Tausende Euro sparen durch fehlerhafte Widerrufsbelehrung

  • DKB erkennt Unwirksamkeit einer Widerrufsbelehrung an!!!


    In einem von uns bei OLG Dresden geführten Berufungsverfahren zur Abwehr einer von der DKB betriebenen Zwangsvollstreckung (ZV-Abwehrklage), hat die DKB, nachdem der Widerruf des Darlehensvertrages durch die Klägerin erklärt worden war, mit Schriftsatz vom 13.04.2016 gegenüber dem OLG Dresden erklärt, dass sie die Unwirksamkeit ihrer in einem Darlehensvertrag von März 2008 enthaltenen Widerrufsbelehrung anerkennt.


    Gibt es andere bekannte Fälle, in denen die DKB anerkannt hat, dass eine Widerrufsbelehrung unwirksam ist?

  • Hallo,


    da wir bereits Ende 2014 bei der SPK Ulm den Widerruf zweier Kreditverträge eingereicht haben und diese bereits von der Bank abgeschmettert wurden (RA hat auch schon geschrieben, ebenfalls aussergerichtlich keine Einigung), stehen wir nun, wie viele andere, vor der Frage, ob wir vor Gericht ziehen. Wir haben jedoch Angst, den Prozess zu verlieren und auf ca. 30000 Euro Gerichtskosten sitzen zu bleiben...
    Der RA hat uns letzten Monat zu einer Klage geraten.
    Um eine weitere Sicherheit zu erhalten, sind wir auf der Suche nach Vergleichen oder Urteilen der 1. Instanz, in dem die Sparkasse Ulm verloren hat.
    Wenn sich jemand im Forum befindet, der von einem Fall gegen die Sparkasse Ulm gehört hat oder selbst betroffen ist, kann mir bitte eine Nachricht zukommen lassen oder etwas dazu ins Forum posten.


    Vieln Dank im Voraus an alle Mitstreiter
    Michi :)

  • Hallo,


    gibt es Erfahrungswerte ab wann es sich überhaupt lohnt den Widerrufsprozess in Gang zu setzen? In unserem Fall läuft das Darlehen seit 2008 und endet im kommenden Jahr. Aktuell beträgt die Restschuld ca. 50k Euro und sollte zum Ende der Laufzeit im kommenden Jahr vollständig getilgt sein.


    Wenn ich es mal ganz grob über den Daumen rechne, dann würde ich durch eine Umschuldung ca. 3000 Euro Zinsen sparen. Abzüglich der Anwaltskosten relativiert sich der Betrag dann auch noch einmal. Oder sehe ich das falsch und es bestehen sogar Ansprüche gegenüber meinem Kreditgeber aus der vergangenen Laufzeit, die noch zu berücksichtigen wären?


    Schönen Gruß

  • @benhur


    diese Seite kann Dir auch evtl. weiterhelfen:


    https://www.test.de/Immobilien…gen-raus-4718800-4719374/


    Zudem noch ein Tip:


    Meiner Meinung nach sollte man weniger danach suchen gegen die eigene Bank Urteile zu finden, sondern nach OLG-Urteilen mit gleicher Widerrufsbelehrung.


    Zum jetzigen Zeitpunkt sind Sparkassen-Widerrufsbelehrungen aus 2008 mit dem Hinweis"im einzelfall prüfen" in der Fussnote besonders angreifbar und verlieren recht oft.


    Gruß,

  • zu gast18 v. 20.04.2016


    Sollte das Restdarlehen tatsächlich heute noch 50.000 € betragen, dürfte eine Rückzahlung innerhalb eines Jahres kaum möglich sein, es sei denn Sie tilgen mit mehr al 8 %. Wie hoch ist die vereinbarte Tilgung? Außerdem ist nicht nachvollziehbar, wie Sie in einem Jahr 3.000 € Zinsen sparen wollen. Wie haben Sie dies berechnet? Wenn Ihr Darlehen aus 2008 stammt, stellt sich insbesondere die Frage, in welchem Monat Sie das Darlehen abgeschlossen haben. Denn danach richtet sich der sog. marktübliche Zins. Liegt dieser unter dem in Ihrem Vertrag vereinbarten Zins, haben Sie - nach einem wirksamen Widerruf - seit 2008 zu viel Zinsen an die Bank bezahlt, die Sie von der Bank - nach einem wirksamen Widerruf - zurückfordern können.


