Notrufsystem E-Call Automatischer Notruf bei Unfällen rettet Leben

Kathrin Gotthold
Finanztip-Expertin für Vorsorge und Ver­si­che­rung

Das Wichtigste in Kürze

  • E-Call steht für „emergency call“, zu Deutsch: Notruf. Dabei handelt es sich um ein einheitliches, digitales Unfallmelde-System in der Europäischen Union, das in neueren Fahrzeugen bereits eingebaut ist.
  • Bei einem Verkehrsunfall übermittelt das System automatisch Ort und Zeit sowie Fahrzeugklasse und verwendeter Treibstoff an die Rettungsdienste. Angaben über Verletzte erhalten die Retter auf diese Weise allerdings nicht.
  • Autohersteller müssen neue Modelle seit April 2018 europaweit mit dem Notruf ausrüsten.

So gehst Du vor

  • Selbst tätig werden musst Du nur, wenn Du ein solches System nachrüsten willst. Bei Neufahrzeugen ist es bereits vorhanden.
  • Die Ver­si­che­rungswirtschaft bietet für Deutschland mit Unfallmeldestecker beziehungsweise Notruf-Box Lösungen, um ältere Fahrzeuge nachzurüsten. Frag bei Deiner Kfz-Versicherung nach.
  • Falls Du eine andere Lösung für Dein älteres Fahrzeug willst: Es gibt auch Alternativen zu den Notruf-Hilfen der Versicherer. So übernehmen zum Beispiel Apps auf dem Smartphone diese Funktion.

Bei einem Verkehrsunfall automatisch den Rettungsdienst alarmieren – das funktioniert bei immer mehr Autos immer öfter über einen elektronischen Unfallmelder an Bord. Das System verringert unnötige Wartezeit, die Rettungskräfte können viel schneller am Unfallort sein.

Ein sogenanntes E-Call-System kann also helfen, schneller Rettung zu organisieren. Auf stark befahrenen Strecken ist entscheidend, dass die Rettungsfahrzeuge schnell zum Unfallort gelangenund die Rettungskräfte vor Ort nicht behindert werden. Wer auf wenig befahrenen Bundes- oder Landstraßen unterwegs ist, kann sich mit einem E-Call-System darauf verlassen, dass die Ortsangaben eindeutig übermittelt werden.

Wie funktioniert der automatische Notruf?

Mit dem Ziel, die Anzahl der Verkehrstoten deutlich zu verringern, hat die Europäische Union das Emergency-Call-System, kurz E-Call, verpflichtend eingeführt. Seit dem 1. April 2018 müssen die Fahrzeughersteller alle neuen Modelle mit entsprechenden Notruf-Geräten ausrüsten. Von der neuen Technik verspricht sich die Politik, dass die Zahl tödlicher Unfälle um bis zu 10 Prozent sinkt. Europaweit würde das Jahr für Jahr mehr als 2.000 Menschen das Leben retten.

Das E-Call-System ist eine öffentliche Dienstleistung: Kommt es zu einem schweren Unfall, setzt das System über die einheitliche europäische Notruf-Nummer 112 einen Notruf ab. Dieser Notruf ist für jeden Nutzer kostenlos.

Das System löst beispielsweise Alarm aus, wenn sich der Airbag öffnet. Die verbaute Technik sorgt auch dafür, dass es nicht schon nach einem leichten Auffahrunfall zu einem Rettungseinsatz kommt. Der Fahrer kann den Alarm auch manuell auslösen, indem er einen Knopf im Auto drückt. Sobald ein Notruf die Rettungsstelle erreicht, stellt diese eine Sprachverbindung mit dem Fahrzeug her.

Die technische Ausstattung der neuen Kfz-Modelle mit GPS-Empfänger, Antenne, Crash-Sensoren und Sprechanlage ist Sache der Automobilhersteller. Die Ortungsverfahren müssen allerdings den EU-Anforderungen entsprechen: So muss der Notruf mit den Navigationssystemen Galileo und Egnos kompatibel sein.

Wie steht es um den Datenschutz?

Bei einem Notruf werden nur die nötigsten Daten übermittelt. Das E-Call-System teilt lediglich die Fahrzeugklasse, die Art des Treibstoffs sowie die Zeit und den exakten Ort des Unfalls mit. Ein Bewegungsprofil des Fahrzeugs soll die Technik ausdrücklich nicht erstellen. Außerdem gehen die Daten ausschließlich an den Rettungsdienst: Weder der Hersteller noch der Kfz-Versicherer bekommen von dem Notruf etwas mit.

Um diesen Datenschutzstandard zu gewährleisten, muss das EU-Notruf-System unabhängig von der übrigen Vernetzungsstruktur des Fahrzeugs funktionieren. Allerdings soll es eine Schnittstelle zwischen dem E-Call und privaten Zusatzdiensten geben. So können Autofahrer auch Dienste nutzen, die über die reine Notrufmeldung hinausgehen – etwa einen Pannenservice rufen oder das Auto bei Diebstahl orten lassen.

