Vermögensaufbau bei fortgeschrittenem Alter und hohem Einkommen

  • Hallo,
    ich habe eine konkrete Situation über die ich mir zurzeit den Kopf zerbreche und würde gerne mal Eure Meinungen/Vorschläge dazu hören:
    Mein Vater ist niedergelassener Arzt und ist vor einigen Jahren in neue Praxisräume umgezogen. Unmittelbar danach ist der Umsatz wirklich absurd gestiegen, der Gewinn, der bei ihm hängen bleibt, bewegt sich seitdem um ∼ 500.000€/a (± 50k). Aussagen von Kollegen zufolge kann man damit rechnen, dass das so bleibt und in Zukunft sogar noch leicht aufwärts geht.
    Die Lage ist jetzt folgende: Mein Vater hat bis jetzt noch kein riesiges Vermögen aufgebaut (mit Eigenheim ∼ 850k, davon 200k in Aktien/Fonds), weil er ordentlich Kredite abbezahlen musste, nichts geerbt hat und ne lange Ausbildungszeit dahinter steht. Jetzt hat er jährlich bereits ∼90k über, in 3 Jahren ist ein Kredit, den er jetzt noch jährlich mit 60k (versteuertem Geld) bedient auch getilgt. Er ist jetzt 56 und will die Praxis noch ca. 11 Jahre führen, also dürften bei 150k pro Jahr ca. 1,6 Mio. zusammenkommen, wenn es so weitergeht.
    Wie wäre jetzt Eure Anlagestrategie, um das beiseite gelegte Geld vernünftig zu vermehren? ETFs, Immobilien oder doch lieber was aktiv Verwaltetes? Oder habt Ihr Erfahrungen mit „unabhängigen“ Finanzberatern? Ich bin auf dem Gebiet wirklich noch absoluter Neuling, also entschuldigt da bitte meine Naivität.
    Weil mein Vater echt keine hohen Lebenshaltungskosten hat, ist übrigens nicht mit einem großartigen Vermögensverzehr im Alter zu rechnen, es würde hier eher darum gehen, „mein zukünftiges Erbe“ zu mehren.
    Ich wär echt dankbar wenn Ihr mir so ein paar Impulse/Gedanken geben könntet, damit ich einige Anhaltspunkte habe, an denen ich mich da orientieren kann.
    Gruß
    Thomas

  • Hallo @Thomas S.


    Ich würde zweigleisig fahren.


    1. Aufbau eines Tagesgeldkonto, wen Minizinsen reizen kann auch eine Festgeldtreppe bauen. Da würde ich mindestens 100-200k anlegen. Festgeldtreppe heißt, du legst Tranchen zu 1/2/3/4/5 Jahren an und bekommst dann regelmäßig frei werdendes. Bringt minimal Zinsen und trotzdem hohe Flexibilität und Zugang zu Cash.


    2. ETF Anlage in MSCI World für alles was über die 100-200k hinaus geht.


    Hast du Geschwister? Wenn nein wirst du bald erbschaftssteuerpflichtig (ab 400 k). Wenn ihr euch berechtigtermaßen vertraut, kannst du auch die ETF Anlage für deinen Vater durchführen. Dann ist das Geld in deinem Namen und alle 10 Jahre sind 400k steuerfrei. So mache ich das in kleinerem Umfang mit meinem Vater, das Geld ist auf meinen Namen angelegt, ich rühre es nicht an, er muss kein Onlinebanking machen, wenn er es haben will kriegt er es sofort, sollte er es nicht brauchen, erbe ich es nach 10 Jahren steuerfrei. Wird aber mit Geschwistern schnell konfliktanfällig. Dann braucht es ein Gemeinschaftsdepot mit den Geschwistern, so dass jeder weiß, dass nichts veruntreut wird.

  • Hallo Chris,
    danke für Deine Antwort! Über die Erbschaftssteuer haben wir mit unserem Steuerberater bereits gesprochen und unter anderem genau das, was Du vorgeschlagen hast, ins Auge gefasst.
    Ein in Finanzsachen fitterer Kollege meines Vaters (großer Warren Buffett Fan ^^) hatte ihm bezüglich ETFs eine Dreierkombi aus MSCI World, S&P 500 und MSCI Emerging Markets empfohlen. Die MSCI World/Emerging Markets-Kombi kann ich nachvollziehen (vermutlich wegen der dauernden Kritik zur US-Lastigkeit des MSCI World), die von Warren Buffett abgekupferte S&P 500-Empfehlung erschließt sich mir aber noch nicht so recht. Übersehe ich da etwas?

  • Es gibt tausende ETFs und Depotkombinationen. Ich selbst kaufe einfach nur MSCI World. Warum man bei 60% usa Anteil diesen noch einmal erhöhen will, erschließt sich mir in der Tat nicht. Ob man Emerging Markets haben will, muss man selbst entscheiden. Alternativ kann man einen All Country World Index kaufen, dann hat man nur 1 ETF und immerhin 10% EM. In den letzten Jahren ist EM schlechter gelaufen als World. Das kann sich ändern. Aber weißt du das?

  • Ich glaube, eine der Kernfragen ist, wie viel Geld überhaupt in ETF gesteckt werden soll. Die o.g. Zinstreppe kann eine mögliche Umsetzung sein. Aber wie hoch der Betrag sein soll, hängt vom Risikoprofil des Vaters und der restlichen Familie ab.


    Eine ETF-Beimischung des S&P 500 zum MSCI World halte ich auch nicht für sinnvoll. Lieber den Weltindex mit regionalen ETF selber zusammenstellen, dann kann man mit Rebalancing Rendite und Risiko im Lauf der Zeit etwas steuern. Macht zwar etwas mehr Aufwand, bleibt aber trotzdem überschaubar und lohnt sich m.E. bei diesen Summen.