    Sie sollten sich die möglichen finanziellen Vorteile einmal von jemand ausrechnen lassen, der sich auskennt!

  • @Fullyulli


    Vielen dank für den Tipp. Die "Test" Seite kenne ich schon. Leider wird da nur ein Fall erwähnt ohne genauer darauf einzugehen. Trotzdem vielen Dank!!!


    Absolute Sicherheit wird es wohl nicht geben. Sollten wir noch den 24. Mai BGH Urteil abwarten?


    Grüße

  • zu gast18 v. 20.04.2016


    Sollte das Restdarlehen tatsächlich heute noch 50.000 € betragen, dürfte eine Rückzahlung innerhalb eines Jahres kaum möglich sein, es sei denn Sie tilgen mit mehr al 8 %. Wie hoch ist die vereinbarte Tilgung? Außerdem ist nicht nachvollziehbar, wie Sie in einem Jahr 3.000 € Zinsen sparen wollen. Wie haben Sie dies berechnet? Wenn Ihr Darlehen aus 2008 stammt, stellt sich insbesondere die Frage, in welchem Monat Sie das Darlehen abgeschlossen haben. Denn danach richtet sich der sog. marktübliche Zins. Liegt dieser unter dem in Ihrem Vertrag vereinbarten Zins, haben Sie - nach einem wirksamen Widerruf - seit 2008 zu viel Zinsen an die Bank bezahlt, die Sie von der Bank - nach einem wirksamen Widerruf - zurückfordern können.


    Sie sollten sich die möglichen finanziellen Vorteile einmal von jemand ausrechnen lassen, der sich auskennt!

    Vielen Dank für Ihre Einschätzung. Wie gesagt habe ich mich bisher nur oberflächlich mit der Sache beschäftigt und Werte grob überschlagen. Wir tilgen mit 5% und bedienen jährlich das Sondertilgungsrecht. Demnach ist der Restbetrag zum Laufzeitende des Kredites in 09/2017 abgetragen. Bei den Zinsen habe ich mich in der Tat verrechnet. Die Einsparung ist sogar noch niedriger. Wenn ich den einschlägigen Tabellen zu marktüblichen Zinsen (vielen Dank für diesen Hinweis) Glauben schenken darf, dann ergibt sich m.E. leider auch kein Hebel, da er deckungsgleich mit unserm Kreditzins ist. Mir stellt sich in unserem Fall also immer noch die Frage ob sich ein Widerspruch lohnt unter Berücksichtigung der Prozesskosten und -risiken.

  • Hallo, ich gebe zu dass ich diesen thread bisher nur überflogen habe .Leider habe ich zu meinem Anliegen noch keine Antwort endeckt.


    Meine letzten drei Verträge enden in diesem Jahr und ich bin dabei diese zu prüfen, den dicksten Brocken habe ich jedoch bereits in 2013 getilgt. Mein Frage ist, wie sieht es aus, wenn ein Vertrag bereits getilgt (2013) wurde.
    Gibt es da noch eine Möglichkeit den Vertrag rückabzuwickeln? Ich kann sogar belegen, das ich mehrfach um vorzeitige Ablösung vorgesprochen habe (2011), was mir jedoch verwehrt wurde,
    --
    Vielen Dank für Hinweise
    Michael

  • Kann es sein, dass hier überwiegend von Erfolgen der Kläger (Darlehnsnehmer) berichtet werden ? Ich wurde heute auf zahlreiche Urteile verwiesen, in denen die Klage abgewiesen wurde.


    Sobald ein RA den Widerruf einlegt, ist zumindest die 1. Gebühr für eine außerordentliche Einigung fällig oder ?
    Sollte man nicht in jedem Fall versuchen, persönlich eine Einigung zu erzielen. Gerade bei längjährigen Geschäftsbeziehungen die eigentlich nicht beendet werden soll ?

