Am 1. Januar 2020 trat das Bundeteilhabegesetz in Kraft, das, wie der Name andeutet, Behinderten mehr Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglichen soll. Dazu gehört, dass er seine finanziellen Dinge selbst regelt.
Bei einem Behinderten mit Einwilligungsvorbehalt heißt das, dass diese Aufgabe dem Betreuer zufällt. Der Behinderte braucht seit 1.1.2020 zwei Konten, die auf seinen Namen lauten; eines, auf dem alle offiziellen Zahlungseingänge und -ausgänge abgewickelt werden, sowie ein zweites, mit dem er sich über kleinere Taschengeldbeträge (10-20 Euro) versorgen kann. Zuvor war der zuständige Sozialverband das Bindeglied zwischen den diversen Ämtern und der Einrichtung für betreutes Wohnen und Arbeiten, in der der Betreute lebt; der Betreuer hatte mit finanziellen Dingen allenfalls am Rande zu tun.
Ich wollte natürlich nach Möglichkeit kostenlose Girokonten einrichten. Also habe ich bei Finanztipp nachgeschaut und möchte hier meine Erfahrungen schildern; vielleicht sind sie für den einen oder anderen interessant.
Die DKB war nicht in der Lage, innerhalb von 10 Tagen auf eine Anfrage zu antworten. Außerdem ist ein Girokonto dort ungünstig als Taschengeldkonto, weil Geldautomaten offenbar dünn gesät sind und nur ein Mindestbetrag von 50 Euro abgehoben werden kann.
Santander hörte sich am Telefon gut an, aber bei einem Besuch in der Filiale wurde mir sofort eröffnet, dass Behinderten und ihren Betreuern Online-Banking nicht gestattet ist. Das ist natürlich ein Nogo.
Das gleiche gilt für Comdirect. Immerhin hat man mir das dort sofort am Telefon gesagt.
Die Sparda-Bank bietet ebenfalls kostenlose Girokonten an. Allerdings ist die Möglichkeit, sich mit Taschengeld-Beträgen zu versorgen, sehr umständlich und (wenn ich es richtig verstanden habe) nur in einer Filiale möglich.
Gut angehört hat sich die Norisbank; sie gehört wie Commerzbank und Postbank zur Deutschen Bank und hat deshalb ein großes Netz an Geldautomaten, Mindestabhebebetrag am Automaten 10 Euro.
Ich habe also zwei Girokonten beantragt. Man hat einen Antrag bearbeitet, den anderen kommentarlos ignoriert. (Bei der Hotline gab man mir später den Tipp, ich solle stattdessen online eine Sparcard für den Betreuten beantragen, mit der er Geld vom Automaten abheben kann.)
Nach gut einer Woche war das Girokonto eingerichtet. Und dann tat sich erst einmal nichts. Es dauerte rund 7 Wochen und diverse Telefonate, Emails und Briefe, bis ich endlich die Unterlagen für Online-Banking ("Herzlich willkommen beim Online-Banking" usw.) erhielt.
Nach zwei Wochen war die erste Überweisung zu tätigen. Dabei stellte ich fest, dass ich außer Kontostand anschauen nichts online erledigen durfte. Also wieder einen Brief geschrieben; immerhin wurden die Berechtigungen innerhalb einer Woche kommentarlos geändert.
Eine Sparcard war schnell eingerichtet, aber was nicht kam, war die Karte zum Geldabheben. Es daurte zwei Monate und - na klar - diverse Telefonate, Emails und einen Brief, bis ich die Information erhielt, dass die Karte (natürlich) nur auf den Kontoinhaber ausgestellt werden kann und dies bei Betreuten mit Einwilligungsvorbehalt nicht möglich ist.
Das ganze war schon nervig. Die Hotline habe ich immer sehr schnell erreicht; ich habe selten eine Hotline mit so kurzen Wartezeiten erlebt. Allerdings war man dort nie in der Lage, mir zu konkret helfen, da in meinem speziellen Fall kein Telefon-Banking gestattet ist.
Natürlich ist auch kein Überziehungskredit zulässig; man muss also immer aufpassen, dass das Konto vor eventuellen Lastschriften ausreichend Deckung hat.
Insgesamt hat es über zwei Monate gedauert, bis mir Online-Banking uneingeschränkt zur Verfügung stand, und vier Monate, bis alle Fragen beantwortet waren. Service geht normalerweise anders.
Wie ich das Taschengeldproblem löse, muss ich mir noch überlegen.
Es zeigt sich, dass wieder einmal ein Gesetz mit heißer Nadel gestrickt wurde, ohne dass dafür vernünftige Voraussetzungen vorhanden sind. Dabei ist mein Fall minderschwer. Ich habe nur eine Betreuung; es gibt professionelle Betreuer mit einer zweistelligen Anzahl Betreuter.