Erbrecht So regelt das Gesetz das Erben und Vererben

Expertin für Recht - Dr. Britta Beate Schön
Dr. Britta Beate Schön
Finanztip-Expertin für Recht

Das Wichtigste in Kürze

  • Das Erbrecht regelt, wer das Vermögen eines Verstorbenen bekommt.
  • Das Nachlassgericht ist in allen Belangen rund um das Erbrecht eine wichtige Adresse für die Eröffnung von Testamenten, um einen Erbschein zu erteilen und wenn Erben das Erbe ausschlagen wollen.
  • Jeder kann mit einem Testament oder in einem Erbvertrag seine Erben selbst bestimmen. Ohne Testament greift die gesetzliche Erbfolge.

So gehst Du vor

  • Überleg Dir zunächst, wer von Deinen Angehörigen wieviel nach dem Gesetz erben würde.
  • Möchtest Du Deinen Nachlass anders verteilen, dann musst Du Dein Testament schreiben. Du kannst Dich an unserer Checkliste orientieren.
  • In einigen Fällen kann sich der Weg zum Notar lohnen. Damit ersparst Du unter Umständen Deinen Erben viel Ärger und die Kosten für den Erbschein.

 

Die Deutschen erben nach einer Hochrechnung der Hans-Böckler-Stiftung bis 2027 etwa 400 Milliarden Euro pro Jahr. Eine durchschnittliche Erbschaft liegt bei rund 80.000 Euro. Früher oder später betrifft auch Dich das Thema Erbrecht – wenn ein naher Angehöriger stirbt oder wenn Du Deine Lieben finanziell absichern willst. Wir erklären Dir die Grundregeln im deutschen Erbrecht und was sie für Dich bedeuten.

Was regelt das Erbrecht?

Das Erbrecht regelt, wer das Vermögen eines Verstorbenen erhält und wie dies geschieht: Der Erbe oder die Erbengemeinschaft, falls es mehrere Erben sind, tritt automatisch mit dem Tod des Verstorbenen in dessen Fußstapfen. Das gesamte Vermögen – wie Immobilien, Wertpapiere, Bargeld, aber auch alle Schulden und Verträge – geht auf den oder die Erben über. Eine Erbschaft musst Du nicht einmal konkret annehmen, sie fällt Dir einfach zu (§ 1922 BGB). Das bedeutet aber auch, dass Du die Kosten der Beerdigung übernehmen musst (§ 1968 BGB).

Testierfreiheit

Jeder Mensch kann in einem Testament allein oder gemeinsam mit einer anderen Person bestimmen, wer nach seinem Tod sein Vermögen bekommen soll. Diese Freiheit nennt sich Testierfreiheit. Davon machen allerdings nur wenige Menschen Gebrauch. Umfragen zufolge haben nur rund 40 Prozent der Deutschen ein Testament gemacht. Genaue Zahlen gibt es nicht. Aber wer erbt, wenn es keinen schriftlichen letzten Willen gibt?

Erben ohne Testament

Stirbt eine Person, ohne ein Testament hinterlassen zu haben, dann greift die gesetzliche Erbfolge. Sie ist im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt und bestimmt, wer den Nachlass bekommt.

Viele Menschen vertrauen darauf, dass das Gesetz schon das Nötige festlegt. In einigen Fällen sind die Regelungen zur gesetzlichen Erbfolge gut geeignet und führen zu fairen Lösungen.

Aber oft passen die Regelungen im Gesetz auch nicht, zum Beispiel wenn neben der Familie auch ein Lebensgefährte, Stief- und Patenkinder oder Freunde etwas bekommen sollen. Wer diesen Personen Vermögen hinterlassen möchte, muss ein Testament machen..

Wichtig auch: Wenn ein Ehegatte verstirbt, erbt der andere nicht automatisch alles. Gibt es Kinder, bekommt er nach dem Ehegattenerbrecht die eine Hälfte des Vermögens, die andere steht den Kindern zu. Es entsteht eine Erbengemeinschaft. Das bedeutet: Allen Erben gehört alles gemeinsam – Haus, Geld, Auto, Wertpapiere. Und das müssen die Erben dann mühsam auseinanderdividieren und sich etwa darüber einigen, ob sie das Haus, in dem alle aufgewachsen sind, verkaufen wollen oder nicht. Nicht in den Nachlass fällt hingegen die Auszahlung einer Le­bens­ver­si­che­rung. Die geht an den sogenannten Bezugsberechtigten.

Um abschätzen zu können, ob Du etwas regeln solltest, frag Dich zuerst: Wer ist mein gesetzlicher Erbe? Weitere Informationen dazu findest Du in unseren Ratgebern zur gesetzlichen Erbfolge und zum Ehegattenerbrecht.