  • Kann es sein, dass hier überwiegend von Erfolgen der Kläger (Darlehnsnehmer) berichtet werden ? Ich wurde heute auf zahlreiche Urteile verwiesen, in denen die Klage abgewiesen wurde.


    Sobald ein RA den Widerruf einlegt, ist zumindest die 1. Gebühr für eine außerordentliche Einigung fällig oder ?
    Sollte man nicht in jedem Fall versuchen, persönlich eine Einigung zu erzielen. Gerade bei längjährigen Geschäftsbeziehungen die eigentlich nicht beendet werden soll ?


    Selbstverständlich wird hier überwiegend von Erfolgen berichtet, Finanztip ist schließlich ein Verbrauchermagazin.


    Ich war bis vor kurzem bei einem Rechtsanwalt tätig und habe Widerrufsfälle für die Bankenseite bearbeitet, sprich: Mich mit der Abwehr von Ansprüchen gegen unterschiedliche Banken und Sparkassen beschäftigt. Soviel aus der Praxis: Bei einem Großteil der Fälle kam es gar nicht erst zu Klagen, weil unsere Mandanten die Ansprüche bereits vor Klageerhebung abgewehrt haben. Und die Fälle, in denen es zu Klagen kam, wurden größtenteils verglichen. Die Vergleiche laufen im Regelfall auf einen teilweisen Verzicht der Vorfälligkeitsentschädigung raus. Nur in einem Bruchteil der Fälle kam es zu Urteilen. Und diese Urteile sind höchst unterschiedlich. Ob der Kläger obsiegt, hängt im Wesentlichen davon ab, welche Widerrufsbelehrung verwendet wurde und welches Gericht zuständig ist/wie verbraucherfreundlich das nächstinstanzliche OLG entscheidet.


    Natürlich äußert sich aus dem Bankenbereich kaum jemand öffentlich, aber es ist doch so: Die Verbraucher wurden bei Vertragsabschluss so gut wie immer über ihr Widerrufsrecht informiert und wussten damals, dass ihnen ein Widerrufsrecht zusteht. Der Grund für den Widerruf heute ist nicht, dass sie damals schlecht beraten oder „über den Tisch gezogen“ wurden, sondern schlicht, dass durch den Widerruf die für den Verbraucher negative Zinsentwicklung von den Banken getragen werden soll. Eine derartige Risikoumverteilung ist zwar eigentlich nicht Intention des Widerrufsrechts, wird aber von Verbrauchern gerne mitgenommen, die sich in Bezug auf einige Rechtsfragen auf eine (teilweise äußerst) verbraucherfreundliche Rechtsprechung stützen. Andere Fragen sind dagegen bisher ungeklärt. So ist zum Beispiel fraglich, wie genau die Rückrechnung vorgenommen werden soll und wer zu welchen (Zins-) Zahlungen verpflichtet ist (ein in der Praxis hochumstrittenes Thema; die unteren Instanzen sehen zumindest teilweise den Verbraucher hinsichtlich des Nutzungsersatzes voll in der Beweispflicht mit der Folge, dass dieser ggf. zwar den Vertrag widerrufen kann, ihm finanziell im Ergebnis aber lediglich die Ersparnis der Vorfälligkeitsentschädigung bleibt, weil er nicht nachweisen kann, welche Nutzungen die Banken aus seinen Zahlungen gezogen haben. Je nach Klageantrag ist die Klage dann im Ergebnis möglicherweise ein Nullsummenspiel, weil die Anwaltskosten berücksichtigt werden müssen und die Klage ggf. teilweise abgewiesen wird). Fraglich ist auch, unter welchen Umständen und wie lange bereits abgewickelte Darlehensverträge widerrufen werden können. Auch hierzu gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Positionen mit Tendenz dazu, ein Widerrufsrecht eher anzuerkennen, desto näher der Widerruf an der Beendigung des Vertragsverhältnisses liegt. Liegt die Beendigung bereits mehrere Jahre zurück, wird es problematisch. Schließlich ist auch weitestgehend unklar, wie weit eine Widerrufsbelehrung von der jeweils geltenden Musterwiderrufsbelehrung abweichen darf. Dass eine Abweichung in jedem Fall unzulässig ist, wird von Verbraucheranwälten zwar gerne behauptet, ist in dieser Pauschalität aber nicht richtig bzw. spiegelt die Rechtsprechung nicht adäquat wider. Diese sieht Abweichungen zwar überwiegend kritisch, trotzdem hält nicht jedes OLG jede Abweichung für unzulässig.


