Buy and hold bei Renten ETF

  • Hallo zusammen,


    aktuell kommen ja durch die steigenden Zinsen die Kurse der Rentenfonds unter Druck. Finanztip und Finanztest raten zu Tagesgeld als Sicherheitsbaustein für das Depot. Was ich mich frage: Macht es auf lange Sicht nicht trotzdem Sinn, einen Euro-Staatsanleihe-Rentenfonds (z.B. mit 25%) neben Aktien ETF mit ins Portfolio zu nehmen? Mich interessieren die Kurse mittelfristig weniger, die Dividendenrendite mit aktuell 2% wäre doch hier z.B. nicht schlecht und die Kurse sollten sich langfristig doch wieder erholen:


    https://www.justetf.com/de/etf…sin=LU0643975591#sparplan


    Wie schätzt ihr die Entwicklung ein? Macht kaufen und halten bei so einem Rentenfonds Sinn wenn man die Kursverluste aussitzt oder eurer Meinung nach eher nicht? Günstiger werden die Fonds gerade... 8o


    LG FiUser!

  • Oder eher Kuponrendite? :thumbup: Egal: Die Hoffnung wäre, dass der Renten-ETF auf lange Sicht steigt, die Schwankungen der Aktien-ETF zumindest etwas ausgleicht und regelmäßig etwas abwirft! Und wenn z.B. in den USA der Leitzins Ende des Jahres wie prognostiziert bei 4% stehen sollte, dann wird dieses „etwas“ perspektivisch doch gar nicht so klein sein! Mal schauen was die EZB und der Euroraum draus machen...

  • Das funktioniert so nicht. Der ETF wird bei ein Prozent Zinssteigerung 7,8% an Wert verlieren. Die Rückzahlungsrendite der enthaltenen Anleihen liegt bei 1,5%, die höhere Ausschüttungsrendite kommt vom Kursverlust. Schick wird das wenn die Anleihen mit neuen durchgemischt sind und die interne Verzinung entsprechend ist, so in 3-4 Jahren.


    Wenn Du das aktuell spielen willst kauf rollierend Staatsanleihen und halte sie bis zur Endfälligkeit. Dann kommen tatsächlich die Ausschüttungen an. Dazu hatte ich die Woche was geschrieben Bundesanleihe als Festgeld-Ersatz

  • Ok, und bei einem Sparplaninvestment in die fallenden Kurse? Angenommen die nächsten 3-4 Jahre geht es wie von dir geschrieben erstmal bergab und danach wieder in bergauf, ist man dann nicht (auch) zu relativ günstigen (Durchschnitts-)Kursen in so einem Fonds investiert? Wie sieht es denn auf ganz lange Sicht aus, wenn man so einen Rentenfonds 20-30 Jahre hält und ggf. sogar dauerhaft bespart?

  • Aus so einem Fonds werden auf Dauer nur die Zinsen ./. Kosten herauskommen. Eine eventuell günstige Einstiegssituation ist nur ein Einmaleffekt. Mal abgesehen von der Handelbarkeit ist es ein rollierendes 8-Jahres-Festgeld.

  • Die erste Anleihe, die ich gekauft hatte, hatte einen Kupon von 11% (Commerzbank).

    Meine erste Hypothek kostete immerhin noch ca. 8%.

    In Grunde genommen kennen wir seit über 30 Jahren nur fallende Zinsen!


    In den letzten 6 Monaten sind die Zinsen jedoch stark nach oben gesprungen. Für eine 10-Jahreshypothek zahlst Du wieder 3% (nach 0,7% im letzten Sommer). Das ist das Niveau von vor 10 Jahren! (Zum Vergleich: Bei Aktien sind wir auf dem Niveau von vor einem Jahr!)


    Wie geht es weiter? Vielleicht war dieser Sprung eine kriegsbedingte Übertreibung? Vielleicht war das aber auch eine klare Zinswende? Vielleicht haben wir jetzt sogar 30 Jahre steigende Zinsen???


