Nießbrauch Das Erbe verteilen und mit dem Nießbrauch das Wohnrecht sichern

Expertin für Recht - Dr. Britta Beate Schön
Dr. Britta Beate Schön
Finanztip-Expertin für Recht

Das Wichtigste in Kürze

  • Als Eigentümer einer Immobilie kannst Du jemandem einen Nießbrauch einräumen. Er darf das Haus dann bewohnen, es aber auch vermieten. Dieses Recht muss im Grundbuch eingetragen werden.
  • Bei der vorweggenommenen Erbfolge ist der Nießbrauch wichtig: Die Kinder werden schon zu Lebzeiten Eigentümer des Hauses, das die Eltern aber weiter nutzen möchten. Die Eltern bekommen einen Nießbrauch.
  • Der Inhaber eines Nießbrauchs kann das Recht nicht vererben und nicht veräußern; es erlischt mit seinem Tod.

So gehst Du vor

  • Wer zu Lebzeiten eine Immobilie verschenkt, in der er weiter wohnen oder sie vermieten möchte, kann sich ein Nießbrauchsrecht eintragen lassen.
  • Mit einem Nießbrauch lässt sich Schenkungssteuer sparen, weil dessen Wert vom Wert der Immobilie abgezogen wird.
  • Lass Dich von einem Rechtsanwalt oder Notar beraten, wenn Du Dein Haus mit einem Nießbrauch übertragen willst.
  • Auch wichtig: Prüfe mithilfe unserer Checkliste zum neuen Heizungsgesetz, welche Heizungsregel für Deine Immobilie gilt.

Hast Du schon mal darüber nachgedacht, ob Du Dein Haus vererben oder schon zu Lebzeiten verschenken willst? Es gibt gute Gründe für eine Schenkung. Die Familie kann dadurch Steuern sparen, vielleicht lässt sich auch ein Erbstreit verhindern. In diesem Zusammenhang stößt man oft auf den Begriff Nießbrauch. Wir erklären Dir, was es damit auf sich hat, und geben Dir Tipps und Hinweise.

Was bedeutet Nießbrauch?

Der Nießbrauch ist ein umfassendes Nutzungsrecht am Eigentum (§ 1030 BGB). Möglich ist ein Nießbrauch an einem Unternehmen, an Wertpapieren, an Kapitalbeteiligungen, aber auch an Grundstücken – das ist der häufigste Fall.

Um einer Person ein Nießbrauchsrecht einzuräumen, muss ein Notar die Bestellung beurkunden und den Nießbrauch im Grundbuch eintragen lassen. So bleibt das Recht auch bestehen, wenn das Grundstück verkauft wird oder eine Zwangsvollstreckung ansteht.

Nießbrauch ist ein persönliches Recht

Wer einen Nießbrauch hat, kann dieses Recht nicht veräußern oder vererben (§§ 1059, 1061 BGB). Darin besteht der wesentliche Unterschied zum Eigentum. Der Nießbrauch erlischt deshalb, wenn der Inhaber des Nutzungsrechts verstirbt.

In einem Vertrag lassen sich weitere Gründe festlegen, wann das Nießbrauchsrecht entfallen soll, etwa weil der überlebende Ehepartner und Inhaber des Nießbrauchs wieder heiratet. Dann enthält der Überlassungsvertrag meist für diesen Fall eine Verpflichtung, den Nießbrauch an den Eigentümer zurückzugeben. Der Inhaber eines Nießbrauchs kann das Recht auch aufgeben oder sich mit dem Eigentümer darauf einigen (§ 1062 BGB).

Wer trägt die laufenden Kosten der Immobilie?

Der Eigentümer eines Grundstücks und der Inhaber eines Nießbrauchs teilen sich die Abgaben und Kosten für die Immobilie. Wer den Nießbrauch hat, zahlt die gewöhnlichen Lasten und Kosten, wie etwa Grundsteuern und Hypothekenzinsen (§§ 1047, 1041 BGB). Besondere Instandhaltungsmaßnahmen muss der Eigentümer finanzieren. So sieht es das Gesetz vor.

Kosten der Immobilie anders aufteilen

Mit einer Vereinbarung lassen sich die laufenden Kosten für die Immobilie anders regeln, als es das Gesetz vorsieht. Das ist sinnvoll, wenn die Eltern mit einem Nießbrauch in der Immobilie leben und selbst keine ausreichende Rente oder genug Rücklagen haben, um die laufenden Kosten für das Haus zu stemmen. Möglich ist eine Vereinbarung, der zufolge die beschenkten Kinder sämtliche Kosten rund um die Immobilie übernehmen. Ist das Grundstück noch nicht abbezahlt, übernehmen die neuen Eigentümer noch laufende Darlehen und Grundschulden. Der Nießbraucher ist dann davon befreit.

