Beiträge von Kaipirinha

    Hallo, vielen Dank für die Antworten.

    Ich ich versuche es nochmal zusammen zu fassen: Ich hatte aufgrund falscher Erklärungen eine falsche Vorstellung von thesaurierenden ETFs.

    Außerdem leuchtet mir bis heute nicht ein, weshalb ich bei einem Font, der einen Index abbilden will, auf meine Ausschüttung auf Anlegerebene verzichten sollte, weil ich grundsätzlich den gleichen Kursschwankungen unterworfen bin. Meine Anteile scheinen kein Stück mehr wert zu sein, weil ich auf meine Ausschüttung verzichtet habe, außer ausschüttende ETFs perfomen grundsätzlich schlechter und zwar wirklich jedes Jahr um so viel, wie die durchschnittliche Dividende.

    Nun kenne ich keine zwei exakt gleichen ETFs, von denen einer ausschüttet und einer thesauriert und kann auch keine Statistik machen, ob Ausschütter wirklich schlechter performen.

    Gefühle sollte man möglichst ausklammern und aus den Antworten hier, sowie weiteren Recherchen nehme ich schon mal mit, dass ich durch mein falsches Verständnis von thesaurierend zumindest keinen großen Fehler gemacht habe.

    So weit erstmal zu mir. Fetter strich drunter und nur aus Interesse nochmal zurück in die graue Theorie.

    Alle fast alle Argumente, die ich bisher gelesen habe, berücksichtigen nur reine Zinsrechnung, aber keine Marktpsychologie. Ebenfalls bei Finanztip habe ich mal gelesen, dass zwar am Tag der Ausschüttung grundsätzlich die Kurse leicht fallen, dies aber im ständigen Auf- und Ab- untergeht. Diese Aussage stand zwar in einem anderen Zusammenhang (Kaufzeitpunkt). Aber trotzdem gibt es genau zwei Möglichkeiten:

    1. Das gilt nur kurzfristig, mein thesaurierender ETF performt dadurch langfristig eben doch besser, als er es mit Ausschüttung tun würde.

    2. Der fallende Kurs wird durch Anleger die dadurch kaufen, ganz oder teilweise ausgeglichen. Betrachtet man das auf der Ebene der Aktien, ist es für ETF-Anleger noch immer egal. Der Kurs gleicht sich wieder aus und entweder hat jetzt der ETF mehr Aktien oder eben eine eigene Ausschüttung. Aber ETFs sind eben keine Aktien, sondern der Anleger handelt erst eine Ebene darunter, nämlich mit Anteilen des ETFs. Gehen hier die Ausschüttungen einfach im Alltag der Kursschwankungen unter, habe ich hinterher beim Ausschütter z.B. 51 statt 50 Anteile zum gleichen Wert pro Anteil. Das klingt wie Gewinn herbeizaubern? Nein, egal wie man es betrachtet:

    Variante 1: Nach dem Leistungsprizip habe ich etwas für den ETF getan, denn es bekommt ja nicht jeder gleich viel mehr Anteile, sondern jeder nur entsprechend seiner Anteile, also danach wie viel Geld er dem ETF wirklich über das vergangene Jahr zur Verfügung gestellt um Aktien (und damit seinen eigenen Kurs) zu kaufen oder zu halten.

    Variante 2: Auch nach dem Marktprinzip gibt es eine einfache Erklärung: Bei einer Ausschüttung in Anteilen muss der ETF die ausgeschütteten Anteile ja irgendwo (zurück)kaufen und allein dadurch würde der Kurs in dem Moment gar nicht fallen oder wieder ansteigen. Das Geld für diesen Rückkauf fehlt niemandem, denn es kommt ja aus den Dividenden, die der ETF aus seinen Aktien bekommt. Ich denke das das entspricht jetzt dem Fall, den ich beobachtet habe, nämlich dass sich ausschüttende ETFs oft viele Jahre gar nicht nach unten weiter von ihrem Index entfernen.

    Achtung, langer Text. Die abschließende Frage steht ganz unten.

    Ich bin vor etwas über einem Jahr in ETFs eingestiegen und habe mich auch mit relativ viel Aufwand informiert. Der ETF, der mit gefallen hat, war thesaurierend und ich las überall, dass dies für Sparer sogar die bessere Wahl sei.

    Hier als Beispiel ein Zitat von justETF: „Wenn du nun aber regelmäßig ansparen oder einen großen Betrag für die spätere Verwendung anlegen möchtest, sind thesaurierende ETFs die richtige Wahl.“ Der Hauptgrund soll der Zinseszinseffekt sein.

    Wie viele andere, habe ich mich spätestens nach einem Jahr gefragt, wo meine wieder angelegten Dividenden sind. In einem recht neueren Video von Finanztip wird es richtig erklärt, als ich eingestiegen bin, habe ich es komplett falsch erklärt bekommen. https://www.youtube.com/watch?v=tOkJUxGSGy4

    Die kurze Aussage ist, mit einem thesaurierenden ETF wird man niemals Ausschüttungen sehen. Die ETF Anteile sollen dadurch satt dessen mehr wert werden.