    Hinzu kommt, dass Verbraucherschutzanwälte und Verbraucherzentralen (natürlich) sehr viel verbraucherfreundlicher als Bankjuristen sind, damit aber nicht unbedingt die Linie der Rechtsprechung treffen. In Anwaltsschreiben endet das regelmäßig damit, dass „eindeutigfehlerhafte Punkte“, die „klar zur Widerrufbarkeit des Vertrags führen“, in den mündlichen Verhandlungen vom Gericht beiseite gewischt werden und nur auf die wirklich problematischen Punkte Bezug genommen wird. Vieles, was Anwälte schreiben, sieht für den Mandanten schön aus und bläht das Schreiben auf, ist aber letztendlich rechtlich völlig irrelevant (wobei ich zugeben muss, dass natürlich auch Bankjuristen Nebelkerzen werfen. Mit dem Unterschied: Auf Bankseite wissen normalerweise alle maßgeblichen Personen, womit sie möglicherweise durchkommen könnten und was Unsinn bzw. rechtlich sehr gewagt ist, während der Verbraucher regelmäßig überhaupt keine Ahnung hat).


    Insofern: Eine Klage kann erfolgversprechend sein. Die Rechtsprechung ist derzeit relativ verbraucherfreundlich, auch wenn sie nicht jeden Unsinn von Verbraucherschützern mitmacht. Im Ergebnis hängt es aber vom Gericht, der verwendeten Widerrufsbelehrung und weiteren Umständen ab, ob eine Klage sinnvoll ist. Ein kompetenter Rechtsanwalt sollte seine Mandanten entsprechend aufklären und auch darlegen, dass eine Klage natürlich immer auch ein gewisses Risiko in sich birgt.


    Und zum Ende eine kleine Anekdote: Ein befreundeter Verbraucheranwalt hat seine Beziehung zu Mandanten mal folgendermaßen beschrieben: „Meine Mandanten sind zu 80% Vollidioten, die die Materie nichtverstehen, die aber wissen, dass Banken böse sind und Unrecht haben. Die mussich dann erstmal runterbringen. Die anderen 20% haben zwar Hemmungen, weil sie nicht ganz nachvollziehen können, warum sie widerrufen können sollten, nehmen den Widerruf aber ganz pragmatisch mit, weil es um viel Geld geht. Und für uns ist es ein sehr lukratives Geschäft, weil es um Standardfälle mit hohem Streitwert geht und wir dem Mandanten ohne Probleme jedes Ergebnis verkaufen können.“. Dass es sich (im Verhältnis zum Aufwand) um relativ lukrative Mandate handelt, kann ich für Bankenanwälte bestätigen. Zumindest dann, wenn die Verfahren auf Masse betrieben werden und man mehrere Mandate für gleichlautende Widerrufsbelehrungen erhält.

  • zu Alpenveilchen vom 27.04.2016


    Entgegen der Auffassung von 'alpenveilchen', Banken hätten in der Vergangenheit - wieder einmal - alles richtig gemacht und die Verbraucher - natürlich - auch ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht belehrt, kann man auch folgende Auffassung vertreten:


    Banken haben in der Vergangenheit - wieder einmal - die vom Gesetzgeber vorgegebenen Musterbelehrungen arrogant ignoriert und nach eigenem Gutdünken Widerrufsbelehrungen verwandt, die sie zuvor inhaltlich nach ihren ganz eigenen Vorstellungen - zu ihren Gunsten? - verändert hatten. Wenn ihnen dies heute vorgehalten wird und auch die Tatsache, dass sie die Möglichkeit hatten, sog. Nachbelehrungen vorzunehmen, die sie ebenfalls nicht genutzt haben, dann berufen sie sich gerne darauf, das Recht zum Widerruf sei verwirkt, bzw. es sei treuwidrig, wenn auch heute noch Altverträge widerrufen werden können. Das hat u. a. das OLG Hamm in seiner Entscheidung vom 04.11.2015, 31 U 64/15, sehr schön formuliert, wenn es dort u. a. wie folgt heißt: "Ein schutzwürdiges Vertrauen kann die Beklagte (damit ist die Bank gemeint; Anm. d. Unterz.) schon deshalb nicht für sich in Anspruch nehmen, weil sie (gemeint ist wieder die Bank; Anm. d. Unterz.) die Situation selbst herbeigeführt hat, indem sie dem Kläger keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erteilt hat [...]".






  • zu Alpenveilchen vom 27.04.2016


    Entgegen der Auffassung von 'alpenveilchen', Banken hätten in der Vergangenheit - wieder einmal - alles richtig gemacht und die Verbraucher - natürlich - auch ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht belehrt, kann man auch folgende Auffassung vertreten:


    Banken haben in der Vergangenheit - wieder einmal - die vom Gesetzgeber vorgegebenen Musterbelehrungen arrogant ignoriert und nach eigenem Gutdünken Widerrufsbelehrungen verwandt, die sie zuvor inhaltlich nach ihren ganz eigenen Vorstellungen - zu ihren Gunsten? - verändert hatten. Wenn ihnen dies heute vorgehalten wird und auch die Tatsache, dass sie die Möglichkeit hatten, sog. Nachbelehrungen vorzunehmen, die sie ebenfalls nicht genutzt haben, dann berufen sie sich gerne darauf, das Recht zum Widerruf sei verwirkt, bzw. es sei treuwidrig, wenn auch heute noch Altverträge widerrufen werden können. Das hat u. a. das OLG Hamm in seiner Entscheidung vom 04.11.2015, 31 U 64/15, sehr schön formuliert, wenn es dort u. a. wie folgt heißt: "Ein schutzwürdiges Vertrauen kann die Beklagte (damit ist die Bank gemeint; Anm. d. Unterz.) schon deshalb nicht für sich in Anspruch nehmen, weil sie (gemeint ist wieder die Bank; Anm. d. Unterz.) die Situation selbst herbeigeführt hat, indem sie dem Kläger keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erteilt hat [...]".

    Ihrem Namenszusatz nach sind Sie Rechtsanwalt. In dem Fall sollten Sie eigentlich in der Lage sein, meine Aussage zu verstehen: Ich habe nie behauptet, dass Banken alles richtig gemacht hätten. Ich habe auch nie behauptet, Banken hätten "ordnungsgemäß" über das Widerrufsrecht belehrt, das ist eine juristische Wertungsfrage. Was ich geschrieben habe ist: Die Banken haben im Regelfall über das Widerrufsrecht informiert, dass eine Belehrung ausgeblieben ist, ist durchaus vorgekommen, aber nach meinen Erfahrungen die absolute Ausnahme.


    Vielleicht sollten Sie außerdem die historische Entwicklung korrekt widergeben: Ja, es gab Musterwiderrufsbelehrungen. Aber Banken haben mitnichten die Musterbelehrungen "des Gesetzgebers" arrogant ignoriert, diese Aussage ist schlicht falsch. Die Musterwiderrufsbelehrungen wurden als Verordnung erlassen, die bekanntermaßen unterhalb des Gesetzes rangiert, Jurastudium, 1. Semester. Es war in der Anfangszeit hochumstritten, ob eine Verordnung verbindliche Vorgaben machen und festlegen kann, wann gesetzliche Anforderungen an ordnungsgemäße Widerrufsbelehrungen erfüllt sind. Zudem stammen viele monierte Formulierungen gerade aus den von Ihnen erwähnten Musterwiderrufsbelehrungen - es ist doch sehr erstaunlich, dass das Bundesministerium der Justiz selber nicht in der Lage war, rechtssichere Widerrufsbelehrungen zu formulieren. Das deutet doch stark darauf hin, dass die Banken möglicherweise nicht allein an dem Schlamassel schuld sind.
    Und dass Sie das OLG Hamm zitieren, ist sehr schön. Aber es ist eben nur eine Rechtsauffassung unter mehreren.
    Zu dem Argument der Nachbelehrungen: Vielleicht haben Sie auch einen Tipp, wann die Banken welche sichere Nachbelehrung hätten vornehmen sollen? Ein Muster dafür gibt es nämlich nicht und die Rechtsfragen zum Widerruf sind heute noch nicht abschließend geklärt.


