Pressemitteilung Ein Jahr Bank­ge­büh­ren-Urteil: Ein Drittel der aktiven Bankkunden hat noch kein Geld

Berlin, 26.04.2022 – Banken dürfen ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht mehr einseitig ändern und ohne Zustimmung ihrer Kunden  Gebühren einführen oder erhöhen. Das hat vor einem Jahr der Bundesgerichtshof (BGH) geurteilt. Zuviel gezahlte Gebühren können Bankkunden zurückfordern. Eine Auswertung des Geldratgebers Finanztip unter 420 Banken zeigt, wie unterschiedlich die Bankinstitute damit umgehen. 

Vor einem Jahr (27.04.2021) hat der BGH den Banken untersagt, bei Änderungen der Geschäftsbedingungen das Schweigen des Kunden als Zustimmung zu werten. Damit sind viele Gebührenerhöhungen ungültig geworden. Die Banken müssen ihren Kunden zu viel gezahlte Gebühren erstatten. Seit einem Jahr bekommt die Experten-Redaktion von Finanztip regelmäßig Zuschriften von Leserinnen und Lesern, die von ihrer Bank Gebühren zurückfordern. „2.800 Leser haben uns die Reaktionen von 420 Banken deutschlandweit mitgeteilt“, sagt Josefine Lietzau, Expertin für Bank und Kredit bei Finanztip. Wie die Erfolgschancen bei der jeweiligen Bank stehen, hat Finanztip in einer Datenbank gesammelt. Unter 1135 Finanztip-Lesern, die zu viel gezahlte Gebühren zurückverlangt haben, bekamen 620 Kunden Geld von ihrer Bank erstattet, 336 Forderungen wurden abgelehnt. Wiederum 31 Leserinnen und Lesern wurde entweder mit der Kontokündigung gedroht oder das Konto wurde gar gekündigt. 

Gebühren der letzten drei Jahre werden erstattet 

Und während etliche Banken noch zögern, zeigt die Finanztip-Auswertung auch deutlich, dass Banken, die Gebühren erstatten, meist die Drei-Jahres-Lösung anwenden. „Mit der Drei-Jahres-Lösung rechnen die Banken die Erstattungssummen klein. Sie erstatten nur dann Geld, wenn sie in den letzten drei Jahren die Gebühren ohne Zustimmung erhöht haben“, erklärt Lietzau. Die Banken berufen sich dabei auf ein BGH-Urteil zu langjährigen Energielieferungsverträgen und übertragen die Grundsätze auf Girokonten. „Aus unserer Sicht können sich die Banken aber nicht auf die Drei-Jahres-Lösung berufen, denn die Logik des Urteils zu den Energieverträgen lässt sich nicht auf Girokonten übertragen“, sagt Lietzau. „Anders als bei Energiepreisen kann die Bank ihre Preise nämlich weitgehend selbst bestimmen.“ Länger zurückliegende Preiserhöhungen lassen die Banken rechtswidrig außen vor, wenn der Kunde diese damals wie gewohnt nicht beanstandet hat. Die Verbraucherzentralen führen dazu zwei Mus­ter­fest­stel­lungs­kla­gen gegen die Berliner Sparkasse und die Sparkasse Köln/Bonn. 

So können Verbraucher ihr Geld zurückfordern 

„Auch wenn diese Streitfrage für länger zurückliegende Erhöhungen noch vor Gericht behandelt wird, sollte das keinen Verbraucher davon abhalten, schon jetzt aktiv zu werden und Gebühren zurückzufordern“, sagt Lietzau. Am einfachsten geht das mit dem Finanztip-Musterschreiben. Wer mit dem Angebot der Bank unzufrieden ist – oder falls sich die Bank überhaupt weigert, die Gebühren zu erstatten –, kann sich zunächst an die zuständige Schlichtungsstelle wenden oder die Angelegenheit gleich einem Rechtsdienstleister übergeben. Für Kunden der Berliner Sparkasse oder der Sparkasse Köln/Bonn sind die Musterklagen ein Glücksfall. Sie können sich kostenlos anmelden und von einem Vergleich oder Urteil profitieren. Bank-Expertin Lietzau gibt jedoch zu bedenken, dass einige Banken die Kundenbeziehung analysieren werden, sobald Kunden Gebühren zurückfordern. „Womöglich entschließen sie sich, dann Konten zu kündigen, wenn sich bestimmte Kunden für die Bank nicht lohnen“, sagt Lietzau. 

Autor
Dorian Obst
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