Hallo,
kurz und direkt beantwortet: Ihre Befürchtung ist leider zutreffend. Das Finanzamt wird bei der Steuererklärung zuerst Ihre gesamten Kapitalerträge mit den bescheinigten Verlusten verrechnen. Erst auf den Betrag, der danach übrig bleibt, wird der Sparerpauschbetrag angewendet.
Das bedeutet, dass der bereits bei den Banken A und B genutzte Freistellungsauftrag im Rahmen der Steuererklärung quasi "ignoriert" wird, da dort eine Gesamtbetrachtung aller Ihrer Kapitalanlagen stattfindet.
Die Reihenfolge der Verrechnung im Detail
Wenn Sie eine Verlustbescheinigung von Bank A einreichen, geht das Finanzamt wie folgt vor:
Ermittlung der Gesamterträge: Zuerst werden alle Ihre positiven Kapitalerträge des Jahres von allen Banken (in Ihrem Fall Bank A, B und C) zusammengerechnet. Dabei spielt es keine Rolle, ob bei einer Bank ein Freistellungsauftrag genutzt wurde oder nicht.
Verlustverrechnung: Von dieser Summe der positiven Erträge wird der Verlust aus der Verlustbescheinigung von Bank A abgezogen.
Anwendung des Sparerpauschbetrags: Nur wenn nach der Verlustverrechnung noch ein positiver Betrag übrig ist, wird darauf der Sparerpauschbetrag (1.000 € für Ledige / 2.000 € for gemeinsam Veranlagte) angerechnet.
Besteuerung: Ein eventuell danach noch verbleibender Betrag wird mit der Abgeltungsteuer (25 % zzgl. Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer) besteuert.
Ein konkretes Rechenbeispiel
Nehmen wir vereinfachte Zahlen, die Ihrer Situation ähneln:
Verlusttopf "Sonstige" bei Bank A: -4.500 € (Sie beantragen die Verlustbescheinigung)
Zinserträge bei Bank B: +2.000 € (Hier wurde ein Teil des Freistellungsauftrags genutzt)
Zinserträge bei Bank C: +1.500 € (Hier wurde kein Freistellungsauftrag genutzt und Kapitalertragsteuer abgeführt)
Ihr Sparerpauschbetrag: 1.000 €
So rechnet das Finanzamt:
Summe der positiven Erträge: 2.000 € (Bank B) + 1.500 € (Bank C) = 3.500 €
Verlustverrechnung: 3.500 € (Erträge) - 4.500 € (Verluste) = -1.000 €
Ergebnis: Ihr Saldo aus Kapitalvermögen für dieses Jahr beträgt 0 €. Da kein positiver Ertrag übrig bleibt, kann der Sparerpauschbetrag von 1.000 € nicht genutzt werden – er verfällt für dieses Jahr ungenutzt.
Verbleibender Verlustvortrag: Der nicht genutzte Teil des Verlusts (in diesem Fall 1.000 €) wird vom Finanzamt festgestellt und ins nächste Jahr vorgetragen. Sie können ihn dann in der nächsten Steuererklärung wieder mit Kapitalerträgen verrechnen.
Der entscheidende Nachteil, den Sie korrekt erkannt haben: Obwohl Sie eigentlich einen Freibetrag von 1.000 € hätten, sorgt die Verrechnungsreihenfolge dafür, dass dieser ins Leere läuft, solange Ihre Verluste die Gewinne übersteigen.
Was ist die Alternative?
Die Alternative wäre, keine Verlustbescheinigung bei Bank A zu beantragen.
Konsequenz: Der Verlust von 4.500 € bleibt bei Bank A im Verlusttopf und kann nur mit zukünftigen Gewinnen bei derselben Bank verrechnet werden.
Ihre Steuererklärung: Sie würden die Gewinne von Bank B (2.000 €) und Bank C (1.500 €) angeben. Das Finanzamt würde darauf Ihren vollen Sparerpauschbetrag von 1.000 € anrechnen. Zu versteuern wären dann 2.500 € (3.500 € - 1.000 €). Die bereits von Bank C abgeführte Steuer würde Ihnen angerechnet werden.
Strategische Überlegung
Sie stehen also vor der Wahl:
Verlustbescheinigung beantragen: Sinnvoll, wenn Sie die Gewinne bei Bank B und C sofort mit den Verlusten von Bank A verrechnen möchten und/oder Sie bei Bank A in absehbarer Zeit keine ausreichenden Gewinne erwarten, um den Verlusttopf dort abzubauen. Sie nehmen dabei in Kauf, den Sparerpauschbetrag für dieses (und eventuell folgende) Jahr zu "verlieren".
Keine Verlustbescheinigung beantragen: Sinnvoll, wenn Sie den Sparerpauschbetrag für die Gewinne bei Bank B und C nutzen möchten und davon ausgehen, dass Sie bei Bank A in den nächsten Jahren wieder Gewinne erzielen, mit denen sich der Verlusttopf bankintern abbauen lässt.
Bitte beachten Sie, dass dies keine steuerliche Beratung darstellt und im Zweifel immer ein Steuerberater konsultiert werden sollte.