Pflegende Angehörige bekommen mehr vom Erbe

Viele wissen es nicht: Haben Kinder oder Enkel die Eltern oder Großeltern gepflegt, dann können sie von den Erben dafür einen Ausgleich verlangen (§ 2057a BGB). Das ist auch nur gerecht. Den Ausgleich durchzusetzen, ist aber nicht einfach. Denn im Gesetz findet sich nichts dazu, wie der Pflegebonus berechnet werden soll. Es kommt allerdings darauf an, wie lange und intensiv die Pflege war.

Eine solche Ausgleichspflicht besteht nur, wenn der Nachlass nach der gesetzlichen Erbfolge verteilt wird. Hat der Erblasser also ein Testament geschrieben und steht darin nichts von der Pflege, dann kann der Pflegende auch nicht von den Erben einen Ausgleich dafür verlangen. Ein Ausgleich scheidet auch aus, wenn der Abkömmling für seine Leistungen bereits einen Gegenwert aus dem Vermögen des Erblassers bekommen hat.

Wie kannst Du Deine Erben selbst bestimmen?

Oft geht es nicht ohne Testament. Wichtig ist die Form des letzten Willens. Ein am Computer geschriebenes Testament, das Du ausdruckst und mit der Hand unterschreibst, ist ungültig. Das Gesetz schreibt vor, dass das Testament vollständig mit der Hand geschrieben sein muss. Was Du bei einem Testament beachten solltest und viele Formulierungshilfen findest Du in unserer Checkliste Testament.

Nicht klug ist es, einzelne Vermögensgegenstände aufzulisten und dann einer Person zuzuordnen, ohne dass klar ist, wer Erbe sein soll. Du solltest zuerst in einem Testament den oder die Erben benennen. Dann kannst Du in einem zweiten Schritt jemandem zum Beispiel einen besonderen Gegenstand vermachen.

Durch ein Testament kannst Du auch jemanden enterben. Dem nächsten Angehörigen steht aber der sogenannte Pflichtteil zu – das ist die Hälfte dessen, was ihm nach dem Gesetz zustünde. Den bekommt er aber nicht automatisch, sondern erst, wenn er den Pflichtteil von den Erben einfordert. Geschwister haben keinen Pflichtteilsanspruch.

Gemeinschaftliches Testament für Ehepaare

Wer verheiratet oder verpartnert ist, möchte meist auch zusammen entscheiden, was passiert, wenn einer stirbt. Dazu bietet sich ein Berliner Testament an. Damit setzt Du den jeweils anderen zunächst als Alleinerben ein. Die gemeinsamen Kinder sollen erst nach dem Tod des zweiten Partners erben. Streng genommen enterben die Eltern damit die Kinder. Das kann sinnvoll sein, wenn Du den Lebensstandard des anderen nach dem eigenen Tod sichern und eine Erb­aus­ein­an­der­setz­ung mit anderen Erben verhindern möchtest. Die Kinder erben dann das gesamte Vermögen, wenn beide Eltern verstorben sind. Sie haben aber schon nach dem ersten Erbfall einen Anspruch auf ihren Pflichtteil.

Das Berliner Testament hat bei großen Vermögen einen entscheidenden Nachteil: Dasselbe Vermögen wird auf dem Weg zur nächsten Generation zweimal der Erbschaftsteuer unterworfen. Nach dem Tod des Elternteils, der zuerst stirbt, bleiben die steuerlichen Freibeträge der Kinder ungenutzt. Wer das nicht will, kann zum Beispiel mit einer vorzeitigen Schenkung Erbschafts­steuer sparen.

Wann lohnt sich der Gang zum Notar?

Auch wenn es keine Statistik dazu gibt: Viele Testamente sind nicht in der vorgeschriebenen Form verfasst und damit unwirksam oder zumindest streitanfällig. Das kann mit unklaren Formulierungen zusammenhängen, aber auch damit, ob der Verstorbene überhaupt noch in der Lage war, ein Testament zu verfassen.

Solchen Ärger unter Deinen Erben kannst Du sicher vermeiden, indem Du Dein Testament vor einer Notarin oder einem Notar errichtest. Angehörige können dann später keine Zweifel an Deiner Testierfähigkeit äußern. Mit klaren rechtlichen Formulierungen kannst Du das Streitrisiko unter Deinen Nachkommen zumindest reduzieren.

Der Notar kostet Geld, wobei sich die Gebühr nach dem Wert des Erbes richtet – bei einem Vermögen von 500.000 Euro sind es etwa 1.000 Euro. Zusätzliche Beratungskosten fallen nicht an, denn die Beratung ist in den Gebühren für die Beurkundung bereits enthalten.

