Versicherung erkennt Schäden nicht in vollem Unfang an

  • So läuft es laut Medienberichte immerwieder ab: Das Unfallopfer läßt sein beschädigtes Fahrzeug von einem Gutachter untersuchen. Die ermittelte Schadenssumme wird der Versicherung übermittelt. Diese beauftragen ihre eigenen Gutachter, welche den Schaden noch nicht einmal vor Ort in Augenschein nehmen und schrauben die Schadenssumme zu gunsten der Versicherung zum Teil drastisch herunter. So anzuschauen im 10 min. Filmbericht, in dem auch noch unverschämtere Anwendungen der Versicherungen gezeigt werden.

    Es wird der Rat gegeben, auf jeden Fall zu Klagen. Die Versicherungen legen es nur darauf an, daß man klein beigibt.

    Hier zu sehen, um was für drastische Summenunterschiede es geht:

    https://www.ndr.de/fernsehen/s…n-rechnen,markt16476.html

  • Wenn der Geschädigte den Unfallschaden nicht (teilweise oder ganz) selbst verschuldet hat, dann hat jene Haftpflicht nicht einmal das Recht, einen eigenen Gutachter zu beauftragen und hat den vom Geschädigten selbst bestellten zu 100% anzuerkennen. Ab zum Anwalt des Vertrauens und den sofort Klage einreichen lassen statt sich auf wirre Debatten zwecks Verzögerung und Verweigerung überhaupt einzulassen.

  • Hallo Xenia

    Ich möchte anregen, daß dieses Thema in unserem Finanztip in die Sparte KFZ-Versicherungen eingefügt wird. Hier läßt sich durch besonnenes Handeln sehr viel Geld einsparen.

    Es wäre schade, wenn das hier in geraumer Zeit wieder in der Versenkung verschwinden würde.

    Gruß Widder

  • Ja, solche Proktiken sind inzwischen weit verbreitet. Die Versicherer beauftragen sog. "Schadendrücker" wie z. B. Control€xpert (ist nur ein Beispiel, es gibt noch mehr von der Sorte), die liefern gegen Bezahlung Argumente, mit denen an Sachverständigengutachten oder Werkstattrechnungen herum gekrittelt werden kann. Zum Teil sind Versicherungen sogar noch weniger einfallsreich und bleiben grundsätzlich 200 - 400 € schuldig, weil sie davon ausgehen, dass viele Geschädigte solche Beträge nicht einklagen. Da wird dann mit mehr oder weniger blödsinniger Begründung irgendeine Position abgesetzt, von der die Versicherung natürlich weiß, dass sie dem Geschädigten zusteht. Die Hauptverdächtigen bei solchen Praktiken sind HUK-Coburg, KRAVAG und die Kommunalversicherer. Ein Satz aus einem Urteil des Amtsgerichts Coburg (Urteil vom 14.07.2017 - 15 C 696/17) beschreibt die Praxis schön: " ... Das er­ken­nen­de Gericht nimmt aus einer Vielzahl hier geführter ähnlich ge­lagerter Rechts­streitigkeiten irritiert zur Kennt­nis, dass all­ge­mei­ne Scha­dens­er­satz­grund­sätze bei der beklagten HUK-Coburg ent­we­der unbekannt sind oder zu Lasten eines Unfallgeschädigten negiert werden. ...“. Aber manche anderen Versicherungen sind auch nicht besser und manchmal ändert sich auch die Philosophie. Bei Kfz-Haftpflichtschäden sollte jedenfalls jeder schuldlos Unfallbeteiligte einen Anwalt beauftragen (den hat die Versicherung zu zahlen).

    Einmal editiert, zuletzt von R.F. ()

  • Hallo,


    ich muss wieder einmal meinem Ruf als Versicherungsversteher gerecht werden.;)


    Die geschilderten Praktiken sind mies. Allerdings sind sie weder finsteren Mächten (Vorstand) noch dem Übergewinnstreben der Eigentümer geschuldet. Schuld hat der gnadenlose Wettbewerb, bei dem nur noch über den Preis (Versicherungsprämie) verkauft wird. Da versucht man schon einmal, bei den Leistungen zu kürzen. Bei den Mitarbeitern ist die Grenze erreicht. Ganz ohne inländisches Personal geht es - aus Sicht der Vorstände leider - immer noch nicht.


