Student, Werkstudent, Praktikant und Vollzeit-Angestellter

  • Hallo zusammen,


    ich bin gerade dabei meine Steuererklärung fuer das Jahr 2022 zu machen. Wie ihr anhand meines Titels erkennen könnt, ist bei mir im Jahr 2022 einiges passiert und ich hoffe, dass ihr mir den ein oder anderen Tipp geben könnt (ist meine erste Steuererklärung).


    Ich scheitere nämlich gerade an der Berechnung der Entfernungspauschale. Kurze Angaben zu meiner Person:


    - Eingeschrieben als Masterstudent das ganze Jahr 2022 (bis März 2023)

    - Bis Juni 2022: Werkstudent (auch an der Universität)

    - Juli 2022 - September 2022: Vollzeit-Praktikant (40h-Woche, ~1.600 EUR netto pro Monat) in einem Unternehmen, ebenfalls in meiner Heimatstadt (in der ich auch studiere)

    - ab Oktober 2022: Vollzeit-Angestellter in derselben Firma (in der ich auch heute noch arbeite)

    - das ganze Jahr 2022 habe ich bei meinen Eltern gewohnt


    Anhand dieser Daten verzweifle ich ein wenig an der Berechnung der Entfernungspauschale.


    Ich weiß, in welchem Zeitraum ich an welchen Tagen wo war und aus welchem Grund, aber: Da ich Student und Werkstudent an der Uni war, gibt es natürlich Tage, an denen ich sowohl an der Uni gearbeitet als auch für das Studium gelernt habe. Wisst ihr, wie ich in diesem Fall am besten damit umgehe? Ich gehe fest davon aus, dass man diese Tage nicht doppelt berechnen darf. In der Zeit des Praktikums war ich nicht an der Uni, kann ich die Fahrten zur Praktikumsstelle dennoch absetzen?


    Auch habe ich ein wenig Schwierigkeiten damit genau zu definieren, wie meine erste Arbeitsstätte in den verschiedenen zeiträumen definiert ist. Ich vermute, dass meine erste Arbeitsstätte bis einschließlich September 2022 , gefolgt vom dem Unternehmen als erste Arbeitsstätte ab Oktober 2022, ist.


    Ich hab Foren durchsucht, aber entweder bin ich blind oder einfach zu dumm zu suchen...

    Für Tipps und jegliche Art von Hilfe bin ich euch sehr sehr dankbar.

  • Die Entfernungspauschale setzt Du bei den Fahrten zur Arbeit in Anlage N an. Eben für alle Arbeiten, die in Anlage N gehören. Falls kein Minijob dabei ist, ist es egal, ob sich das Praktikum, Teilzeitjob, Vollzeitjob o.ä. nennt.


    Eben für die Tage, die Du zum jeweiligen Arbeitgeber gefahren bist. Falls Du auf dem Rückweg noch einen "Umweg" über einen Vorlesungsbesuch machst, zählt dieser Umweg eigentlich nicht mit.


    Deine erste Arbeitsstätte ist im 1. HJ. die Uni, danach die Firma.



    Disclaimer: Das ist meine Meinung, keine Steuerberatung, bin nicht vom Fach.

  • Für den Umgang mit dem Finanzamt gilt: Wahrheit ist Trumpf, Kreativität ist erlaubt.


    Aufwendungen für das Erststudium sind keine Werbungskosten, sondern Sonderausgaben (und somit auf 6000 € im Jahr begrenzt). Schreib in eine Liste auf, welche Aufwendungen Du für Dein Studium hattest. Das ist sicher mehr als die Entfernungspauschale. (Der Streit, ob ein Masterstudium Erst- oder Zweitstudium ist, führt hier zu weit.)


    Was ist ein "Werkstudent"? Wenn er kein Geld verdient, ist er ein Student, wenn er Geld verdient, ist er ein Werktätiger.


    Was Du in der Zeit von Juli 2022 bis September für Deine Berufstätigkeit ausgegeben hast, sind Werbungskosten (und somit prinzipiell unbegrenzt absetzbar). Gleiches gilt für Deine beruflichen Ausgaben ab Oktober 2022.