Zudem kümmert sich der Notar bei einem Testament oder Erbverträgen auch um die Hinterlegung beim Nachlassgericht. Er lässt es auch beim Zentralen Testamentsregister registrieren.

Lebst Du in einer Partnerschaft, ohne verheiratet zu sein, dann solltest Du über einen Erbvertrag nachdenken. Ein solcher Vertrag ist eine gute Möglichkeit, Deine Partnerin oder Deinen Partner finanziell abzusichern, falls Dir etwas zustößt. Ein Erbvertrag kann nur vor einem Notar errichtet werden.

Wer Vermögen oder Familie im Ausland hat oder seinen Altersruhesitz in ein anderes Land verlegt hat, bei dem kann das Erben oder Vererben kompliziert werden. Bei sogenannten Auslandssachverhalten können unterschiedliche Rechtsordnungen gelten. Bei solchen Konstellationen lohnt sich der Gang zum Notar.

Wer Immobilien vererbt und eine rechtssichere Lösung will, sollte einen Notar aufsuchen. Sind mehrere Häuser zu vererben, kann man jedem Kind ein Haus vererben. Das muss allerdings nicht unbedingt gerecht sein, da nicht jedes Haus gleich viel wert sein wird. Vielleicht findest Du nach der Beratung im Notariat eine kluge, rechtssichere Lösung für Deine Nachkommen.

Der Weg zum Notar bringt einen weiteren Vorteil: Das öffentliche Testament kann den Erbschein ersetzen und den Erben einiges an Gerichtsgebühren ersparen. Oft ist das Testament um einiges günstiger, als später einen Erbschein beantragen zu müssen.

Wofür ist das Nachlassgericht zuständig?

Erben haben in der Regel immer auch mit dem Nachlassgericht zu tun. Es ist in allen Belangen und Fragen rund um das Erbrecht eine wichtige Instanz.

Das Nachlassgericht ist eine Abteilung des jeweiligen Amtsgerichts; es ist für Nachlasssachen zuständig (§ 342 FamFG). In Deutschland gibt es 533 Nachlassgerichte. In Baden-Württemberg waren bis zum 1. Januar 2018 noch die staatlichen Notariate dafür zuständig.

Erben müssen sich an das Nachlassgericht wenden, in dessen Bezirk der Erblasser im Zeit­punkt seines Todes gewohnt hat (§ 343 FamFG). Wohnte der Verstorbene im Ausland, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk er zuletzt in Deutschland gewohnt hat.

Das Nachlassgericht hat viele Funktionen. Dazu einige Beispiele:

Verwahrung von Testamenten 

Das Nachlassgericht verwahrt Testamente. Das nennt sich amtliche Verwahrung (§ 2248 BGB). Du kannst dementsprechend Deinen letzten Willen zum Gericht an Deinem Wohnort bringen. So stellst Du sicher, dass das Dokument gefunden und nicht gefälscht wird.

Für die Hinterlegung benötigst Du folgende Unterlagen:

  • Dein Testament – Du kannst es in einem verschlossenen Umschlag abgeben. Darauf solltest Du schreiben, an welchem Datum Du das Testament errichtet hast.
  • Antrag auf Hinterlegung – Du kannst ihn schriftlich oder auch in der Geschäftsstelle des Gerichts mündlich stellen. Dazu wird dann ein Protokoll aufgenommen.
  • Deine Geburtsurkunde in Kopie
  • Dein Personalausweis in Kopie (Vorder- und Rückseite)

Die Hinterlegung kostet bundesweit einheitlich 75 Euro. Als Beleg bekommst Du einen Hinterlegungsschein.

Falls Du an Deinem hinterlegten Testament später etwas ändern willst, weil etwa eine Person bereits verstorben ist, die Du als Erbe benannt hast, so kannst Du das Gericht jederzeit um Rückgabe des Testaments bitten. Lässt Du Dir Dein privates Testament wieder zurückgeben, bleibt es wirksam (§ 2256 Abs. 3 BGB). Willst Du es ändern, dann musst Du entweder ein neues aufsetzen oder aber Dein Testament ergänzen und dann die Ergänzung wieder mit Datum unterschreiben.

Achtung: Wenn Du an einem notariellen Testament etwas ändern willst und es Dir deshalb vom Gericht aushändigen lässt, dann gilt es als widerrufen.

Entgegennahme und Eröffnung von Testamenten

Hast Du im Nachlass eines Verstorbenen ein Testament gefunden, dann musst Du es sofort beim Nachlassgericht abliefern. Zuständig ist das Gericht am Wohnort des Verstorbenen (§ 2259 BGB).