    Die Duration (etwa durchschnittliche Laufzeit) des Fonds ist 7,8 Jahre. Das ist schon sehr beachtlich. Wie Kater.Ka schon schrieb, bedeutet das, dass Du ca. 7,8% Verlust machst, wenn sich die Zinskurve um 1% parallel nach oben verschiebt. Das Problem bei einem Renten-Fonds ist, das die Fondsmanager die Duration wenig verändern, d.h. wenn die Zinsen weiter steigen, verlierst Du immer weiter.


    Zum Vergleich: Wenn Du heute eine 8-jährige Anleihe kaufst, hast Du aktuell etwa das gleiche Risiko (Beispiel HLB2U6, Rendite 2,8%). Die Duration fällt aber bis zur Fälligkeit. Du weißt, dass die Anleihe zu 100% zurückgezahlt wird. Du kannst also bei weiter steigende Zinsen diese einfach aussitzen und hast zur Fälligkeit die angegebene Rendite von 2,8% verdient.

  • Zum Vergleich: Wenn Du heute eine 8-jährige Anleihe kaufst, hast Du aktuell etwa das gleiche Risiko (Beispiel HLB2U6, Rendite 2,8%). Die Duration fällt aber bis zur Fälligkeit. Du weißt, dass die Anleihe zu 100% zurückgezahlt wird. Du kannst also bei weiter steigende Zinsen diese einfach aussitzen und hast zur Fälligkeit die angegebene Rendite von 2,8% verdient.

    Hallo, guten Morgen,


    eine paar kleine Verständnis- oder Nachfrage.


    Das kann ich so nachvollziehen - aber ergänzend bzw. umgekehrt ist doch zu sagen: Im Falle des weiter oben von Dir in den Raum gestellten Szenarios - wenn die Zinsen weiter steigen - lässt man damit im Vgl. zu (ausschüttenden) Anleihen-ETFs auch jährliche Zinszahlungen liegen. Denn die Anleihen-ETFs können quasi als immer wieder neu auslaufende (dann: niedriger verzinste) und im Ggz. neu aufgenommene (dann: höher verzinste) Festgeldanleihen betrachtet werden. Wiederum ergänzend bzw. umgekehrt muss man dann sagen: So lange die Zinsen steigen, sinken die ETF-Kurse. Die Zinszahlungen dürften den Kursverfall erst übertroffen haben, wenn die Zinsen eine gewisse Zeit eine Plateau-Phase erleben oder gar wieder sinken.


    Mit andern Worten: Wenn man Anleihen-ETFs dann kauft, wenn die Zinsen ihren Höchststand haben, hat man die relativ höheren Zinsen und keinen weiteren Kursverfall (sondern falls die Zinsen eher sinken sogar steigende Kurse).


    Stimmt das so? Oder mache ich wo einen Denkfehler?


    Viele Grüße

    Andreas

  • Mit andern Worten: Wenn man Anleihen-ETFs dann kauft, wenn die Zinsen ihren Höchststand haben, hat man die relativ höheren Zinsen und keinen weiteren Kursverfall (sondern falls die Zinsen eher sinken sogar steigende Kurse).

    Ich würde das Wort "Anleihen-ETF" durch "Anleihen" ersetzen, dann passt das. Ich habe nach der Finanzkrise 8%-Anleihen mit 10 Jahren Laufzeit gekauft, die stiegen dann mit den fallenden Marktzinsen auf weit über 100.


    Das Ganze findet auch in einem Anleihenfonds/-ETF statt, nur wird hier der Bestand Zug um Zug umgeschichtet, d.h. die einzelne Anleihe nicht bis zur Endfälligkeit behalten. Man kauft das aktuelle Zinsniveau, im weiteren Verlauf steigt bzw. fällt der Kurs bei fallenden bzw. steigenden Zinsen. Durch das Umschichten nähert man sich immer dem aktuellen Zinsniveau.

    Die Zinszahlungen dürften den Kursverfall erst übertroffen haben, wenn die Zinsen eine gewisse Zeit eine Plateau-Phase erleben oder gar wieder sinken.