    Ich möchte hier nicht in Nostalgie schwärmen, aber die von der EU in 1994 durchgesetzte Liberalisierung des Versicherungsmarktes hat neben den sinkenden Prämien eben auch negative Seiten für die Verbraucher. Es soll sich jeder überlegen, was ihm wichtiger ist, dauerhaft niedrige Prämien oder einmal im Schadenfall Probleme. Nebenbei, die Probleme erfreuen die Rechtsanwälte.


    Gruß Pumphut

  • Kann man so nicht sagen. Es gibt traditionell zwei Philosophien. Schadensabwicklung ohne unnötigen Streit kann eine Menge überflüssiger Verwaltungs- und Prozesskosten sparen. Die andere Philosophie wurde oben dargestellt. HUK-Coburg hat übrigens in den 90er-Jahren die Linie gewechselt. Auch das kommt vor. Und gerade die preisgünstigen Versicherungen sind oft die fairsten. Wenn der Unfallgegner bei Cosmos Direct versichert ist, zahlt er günstige Beiträge und du brauchst als unverschuldet Geschädigter trotzdem keinen Anwalt.


    Das Problem bei den Praktiken von Versicherungen in Deutschland ist der erfolgreiche Lobbyismus. Erstens funktioniert die Aufsicht nicht. Verhält sich eine Bank regelmäßig rechtswidrig, tritt ihr die BAFin auf die Füße. Verhält sich eine Versicherung regelmäßig rechtswidrig, hält die BAFin ihre schützende Hand über sie. Zweitens funktioniert auch in der Politik die Interessenvertretung der Versicherungswirtschaft traditionell bestens. Schönes Beispiel ist die Entstehungsgeschichte von § 286 Abs. 3 BGB. Als diese Vorschrift eingeführt wurde, galt sie für "Geldforderungen". Damit hatte die gerne praktizierte jahrelange Verschleppung der Regulierung von Großschäden, z. B. bei BU-Versicherungen oder Gebäudeversicherungen, schlagartig keinen Sinn mehr, weil dadurch horrende Zinsforderungen geriert wurden. Es hat nur wenige Jahre gedauert, bis auf Wunsch der Versicherungslobby aus der "Geldforderung" eine "Entgeltforderung" wurde. Damit waren auf einen Schlag sämtliche Versicherungsleistungen außen vor. Seitdem lohnen sich Verschleppungstaktiken wieder.

  • Hallo,


    It´s the economy, stupid.


    Im regulierten Markt war eine combined ratio von 90% nicht ungewöhnlich. Außerdem gaben die Kapitalanlagen viel her. Heute kämpft jede Schadenversicherung um eine CR von 100% und bis vor kurzem war nix mit Kapitalergebnis. Letzteres ändert sich gerade. Vielleicht werden die Versicherer wieder entspannter.

    Und gerade die preisgünstigen Versicherungen sind oft die fairsten.


    Verhält sich eine Bank regelmäßig rechtswidrig, tritt ihr die BAFin auf die Füße. Verhält sich eine Versicherung regelmäßig rechtswidrig, hält die BAFin ihre schützende Hand über sie.

    Ich glaube, für beide Behauptungen gibt es keine Statistik sondern nur anekdotisches Wissen. Und im Fall Wirecard (ich weiß, keine klassische Bank), hat sich die BAFin nicht gerade mit Ruhm bekleckert.


    Gruß Pumphut

  • Natürlich gibt es keine Statistik, aber Erfahrungswerte und zwar nicht nur anekdotische. Als die Mehrheit der Banken nicht gewillt war, die Grundsatzentscheidungen des BGH zur Zinsberechnung sowohl bei Kredit- als auch bei Sparverträgen zu akzeptieren, hat die BAFin das moniert und Konsequenzen im Falle weiterer Nichtbeachtung angedroht. Dass die privaten Krankenversicherungen inzwischen ungefähr dreissig BGH-Entscheidungen zur Rechtmäßigkeit von Beitragsanpassungen seit 2014 branchenweit abgestimmt ignorieren, juckt die BAFin nicht.