Beiträge von RAe KQP

    Verwirkung und Rechtsmissbrauch?

    Der 23. Senat des OLG Frankfurt/Main hat ein einem Urteil vom 25.04.2016, nachdem das Landgericht die Klage gegen die Sparkasse Hanau abgewiesen hatte, festgestellt, dass die Widerrufsbelehrung der Sparkasse in einem Vertrag aus dem Jahre 2008 unwirksam ist und demzufolge die Sparkasse verurteilt. In seinem Urteil hat sich der 23. Senat - was aus unserer Sicht allein schon erstaunlich ist, da uns der 23. Senat des OLG Frankfurt/Main bisher fast ausschließlich als Gericht bekannt war, das Klagen gegen Banken abgewiesen hat - auch intensiv mit dem Einwand der angeblichen Verwirkung und des Rechtsmissbrauchs seitens der Sparkasse auseinandergesetzt und u. a. folgende Worte gefunden:

    "Hinzu kommt der besonders erhebliche Umstand, dass der Verbraucher das Widerrufsrecht ohne besondere Begründung ausüben kann, [...]; eine wie auch immer geartete 'Gesinnungsprüfung' findet nicht statt - [...]. Insofern ist es ohne weiteres legitim, das Widerrufsrecht aus rein wirtschaftlichen Erwägungen geltend zu machen. [...]


    Die Beklagte kann ohnehin keine vorrangige Schutzwürdigkeit für sich beanspruchen, nachdem sie es versäumt hat, die Kläger ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht zu belehren (vgl. BGH NJW 2014, 2646).


    Es ist und bleibt nach alledem im Grundsatz ohne weiteres legitim, in laufender Frist das Verbraucherwiderrufsrecht aus rein wirtschaftlichen Erwägungen heraus geltend zu machen."

    zu neulinghh (Beitrag 916)

    Haben Sie schon prüfen lassen, ob Ihre Widerrufsbelehrung unwirksam ist? Falls Sie unwirksam ist, können Sie in der Tat widerrufen. Damit können Sie sich aber bis spätestens zum 21.06.2016 Zeit lassen. Es genügt, wenn Ihr Widerruf am 21.06.2016 bei der Bank eingegangen ist.

    Unterstellt, die Bank würde Ihren Widerruf als wirksam anerkennen (tut die Bank dies nicht, sondern weißt Ihren Widerspruch als angeblich unwirksam zurück, wie Banken dies regelmäßig tun, hätten Sie noch mehr Zeit, für eine Umfinanzierung zu sorgen), müssten Sie spätestens bis zum 21.07.2016 eine Bank gefunden haben, die die Umfinanzierung vornimmt. D. h., Ihnen bleibt ab heute noch mehr als 1 Monat Zeit, um für ein Anschlussdarlehen zu sorgen.

    Michael@FINANZTIP (Beitrag 912)

    Sie vermuten ganz richtig, dass Kanzleien, die - derzeit - vorwiegend in Widerrufssachen tätig sind, unzählige Anfragen erhalten und sich dies bis zum 21.06.2016 auch kaum ändern dürfte, wahrscheinlich werden sich die Anfragen noch dramatisch erhöhen.

    Den Widerruf sollten Sie - aus juristischen Gründen - ohnehin selbst erklären und erst danach einen Anwalt einschalten! Erst mit dem wirksamen Widerruf entstehen Ihre Ansprüche auf Rückabwicklung, sodass damit die 3jährige Verjährungsfrist zu laufen beginnt.


    Mich würde aber natürlich interessieren um wieviel Geld es bei einer Rückabwicklung für mich geht und ob die Chancen dafür anders stehen? User RAWedekind hat einen längeren Beitrag zur Berechnung verfasst, allerdings scheint mir das Juristen-Deutsch (sorry). Mir kommt es im Moment gar nicht darauf an ob es 12 oder 15 T€ sein könnten

    Mit den von Ihnen gemachten Angaben im Beitrag 895 kann man nicht berechnen "um wieviel Geld es bei einer Rückabwicklung" für Sie geht. Dazu muss man zumindest wissen, wann genau der einzelne Vertrag abgeschlossen wurde, welcher Nominal-/Effektivzinssatz im Vertrag vereinbart wurde und wie hoch die monatliche Annuität war, die an die Bank bezahlt wurde bzw. bezahlt wird. Was ist damit gemeint, wenn Sie schreiben "... und ob die Chancen dafür anders stehen?"

    ruskus v. Samstag

    Sie können ruhig von folgendem Grundsatz - mit ganz wenigen Ausnahmen - ausgehen: Bankenvertreter sehen grundsätzlich all ihre Verträge, auch wenn sie noch so unwirksame Widerrufsbelehrungen enthalten, "als rechtlich zutreffend" an.

    Machen Sie mal die 'Probe aufs Exempel', und erklären selbst gegenüber der Bank den Widerruf ihres Darlehensvertrages, was Sie i. Ü. - aus bestimmten juristischen Gründen - immer selbst tun sollten, nachdem Sie sich anwaltlich oder durch eine vbz haben beraten lassen.


