Steuerersparnis durch Voruaszahlung von Beiträgen in der PKV: Verständnisproblem

  • Hallo zusammen,

    man liest in mehreren Portalen den Steuertipp, Beiträge zur PKV im Voraus zu zahlen. Es können sich Steuerersparnisse ergeben, wenn im Folgejahr mit anderen Versicherungen als der Krankenversicherung (Haftpflicht, Berufsunfähigkeit usw.) die Grenze von 1900 Euro (bei Angestellten) ausgeschöpft wird.

    Die Webseiten sind sich uneinig, was in dem Jahr, in dem man keine Beiträge zur PKV zahlt (weil man sie im Vorjahr schon bezahlt hat) mit den Arbeitgeberbeiträgen passiert.

    Die Lohnsteuerhilfe schreibt hierzu: "Ansonsten ändert sich beim Arbeitgeberzuschuss nichts. Er wird wie bisher monatlich ausbezahlt und kommt so zurück ins Portemonnaie. Er bleibt wie bisher steuerfrei [...]".

    Der Versicherer Ottonova schreibt hierzu: "Der Zuschuss wird dann steuerlich wie ein Bruttoeinkommen behandelt. Dies führt unter dem Strich zu höheren Steuerzahlungen als ohne Vorauszahlung."

    Diese Aussagen könnten gegensätzlicher nicht sein -- oder ich habe ein massives Verständnisproblem. Für eine Aufklärung wäre ich sehr dankbar!

  • Die Lohnsteuerhilfe schreibt hierzu: "Ansonsten ändert sich beim Arbeitgeberzuschuss nichts. Er wird wie bisher monatlich ausbezahlt und kommt so zurück ins Portemonnaie. Er bleibt wie bisher steuerfrei [...]".

    Das ist soweit richtig

    Der Versicherer Ottonova schreibt hierzu: "Der Zuschuss wird dann steuerlich wie ein Bruttoeinkommen behandelt. Dies führt unter dem Strich zu höheren Steuerzahlungen als ohne Vorauszahlung."

    Der erste Satz ist zumindest irreführend. Der Zuschuss verringert normalerweise den absetzbaren Beitrag entsprechend. Wenn kein Beitrag gezahlt wird, aber weiterhin der Zuschuss zum Beitrag, wirkt er steuerlich wie Bruttoeinkommen wie sonst auch. Nur ist er jetzt nicht unter, sondern über der PKV-Beitrags-Null-Linie und somit findet er im Steuerbescheid besondere Erwähnung..

    Der zweite Satz stimmt natürlich für dieses zweite Jahr, aber auch nur dafür. Man muss diese beiden Jahre - das erste mit 2 PKV/PPV-Jahresbeiträgen, das zweite mit 0, immer zusammen betrachten.

    Und wenn da BU,Beiträge, Haftpflichtbeiträge (auch KFZ), RLV-Beiträge und last not least die Arbeitnehmeranteile zur Alo-Versicherung geltend gemacht werden, ist man schnell bei 1900, bei Doppelverdiener-Ehepaaren mit fast allem doppelt, auch schnell bei 3.800 oder zumindest in der Nähe dieser Höchstsätze.

    "Unhappy Wife - Unhappy Life!" Roger Murgatroyd, 1977

  • Danke an Alexis für die Ausführungen. Ich musste darüber nachdenken und weiter recherchieren. Ich möchte nun fragen, ob die folgende Darstellung zutreffend ist?

    Von der Steuer absetzen kann ich, was ich aus eigener Tasche zahle, also PKV-Beitrag minus Arbeitgeberzuschuss. Bei "normaler" Zahlung der PKV-Beiträge (ohne jegliche Vorauszahlung) ist der Arbeitgeberzuschuss (Monat für Monat) gerade die Hälfte des PKV-Beitrags. Somit ist die Differenz zwischen PKV-Beitrag und Arbeitgeberzuschuss gerade gleich dem Arbeitgeberzuschuss -- somit lässt sich vereinfachend auch sagen, der Arbeitgeberzuschuss bliebe steuerfrei.

    Zahlenbeispiel: Seien PKV-Beitrag = 600 Euro und Arbeitgeberzuschuss = 300 Euro. Somit kann ich (600 Euro - 300 Euro) = 300 Euro absetzen. Das entspricht gerade dem Arbeitgeberzuschuss.

    Bei Vorauszahlung des PKV-Beitrags ist das immer noch so. Nur ist der PKV-Beitrag eben gleich Null in einem Jahr, für das vorausbezahlt wurde.

    Im Zahlenbeispiel: (0 Euro - 300 Euro) = -300 Euro

    Somit werden 300 Euro nicht von der Steuer abgesetzt, sondern sogar für die Steuer angesetzt (Minuszeichen). Das entspricht gerade dem Arbeitgeberzuschuss. Somit lässt sich vereinfachend auch sagen, der Arbeitgeberzuschuss sei steuerpflichtig.