    [Nachtrag, 21:47 Uhr: Letzter Absatz überarbeitet]

  • Hallo zusammen


    Ich habe vor ein paar Tagen hier schon einmal gefragt, ob auch einem Darlehen das in 2013 getilgt wurde , widersprochen werden kann. Darauf habe ich eine positive Antwort von user RAe KQP erhalten.


    Was mich wundert ist das in diesem thread ab page 35 oder so keine einzige Rückabwicklung erwähnt wurde. In allen Beiträge geht es um Verträge, die noch laufen.
    Mir ist klar, dass ich hier keine konkrete Auskunft erhalte, eine grobe Orientierung wäre was ich im Moment gerne hätte. Die Unterlagen für ein Prüfung der Erfolgswahrscheinlichkeit stelle ich gerade zusammen.



    In meinem Fall bin ich Erbfolger für 4 Verträge über insgesamt 120T€. Den dicksten Brocken (91T€) habe ich 2013 bereits abgelöst, die anderen drei Verträge laufen dieses Jahr aus und sollen ebenfalls getilgt werden. Noch einmal ich bin Erbfolger und habe als solcher in 2011 nachweislich wegen vorzeitige Ablösung vorgesprochen, falls das von Belang ist..


    Nach dem Lesen diverser Beiträge scheint es mir in jedem Fall ratsam den Widerrufsjoker zu ziehen, da ich das Problem der Anschlussfinanzierung ja nicht habe und auf diesem Weg 3 Jahre Zeit gewinne.


    Mich würde aber natürlich interessieren um wieviel Geld es bei einer Rückabwicklung für mich geht und ob die Chancen dafür anders stehen? User RAWedekind hat einen längeren Beitrag zur Berechnung verfasst, allerdings scheint mir das Juristen-Deutsch (sorry). Mir kommt es im Moment gar nicht darauf an ob es 12 oder 15 T€ sein könnten.

  • @alpenveilchen
    1.
    Die Banken / Sparkassen wussten seit Mitte 2010 / 2011 i.d.R. davon, dass ihre Widerrufsbelehrungen bis Mitte 2010 fehlerhaft waren. Das bestreitet hinter vorgehaltener Hand auch kein Bank-Insider.


    In der aktuellen Ausgabe eines Informationsdienstes, der sich mit Rechtstipps vorrangig an Banken richtet, schreibt Anwalt Dr. Edelmann sogar, die Banken hätten bewusst "keine schlafenden Hunde wecken" wollen.


    Kurz gesagt: Die Banken / Sparkassen haben vorsätzlich oder grob fahrlässig unterlassen, korrekte Nachbelehrungen zu erteilen. Das ist mindestens 'unanständig'.


    Was die Schwierigkeiten der wirksamen (Nach-) Belehrung angeht, hätte durch vollständiges Verwenden des Musters über die sog. Fiktionswirkung einfach eine wirksame Belehrung erteilt werden können.


    Die Banken / Sparkassen wollten aber "keine schlafenden Hunde wecken" und haben es sich daher selbst zuzuschreiben, dass die 'Widerrufsjoker'-Welle rollt.


    2.
    Dass es auch einige wenige Anwälte gibt, die schnelles Geld machen wollen und schlecht arbeiten, ändert nichts daran, dass es jede Menge sorgfältig arbeitender Anwälte gibt. Wenn man jeden Fall ernst nimmt, ist das meist eine rechtlich schwierige und zeitaufwändige Sache. Ich halte es für einen gefährlichen Irrtum zu glauben, oft sei ein Fall wie der andere. Meiner Erfahrung nach gibt es sehr viele unterschiedliche Fallgestaltungen. Auf Details kommt es durchaus an.


