
Hunderttausende Gaskunden sind vergangene Woche in die Ersatzversorgung gerutscht, weil ihr Vertragspartner gas·de sie nicht länger beliefern darf (wir berichteten). Da die Firma derzeit kein Geschäft mehr hat, raten wir Leserinnen und Lesern, die nun mit einer Gutschrift rechnen, ihren letzten Abschlag zurückzubuchen.
Dazu musst Du vorab ausrechnen, wie hoch Dein Gasverbrauch seit der letzten Abrechnung war. Den Verbrauch multiplizierst Du mit dem Arbeitspreis und addierst anschließend den Grundpreis pro Monat hinzu. Etwaige Boni bleiben unberücksichtigt. Hast auch Du deutlich zu viel gezahlt, solltest Du den Abschlag zurückbuchen.
Gas·de reagierte übrigens prompt: Der Anbieter schickte Mahnungen an Kunden, die zurückgebucht haben. Sie sollten die Abschlagszahlung wieder überweisen und angefallene Bankgebühren tragen. Dabei könnte gas·de einfach eine Schlussrechnung schicken; das muss der Anbieter bis 13. Januar ohnehin tun. Lass Dich nicht aus der Ruhe bringen, schreibe freundlich zurück – und warte auf die Schlussrechnung.
Fragwürdiges Verhalten des Grundversorgers
Einige ehemalige gas·de-Kunden kamen vom Regen in die Traufe: Der Grundversorger Mitgas GmbH mit Sitz in Halle/Saale hat eigens einen Tarif „Kunden gas·de“ geschaffen und begrüßte Verbraucher in diesem neuen Vertrag. Die Kilowattstunde Gas kostet 17,7 Cent! Das ist mehr als doppelt so viel wie in der Ersatzversorgung mit 7,8 Cent (ab Januar 9,1 Cent).
Nach unserer Einschätzung ist das rechtlich nicht haltbar. Du musst den Tarif „Kunden gas·de“ auch ausdrücklich wollen, damit der Vertrag zustande kommt.
Unsere Tipps für Kunden von Mitgas
Wenn Dir Mitgas mitgeteilt hat, dass Du in dem teuren Sondertarif gelandet bist, dann erkläre, dass Du diesen Sondervertrag „Kunden gas·de“ nicht abgeschlossen hast und auch nicht abschließen willst. Verweise darauf, dass Du am 3. Dezember qua Gesetz in die Ersatzversorgung bei Mitgas gefallen bist und auch zu den Preisen der Ersatzversorgung beliefert werden möchtest (§38 EnWG).
Schließe außerdem schnell wieder einen Gasvertrag ab, um die Auseinandersetzung mit Mitgas zu verkürzen. Passende Angebote findest Du über unseren Gasrechner. Du kannst einen Vertrag auch bis zu sechs Wochen rückwirkend schließen – gelingt es Dir, als Lieferstart den 3. Dezember 2021 zu vereinbaren, wäre die Sache mit Mitgas komplett erledigt.
Kannst Du den nächsten Vertrag nicht nahtlos an den Vertrag mit gas·de anschließen, bist Du vorübergehend in der Ersatzversorgung. Diese endet, sobald ein neuer Vertrag anläuft. Mitgas bestreitet allerdings, dass die ehemaligen gas·de-Kunden in die Ersatzversorgung gefallen wären. Das Unternehmen hat uns auf Anfrage erklärt, dass es die Ersatzversorgung abgelehnt und daher den Sondertarif aufgesetzt habe.
Auch das halten wir rechtlich für schwierig: Ein Grundversorger darf die Grundversorgung von Haushaltskunden aus wirtschaftlichen Gründen ablehnen, nicht jedoch die Ersatzversorgung. Diese endet spätestens nach drei Monaten – wer keinen anderen Vertrag geschlossen hat, hat dann einen Grundversorgungsvertrag.
Sollte Mitgas auf seinen Positionen beharren – ein Sondervertrag sei geschlossen und Du befändest Dich nicht in der Ersatzversorgung –, empfehlen wir, dass Du Dich an die Schlichtungsstelle Energie wendest. Ein Schlichtungsverfahren ist für Dich kostenfrei.