    [Gebetsmühle an - Dir hilft das nicht mehr, aber vielleicht anderen]

    Es ist viel leichter, Steuer prospektiv zu gestalten, als sie retrospektiv gestalten zu wollen.

    Es lohnt sich in aller Regel, sich schon vor Beginn einer Tätigkeit mit deren steuerlicher Bewertung auseinanderzusetzen (in Deinem Fall also ab Frühjahr 2022), statt erst kurz vor dem Abgabetermin. Das gilt speziell für Leute, die noch nicht wissen, wie der Hase läuft. Die Belege, die Du im Frühjahr 2022 nicht gesammelt hast, weil Du Dich nicht damals schon um die Steuer gekümmert hast, die fehlen Dir jetzt zu Deinem Schaden.


    Und es ist immer wieder erstaunlich, wie viele Dinge man für den Beruf ausgegeben hat, wenn man angestrengt nachdenkt. Wo habe ich nur all die Quittungen gelassen?

    [Gebetsmühle aus]


    PS: Wenn Du erst ab Oktober "richtig" Geld verdient hast, hast Du im ersten Jahr einen geringen Steuersatz, was umgekehrt bedeutet, daß pro Absetzvolumen relativ wenig zurückkommt, der Schaden sich als noch in Grenzen hält, wenn Du was vergißt (was sicher der Fall sein wird).

  • Achim Weiss : Das Problem als Steueranfänger ist ja gerade, dass man nicht weiß worauf man achten muss, bzw. was man sammeln sollte.

    Wenn man von zu Hause auszieht und ein Studium beginnt und bislang evtl von Taschengeld gelebt hat, hat es gibt die höchste Priorität nebenbei noch das komplette Steuerrecht draufzuschaffen um danach zu wissen welcher Teil relevant sein könnte.

    Wenn man da grobe Hinweise aus der anderen Verwandtschaft bekommt, kann man ein paar Dinge im Blick behalten, aber selbst die muss man erstmal mit eigenen Erfahrungen verknüpfen um sie zu verinnerlichen.


    Das vergisst man mit zunehmendem Alter und Erfahrung, dass diese Dinge ganz und gar nicht intuitiv sind...

  • Danke euch alle für eure Antworten! Mit den Infos komme ich bestimmt ein Stück weiter.


    Achim Weiss Definitiv werde ich ab jetzt deutlich mehr dokumentieren, was ich wofür ausgegeben habe :)


    itschytoo Da gebe ich dir recht, im Studium galt meinen Sorgen (hauptsächlich) das Studium.

  • Lies Dich einfach etwas ein in die Systematik. Das ist nicht so schwer. Dokumentiere alle Ausgaben, die auch nur entfernt etwas mit Deinem Beruf zu tun haben können. Filzstift? Lehrerin? -> Quittung nicht vergessen! Allerdings ist im Steuertarif eine Pauschale eingearbeitet: Das Finanzamt zieht von Deinem Einkommen gleich einmal 1230 € als Werbungskostenpauschale ab.

    Davon hast Du natürlich nichts, wenn Du das Geld auch tatsächlich ausgeben mußt.

    Am besten, Du mußt überhaupt nichts für den Beruf ausgeben, dann bekommst Du dieses Geld tatsächlich unversteuert.


    Wenn Du wirklich Werbungskosten absetzen willst, mußt Du mehr Ausgaben haben als die Pauschale. Wenn Du (einfach zu rechnen) 2330 € Ausgaben für den Beruf hattest, sind 1230 € automatisch steuerfrei, darüberhinaus aber weitere 1000 €.


    Wenn Du frühzeitig merkst, daß Du die 1230 € nicht voll bekommst, kannst Du das Belegesammeln auch frühzeitig einstellen (bzw. brauchst in der Steuererklärung nichts anzugeben).


    Du hast für 2022, Dein erstes Berufsjahr, systematisch einen relativ niedrigen Steuersatz. Du wirst ziemlich viel der Dir abgezogenen Steuer zurückbekommen. Das wird ab 2023 anders, da dürfte das, was der Arbeitgeber Dir abzieht, ziemlich gut passen.