Creditrating und Risiko bzw Rendite Korrelation

  • Hi,


    Finanztip benutzt ja die Beurteilungen der wichtigsten Ratingagenturen, um festzulegen, welche Fest- und Tagesgeldprodukte empfohlen werden.


    Wenn ich mir jetzt aber Staatsanleihen ansehe, hier mal exemplarisch für Anleihen die in 2028 fällig werden, dann sieht man interessante Effekte:

    https://www.boerse-stuttgart.d…urrencyAmountPrincipal=63


    Renditen:

    Länder mit AAA: Deutschland 2.3%, Niederlange 2.5%, Luxemburg 2.9%

    Länder mit AA+: Österreich 2.7-2.8%, Finnland 2.7-2.8%,

    Länder mit AA: Belgien 2.6%, Frankreich 2.6-2.7%,

    Länder mit AA-: Irland 2.6-2.7%


    Es fällt auf, dass die Korrelation der Rendite mit dem Rating nicht besonders stark ist in diesem Bereich. So hat Luxemburg mit AAA eine höhere Rendite als Irland mit AA- und liegt im Bereich der Renditen von Spanien (3%) und Portugal. Auch Österreich und Finnland mit AA+ haben höhere Renditen als Länder mit niedrigeren Ratings.


    Fragen:

    1.) Weiss jemand wie das kommt? Sind die Länderratings outdated?
    2.) Wie kommt es, dass Luxemburg so hohe Renditen hat? 2.9% liegt im Bereich von Spanien und Portugal.

    3.) Kann man wirklich noch in Luxemburgische Staatsanleihen und Banken investieren?

    4.) Sollte Finanztip die Kriterien ändern und sich nicht nur auf die Länderratings verlassen, sondern wie der Markt die Länder einschätzt?


    Vielen Dank


  • Schau mal auf die letzte Spalte. Du kannst die Anleihen deiner "Hochzinsländer" erst ab gewissen Mengen handeln. Dadurch ist automatisch die Nachfrage niedriger wodurch der Kurs steigt. Die Quotenlimits entsprechen den Zinsdifferenzen.


    Damit sollten sich die weiteren Weltuntergangsfragen erledigt haben.

  • Wäre super, wenn ich einfach was übersehen habe. Aber kannst du das nochmal erklären? Alle Anleihen in der Liste haben einen Nominalwert von maximal 1000 Euro pro Stück ("handelbar ab", hier ist '1.000,000' = 1000 Euro') und sind damit klar an Privatanleger ausgerichtet. D.h. es ist keine Anleihe dabei, die erst ab 100000 Euro oder so gehandelt werden kann, was sich klar nur an institutionelle Anleger richten würde. Oder welche Spalte meinst du?

  • Du müsstest schon gleiche Anleihen vergleichen. Die Luxemburger Anleihe aus 2013 zahlt Dir einen Kupon von 2,25%. Hättest Du im fast gleichen Zeitpunkt eine spanische Anleihe gekauft, hätte Spanien Dir 5,15% gezahlt.


    Spanien muss also einen deutlichen Aufschlag zahlen, um die Anleihen am Markt zu platzieren.

  • Der Kupon ist natürlich ein wichtiger Faktor bei Anleihen. Der Preis bzw der Geld/Briefwert sollte sich aber maßgeblich an der Rendite orientieren und deren Unterschiede versuche ich ja gerade zu verstehen.


    Vielen Dank aber!

  • Wäre super, wenn ich einfach was übersehen habe. Aber kannst du das nochmal erklären? Alle Anleihen in der Liste haben einen Nominalwert von maximal 1000 Euro pro Stück ("handelbar ab", hier ist '1.000,000' = 1000 Euro') und sind damit klar an Privatanleger ausgerichtet. D.h. es ist keine Anleihe dabei, die erst ab 100000 Euro oder so gehandelt werden kann, was sich klar nur an institutionelle Anleger richten würde. Oder welche Spalte meinst du?


    Nun, es gibt ja auch noch 0,01€.

  • Je mehr ich drüber nachdenke, desto wahrscheinlicher finde ich es, dass ich irgendwo falsch liege. Gibt es noch weitere Ideen, was falsch ist?


    Ich hätte den vierten Punkt aber wahrscheinlich nicht anbringen sollen. Ich schätze, dass das als Provokation aufgefasst werden könnte.

  • Die Anleihen aus meinem Beispiel haben doch einen unterschiedlichen Preis. 111 EUR Spanien und 96 EUR Luxemburg. Du zahlst also einen Aufpreis für Spanien, um die gleiche Rendite wie für die sichere luxemburgische Anleihe zu bekommen.


    Je kürzer dann die Restlaufzeit wird, desto mehr nähern sich auch die Renditen an, da das Ausfallrisiko ja immer weiter abnimmt.

  • Das stimmt natürlich. Man muss um die Rendite auszurechnen, den Kurswert sowie den Kupon berücksichtigen. Aber danach habe ich dein Argument noch nicht verstanden.


    Anleihen vergleicht man ja nicht, wann sie gestartet sind, sondern wann sie fällig werden und wie viel Restlaufzeit noch drauf ist. Der Kurswert richtet sich dann,stark vereinfacht dargestellt, nach 100 + (Kupon -(EZB Leitzins + Risikoaufschlag für Emmitenten)) * Restlaufzeit in Jahren. D.h. erstens das Startdatum spielt keine Rolle. Und zweitens ist die Rendite ( annualisierte Differenz zwischen Kurswert und Nominalwert plus Kupon) maßgeblich von dem Risikoaufschlag auf den EZB Zins abhängig. D.h. egal welche Abschläge irgendwann Mal bezahlt wurden, ist das in der aktuellen Rendite ja bereits alles verrechnet. Zeitgleich spiegelt die Rendite das Risiko über den Risikoaufschlag wider. Und der wiederum ist hier ja gerade off, wenn man die Creditratings als korrekt annimmt.