Dass gas·de als Lieferant ausgefallen ist, stellt viele Grundversorger vor Probleme. Die Preise in der Grundversorgung ergeben sich durch langfristige Beschaffung von Gas – als dieses noch nicht so teuer war wie aktuell. Fallen viele neue Kunden in die Ersatzversorgung, in der in der Regel dieselben Preise wie in der Grundversorgung gelten, müssen die Stadtwerke zusätzlich Gas kaufen – zu höheren Preisen als das langfristig bezogene. Das treibt die Kosten in der Grund- und Ersatzversorgung in die Höhe.
Anderswo versuchen Stadtwerke daher, einen Unterschied zwischen den Kunden zu machen. Einige Stadtwerke in Nordrhein-Westfalen unterscheiden seit November zwischen Bestands- und Neukunden (wir berichteten). Grundversorger in anderen Bundesländern sind dem Beispiel im Dezember gefolgt. In Berlin und Brandenburg/Havel etwa zahlen seit dem 2. Dezember Neukunden mehr als doppelt so hohe Verbrauchspreise wie schon länger grundversorgte Haushalte.
Unsere Tipps für gas·de-Kunden
Unser Rat: Reagiere unbedingt auf die gas·de-Mahnung. Nachgeben musst Du deshalb noch nicht. So gibt es keine Rechtsgrundlage für die Zahlung der Bankgebühr. Teile das gas·de mit und lass Dir einen Nachweis vorlegen, welche Kosten tatsächlich durch die Mahnung angefallen sind. Die Mahnung der Firma dagegen ist grundsätzlich berechtigt.
Bleibe einfach freundlich und bestimmt. Du bist jetzt auf der sicheren Seite, falls die Firma bis Februar in Zahlungsschwierigkeiten gerät.
Wenn Du weiterhin den Abschlag zurückhältst, kann gas·de eine weitere Mahnung schicken. Aber sobald die Schlussrechnung vorliegt, darf die Firma keinen Abschlag mehr verlangen. Dann zählt, was die Rechnung ergibt.
Ines Rutschmann ist unsere Energie-Expertin und widmet sich allen Fragen, die sich Verbraucher rund um Strom und Heizen stellen. Über den Strommarkt berichtete sie erstmals 2005 für die Leipziger Volkszeitung. Danach war sie für den Deutschlandfunk und das Solarstrom-Magazin Photon tätig. Ines ist Diplom-Ingenieurin (FH) und hat einen Masterabschluss in Energiemanagement.
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19 Kommentare
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Ich habe gas.de den mir entstandenen Schaden exakt berechnet und mitgeteilt sowie die Einzugsermächtigung widerrufen.
Darauf habe ich ein erstes Kulanzangebot (40% des Schadens) erhalten, das ich abgelehnt habe.
14 Tage später hat gas.de den Betrag laut ursprünglicher Schlussrechnung eingezogen.
Die Lastschrift habe ich zurück gehen lassen und gas.de erneut (mit Hinweis auf Scahdenersatzberechnung und widerrufene Einzugsermächtigung) kontaktiert.
Danach erhielt ich ein neues Kulanzangebot über 65% des Schadens, das ich mit erneutem Verweis auf meinen Schaden und meine Schadenaufstellung ebenfalls abgelehnt habe. Zeitgleich habe ich die Zahlung des Schlussbetrages abzgl. Schaden angekündigt und auch durchgeführt.
Heute kommt nach 4 Wochen die Mahnung über den von mir verrechneten Betrag (Schaden) zzgl. der Rückllastkosten für die Rückgabe der Laststchrift die ja trotz vorab widerrufener Einzugsermächtugung erfolgt ist.
Ob die Abgabe an ein Inkassobüro wirklich erfolgt? Ich warte dass mal gelassen ab.
Hallo,habe die korrekte Schlussrechnung von gas.de mittlerweile erhalten. Der Vertrag hätte noch bis zum 1.7.2022 bestanden. Die Kosten der Grundversorgung durch die Stadtwerke Hattingen sind natürlich höher als die mit gas.de vereinbarten Preise, so dass meinerseits eine Schadenersatzforderung besteht. Diese Forderung kann aber erst zum 1.7.2022 berechnet werden.