    3.
    Verbraucher sollten sich kein schlechtes Gewissen einreden lassen, sondern Zeit und Geld investieren, einen anwaltlichen Berater zu finden, der ihren individuellen Fall einschätzen und ggf. außergerichtlich und/oder gerichtlich vertreten kann. Dazu gehört eine Abwägung von Chancen und Risiken und 'der Zahlen' im Einzelfall.


    4.
    Für die Fälle der bis 10.06.2010 geschlossenen Verträge läuft die Zeit immer schneller. (Deadline: 21.06.2016 ! )


    Für die Verträge ab 11.06.2010 wird die Welle noch kommen.
    Die Verträge ab 11.06.2010 haben viele noch nicht so sehr im Blick ... ich schon ;)

    Mit freundlichen Grüßen


    Leif Holger Wedekind

  • Zu 1.: Kreditinstitute wussten Mitte 2010, dass gewisse Probleme mit den Widerrufsbelehrungen bestehen. Das Thema ist in den Jahren zuvor intensiv diskutiert worden, 2009 kamen Urteile des BGH. Dieser hat unter anderem die aus der Musterwiderrufsbelehrung stammende Formulierung "Die Frist beginnt frühestens..." gekippt. Detailfragen waren aber lange Zeit nicht geklärt. Beispielsweise, inwieweit Abweichungen schädlich sind. Bei den relativ bekannten Sparkassenwiderrufsbelehrungen ist bis heute nicht geklärt, ob sie wirksam sind oder nicht. Die Rechtsprechung tendiert zur Unwirksamkeit, einzelne OLG sehen das anders. Auch war nicht geklärt, ob aufgrund anderweitiger rechtlicher Überlegungen ein Widerrufsrecht zu diesem Zeitpunkt möglicherweise nicht mehr bestand.
    Dass eine Nachbelehrung vor diesem Hintergrund nicht erteilt wurde, ist nachvollziehbar. Das Zinsniveau war zum damaligen Zeitpunkt bereits massiv abgesunken, ein ggf. unnötigerweise neu begründetes Widerrufsrecht wäre vor diesem Hintergrund nicht sinnvoll.


    Hinzu kommt das von mir bereits erwähnte Problem: Sie sollten wissen, dass an Nachbelehrungen vom BGH hohe Anforderungen gestellt werden (u.a. ein unmissverständlicher Bezug auf die ursprüngliche Vertragserklärung in der Belehrung selbst). Hinzu kommt, das möglicherweise auch umfassender über die Folgen des Widerrufs aufgeklärt werden müsste (Stichwort: Rückabwicklung) und selbst bei der von Ihnen angenommenen Rechtslage unklar ist, welche Version der Musterwiderrufsbelehrung verwendet werden müsste.


    Kein Jurist kann seriös beantworten, wie eine Nachbelehrung so rechtssicher ausgestaltet werden kann, dass sie garantiert vor dem BGH Bestand hat.


    Zu 2.: Ich habe nie behauptet, dass alle Fälle identisch sind. Kreditinstitute haben aber im Regelfall nur wenige unterschiedliche Widerrufsbelehrungen verwendet. Das bedeutet: Jede Version muss nur einmal geprüft werden. In der Folgezeit wird geschaut, ob Besonderheiten bestehen. Ich habe wirklich viele Schreiben von Verbraucheranwälten gesehen: Wie bei Bankjuristen auch arbeiten diese im Wesentlichen mit Textbausteinen, die ggf. an die Besonderheiten des Falls angepasst werden müssen. Ich hatte in Schreiben der Gegenseite an unsere Mandanten auch häufiger Textbausteine, die offensichtlich nicht zum aktuellen Fall passten und die sich auf ganz andere Widerrufsbelehrungen bezogen.


    Oder wollen Sie mir als Anwalt, der sich anscheinend tiefergehend mit Widerrufen befasst, ernsthaft erzählen, Sie hätten für Ihre Schreiben keine Textbausteine? Dann gratuliere ich Ihnen: Sie wären vermutlich der erste Anwalt, der das so handhabt.