  • Je mehr ich drüber nachdenke, desto wahrscheinlicher finde ich es, dass ich irgendwo falsch liege. Gibt es noch weitere Ideen, was falsch ist?


    Das Problem wird die Handelbarkeit sein. Ich sehe bei meinem Broker zwar die Luxemburg-Anleihe, sie wird aber nicht wirklich gehandelt, bzw. ich könnte sie aktuell nicht kaufen da das Ausgabevolumen sehr klein war. Die Frage ist also eher, von wann der "aktuelle" Kurswert überhaupt ist.

  • Ah, das macht Sinn. Fragt sich dann zwar immer noch warum der Kurs niedriger und nicht höher ist für Luxemburg (da die Zinsen ja steigen und nicht fallen). Aber vielleicht nimmt sie Börse Stuttgart hier ja einfach den niedrigsten Limit order der noch offen ist und schon würde sich das alles erklären. Kann natürlich noch andere Erklärungen dann geben.


    Danke!

  • Aber steckt nicht im Kupon auch der EZB Zins und der Risikoaufschlag.

    Aus meiner Sicht müsste in Deiner dargestellten Formel der zweite Term (EZB Leitzins + Risikoaufschlag des Emittenten) eine Veränderung zu den im Ursprungskupon festgestellten Werten sein.


    Bsp: Kupon Lux 2,1 (EZB Zins 2013 0,5% + Aufschlag 1,6%)

    Stand heute: EZB Zins 3% + Aufschlag 2%

    Veränderung Zins 2,5% + Veränderung Risiko + 0,4%


    Deine Formel:

    Kurswert: 100 + (2,1 - (2,5+0,4))*5=96


    Bin auch kein Anleiheprofi aber sonst macht Deine Formel für mich eben keinen Sinn.

  • Bin auch kein Anleiheprofi aber sonst macht Deine Formel für mich eben keinen Sinn.


    Es ergeben irgendwie alle deine Posts keinen Sinn. Das mag ja alles richtig sein, was du schreibst, aber für den spezifischen Anleihekauf ist das irrelevant. Für jede Anleihe wird kontinuierlich die Rendite zum aktuellen Kurs und des Coupons und RLZ berechnet und ausgegeben. Wann eine Anleihe ausgegeben wurde und wie hoch der Coupon ist, zum Handelszeitpunkt irrelevant, sofern man nicht in den unterjährigen Bereich kommt. Es geht nur um die Rendite, die sich aus allen Komponenten zusammensetzt.

    Auf Basis dieser Rendite wird die Anleihe gehandelt und dann wiederum der Kurs adjustiert. Der Kurs ist das einzige, was sich bei der Anleihe ändern kann und er wird so ausbalanciert, dass alle Anleihen im Euroraum eine vergleichbare Rendite erzielen sollen, die sich nur vom Risikoaufschlag unterscheiden. Wenn du dir die Renditen bei der Börse Stuttgart nur für ein Land aber unterschiedliche Restlaufzeiten anschaust, dann kannst du auch die aktuelle Zinsstrukturkurve daraus "ablesen".


    Aktuell wird Luxemburg wieder gehandelt, daher ist der Kurs angeglichen und die Rendite ist gesunken. Allerdings ist die gehandelte Menge relativ gering. Daher mein Einwand oben, dass das minimale Handelsvolumen in solchen Fällen einen Einfluss haben kann, da es die Liquidität einschränkt und die Renditen daher nachlaufen können.


    Mit dem Land Luxemburg an sich, hat das aber nichts tun zu.

  • Meine Formel ist eine sehr grobe Vereinfachung und in dem Sinne auch falsch. Es fehlen noch viele wichtige Faktoren. Echte Assetpricing Modelle sind wesentlich komplexer und sind jeweils Firmengeheimnis.


    Aber der Kerngedanke sollte die wesentlichen Bestandteile erwähnen,welche 80-90% der Varianz erklären.

  • Ich wollte eigentlich nur den kläglich gescheiterten Versuch unternehmen und aufzeigen, dass da eine Risikoprämie drin ist?


    Die Erklärung von Dir flip warum die Renditen sich so ähnlich darstellen, erschien mir plausibel.

  • Wenn ich mir mal die Übersicht der Börse Stuttgart aufmache für Fälligkeit 2028, dann kann ich RNowotny s Stirnrunzeln sehr gut nachvollziehen. Da haben beide Anleihen von Italien eine erheblich geringere Rendite als die deutschen und alle anderen. Segt ihr ss auch?


    Das sind doch keine Pennystocks bei denen es keinen echten Markt gibt. Oder weiß dieser Markt etwas, das wir noch nicht wissen? (Oje, eine echte Steilvorlage für die nächste währungspolitische Diskussion, sorry...)

  • Wenn ich mir mal die Übersicht der Börse Stuttgart aufmache für Fälligkeit 2028, dann kann ich RNowotny s Stirnrunzeln sehr gut nachvollziehen. Da haben beide Anleihen von Italien eine erheblich geringere Rendite als die deutschen und alle anderen. Segt ihr ss auch?


    Die italienischen Anleihen sind inflationsindexiert. Da der Markt aktuell von einer fallenden Inflationsrate ausgeht und die Zahlungen am Ende der Laufzeit dadurch weniger werden, ist diese Anleihe dadurch im Wert gefallen.