Zu Entnahmestrategien:
All die Rechnungen zu Entnahmestrategien sind wertvolle Theorie, um zu verstehen, wie sich die Finanzen entwickeln könnten. In der Praxis scheint es mir sinnvoll, so viel zu entnehmen, wie man tatsächlich braucht, statt vorgeplanter Beträge – aber gedeckelt durch eine an die Marktentwicklung angepasste Obergrenze.
Hilfreich zu Entnahmestrategien finde ich die Erläuterungen von Prof. Weber (Erfinder des ARERO), Die genial einfache Vermögensstrategie, Kapitel „Strategien für kontinuierliches Entsparen“. Auf Finanzen?Erklärt! wird vieles zu Entnahmen genau gerechnet.
Bei meinem Grübeln über gute Intervalle für Rebalancing und Entnahmen fand ich mir plausible Aussagen bei Bengen (Erfinder der 4%-Regel), A richer Retirement, "Timing of Withdrawals", "... Rebalancing Interval", "Optimum Asset Allocation, Figure 8.8":
- Die Länge des Rebalancing-Intervalls scheint kaum Auswirkung auf die sichere Entnahmerate zu haben - wenn überhaupt, dann steigt diese leicht mit längerem Intervall bis zum völligen Verzicht auf Rebalancing. Aber häufigeres Rebalancing erhöht die erwartbare Portfoliorendite.
- Kürzere Entnahmeintervalle steigern die Rendite, weil das Kapitel länger investiert bleibt.
- Die optimale Höhe des risikoarmen Zinstopfs liegt bei ca. 6J Verbrauch. Geplanter Verbrauch ist in meinem Fall die Differenz zwischen Ausgabenbudget und Renteneinkünften, vlg. Bengen, Figure 8.8.
Für mich sind jährliche Entnahme und Rebalancing ein pragmatischer Kompromiss zwischen theoretischer Optimierung und persönlichem Aufwand/Bequemlichkeit/Einfachheit. Wer Ausschütter hat, kann den Termin kurz hinter wesentliche Ausschüttungen legen (bei mir z. B. des FIO).
Zu beachten ist die generell zu erwartende Veränderung der Ausgabenhöhe oder Lebensumstände im Laufe des Ruhestandes – „Go- "Go-Go, Slow-Go, and No-Go Years".
Ich persönlich verzehre aktuell nicht, sondern spare sogar zusätzlich. Wegen Einnahmen aus Pflegegeld für die Betreuung meiner Eltern und weil geplante Langzeitreisen deshalb entfallen sind. Teilweise spielt sicher auch das typische Problem mit, vom Sparen fürs Alter auf bewusstes Ausgeben umzuschalten. Würde ich starr meine geplante Summe entnehmen, würde überschüssiges Geld auf schlecht rentierenden Konten landen und wieder angelegt werden müssen.
Generelle Aspekte zur Geldanlage im Alter:
Inflation ist für mich das größere Risiko als Börsencrashs: Preise bleiben oben, Kurseinbrüche sind erfahrungsgemäß nur temporär.
Aktienquote im Alter erhöhen („Rising Equity Glidepath“) ist mir plausibler als „100 minus Alter“. Neuere Studien sprechen sogar dafür, dass 100 % Aktien langfristig sicherer sein könnten – habe ich aber nicht genauer angeschaut.

Persönlich habe ich mit 68, 4J im Ruhestand mein Investitionsportfolio in den ARERO umgeschichtet: Meine Renten reichen lebenslang auskömmlich, riskobehaftete Anlagen dienen mir zur Diversifikation gegen mein Klumpenrisiko "Grossteil meines Vermögens (Renten, Cash, Bankeinlagen, Immobilie, Geldmarktfonds) in Deutschland/Europa/Euro" und zum Inflationsausgleich. Renditen über der Inflationsrate sind nachrangig. "Genug ist mir genug". Ich habe niemanden zum Vererben.
Mein Hirn lässt merklich nach und die Lust auf Finanzgestaltung schwindet.