Denkbar ist außerdem eine Verbindung mit sogenannten Telematik-Tarifen in der Kfz-Versicherung, die das Fahrverhalten regelmäßig bewerten und am Ende sogar belohnen.

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Welche Notrufsysteme bietet die Ver­si­che­rungswirtschaft an?

Die Zusatzfunktionen machen die Technik auch für die Ver­si­che­rungswirtschaft interessant, denn mit E-Call entsteht erstmals ein Massenmarkt für vernetzte Autos. Der Gesamtverband der Deutschen Ver­si­che­rungswirtschaft (GDV) hat daher ein eigenes System entwickelt.

Denn die von den Herstellern vorinstallierten Zusatzdienste könnten bei einer Panne zum Beispiel die Vertragswerkstätten der Autohersteller bevorzugen. Dies würde die Preispolitik der Versicherer gefährden: So sind bestimmte günstige Kfz-Versicherungen nur durch das Netz an Werkstätten möglich, die vertraglich an die Kfz-Versicherer gebunden sind.

Der Unfallmeldedienst des GDV

Dieses System funktioniert unabhängig vom Fahrzeugtyp und ist auch bei älteren Kfz-Modellen nachrüstbar. Kernstück des Notruf-Systems ist ein Meldestecker, der mit der 12-Volt-Steckdose des Zigarettenanzünders verbunden wird und den Crash-Sensor enthält. Die GPS-Funktion des Smartphones ermöglicht es der Notruf-Zentrale des GDV, das Fahrzeug nach einem Unfall zu orten – auch die Sprachverbindung stellt die Meldestelle über das Handy her – bevor sie einen Rettungswagen zum Unfallort schickt. Nutzer des Meldedienstes müssen dafür eine App installieren, die für die Betriebssysteme Android (ab Version 2.3.4) und iOS (ab Version 8.0 und iPhone 5) zu haben ist.

Der GDV vertreibt die Meldestecker seit April 2016 über die teilnehmenden Kfz-Versicherungen. Wie die Unternehmen die Nachrüstlösung an ihre Kunden bringen, bleibt ihnen jedoch selbst überlassen. Die große Mehrheit der Unternehmen vergibt den Meldestecker gemeinsam mit einem Kfz-Schutzbrief, der Pannenhilfe und Abschleppen beinhaltet. Über die Notruf-App kann der Kunde dann auch den Pannendienst der Ver­si­che­rung rufen.

Beim Preis bestehen große Unterschiede zwischen den Versicherern. Bei einigen Anbietern gibt es den Meldestecker kostenlos zum Schutzbrief dazu, andere verlangen einen jährlichen Aufschlag auf den Ver­si­che­rungsbeitrag. Falls Du ein älteres Fahrzeug und Interesse an dem Meldestecker hast, erkundige Dich bei Deinem Versicherer, ob und zu welchem Preis Du die Technik bekommen kannst.

Extra-Lösung der öffentlichen Versicherer

Der Meldestecker des GDV ist nicht die einzige Nachrüstlösung auf dem Markt. So vertreiben eine Reihe von Mitgliedern des Verbandes Öffentlicher Versicherer bereits seit 2011 ein eigenes Notruf-System. Das „Copilot“ getaufte Modell bieten unter anderem die Provinzial Rheinland, die Öffentliche Ver­si­che­rungen Sachsen-Anhalt sowie die SV Sparkassen-Versicherung in Stuttgart an.

Die Notruf-Box lässt sich auch in ältere Autos einbauen. Nach einem Verkehrsunfall löst das handtellergroße Gerät automatisch einen Notruf aus: Ein Crash-Sensor erkennt auch bei diesem System Unfälle aufgrund der Beschleunigungskräfte. Den Unfall-Datensatz überträgt der Copilot an die Notrufzentrale der Deutschen Assistance Telematik GmbH. Das versicherungseigene Unternehmen organisiert daraufhin die Rettungskette.

Welche unabhängigen Möglichkeiten für Notrufe gibt es?

Zum Nachrüsten gibt es einige typunabhängige Notrufstecker. Diese sind mitunter recht teuer. Neben solchen fest installierten Systemen können auch andere Geräte mit Satellitenortung (GPS) die Unfallmeldung übernehmen, zum Beispiel das Smartphone.

Mit einer entsprechenden App auf Deinem Mobiltelefon kannst Du einen Notruf absetzen, egal, mit welchem Fahrzeug Du unterwegs bist. Auch diese Apps sind nicht kostenlos. Im Vergleich zu den Nachrüststeckern sind sie eher günstig, aber dafür brauchst Du eben noch ein Smartphone.

Autor
Silke Kursawe

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