Wenn der Nießbraucher Vermieter wird

Der Nießbraucher darf die Immobilie auch vermieten. Rechtlich tritt er als Vermieter an die Stelle des Eigentümers (§ 567 BGB). Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung muss er versteuern. Werbungskosten kann er zwar absetzen, die steuerlichen Abschreibungen verbleiben aber grundsätzlich beim Eigentümer.

Noch mehr sparen mit Finanztip Deals!

200 € Neukundenbonus für die Eröffnung eines Wertpapierdepots, kostenlose Zeitschriften im Jahresabo und Bahntickets zum Super-Sparpreis. Solche und andere heiße Deals findest Du in unserem Schnäppchen-Portal. 

Zu den Deals

Nießbrauch und vorweggenommene Erbfolge?

Der Nießbrauch spielt bei der vorweggenommenen Erbfolge eine große Rolle. Dabei werden meist diejenigen begünstigt, die nach dem Tod ohnehin erben würden: Den Kindern wird schon zu Lebzeiten das Haus überschrieben, die Eltern möchten aber dort wohnen bleiben oder es vermieten können. In diesen Fällen schenken die Eltern das Haus den Kindern und bekommen selbst ein Nießbrauchsrecht.

Nießbrauch oder Wohnrecht?

Wenn die Eltern das Haus an die Kinder überschreiben wollen, stellt sich die Frage, ob ein lebenslanges Wohnrecht oder ein Nießbrauch besser ist. Sowohl der Nießbrauch als auch das Wohnrecht stehen im Grundbuch. Beide Rechte gelten auch weiter, wenn die Immobilie zum Beispiel verkauft wird. Ein neuer Eigentümer muss also Nießbrauch und Wohnrecht akzeptieren.

Das Wohnrecht bietet rechtlich weniger Möglichkeiten als der Nießbrauch. Denn mit einem Wohnrecht kannst Du die Immobilie zwar selbst bewohnen, sie aber nicht vermieten. Das ist beim Nießbrauch anders: Wenn Du nicht mehr in der Immobilie leben kannst oder willst, kannst Du mit einem Nießbrauch Mieteinnahmen erwirtschaften.

Pflichtteil bei Schenkung mit Nießbrauch

Wer einen unliebsamen Erben von der Erbfolge ausschließen will, kann frühzeitig seine Immobilie verschenken. Sind zwischen Schenkung und Erbfall mehr als zehn Jahre vergangen, geht der Pflichtteilsberechtigte leer aus.

Anders ist das bei einer Schenkung mit Nießbrauch: Der Enterbte kann seinen Pflichtteil an der verschenkten Immobilie einfordern – und zwar auch dann, wenn die Schenkung schon länger als zehn Jahre zurück liegt (BGH, 27.04.1994, Az. IV ZR 132/93). Wer also eine Immobilie zu Lebzeiten verschenkt, um den Pflichtteil eines Erben zu schmälern, darf sich dabei keinen Nießbrauch einräumen lassen.

Mit einem Nießbrauch Steuern sparen?

Bei der Schenkung einer Immobilie wird Schenkungsteuer fällig. Ein Nießbrauch verringert den Wert der Immobilie. Dadurch fällt weniger Schenkungsteuer an. Da die Immobilienpreise in den vergangenen Jahren stark gestiegen sind, kann eine Schenkung mit Nießbrauch sinnvoll sein.

Grundlage für die Berechnung ist das Bewertungsgesetz (§ 14 BewG). Je älter der Nießbrauchsberechtigte bei der Übertragung ist, desto weniger ist das Recht wert. Das Bundesfinanzministerium (BMF) veröffentlicht jährlich eine Tabelle zur Bewertung des lebenslänglichen Rechts. In der Tabelle kann man das Alter des Nießbrauchers beim Vertragsschluss ablesen und erhält den sogenannten Vervielfältiger. Die Tabellen sind nach Frauen und Männern getrennt, da Frauen statistisch länger leben. Deren Nießbrauchsrecht ist deshalb mehr wert.

Ein Beispiel: Anton ist 60 Jahre alt und besitzt eine Eigentumswohnung in München. Diese ist zu einer Netto-Miete von 1.000 Euro vermietet. Er möchte die Wohnung seiner Tochter Birgit schenken. Der steuerliche Wert der Wohnung beträgt 450.000 Euro. Die Tochter hat einen steuerlichen Freibetrag von 400.000 Euro (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG). Würde Anton die Wohnung ohne Nießbrauch auf seine Tochter übertragen, müsste sie 50.000 Euro mit einem Steuertarif von 7 Prozent versteuern (§ 19 ErbStG). Es fallen also 3.500 Euro Schenkungsteuer an.