    Den Satz verstehe ich nicht so ganz, versuche mich aber an einer Antwort. Man kann zu einem Zeitpunkt so einen ETF wie eine einzelne Anleihe ansehen mit den Durchschnittsdaten des enthaltenen Portfolios. Die Summe aus der Kursabweichung von der 100%-Marke mit den summierten Zinszahlungen entspricht der Summe der aktuell am Markt angebotenen Zinszahlungen bei Neuanlage zu 100, alle Zahlungen natürlich auf- bzw. abgezinst. Damit erhält man mit einem Anleihen-ETF eben über lange Sicht auch nur den Durchschnittsertrag.


    Mal auf den Chart schauen https://www.fondsweb.com/de/DE0008476037 (ist mit Wiederanlage der Ausschüttungen)

    Man sieht hier wie um 2008 herum der Kurs eingebrochen ist, da die Zinsen stiegen. Umgekehrt wurden die hohen Zinsen aus der Finanzkrise konserviert und haben sich dann in den Folgejahren überproportional positiv ausgewirkt. Später hat sich das an den Niedrigzins angepasst. Die mittlere Laufzeit ist um die 4 Jahre, entsprechend ist der Versatz zur Marktsituation.

  • Den Satz verstehe ich nicht so ganz, versuche mich aber an einer Antwort.

    Dankeschön, ich finde alle Deine Ausführungen sehr, sehr erkenntnisbringend … muss aber zugeben, auch nicht genau zu wissen, ob Deine Antwort auf meine Frage passt. ? Kurzum, ich bin beim Thema Anleihen noch nicht so sattelfest, wie ich das sein möchte.


    Ich versuche den genannten Absatz

    So lange die Zinsen steigen, sinken die ETF-Kurse. Die Zinszahlungen dürften den Kursverfall erst übertroffen haben, wenn die Zinsen eine gewisse Zeit eine Plateau-Phase erleben oder gar wieder sinken.

    mal durch ein Beispiel anschaulich zu machen:


    Man kauft einen (ausschüttenden) Anleihe-ETF mit einer Duration von 5 Jahren. Die Zinsen steigen (vom Niveau: 0 Prozent/Jahr) in den nächsten 5 Jahren, jeweils zum Beginn des Jahres) um jeweils einen Prozentpunkt. Nach den fünf Jahren steht man so da:


    Der ETF hat fünf Prozent verloren, ausgeschüttet wurden in den fünf Jahren jeweils einmal 0,2 und 0,6 und 1,2 und 2,0 und 3,0 Prozent Zinsen.


    • Wenn das Zinsniveau jetzt weiter steigt, sinkt der ETF-Kurs weiter, die Ausschüttung steigt weiter.
    • Wenn das Zinsniveau fortan konstant bleibt, steigt der ETF-Kurs wieder und die Zinsen steigen weiter an bis alle enthaltenen Anleihen aufs aktuelle Zinsniveau „durchrolliert“ sind.
    • Wenn das Zinsniveau nun wieder sinkt, steigen die ETF-Kurse und die Zinsausschüttung sinkt wieder (aber so, wie sie in der Steigungsphase langsamer gestiegen sind, sinken sie in der Senkungsphase auch langsamer - weil sie durch die Laufzeit eben immer ein Stück weit die Vergangenheit konservieren).

    Keine Ahnung, ob ich meine (möglicherweise verqueren) Gedanken jetzt nachvollziehbarer gemacht habe. ?


    Viele Grüße

    Andreas

  • Ich formuliere mal das Beispiel anders, rückwärts aus den genannten Ausschüttungen:

    Ein ETF enthalte gleichgewichtet fünf Anleihen mit Nominalzins 0%.

    Beginnend am Anfang des Jahres n, beginnend mit 1 und endend mit 5, wird je eine der Anleihen mit 0% gegen eine mit n% ausgetauscht.

    Damit ist am Anfang des Jahres 5 eine durchschnittliche Nominalverzinsung von 3% erreicht.


    Mit der Zinserhöhung auf 1% geht der Kurs nur dann um 5% zurück, wenn die Restlaufzeit im Durchschnitt 5 Jahre ist (das ist mathematisch sehr vereinfacht). Das ist hier aber nicht der Fall, sondern die Duration ist ca. 2.