Wird das Gericht über den Tod einer Person informiert – meist durch eine Mitteilung vom Standesamt –, dann eröffnet es ein abgeliefertes oder hinterlegtes Testament der verstorbenen Person. Das geschieht allerdings nicht so, wie man es aus vielen Filmen kennt.

Zur Eröffnung werden die Erben in der Regel nicht geladen. Das Nachlassgericht erstellt ein sogenanntes Eröffnungsprotokoll, prüft aber nicht, ob das Testament wirksam ist. Dann versendet es eine Abschrift des Testaments und die Niederschrift an die Erben. Beides kannst Du zum Beispiel bei einer Bank vorlegen, um die Erbenstellung nachzuweisen. Dann brauchst Du keinen Erbschein. Die Eröffnung kostet pauschal 100 Euro.

Wie lange es dauern kann, bis Du als Erbe Post vom Nachlassgericht bekommst, ist schwer zu sagen. Denn das hängt vom jeweiligen Gericht ab, aber auch davon, ob mehrere Testamente vorliegen. Am besten rufst Du beim Nachlassgericht an und erkundigst Dich, wie lange die Bearbeitung des Erbfalls voraussichtlich dauern wird.

Ausschlagung einer Erbschaft

Das Nachlassgericht nimmt Deine Erklärung entgegen, wenn Du eine Erbschaft ausschlagen willst. Das ist vor allem dann wichtig, wenn das Erbe überwiegend aus Schulden besteht. Ein einfacher Brief ans Amtsgericht reicht dazu nicht. Achte unbedingt auf die Frist von sechs Wochen.

Du erklärst entweder die Ausschlagung vor dem Nachlassgericht, und dieses fertigt darüber ein Protokoll an. Oder Du wendest Dich an einen Notar, der Deine Unterschrift unter die Erbausschlagung beglaubigt.

Tipp: Du kannst die Ausschlagung des Erbes auch vor dem Nachlassgericht erklären, in dessen Bezirk Du wohnst (§ 344 Abs. 7 FamFG). Du musst dazu also nicht extra an den Wohnort des Verstorbenen reisen.

Erteilung von Erbscheinen

Das Nachlassgericht erteilt Dir auf Antrag einen Erbschein. Den brauchst Du als Erbe auf jeden Fall, falls der Verstorbene kein Testament gemacht hat. Dann greift die gesetzliche Erbfolge, die Du mit dem Erbschein nachweisen kannst. Weitere Informationen auch zu den Kosten findest Du in unserem Ratgeber Erbschein.

Erbenermittlung

Das Nachlassgericht hat die Pflicht, Erben zu ermitteln. Erst wenn es feststellt, dass keine Erben auffindbar sind, erbt der Fiskus (§ 1964 BGB). Selbst wenn der Nachlass geringwertig oder überschuldet ist, muss das Nachlassgericht ermitteln. Es liegt allerdings im Ermessen des Gerichts, welche Maßnahmen es ergreift, um Erben ausfindig zu machen. Einen Erbenermittler muss es nicht beauftragen. Liegen Informationen zu einem nahen Angehörigen des Erblassers vor, so muss das Amtsgericht weitere Ermittlungen anstellen (OLG Celle, Beschluss vom 20. April 2021, Az. 6 W 60/21). Oft bestellt das Gericht einen Nachlasspfleger, wenn keine Erben auffindbar sind. Der sichert nicht nur den Nachlass, sondern versucht auch, einen Erben zu finden.

Dafür ist das Nachlassgericht nicht zuständig

Viele Menschen gehen davon aus, dass das Nachlassgericht für alles rund um das Erben zuständig ist. Ganz so ist es allerdings nicht.

Das Gericht stellt nicht fest, wie umfangreich der Nachlass ist. Es gibt also keine Pflicht gegenüber dem Gericht, den Umfang des Vermögens anzugeben. Diese Angaben musst Du als Erbe allerdings gegenüber dem Finanzamt machen. Das überprüft, inwieweit Schenkungssteuer anfällt.

Für die Verteilung der Erbschaft ist das Gericht nicht der richtige Ansprechpartner. Auch nicht für die Auseinandersetzung innerhalb einer Erbengemeinschaft. Das Gericht stellt keine Pflichtteilsansprüche fest und hilft den Erben nicht bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche.

Auch wenn alle Erben gegenüber dem Gericht das Erbe ausgeschlagen haben, und der Staat an die Stelle des Verstorbenen tritt, dann ist das Nachlassgericht nicht dafür zuständig, die Wohnung des Verstorbenen zu räumen.

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