Meine Frage : Kann ich die mit der Schlussrechnung geforderte Nachzahlung von ca. 900€ bis zum 1.7.2022 zurückhalten, um diese dann mit meiner Forderung zu verrechnen ? Gas. de hat mittlerweile schon mit Inkassobüro und Anwalt gedroht.
Vielen Dank für Ihre Antwort.
Sehr geehrter Herr Schormann, solange Sie gegenüber dem Gasversorger keinen Schadenersatz gefordert haben, können Sie seine Forderung nicht unbeachtet lassen. Sie müssen die Nachzahlung jetzt mit Verweis auf Ihre Schadenersatzforderung zurückweisen. Wenn noch keine Rechnung vom aktuellen Versorger vorliegt, dann rechnen Sie mit seinen Preisen und dem bis Juli zu erwartendem Verbrauch. Wenn Sie auf die Rechnung warten wollen, sollten Sie die Nachzahlung begleichen, ehe Ihnen das Inkassobüro schreibt.
Ich habe jetzt eine Abschlussrechnung von GAS.DE erhalten, und muesste nachzahlen.
Allerdings ist immer noch ungeklärt, ob ich in die Ersatzversorgung ab dem 3.12. reinfalle und damit, wieviel Geld ich ab dem 3.12. bis 1.1.2022 für das Gas bezahlen muss.
Ich kann also derzeit noch nicht abschätzen wieviel mehr ich für die unrechtmäßige Kündigung seitens GAS.DE zahlen muss.
Respektive wie hoch meine Schadenersatzanforderungen an GAS.DE sein werden.
Was soll ich jetzt mit der Schlussrechnung GAS.DE machen, die am 10.2. fällig ist?
Zahlen, und hinterher hoffen über die zu berechnende Schadenersatzforderung Geld zurückzuerhalten?
Nicht zahlen, weil ja garantiert eine Schadenersatzanforderung kommen wird, deren Höhe nur momentan nicht bekannt ist?
Wenn zahlen, oder nicht zahlen, mit welchem Hinweis / Rechtsverweis?
BTW: Wenn ich hier die KWh-Preise der Ersatzversorger höre, bin ich sogar neidisch.
Der Ersatzversorger in meiner Region (NGW) hat im Dezember zum 3.12. und 27.12. die Preise angepasst, auf inzwischen über 34 ct / KWh.
Damit wäre dann der Monat Dezember so teuer wie die gesamte Jahresrechnung vorher (fast 1.000.-EUR).
Kein Scherz.
Das nenne ich mal Wucher!
Korrektur,
NGW verlangt 36,27ct/KWh Gas.
Bietet jemand mehr?
Quelle:
https://www.ngw.de/fileadmin/NGW/60-Dokumente/NGW_Preisblatt_Gas_GV_Bestand_LB__ab_27.12.2021-31.01.2022_Preise_ab_27.12.2021-31.03.2022___neue_Preise_ab_01.04.2022.pdf
Wir haben vor 10 Tagen die Gaspreise für Neukunden in der Ersatz- und Grundversorgung für einige größere Grundversorger abgerufen, siehe hier: https://www.finanztip.de/gaspreisvergleich/gasanbieter-wechseln/#c103554 . Es ist ein Unternehmen darunter, das einen noch höheren Verbrauchspreis hat.
Hurra,
Nur zweithöchster Preis.
Was mich wundert:
„Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hat im Januar 2022 drei Gasgrundversorger wegen überhöhter Preise für Neukunden in der Ersatz- und Grundversorgung abgemahnt und eine einstweilige Verfügung gegen die drei Unternehmen beantragt: Rheinenergie, die Stadtwerke Gütersloh und WSW Energie und Wasser.“
Rheinenergie zB wurde mit knapp über 17ct / KWh abgemahnt.
NGW mit 36 ct/KWh aber nicht?
Ist der Verbraucherzentrale der Wucher von NGW „entgangen“, oder welchen Hintergrund hat das?
