetzbuch (§ 5 SGB V). Neben Angestellten sind folgende weitere Personen verpflichtet, sich gesetzlich zu versichern:

  • Auszubildende, Studierende und Praktikanten, die eine in Studien- oder Prüfungsordnungen vorgeschriebene berufspraktische Tätigkeit ohne Arbeitsentgelt verrichten;
  • Rentnerinnen und Rentner, sofern sie lange genug gesetzlich versichert waren; 
  • Bezieher von Ar­beits­lo­sen­geld oder Unterhaltsgeld nach dem SGB III sowie unter bestimmten Voraussetzungen auch Bezieher von Ar­beits­lo­sen­geld II;
  • land- und forstwirtschaftliche Unternehmer und ihre mitarbeitenden Familienangehörigen in der Landwirtschaft sowie Landwirte, die ihren Betrieb an die nächste Generation übergeben haben und von dieser zum Beispiel Unterhaltsleistung erhalten (sogenannte Altenteiler);
  • Künstler und Publizisten;
  • Menschen ohne anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall, sofern sie zuletzt gesetzlich krankenversichert waren oder der gesetzlichen Kran­ken­ver­si­che­rung zuzuordnen sind.

Ausnahmen von der Ver­si­che­rungspflicht

Nicht versicherungspflichtig in der gesetzlichen Kran­ken­ver­si­che­rung sind Menschen, die hauptberuflich selbstständig beziehungsweise freiberuflich erwerbstätig sind, sowie Beamte, Richterinnen und Zeitsoldaten.

Außerdem endet die Ver­si­che­rungspflicht in der gesetzlichen Kran­ken­kas­se für Angestellte, wenn ihr Jahresbruttoeinkommen die jeweils geltende Jahres­arbeits­entgelt­grenze überschreitet.

Sobald Du versicherungspflichtig wirst

Wirst Du als Angestellte oder Angestellter versicherungspflichtig, musst Du Dich innerhalb von zwei Wochen für eine Kran­ken­kas­se entscheiden. Nach Ablauf der Frist kann Dein Arbeitgeber Dich bei einer Kran­ken­kas­se seiner Wahl anmelden.

Jeder kann frei wählen, bei welcher gesetzlichen Kran­ken­kas­se er Mitglied wird. Da sich die Kran­ken­kas­sen im Beitrag und den angebotenen Zusatzleistungen unterscheiden, lohnt sich ein Vergleich. 

Mehr dazu im Ratgeber Gesetzliche Kran­ken­ver­si­che­rung

  • Bei Service, Zusatzleistungen und Beitrag gibt es deutliche Unterschiede zwischen den Kran­ken­kas­sen.

  • Von uns emp­foh­lene Anbieter sind: HKK, TK, Audi BKK, HEK, Energie-BKK und Big direkt gesund

Ausführliche Informationen findest Du in unserem passenden Ratgeber.

Wer kann sich freiwillig gesetzlich versichern?

Bist Du nicht oder nicht mehr versicherungspflichtig, musst Du Dich entweder freiwillig gesetzlich versichern oder eine private Kran­ken­ver­si­che­rung (PKV) abschließen. Dabei gilt: Niemand, der zuvor in einer gesetzlichen Kran­ken­kas­se war, muss diese verlassen. Insbesondere Selbstständige müssen keineswegs in die PKV eintreten, sondern können sich freiwillig gesetzlich versichern – was in vielen Fällen auch ratsam ist.

Sobald Angestellte, die freiwillig versichert waren, in Rente gehen, sind sie entweder pflichtversichert in der Kran­ken­ver­si­che­rung der Rentner oder müssen sich weiterhin freiwillig versichern. Die Mitgliedschaft in der Kran­ken­ver­si­che­rung der Rentner hat den Vorteil, dass weniger Kran­ken­ver­si­che­rungsbeitrag fällig wird.

Wer kann sich von der Ver­si­che­rungspflicht befreien lassen?

Auch wenn Du versicherungspflichtig bist, musst Du nicht immer in der gesetzlichen Kran­ken­ver­si­che­rung bleiben. In einigen Fällen (§ 8 SGB V) kannst Du Dich von der Kran­ken­ver­si­che­rungspflicht befreien lassen und Dich privat versichern. Das gilt zum Beispiel bei folgenden Ereignissen:

  • Nach der Erhöhung der Jahres­arbeits­entgelt­grenze durch den Gesetzgeber liegt Dein Einkommen nun unter der Grenze. 2024 steigt diese Grenze voraussichtlich von 66.600 Euro auf 69.300 Euro.
  • Du wirst arbeitslos und warst in den fünf Jahren zuvor nicht gesetzlich versichert;
  • Du hast Deine Arbeitszeit reduziert, um einen Familienangehörigen zu pflegen. Die Befreiung gilt nur während der Pflegezeit.
  • Du arbeitest während der Elternzeit maximal 30 Stunden pro Woche. Die Befreiung gilt nur während der Elternzeit.
  • Du verringerst Deine Arbeitszeit auf maximal 50 Prozent, nachdem Dein regelmäßiges Einkommen in den fünf Jahren zuvor über der Jahres­arbeits­entgelt­grenze lag. Eine vorangegangene Elternzeit wird bei der Fünf-Jahresfrist berücksichtigt;
  • Du gehst in Rente und wirst versicherungspflichtig in der Kran­ken­ver­si­che­rung der Rentner;
  • Du machst eine von der Ren­ten­ver­si­che­rung geförderte Umschulung oder Weiterbildung;
  • Du beginnst ein Studium oder absolvierst eine berufspraktische Tätigkeit wie ein Praktikum;
  • Du arbeitest als Mensch mit Behinderung in einer Einrichtung, z.B. einer Werkstatt für behinderte Menschen.