    Das bedeutet ja aber: Auch jeder einzelne Anteil, den ich gekauft habe oder noch kaufe, war oder wird dadurch teurer. Ich sehe nicht nur die Dividende nicht, ich bekomme sie nicht. Der ETF bekommt sie, von dem ich ein Anteilseigner bin. Normalerweise berechnet sich meine Rendite aus Kursveränderungen plus Dividende, bei einem thesaurierenden ETF aber nur aus ersterem.

    Bei Kursgewinnen ist es aber ziemlich egal, ob es einem Index oder einem Unternehmen gerade gut oder schlecht geht. Wichtig ist nur, wie viel besser oder schlechter es ihm geht, seit ich die Anteile gekauft habe, für die ich die Rendite berechnen möchte. Wenn ein thesaurierender und ein ausschüttender ETF nach zwei Jahren beide wieder beim gleichen Kurs sind wie vorher, habe ich beim Thesaurierer eine Rendite von Null und quasi auf die Dividende verzichtet. Ich muss davon ausgehen, dass der Thesaurierer jetzt unter Null wäre, wenn er die Dividenden ausgezahlt hätte. Er müsste jedes einzelne Jahr stärker im Plus oder weniger im Minus sein, um genau so gut wie der Ausschütter zu sein.

    Aber ist das wirklich in der Regel so, oder sind die Kursschwankungen nicht doch eher ähnlich?

    Experten sollen ja angeblich ausgerechnet haben, dass für Sparer durch den Zinseszinseffekt ein Thesaurierer besser ist.

    Vergleich relativ zum Index

    ETFs orientieren sich ja an einem Index und wenn es wirklich so wäre, das ein Thesaurierer ständig schneller wächst, damit alle meine Anteile für mich mehr Wert werden, egal wann ich sie gekauft habe, dann hätte sich der ETF nach Jahren komplett nach oben vom Index entfernt, oder ein ausschüttender nach unten. Und das exponentiell immer schneller, wir brauchen ja Entwicklungen in Prozent. Ich sehe das schlicht nicht passieren! Mein eigener thesaurierender ETF (WKN A2P6TP) ist relativ dicht an seinem Index geblieben, das hat Finanztip ja auch so beschrieben. Er ist allerdings recht neu.

    Wenn ich mir einen beliebigen ausschüttenden ETF ansehe (z.B. WKN A0HGWF), hat sich auch dieser in seinen ersten 10 Jahren kaum von seinem Index entfernt. Da hätte ich mit einem vergleichbaren Thesaurierer einfach auf die Dividende verzichtet und das kann je nach Investitionsvolumen sehr viel Geld sein. In den letzten drei Jahren lag er deutlich unter seinem Index, aber eben immer nahezu gleich viel. Also ist mir diese Differenz egal, weil sie ja beim kaufen und verkaufen von Anteilen (annähernd) die gleiche ist.

    Nur für die Anteile, die ich wirklich 15 Jahre gehalten habe, hätte ein Thesaurierer hier vielleicht mehr abgeworfen, dafür hätte ich aber für die ganzen 15 Jahre für alle Anteile auf die Dividende verzichtet. Das kommt mir sehr suspekt vor!

    Vergleich in absoluten Zahlen

    Dividenden schütten Unternehmen (fast) immer aus, Null ist hier selten, Negativ gibt es nicht. Ich habe also jedes Jahr immerhin einen gewissen und (fast) garantierten Ausgleich für Inflation und eventuelle Kursverluste. Nehmen wir an, ich habe 50.000€ investiert. Die Zeiten sind eher schlecht, deshalb gibt es nur 1% Dividende. Die Kurse, nehmen wir an, sind mal gefallen und mal gestiegen, aber nach zwei Jahren sind sie ca. 1% höher. (Dafür müsste man im Moment bereits beten, in der Realität bin ich im Minus!) Dann hätte ich mit dem Ausschütter immerhin 1000€ garantiert und auch insgesamt 1000€ mehr, als beim Thesaurierer. Letzterer müsste beim Kursverlauf schon doppelt so gut sein (2%), um mitzuhalten.

    Fazit und Frage

    Sind thesaurierende ETFs für Sparer wirklich besser, auch wenn man nicht 1000% sicher ist, dass man das Geld 15 oder 30 Jahre im ETF lassen kann, oder das es diesen überhaupt so lange gibt?

    Natürlich ist der Zinseszinseffekt mächtig, aber die Unsicherheiten des Lebens und der Blick darauf, welche Abstände ausschüttende ETFs in der Realität wirklich zu ihrem Index haben, lassen mich daran zweifeln, dass man in der Praxis etwas davon hat. Immerhin greift der Zinseszinseffekt auch für die Ausschüttung, die ich nicht erhalten habe. Wäre eine gewisse garantierte Ausschüttung nicht für die meisten Menschen sicherer?