Der Verbrauchspreis für Neukunden lag zum Zeitpunkt der Stichprobe der Verbraucherzentrale NRW bei Rheinenergie bei 26,43 Cent/kWh. Ab 14. Januar wurde er auf 18,18 Cent/kWh gesenkt (siehe auch Fußnote zu unserer Tabelle). Ob der Verbraucherzentrale die Preise von NGW bekannt sind, entzieht sich meiner Kenntnis. Aber Sie können die Verbraucherzentrale anschreiben und auf Ihren Grundversorger hinweisen.
Lieber Herr Moll,
widersprechen Sie der Rechnung mit Verweis auf Ihre Schadensersatzforderung und kündigen Sie rechtliche Schritte an, wenn das Unternehmen Ihnen nicht entgegenkommt.
Danke für den Hinweis.
Werde ich machen.
Aber, kann ich rechtliche Schritte ankündigen, ohne den Umfang des Schaden zu kennen?
Natürlich können Sie rechtliche Schritte ankündigen, ohne die Höhe des entstandenen Schadens erst einmal zu nennen. Die Firma kann darauf mit einem Angebot reagieren, damit Sie nicht klagen. Als Grundlage zur Berechnung des Schadensersatzes können Sie die Mehrkosten heranziehen, die Ihnen entstanden sind, weil die Belieferung durch Grünwelt vorzeitig endete.
Bei uns verlangt Mitgas Mitteldeutschland für die Zeit vom 03.12- 31.12.2021 für verbrauchte 2540kwh 462€.
Das sind 17,7cent pro kwh. Haben denen jetzt mitgeteilt, dass ich die Schlichtungsstelle Energie einschalte und niemals mit denen einen Vertrag zu den Sonderpreisen abgeschlossen habe, sondern per Gesetz dort hinein gerutscht bin.
Lieber Herr Eschberger,
den Vorfall können Sie auch der Bundesnetzagentur melden, die sich bei Verstößen gegen das Energiewirtschaftsgesetz einschaltet. Ein Grundversorger darf die Ersatzversorgung eines Haushaltskunden nicht mit Verweis auf wirtschaftliche Unzumutbarkeit ablehnen.
Hallo, für die Zeit vom 03.12.2021 – 31.12.2021 verlangt die GASAG in Berlin für 4.753 kwh
882,39 € !!! Das ist der Betrag unseres Jahresverbrauches von 24.000 kwh. Das ist absolut Wucher!!!
Gas.de kündigt und der Ersatz- und Grundversorger GASAG erhöht die Preise zum 01.12.2021
um ein vielfaches, das stinkt zum Himmel. Als Verbraucher wurde mir das Begüßungsschreiben mit der Rechnung zusammen am 10.Januar 2022 zugestellt!!! Zahlungsziel 20.01.2022!!!
Das gleiche bei mir Stadtwerke Essen für 4400 kWh 798 Euro
Das ist doch willkür,etwas Erhöhung hätt ich ja verstanden,aber 17,8 cent/kWh
Hauptsache ist derzeit die Blockade der russischen Gaslieferung mir Nordstream 2 durch die Bundesnetzagentur. Für mich sind das mafiaartigen Strukturen. Diese „Schreibtischtäter“ gehören sofort gerichtlich zur Verantwortung gezogen
Die ganze Liberalisierung des Energiemarktes ist eine Farce geworden.
Die damals Verantwortlichen müssen zur Verantwortung gezogen werden. Energieversorgung gehört zur Grundsicherung der Wirtschaft und der Bevölkerung und darf nicht zu spekulativen Zwecken genutzt werden.
Warum sind die Speicher nicht gefüllt? Na klar, alle warteten auf billiges Putin-Gas aus Nord Stream 2. Leider verspekuliert.
Die ganze Welt braucht jetzt wo die Wirtschaft wieder loslegt viel Gas. So ein Quatsch, der Verbrauch hat sich überhaupt nicht erhöht gegenüber der Zeit vor Corona.
Es wurde und wird einfach nur spekulierten, geschachert, probiert was geht und gegen Gesetze verstoßen.
Hallo, der Gasversorger Halle ist ja noch „gnädig“. Die GASAG Berlin berechnet in diesem Fall 18,23 €. Wucher vom Feinsten. Ich hoffe auf Karma. Beste Grüße von Bärbel Rechenbach