    In einem Jahr, in dem für das Folgejahr vorausbezahlt wird, ergibt sich im Zahlenbeispiel, auf einen Monat heruntergebrochen:

    2*600 Euro - 300 Euro = 900 Euro

    In einem Jahr, in dem ich für das Folgejahr vorauszahle, kann ich also 900 Euro absetzen, und muss demgegenüber in einem Jahr, für das vorausgezahlt ist, 300 Euro steuerpflichtig ansetzen. Das gibt insgesamt den Betrag von 600 Euro, den ich von der Steuer absetzen kann -- also den gleichen Betrag, der sich über die betrachteten zwei Jahre ergäbe, wenn ich den Vorauszahlungshokuspokus garnicht anstellen würde.

    Jedoch entsteht der "neue" Vorteil, dass ich in einem Jahr, für das die PKV vorausbezahlt wurde, zusätzlich auch BU, Haftpflicht usw. bis zur Obergrenze von 1900 Euro (ledig, angestellt) von der Steuer absetzen kann.

    Ist diese Darstellung zutreffend? Ich bin mir keineswegs sicher. Danke für Eure Einschätzung.

  • Hallo Astromax

    Zahlenbeispiel: Seien PKV-Beitrag = 600 Euro und Arbeitgeberzuschuss = 300 Euro. Somit kann ich (600 Euro - 300 Euro) = 300 Euro absetzen. Das entspricht gerade dem Arbeitgeberzuschuss.

    Was du absetzen kannst ist nicht der Arbeitgeber, sondern der Arbeitnehmeranteil, aber solange beider gleich hoch sind, ok.

    Bei Vorauszahlung des PKV-Beitrags ist das immer noch so. Nur ist der PKV-Beitrag eben gleich Null in einem Jahr, für das vorausbezahlt wurde.

    Genau so ist es.

    Somit werden 300 Euro nicht von der Steuer abgesetzt, sondern sogar für die Steuer angesetzt (Minuszeichen). Das entspricht gerade dem Arbeitgeberzuschuss. Somit lässt sich vereinfachend auch sagen, der Arbeitgeberzuschuss sei steuerpflichtig.

    So wirkt sich das in diesem 2. jahr mit 0 PKV/PPV-Beiträgen aus.

    2*600 Euro - 300 Euro = 900 Euro

    Lass mich hier einhaken.

    In einem leistungsstarken PKV-Tarif mit allen 5 "Schikanen", also den speziell für die Steuer herausgepickten Tarifleistungen

    1) Ambulante Behandlung (auch) durch Heilpraktiker

    2) stationär 2-Bettzimmer oder Wahlarztbehandlung (Chefarzt)

    3) stationär Mehrkosten 1- ggü. 2-Bettzimmer

    4) Zahnersatz (egal wieviel % Erstattung!)

    5) Kieferorthopädie (auch egal wieveil)

    ist der Beitrag nur zu knapp 80% steuerlich abzugsfähig. Nur ein sehr schwacher Tarif, der also 0 von diesen 5 Leistungen enthält, wäre zu 100% abzugsfähig. Schwachsinn zwar, aber so ist es. Bzw. wäre es, denn wer sucht sich sowas aus?

    Mal diese 80% Abzugsfähigkeit unterstellt, sieht Deine obige Gleichung so aus:

    2 x 480 Euro - 1 x 300 Euro = 660 Euro.
    Darf ich diese Änderung in Deine weiteren Zitate übernehmen? Ja? Danke ;)

    In einem Jahr, in dem ich für das Folgejahr vorauszahle, kann ich also 660 Euro absetzen, und muss demgegenüber in einem Jahr, für das vorausgezahlt ist, 300 Euro steuerpflichtig ansetzen. Das gibt insgesamt den Betrag von 360 Euro, den ich von der Steuer absetzen kann -- also den gleichen Betrag, der sich über die betrachteten zwei Jahre ergäbe, wenn ich den Vorauszahlungshokuspokus garnicht anstellen würde.

    Ja genau, denn ohne den Hokuspokus wären es ja nicht 300 , sondern (480-300) 180 €

    Jedoch entsteht der "neue" Vorteil, dass ich in einem Jahr, für das die PKV vorausbezahlt wurde, zusätzlich auch BU, Haftpflicht usw. bis zur Obergrenze von 1900 Euro (ledig, angestellt) von der Steuer absetzen kann.

    Das ist der Punkt. Insgesamt sähe die Rechnung dann so aus: Durch den Hokuspokus zusätzlich absetzbar wären

    1) im 1. Jahr + 12 x 360 € = 4.320 €
    2) im 2. Jahr - 12 x 300 € = -3.600 €
    3) im 2. Jahr zusätzlich die 1.900 €, summa summarum 1.920 € in 2 Jahren.

    macht bei 40 % Grenzsteuersatz in 2 Jahren 768 € mehr auf dem Konto.

    Dieser Wert kann noch um einen dreistelligen Betrag steigen, etwa wenn Dein Versicherer bei Jahreszahlung Skonto gewährt. Bei 3% Skonto sinkt der Beitrag in 2 Jahren immerhin von (in Deinem Beispiel) 14.400 um 3 x 144 = 432 €.