Überlege genau, ob Du Dich von der Kran­ken­ver­si­che­rungspflicht befreien lässt

Hast Du Dich von der Kran­ken­ver­si­che­rungspflicht befreien lassen, ist das nicht ohne Weiteres umkehrbar. Du solltest Dir daher gut überlegen, ob dies für Dich sinnvoll ist. 

Nach einem Urteil des Bundessozialgerichts von 2011 (Az. B 12 KR 9/09 R) wirkt die Befreiung so lange, wie die Beschäftigung ausgeübt wird, für die ein Arbeitnehmer sich befreien lassen hat. Erst wenn die Kran­ken­ver­si­che­rungspflicht wegen eines anderen Grundes wieder eintritt, ist eine Rückkehr in die gesetzliche Kran­ken­ver­si­che­rung möglich. Das wäre zum Beispiel der Fall, wenn ein befreiter Arbeitnehmer für mindestens einen Monat arbeitslos wird. Er oder sie kann dann auch in der gesetzlichen Kran­ken­ver­si­che­rung bleiben, wenn das Einkommen wieder über der Jahres­arbeits­entgelt­grenze liegt.

Studierende haben nach dem Studium in den meisten Fällen erneut die Wahl, ob sie sich privat oder gesetzlich versichern möchten. Wer allerdings als Studierender privat versichert war und sich nach dem Studium selbstständig macht, kann nicht in die Gesetzliche wechseln.

Rentner und Rentnerinnen, die sich von der Ver­si­che­rungspflicht befreien lassen, können für den Rest ihres Lebens nicht mehr zurück in die gesetzliche Kran­ken­ver­si­che­rung. 

Bevor Du Dich gegen die Pflichtversicherung und für eine private Kran­ken­ver­si­che­rung entscheidest, solltest Du Dir eine wichtige Frage stellen: Werde ich mir die Beiträge der privaten Kran­ken­ver­si­che­rung im Alter noch leisten können? Für junge Versicherte sind die Beiträge in der privaten Kran­ken­ver­si­che­rung zwar oft günstiger als in der gesetzlichen. Je älter Du wirst, desto teurer wird jedoch Dein Beitrag. Das liegt daran, dass Du in der Privatversicherung für Dein individuelles Risiko zahlst, während die gesetzlichen Kran­ken­kas­sen als Solidarsystem organisiert sind. Deshalb zahlen gesetzlich Versicherte in jungen Jahren vergleichsweise viel, während sie im Alter vergleichsweise günstig davonkommen.

Was Du außerdem vor der Entscheidung für eine private Kran­ken­ver­si­che­rung beachten solltest, liest Du in unserem Ratgeber zum Wechsel in die PKV.

Wie lässt Du Dich befreien?

Du musst einen Antrag bei Deiner gesetzlichen Kran­ken­kas­se stellen, um Dich von der Ver­si­che­rungspflicht befreien zu lassen. Den Antrag kannst Du bei den Kassen meist online oder telefonisch anfordern. 

Wenn Du den Antrag bereits vor Beginn der Ver­si­che­rungspflicht stellst, kannst Du dies bei jeder beliebigen Kran­ken­kas­se tun. Bedenke allerdings, dass Du auch bei dieser Kasse versichert wirst, falls Dein Antrag auf Befreiung abgelehnt wird.

Der Antrag muss zwingend innerhalb von drei Monaten nach Beginn der Ver­si­che­rungspflicht eingehen. So gilt zum Beispiel für einen bisher privat versicherten Arbeitnehmer, dessen Einkommen aufgrund einer Erhöhung der Jahresentgeltgrenze zum Jahreswechsel künftig unter dieser Grenze liegt: Er oder sie muss den Antrag bis spätestens 31. März stellen, weil die Ver­si­che­rungspflicht zum 1. Januar eingetreten ist. 

Der Antrag wird nur genehmigt, sofern Du nachweist, dass Du anderweitig abgesichert bist. Das ist der Fall, wenn Du Dich privat versicherst oder Anspruch auf Beihilfe beziehungsweise freie Heilfürsorge hast.

Sofern Du noch keine Leistungen der gesetzlichen Kasse in Anspruch genommen hast, gilt die Befreiung ab dem Tag, an dem Du versicherungspflichtig geworden bist. Ansonsten erst ab dem Monat, nachdem Du den Antrag gestellt hast.

Die wichtigsten Fragen zusammengefasst

Was bedeutet Kran­ken­ver­si­che­rungspflicht?

Für wen ist die gesetzliche Kran­ken­ver­si­che­rung freiwillig?

Wann bin ich von der Kran­ken­ver­si­che­rungspflicht befreit?

Wie funktioniert die Befreiung?

Autoren
Julia Rieder
Nicolas Heronymus

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