    Ansonsten stimmt die Aussage, der Kurs fällt und kehrt dann bis auf 100 zurück, wenn das Zinsniveau im ETF dem aktuellen Zinsniveau entspricht. Das wäre in dem Beispiel am Anfang des Jahres 9 der Fall sofern es bei 5% bleibt, da dann alle Anleihen im ETF mit 5% verzinst sind, d.h der Investor zahlt abseits der Kosten den gleichen Preis, egal ob er den ETF oder eine neu emittierte Anleihe kauft.


    Analoges gilt wie von Dir beschreiben für die Zinssenkungsphase.


    Der Unterschied in der Argumentation ist, dass Du vorrangig auf die Ausschüttung schaust. Ich schaue auf die Summe von Kursveränderung und Ausschüttung.


    Beispiel: ich habe nach der Finanzkrise 10-jährige Anleihen mit 8% Nominalzins für die Kinder gekauft. Die waren dann drei Jahre vor Ablauf auf >120, weil der Marktzins 0 war. Ein Investor hatte dann die Wahl eine neue dreijährige Anleihe mit knapp über 0% zu kaufen oder eben meine. Die Rendite ist in beiden Fällen gleich. Daher wehre ich mich auch bei ETF gegen die Ausschüttungsbetrachtung, da diese über lange Zeit eben nur die durchschnittliche Marktverzinsung ist, wie Dein Beispiel zeigt.

  • Daher wehre ich mich auch bei ETF gegen die Ausschüttungsbetrachtung, da diese über lange Zeit eben nur die durchschnittliche Marktverzinsung ist, wie Dein Beispiel zeigt.

    Okay, danke! Dann, denke ich, habe ich Deinen Punkt. Ich würde dem … bei einer langfristigen Betrachtung, also Buy and Hold bei Anleihe-ETF, entgegenhalten wollen:


    Immerhin die Marktverzinsung! Bei MSCI World-ETFs ist man ja auch mit der durchschnittlichen Marktrendite zufrieden. ? Aber ernsthaft: Natürlich kann man ans Anleihenthema ambitionierter rangehen und dann - wie in Deinem realen Beispiel zu sehen - auch besser abschneiden. Aber als ein Segment im langfristigen Sicherheitsbaustein - von dem man gar keine besondere Rendite erwartet - ist es doch zumindest keine Kapitalvernichtungsmaschine.


    Nur zur Erläuterung: Momentan habe ich praktisch auch keine Anleihen-ETF im Depot. Aber ich habe es mir (gedanklich) so zurechtgelegt, einen Teil meines Sicherheitsbausteins dort hin umzuschichten, wenn in ein, zwei, x Jahren der Höhepunkt der Zinserhöhungen erreicht sein sollte. Denn, ob ich aufm Tagesgeld dann mehr kriege, bezweifele ich, und im Vgl. zu Festgeld erhalte ich mir etwas mehr Flexibilität.


    Dir, Kater.Ka, jedenfalls mal ein ganz ernst gemeintes und ♥️liches Dankeschön dafür, dass Du solchen Dummies wie mir hier so ausführlich Nachhilfe gibst. Vielleicht habe ich in ein paar Wochen oder Monaten auch mal ein-, zwei-, dreitausend Euro übrig, die ich dann gerne direkt in deutsche Staatsanleihen (quasi als Festgeldersatz, wie Du in Deinem anderen Thread geschrieben hast) stecken möchte - ich würde mir dann erlauben wollen, Dich um Rat zu fragen, welche (bei der ING handelbaren) dafür am besten wären. ?

  • Wenn Du nur auf die Ausschüttungen schaust, musst Du also einen Fonds mit möglichst hoher Duration kaufen, denn in der Regel ist die Zinskurve positiv, d.h. für lange Laufzeiten werden höhere Zinsen bezahlt. Du hast Du natürlich auch die größten Kursschwankungen, die Dich aber weniger interessieren.


    Vielleicht findest Du diese Österreich-Anleihe interessant:

    A19PCG | Oesterreich Republik-Anleihe: 2,100 % bis 20.09.2117 | finanzen.net

    Kurs vor gut einem Jahr 230%, jetzt "billig"?