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Riester-Reform: Regierung plant Altersvorsorgedepot ab 2027 Förderung auch für ETFs: Bis zu 30 % Zuschuss + Kinderzulagen Achtung: Vermeide Garantieprodukte und teure Anbieter 2027 soll es endlich losgehen: Die Bundesregierung plant eine Reform der privaten Altersvorsorge. Kommende Woche soll das Kabinett einen Gesetzesentwurf beschließen. Der sieht vor, ein gefördertes Altersvorsorgedepot einzuführen und die Riester-Rente weiterzuentwickeln. Denn die ist mit Millionen förderschädlich gekündigten Verträgen krachend gescheitert. Wir haben uns die Pläne für Dich ganz genau angesehen. Die gute Nachricht: Der Entwurf deckt einige der wesentlichen Punkte ab, die Finanztip bereits in einem Positionspapier (PDF) für eine Reform der privaten Altersvorsorge gefordert hat – aber nicht vollständig. Wird das Altersvorsorgedepot der große Wurf?Das AV-Depot könnte tatsächlich einen Paradigmenwechsel in der privaten Altersvorsorge einläuten und Schluss machen mit überteuerten und renditeschwachen Versicherungsverträgen fürs Alter. Aber: Gibt es am Entwurf keine Änderungen mehr, wird es darauf ankommen, welche Ausführung Du wählst – und bei welchem Anbieter Du das zu welchen Kosten tust. Wie soll die neue Förderwelt aussehen?Geplant sind zwei Kategorien von staatlich geförderten Produkten: - Garantieprodukte. Dabei wird Dein Geld so angelegt, dass ein bestimmter Prozentsatz Deiner Einzahlungen plus alle Zulagen am Ende sicher für die Rente zur Verfügung steht. Erlaubt sind künftig neben den 100 %, die es bereits bei Riesterverträgen gab, auch Produkte mit 80 % Beitragsgarantie.
- Das AV-Depot als Produkt ohne Garantien. Du legst Dein Geld also wie in einem klassischen Wertpapierdepot an, z. B. mit einem ETF-Sparplan. Den kannst Du selbst aussuchen. Besonders risikoreiche Anlagen wie Einzelaktien, Zertifikate oder Krypto sind dabei nicht erlaubt.
Zusätzlich muss jeder Anbieter ein Standardprodukt mit max. 1,5 % jährlichen Effektivkosten auflegen. Und zwar online abschließbar und ohne Beratung. Es ist für Menschen gedacht, die sich noch keine eigene Anlageentscheidung zutrauen. So viel Zuschuss soll es gebenDie Förderung soll vereinfacht werden. Sie soll nicht mehr nach Deinem Vorjahreseinkommen berechnet werden, sondern sich prozentual nach der Höhe Deiner jährlichen Einzahlung richten: - Bis 1.200 €: 30 % Grundzulage (max. 360 €)
- Für weitere 600 €: 20 % Grundzulage (max. 120 €)
In einen geförderten Vertrag musst Du mind. 120 €/Jahr einzahlen. Das ist doppelt so viel wie bei bestehenden Riester-Verträgen. Maximal sind 1.800 € möglich. Das entspricht einem Sparplan über 150 €/Monat. Bei diesem Wert bekommst Du 480 € Grundzulage pro Jahr. Im Vergleich mit der bisherigen Riester-Förderung in Höhe von 175 €/Jahr ist das deutlich mehr. Darüber hinaus ist angedacht, dass Du pro Kind zusätzlich 25 % Deiner Einzahlungen als Förderung bekommst, maximal 300 €/Kind. Das entspricht der aktuellen Förderung für ab 2008 geborene Kinder. Bist Du bei Start eines geförderten Vorsorgevertrags jünger als 25, bekommst Du zusätzlich einmalig 200 € Zulage in den Vertrag. Laut Medienberichten hat das Kabinett bereits erste Änderungen am Gesetzesentwurf vorgesehen. 2029 soll die Grundzulage für die ersten 1.200 € von 30 auf 35 % steigen. Die Förderung würde damit auf 420 € steigen. Bei der maximalen Einzahlung wären es dann 560 € Zulage. Das soll steuerlich geltenDeine Beiträge in der Ansparphase sollst Du wie bei Riester auch in der neuen Förderwelt steuerlich geltend machen können. Zusätzlicher Vorteil: Die Summe, die Du ansetzen kannst, erhöht sich um Deine Grund- und Kinderzulage. Du sparst im Vergleich also mehr Steuern als in der alten Welt. Die Erträge Deiner Anlage sollen in dieser Phase nicht besteuert werden – auch nicht die Vorabpauschale. Besteuert werden sollen dann erst die Auszahlungen in der Rentenphase – und zwar nicht mit der Kapitalertragssteuer, sondern mit Deinem persönlichen Steuersatz. Umschichtungen im Depot sollen steuer- und kostenfrei möglich sein. Für die Auszahlphase soll es bessere Bedingungen geben. Sie ist in der neuen Welt zwar erst ab 65 Jahren vorgesehen und muss spätestens mit 70 Jahren beginnen. Aber statt einer lebenslangen Rente soll im neuen