Ein thesaurierender und ein ausschüttender ETF?

  • Hallo,


    ich habe einen FTSE All World Acc laufen, um später meine Rente aufzubessern. Die Sparrate ist mit 150 Euro moderat und ich setze sie häufig aus bzw. reduziere sie, wenn ich mir was teureres kaufen will. Ich habe einen sicheren Job und verdiene recht gut, aber sparen ist einfach nicht so mein Ding. Man lebt nur einmal und wer weiß, wie lange. Außerdem habe ich diverse Versicherungen, wo ich gefühlt nichts zurück bekomme (BU, Risikoleben, Kinderinvaliditätsversicherung, Hausrat, Haftpflicht etc.)


    Ich vermute, dass mein Engagement, einen ETF zu besparen, höher sein könte, wenn er ausschüttend ist. Rein psychologisch.


    Meine Fragen also:

    1. Macht es Sinn, einen thesaurierenden und einen ausschüttenden ETF nebeneinander zu haben?
    2. Wenn ja, macht es dann Sinn, den gleichen FTSE All World in der ausschüttenden Variante dazu zu nehmen oder wenn nein, wie wähle ich den zweiten aus?
    3. Alternativ könnte ich natürlich auch den ETF einfach wechseln von Acc zu dist. Fühlt sich aber auch nicht richtig an, weil ich ja weiß, dass Acc besser ist langfristig. Daher die Überlegung einfach beide zu besparen.

    Danke für eure Meinungen! :)

  • Hallo und herzlich Willkommen! :)


    Für mich liest sich das so, als könnte es nicht schaden, wenn du dich mit dem Thema Finanzen, Vermögensaufbau und Sparen erstmal (nochmal?) grundsätzlich beschäftigst und dein Mindset vielleicht etwas hinterfragst. Ich persönlich glaube eher nicht, dass ein Ausschüttender ETF das Grundproblem lösen wird. Das soll keineswegs ein Plädoyer gegen einen Ausschütter sein: ich bin zwar ein Fan der Thesaurierer, aber es stimmt was du sagst, dass manchen Menschen Ausschüttungen psychologisch helfen können anzufangen und/oder dabei zu bleiben. Dann ist es die bessere Variante. Allerdings sollte man die Ausschüttungen dann auch direkt wiederanlegen. Und das befürchte ich wird eher nicht geschehen, wenn du jetzt schon für Konsum deinen Sparplan zwischendurch anhältst.


    Ohne deine kompletten Familien- (Kinder? ich schätze ja), Vermögens- (GRV, Eigenheime, Ersparnisse?), Einkommensverhältnisse und deinen Anlagehorizont (Alter...) zu kennen, ist es schwierig eine Einschätzung vorzunehmen. Wenn dein Gehalt "recht gut" ist, dann wird deine Sparquote bei 150€ vermutlich nicht besonders hoch sein, wie du ja schon andeutest. Als Faustformel gelten 10-20% Sparquote des Nettogehalts.


    Übrigens solltest du für notwendige (!) Anschaffungen einen Notgroschen haben. Faustformel hierfür ist 3-6 Netto-Monatsgehälter, kann aber auch sehr individuell sein. Dieser Notgroschen soll dich gerade davor schützen nicht an deinen Sparplan ran zu müssen. Wenn es dann doch mal sein muss, dann kannst du selbstverständlich auch mal den Sparplan pausieren oder auch auf den Notgroschen umleiten. Das gilt aber eigentlich nicht für irgendeinen nicht notwendigen Konsum.


    Ich empfehle dir ein Buch zu lesen, beispielsweise Hartmut Walz "Ihre Finanzen fest im Griff" oder Thomas Kehl/Mona Linke "Das einzige Buch, dass Du über Finanzen lesen solltest" und dich erstmal wirklich damit zu beschäftigen wie man spart und Vermögen aufbaut, bzw. welches Mindset man beim Thema Finanzen vielleicht bekommen sollte. Internetrecherche, Videos und Podcasts gehen natürlich auch, aber da wirst du es nicht derart strukturiert bekommen wie in einem Buch.


    Man lebt nur einmal und wer weiß, wie lange.

    Nicht zu vergessen zu leben ist wichtig. Man sollte nicht nur sparen und erst recht nicht zum Selbstzweck. Allerdings schafft Vermögensaufbau Unabhängigkeit und Freiheit - nicht nur jetzt direkt, sondern auch in Zukunft. Wenn du eben doch länger lebst, dann bekommst du irgendwann vermutlich mal Probleme, wenn du nicht vernünftig Vermögen aufgebaut und zu viel konsumiert hast. Jetzt sparen kann auch eine bessere Lebensqualität kur-, mittel- und langfristig bedeuten. Zum Beispiel weil du besser schläfst und weniger Sorgen haben musst. Weil du jederzeit beruhigt deinen Job wechseln kannst, ohne finanziell vor Probleme gestellt zu sein.


    Außerdem habe ich diverse Versicherungen, wo ich gefühlt nichts zurück bekomme (BU, Risikoleben, Kinderinvaliditätsversicherung, Hausrat, Haftpflicht etc.)

    Für Versicherungen zahlt man, man bekommt von ihnen nichts zurück solange man nicht das Pech eines Schadensfalls hat. Versicherungen schließt man in der Regel nur ab für Risiken, die man nicht ohne Versicherung tragen kann. Mit anderen Worten: kann ohne Versicherung ein Schaden entstehen, der dich wirtschaftlich (und/oder gesundheitlich) ruiniert? Dann brauchst du diese Versicherung.