    DennisH v. Freitag

    Ihre Fragen kann Niemand seriös beantworten.
    Zunächst müsste man wissen, wie sicher es ist, dass Ihre WRB unwirksam ist. Des weiteren wie hoch Ihre VFE war und insbesondere auch, um welche Bank/Sparkasse es geht.


    Sie könne sicher sein - so jedenfalls unsere Erfahrung -, die Bank wird Ihnen, sofern Sie nicht anwaltlich vertreten sind, wahrscheinlich schon keinen Vergleichsvorschlag unterbreiten.

    Den Ausführungen des Kollegen Wedekind kann nur zugestimmt werden.
    Das Vorgehen der Verbraucher gegen Banken als "unmoralisch" zu bezeichnen, wie 'alpenveilchen' dies tut, kann auch nur einem Bankenvertreter einfallen! Unmoralisch ist es, jahrelang die vom Gesetzgeber vorgegebenen Musterbelehrungen arrogant, wie es nur Banken zu tun in der Lage sind, zu ignorieren, um sodann den Gerichten 'vorzujammern', die falsch belehrten Kreditnehmer würden sich treuwidrig verhalten und hätten ihre Recht verwirkt. Mögen die Banken endlich einmal zu dem stehen, was sie sich selbst 'eingebrockt' haben.

    zu Alpenveilchen vom 27.04.2016

    Entgegen der Auffassung von 'alpenveilchen', Banken hätten in der Vergangenheit - wieder einmal - alles richtig gemacht und die Verbraucher - natürlich - auch ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht belehrt, kann man auch folgende Auffassung vertreten:

    Banken haben in der Vergangenheit - wieder einmal - die vom Gesetzgeber vorgegebenen Musterbelehrungen arrogant ignoriert und nach eigenem Gutdünken Widerrufsbelehrungen verwandt, die sie zuvor inhaltlich nach ihren ganz eigenen Vorstellungen - zu ihren Gunsten? - verändert hatten. Wenn ihnen dies heute vorgehalten wird und auch die Tatsache, dass sie die Möglichkeit hatten, sog. Nachbelehrungen vorzunehmen, die sie ebenfalls nicht genutzt haben, dann berufen sie sich gerne darauf, das Recht zum Widerruf sei verwirkt, bzw. es sei treuwidrig, wenn auch heute noch Altverträge widerrufen werden können. Das hat u. a. das OLG Hamm in seiner Entscheidung vom 04.11.2015, 31 U 64/15, sehr schön formuliert, wenn es dort u. a. wie folgt heißt: "Ein schutzwürdiges Vertrauen kann die Beklagte (damit ist die Bank gemeint; Anm. d. Unterz.) schon deshalb nicht für sich in Anspruch nehmen, weil sie (gemeint ist wieder die Bank; Anm. d. Unterz.) die Situation selbst herbeigeführt hat, indem sie dem Kläger keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erteilt hat [...]".


    zu gast18 v. 20.04.2016

    Sollte das Restdarlehen tatsächlich heute noch 50.000 € betragen, dürfte eine Rückzahlung innerhalb eines Jahres kaum möglich sein, es sei denn Sie tilgen mit mehr al 8 %. Wie hoch ist die vereinbarte Tilgung? Außerdem ist nicht nachvollziehbar, wie Sie in einem Jahr 3.000 € Zinsen sparen wollen. Wie haben Sie dies berechnet? Wenn Ihr Darlehen aus 2008 stammt, stellt sich insbesondere die Frage, in welchem Monat Sie das Darlehen abgeschlossen haben. Denn danach richtet sich der sog. marktübliche Zins. Liegt dieser unter dem in Ihrem Vertrag vereinbarten Zins, haben Sie - nach einem wirksamen Widerruf - seit 2008 zu viel Zinsen an die Bank bezahlt, die Sie von der Bank - nach einem wirksamen Widerruf - zurückfordern können.

    Sie sollten sich die möglichen finanziellen Vorteile einmal von jemand ausrechnen lassen, der sich auskennt!

    DKB erkennt Unwirksamkeit einer Widerrufsbelehrung an!!!

    In einem von uns bei OLG Dresden geführten Berufungsverfahren zur Abwehr einer von der DKB betriebenen Zwangsvollstreckung (ZV-Abwehrklage), hat die DKB, nachdem der Widerruf des Darlehensvertrages durch die Klägerin erklärt worden war, mit Schriftsatz vom 13.04.2016 gegenüber dem OLG Dresden erklärt, dass sie die Unwirksamkeit ihrer in einem Darlehensvertrag von März 2008 enthaltenen Widerrufsbelehrung anerkennt.

    Gibt es andere bekannte Fälle, in denen die DKB anerkannt hat, dass eine Widerrufsbelehrung unwirksam ist?

    zu MrSpeedy vom 22.03.2016

    Mit den von Ihnen genannten Daten, lässt sich nicht errechnen, welchen Vorteil ein wirksamer Widerruf bringen würde. Dazu muss man zum einen wissen, wann genau der Vertrag mit welchem Zinssatz geschlossen wurde. Danach muss man ermitteln, wie hoch der marktübliche Zins zum Zeitpunkt des Abschlusses des Darlehensvertrages war. Danach kann man den Vorteil überschlägig berechnen.