Nießbrauch berechnen

Überträgt Anton die Wohnung mit Nießbrauch auf seine Tochter, fällt keine Schenkungsteuer an, da der Wert des Nießbrauchs vom steuerlichen Wert der Wohnung abgezogen wird. Das wird so berechnet:

Jahreswert der Wohnung x Vervielfältiger nach BMF-Tabelle = Wert des Nießbrauchs

Der Jahreswert der Immobilie ergibt sich aus den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung abzüglich der laufenden Werbungskosten, z.B. Betriebs- und Verwaltungskosten. Für das Beispiel bedeutet das: Der Jahreswert der Wohnung beträgt 11.000 Euro und ergibt sich aus der Jahresmiete von 12.000 Euro abzüglich 1.000 Euro Werbungskosten. Der Vervielfältiger beläuft sich nach der BMF-Tabelle ab 1. Januar 2023 auf 12,852, da der Vater bei der Übertragung 60 Jahre alt ist. Der Kapitalwert des Nießbrauchs beträgt 11.000 Euro x 12,852 = 141.372 Euro. Dadurch reduziert sich der Wert der übertragenen Wohnung um diesen Wert, also auf 308.628 Euro. Nach Berücksichtigung des Freibetrags von 400.000 Euro muss die Tochter Birgit keine Schenkungsteuer zahlen.

Grunderwerbsteuer

Bei der Übertragung eines Nießbrauchs an einer Immobilie können auch Grunderwerbsteuern anfallen. Freibeträge, die bei der Festsetzung der Schenkungsteuer abgezogen werden, mindern die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer nicht (FG Nürnberg, 05.03.2015, Az. 4 K 410/13).

Aber: Schenkungen unter Eheleuten oder in gerader Verwandtschaftslinie (also etwa von Eltern zu Kind) bleiben von der Grunderwerbsteuer ausgenommen (§ 3 Nr. 4 und Nr. 6 GrEStG).

Nießbrauch zur Versorgung eines Dritten?

Mit einem Nießbrauch will der Eigentümer oft auch eine andere Person versorgen, zum Beispiel seinen Ehegatten.

Versorgungsnießbrauch

Bei Eheleuten gibt es manchmal einen Nießbrauch, um den länger Lebenden finanziell zu versorgen.

Ein Beispiel: Christoph und Doris sind verheiratet und haben zwei Kinder. Das Familienheim gehört allein der Ehefrau. Sie macht kein Testament. Da ihr Ehemann Christoph nach ihrem Tod nach gesetzlicher Erbfolge nur die Hälfte neben den Kindern erbt, räumt sie ihm zu Lebzeiten ein Nießbrauchsrecht an dem Haus ein. Falls Doris stirbt, fällt das Haus in den Nachlass und gehört der Erbengemeinschaft. Das Haus darf aber der Ehemann bis zu seinem Tod nutzen. Er ist durch den Nießbrauch zusätzlich abgesichert.

Vermächtnisnießbrauch

Ein Erblasser kann in seinem Testament festlegen, dass sein Erbe einer weiteren Person als Vermächtnis einen Nießbrauch einräumen muss.

Ein Beispiel: Der Sohn Ernst wird laut Testament Alleinerbe einer Immobilie; Franziska, die Lebensgefährtin des Vaters, soll zwar nicht erben, aber mit einem Vermächtnis wirtschaftlich versorgt sein. Dazu verpflichtet der Vater seinen Sohn, Franziska einen Nießbrauch an der geerbten Immobilie zu bestellen. Ernst wird zwar nach dem Tod des Vaters Eigentümer der Immobilie, bekommt aber keine Einnahmen daraus – die stehen Franziska zu. Das ändert sich erst, wenn sie stirbt und ihr Nießbrauch damit erlischt.

Wie wird Nießbrauch bei Sozialleistungen angerechnet?

Kommt der Inhaber eines Nießbrauchs in ein Pflegeheim, versucht das Sozialamt, das Nießbrauchsrecht in bare Münze zu verwandeln, sofern es die Kosten der Heimunterbringung übernommen hat. Vor Bezug von Sozialhilfe muss der Bedürftige sein gesamtes verwertbares Vermögen einsetzen (§ 90 Abs. 1 SGB XII). Darunter fallen auch Mieteinnahmen durch den Nießbrauch.

Ist die Wohnung nicht vermietet, darf der Träger keine Forderungen stellen. Es besteht nämlich keine Vermietungspflicht des Nießbrauchers (OLG Köln, 24.06.2011, Az. 11 U 43/11).

Haben Eltern eine Immobilie verschenkt, bevor sie pflegebedürftig wurden, darf ein Sozialhilfeträger unter Umständen auch verlangen, dass die Schenkung rückgängig gemacht wird. Ausgeschlossen ist das, falls zwischen Schenkung und Eintritt der Bedürftigkeit zehn Jahre oder mehr verstrichen sind (§ 529 Abs. 1 BGB). Dann ist der Grundbesitz dem Zugriff der Behörde entzogen. Eine solche Schenkung bewerten die Gerichte nicht als sittenwidrige Benachteiligung des Sozialhilfeträgers.

Mit Deinem Beitrag unterstützt Du uns bei der unabhängigen Recherche für unsere Ratgeber.

Fördere die finanzielle Bildung in Deutschland. Mit Deinem Beitrag hilfst Du uns, noch mehr Menschen zu erreichen.