    BU (Arbeitskraftabsicherung) und Haftpflicht gehören zu den Muss-Versucherungen, da sie Risiken absichern, die nicht ganz unwahrscheinlich sind, dich aber vor allem ruinieren können, selbst wenn du bereits einiges an Vermögen aufgebaut hast. Das schmilzt dann nämlich schnell dahin, wenn es um Hunderttausende oder Millionen Euro geht - und um diese Summen geht es in beiden Fällen potenziell.


    Risikoleben ist eine je nach Fall auch notwendige Versicherung, wenn man eine Familie zu ernähren hat und beispielsweise eine Immobilie für diese Familie abzahlen muss. Zur Kinderinvaliditätsversicherung kann ich nichts sagen. Hausrat ist eine Kann-Versicherung, da die Schäden hier meistens nicht so hoch sind, dass man sie im Zweifel nicht ersetzen könnte ohne sich zu runinieren. Und/oder man muss nicht den gesamten Hausrat sofort 1:1 ersetzen. Wenn man teuren Hausrat hat, dann kann diese relativ günstige Versicherung aber individuell in Ordnung sein, wenn man sich damit sicherer fühlt.


    Unsinnig sind meistens Versicherungen bzw. Versicherungsmäntel, die Vermögensaufbau oder Altersabsicherung enthalten. Letzteres kann wenn man unbedingt die Langlebigkeit absichern will auch ok sein, solange es eine relativ günstige Police ist. Aber auch diese kostet eben. Diese Arten von Versicherungen hast du aber nicht genannt.


    Ich vermute, dass mein Engagement, einen ETF zu besparen, höher sein könte, wenn er ausschüttend ist. Rein psychologisch.

    Wie gesagt: kann sein, ich würde es aber erstmal in Zweifel ziehen, ohne dich entmutigen zu wollen. Im Gegenteil: fang erstmal an anderer Stelle an und gehe das Problem an, das du vermutlich mit dem Thema Sparen und Konsum hast.



    Macht es Sinn, einen thesaurierenden und einen ausschüttenden ETF nebeneinander zu haben?

    Kann es aus steuerlichen Gründen. Wenn du beispielsweise deinen Sparerpauschbetrag damit ausnutzen möchtest. Das kann man bei einem Thesaurierer aber auch mit dem Rollen der Anteile. Ob es in deinem Fall sinnvoll ist: siehe oben. Wenn du meinst, dass dir ein paar Ausschüttungen psychologisch helfen, aber es nicht gleich so viel sein müssen, warum nicht. Du hast keine grundsätzlichen Nachteile damit beide gleichzeitig zu haben, außer, dass es dein Portfolio verkompliziert und du beim Ausschütter natürlich Gewinne und damit Steuern realisierst. Ich persönlich würde es nicht machen, kenne dich aber nicht.


    Wenn ja, macht es dann Sinn, den gleichen FTSE All World in der ausschüttenden Variante dazu zu nehmen oder wenn nein, wie wähle ich den zweiten aus?

    Wenn dann kannst du natürlich die ausschüttende und thesaurierende Variante eines ETFs parallel nutzen, warum nicht. Einen anderen bringt es nur zu nehmen, wenn du eine andere Strategie fahren willst.


    Alternativ könnte ich natürlich auch den ETF einfach wechseln von Acc zu dist. Fühlt sich aber auch nicht richtig an, weil ich ja weiß, dass Acc besser ist langfristig. Daher die Überlegung einfach beide zu besparen.

    Könntest du auch - du realisierst in dem Fall halt alle schon vorhandenen Gewinne und zahlst Steuern darauf, die dann nicht mehr selbst für weitere Rendite sorgen können. Wie viel das ist musst du selbst sehen. Wenn du unbedingt einen Ausschütter besparen willst und das deine Strategie ist, dann kannst du wenn du nicht zu viele Gewinne realisieren musst komplett wechseln. Wenn es dir darum geht möglichst schnell möglichst viele Ausschüttungen zu bekommen, wird dir kaum etwas anderes übrig bleiben als genau das zu machen. Wenn zu viele Gewinne bereits aufgelaufen sind, würde ich eher einfach den Sparplan auf den neuen umlenken und den alten liegen lassen.


    Wie gesagt: alles schwer zu sagen ohne dich und deine Verhältnisse zu kennen. Ich empfehle wie gesagt ein gutes Buch zu lesen und erst dann zu entscheiden. Nimm dir ein paar Wochen oder Monate Zeit. Es ist am Ende deine eigene Entscheidung! Viel Erfolg!

  • Moin econaut , willkommen im Forum.


    Durch Ausschüttungen kann das Belohnungssystem aktiviert werden und dein Sparverhalten könnte sich verbessern.


    Musst du mal ausprobieren, vielleicht hilft es bei dir.


    Ich würde mir mal die ausschüttende Variante kaufen und mal abwarten wie doll du dich über die ersten Dividenden freust.


    Ansonsten kann ich mich nur Impidimpi anschließen und vielleicht erstmal eines der Bücher lesen oder dich anderweitig aufzuschlauen.


    Notgroschen und Eine Sparplanausführung mit dem Gehaltseingang ist auch gute Möglichkeit sich besser zu disziplinieren.


    Viel Erfolg mit deinen Finanzentscheidungen

  • Wurde eigentlich schon alles gesagt …


    Nur als Ergänzung, habe auch Ausschütter und Thesaurierer in Kombi. War allerdings damals damit begründet das es den gewünschten ETF nur als Ausschütter gab.


    Viel kommt dabei aber nicht rum um die Erwartungen an die Dividenden mal einzubremsen. ^^