System auch ein Auszahlplan aus dem Depot möglich sein. Dieser muss mindestens laufen, bis Du 85 bist. Wechsel wird nicht zwingend seinWichtig: Hast Du schon einen Riester-Vertrag, musst Du nicht zwingend in die neue Welt wechseln. Dein Vertrag bleibt in der alten Förderwelt, bis Du Dich aktiv für den Wechsel entscheidest. Die Zustimmung vom Anbieter ist dafür nicht notwendig. Der Wechsel soll für Verträge, die länger als 5 Jahre bestehen, kostenfrei sein. Bei jüngeren Verträgen darf der Anbieterwechsel max. 150 € kosten. Wechsel innerhalb eines Anbieters sollen nie etwas kosten. Neue Verträge, die Du ab 2027 abschließt, sollen direkt auf der neuen Förderwelt basieren. 2026 wirst Du noch die Option haben, einen Riester-Vertrag in der alten Förderwelt zu starten. Das kann sinnvoll sein, wenn Du wenig verdienst und mehrere Kinder hast. Denn in diesem Fall kann sich das alte System für Dich mehr lohnen als das neue. Allerdings kannst Du als Produkt dann nicht das neue AV-Depot wählen. Nimm ab 2027 kein GarantieproduktAchtung: Von den Garantieprodukten der neuen Förderwelt raten wir bei Finanztip ab. Sie reproduzieren nur ein altbekanntes Riester-Problem: Damit die Anbieter diese Garantien überhaupt gewährleisten können, sind nur sichere, aber renditeschwächere Investments möglich. Also z. B. Zinsprodukte, die schlimmstenfalls eine schlechtere Rendite bringen als die Inflationsrate. Nach Abzug der Kosten bleibt vielleicht sogar gar keine Wertentwicklung übrig. Deine Rendite entsteht dann praktisch nur durch die staatliche Förderung. Deshalb empfehlen wir das Riestern schon heute nur, wenn Du ohne hohe Einzahlungen viel Zulage bekommst. Das AV-Depot ohne Garantien – ein großer Wurf für vieleDas Altersvorsorgedepot wird für die meisten Menschen eine deutliche Verbesserung gegenüber der alten Riester-Welt. Du hast Du aktuell einen Riester-Vertrag? Egal ob Dein Vertrag aktiv oder beitragsfrei gestellt ist: Der Wechsel in die neue Welt ist dann in aller Regel die bessere Option. Du bekommst nicht nur das bessere Anlageprodukt im Kern des Vertrags, sondern auch eine höhere Grundförderung und potenziell größere Steuervorteile als zuvor. Auch wenn es sich aus Sicht eines erfahrenen ETF-Sparers teuer anhört: Die für das Standardprodukt vorgesehenen Kosten von bis zu 1,5 % p. a. sind günstiger als aktuelle Riester-Verträge. Aber es wird aller Voraussicht nach weit günstigere Angebote geben – und die suchen wir dann für Dich heraus. Du hast keinen Riester-Vertrag? Und besparst wie ein Großteil der Finanztip-Community einen weltweiten Aktien-ETF? Dann profitierst Du ebenfalls, wenn Du ein AV-Depot besparst – entweder zusätzlich oder indem Du Deinen ETF-Sparplan (teilweise) auf ein AV-Depot umstellst. Das gilt vor allem dann, wenn Du Kinder hast und/oder gut verdienst, also besonders viel von den Steuervorteilen hast. Ist beides bei Dir nicht der Fall, könnte der Steuervorteil beim ETF-Sparen in Deinem jetzigen Depot überwiegen. Denn anders als beim AV-Depot sind dort 30 % der Erträge beim Verkauf steuerfrei. Wann was für Dich die beste Lösung ist, rechnen wir für Dich aus, wenn die genauen Konditionen bekannt sind. Kosten sollten unter 1 % p. a. liegenEntscheidend wird sein, dass Du das AV-Depot 2027 bei einem günstigen Anbieter eröffnest. Im besten Fall orientieren sich Banken und Neobroker bei den Kosten nicht an der Obergrenze für das Standardprodukt, sondern an den aktuellen Kosten von ETFs. Diese liegen bei rund 0,2 % pro Jahr. In unserem Positionspapier (PDF) haben wir für das Altersvorsorgedepot eine Obergrenze von max. 0,5 % gefordert. Bei der Einschätzung und der Entscheidung werden wir Dir helfen, sobald das Gesetz beschlossen ist und die Anbieter Details zu ihren Altersvorsorgedepots bekanntgeben. Unter anderem mit Beispielrechnungen für unterschiedliche Fälle und einem Anbietervergleich für AV-Depots. Das war erstmal ein grober Überblick über die neuen Pläne und unsere erste Einordnung. Mehr Infos liest Du in unserem Ratgeber zum Altersvorsorgedepot – unter anderem zu ebenfalls deutlichen Verbesserungen bei Wohnriester und warum Du jetzt nicht mehr in die Riester-Auszahlphase wechseln, sondern unbedingt die neue Förderwelt abwarten solltest.
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