    Zu 3.: Ich sage nicht, dass Verbraucher ein schlechtes Gewissen haben sollten. Ich finde das Vorgehen zwar unmoralisch, aber es geht letztendlich in jedem Einzelfall um viel Geld. Wer es machen will: Bitte. In vielen Fällen sind die Chancen, in einem Prozess zu obsiegen, auf Basis der Rechtsprechung in der Vergangenheit nicht ganz schlecht. Man sollte sich hinterher nur nicht beschweren, wenn auch die Gegenseite ihrerseits sämtliche Register zieht und sich vehement verteidigt, sprich: Den Prozess zumindest bis in die zweite Instanz durchzieht, auch wenn es für den Verbraucher mit extrem viel Zeit und Ärger verbunden ist. Das ist schließlich - ebenso wie der Widerruf der Verbraucher - das gute Recht der Banken.

  • 1.
    "Kein Jurist kann seriös beantworten, wie eine Nachbelehrung so rechtssicher ausgestaltet werden kann, dass sie garantiert vor dem BGH Bestand hat."


    Doch. Das habe ich bereits. Es hätte ein "Verwenden" des jeweils geltenden Musters genügt, auf Deutsch "stur abschreiben" :)


    2.
    Das Problem ist nicht das Verwenden von Textbausteinen, sondern das gedankenlose "copy & paste". Entscheidend ist, dass am Ende ein individuell auf den konkreten Fall passender Text auf dem Papier steht. Und ja, das ist möglich.


    3.
    AGB-Recht und Verbraucherschutzrecht enthalten klare Wertungen. Dass die 'Strafe' für fehlende oder falsche Widerufsbelehrung ein 'ewiges Widerrufsrecht' sein sollte, war allgemein bekannt. Der Gesetzgeber hat das Widerrufsrecht nun zeitlich beschnitten, was im Umkehrschluss nur nochmals bestätigt, dass bis zum Inkrattreten dieser Gesetzesänderung die alte Rechtslage Anwendung findet.


    Der BGH hat unlängst klare Worte gefunden und Versuche, den Verbrauchern, die das Widerrufsrecht nutzen, vorzuwerfen, sich unanständig zu verhalten und gegen "Treu und Glauben" zu verstoßen eine klare Absage erteilt.


    Zitat BGH, Urteil vom 16. März 2016 - VIII ZR 146/15 Tz. 19:
    ".. Der Einwand .., der Ausübung des Widerrufsrechts ...seien mit Rücksicht auf dessen (eingeschränkten) Schutzzweck nach § 242 BGB Schranken gesetzt, geht schon im Ansatz fehl. ..."
    .
    "geht schon im Ansatz fehl ..." - das ist deutlich.

    Mit freundlichen Grüßen


    Leif Holger Wedekind

  • Den Ausführungen des Kollegen Wedekind kann nur zugestimmt werden.
    Das Vorgehen der Verbraucher gegen Banken als "unmoralisch" zu bezeichnen, wie 'alpenveilchen' dies tut, kann auch nur einem Bankenvertreter einfallen! Unmoralisch ist es, jahrelang die vom Gesetzgeber vorgegebenen Musterbelehrungen arrogant, wie es nur Banken zu tun in der Lage sind, zu ignorieren, um sodann den Gerichten 'vorzujammern', die falsch belehrten Kreditnehmer würden sich treuwidrig verhalten und hätten ihre Recht verwirkt. Mögen die Banken endlich einmal zu dem stehen, was sie sich selbst 'eingebrockt' haben.

  • Ich strebe einen außergerichtlichen Vergleich ohne RA an. Kann mir jemand empfehlen, was realistisch ist ? Ich möchte auch nicht übertreiben.
    - Verzicht auf einen Teil der Vorfälligskeitsentschädigung
    - Verzicht auf die volle VFE
    - Verzicht auf die VFE plus einen Betrag X
    Ein Neuabschluss bei dieser Bank kommt leider nicht in Frage, da sie über 2 % für eine 10-jährige haben will.