    Diese 432 € könntest Du natürlich nur zum Teil auf die obigen 768 € hinzurechnen, denn der insgesamt abzugsfähige Beitrag, aber auch der negativ in die Rechnung einfließende Arbeitgeberzuschuss sind ja ebenfalls "diskontiert".

    Dagegenzurechnen
    wäre natürlich noch der eventuelle Zinsverlust, der sich durch die Vorauszahlung ergäbe. Dazu habe ich jetzt kein Zahlenbeispiel, wollte den Aspekt aber auch nicht unter den Tisch fallen lassen.

    Ist diese Darstellung zutreffend? Ich bin mir keineswegs sicher. Danke für Eure Einschätzung.

    War für den Anfang doch gar nicht schlecht. :thumbup: :thumbup: Klar, woher solltest Du die Schikane mit den 5 Schikanen kennen? 8)

    Ich hänge hier mal ein PDF mit in etwa denselben Ausgangswerten für die beiden Steuerjahre 2023 und 2024 an. Das Ganze ohne Beitragsskonto.

    Jahresvorauszahlung 2023-2024.pdf

    Gruß

    Alexis

    "Unhappy Wife - Unhappy Life!" Roger Murgatroyd, 1977

  • Das hast Du so richtig verstanden. Könnte man die "Nicht-Basisabsicherung" aus dem Gesamtbeitrag herausfilettieren und sie komplett ins Jahr 2 schubsen, wäre das - rein steuerlich - natürlich eine super Sache.

    Aber das kannst du vergessen. Selbst wenn die PKV so etwas Pfiffiges im Sinne ihrer Kunden entwickeln wollte: Da hat sie andere Baustellen, z.B. die Weigerung der Politik, endlich mal etwas gegen die ärgerlichen unregelmäßigen Beitragssprünge zu unternehmen. Oder die Dauermauerei in Sachen GOÄ/GOZ.

    Außerdem: Gegen diese Steuerersparnis-Phantasie fände sich flugs eine notfalls partei- oder koalitionsübergreifende Mehrheit im Bundestag.

    "Unhappy Wife - Unhappy Life!" Roger Murgatroyd, 1977

  • Also wenn Du jetzt in 2024 den ab 1.1.2025 bekannten, höheren Beitrag auch für 2026 vorauszahlen kannst, dann wären das schon mal 3 Jahresbeiträge, genauer: Die Beiträge für 3 Jahre.

    Wenn Du dafür jetzt den Gesamtfaktor 2,5 annimmst, dann hieße das für die von Dir erwartete weitere Beitragssteigerung von 2025 auf 2026 ... das lässt sich nur erahnen, solange dein Anstieg 2024/2025 nicht bekannt ist.

    Aber um mal Haie Westhues aus "Im Westen nichts Neues" zu zitieren: "Ssstramm isse!" ;)

    "Unhappy Wife - Unhappy Life!" Roger Murgatroyd, 1977

  • "Der [Arbeitgeber-]Zuschuss [zur Kranken- und Pflegeversicherung] wird dann steuerlich wie ein Bruttoeinkommen behandelt. Dies führt unter dem Strich zu höheren Steuerzahlungen als ohne Vorauszahlung."

    Der erste Satz ist zumindest irreführend.

    Per saldo aber sachgerecht. Der Arbeitgeber zahlt den Zuschuß zur Kranken- und Pflegeversicherung bei einem privat oder freiwillig Versicherten lohnsteuerfrei aus. Der Zuschuß ist zweckgebunden, der Arbeitnehmer führt ihn an die Krankenversicherung ab.

    Diesen Anteil der Prämie darf der Arbeitnehmer dann nicht absetzen.

    Rechnerisch ist das gleich: Der Arbeitnehmer bekommt den Arbeitgeberzuschuß lohnsteuerfrei und darf ihn nicht absetzen. Alternativ könnte er den Arbeitgeberzuschuß versteuern und dann die gesamte Prämie absetzen. Just das passiert bei einer Jahresvorauszahlung:

    Im betreffenden Jahr kann der Arbeitnehmer die Prämie der Basisversorgung komplett absetzen, den im Folgejahr monatlich ausgezahlten Arbeitgeberzuschuß muß er dann versteuern.

    Eine sinngemäß ähnliche Arithmetik ergibt sich bei einer Beitragsrückerstattung. Die muß der Versicherte faktisch versteuern, weil sie das Absetzvolumen verringert.

  • Könnte man die "Nicht-Basisabsicherung" aus dem Gesamtbeitrag herausfilettieren und sie komplett ins Jahr 2 schubsen, wäre das - rein steuerlich - natürlich eine super Sache.

    Ja. Sie würde bei mir schon einen erheblichen Teil der 1900 € ausmachen, die ich im Nicht-Zahl-Jahr zusätzlich absetzen könnte.

    Aber das kannst du vergessen. Selbst wenn die PKV so etwas Pfiffiges im Sinne ihrer Kunden entwickeln wollte: Da hat sie andere Baustellen, z.B. die Weigerung der Politik, endlich mal etwas gegen die ärgerlichen unregelmäßigen Beitragssprünge zu unternehmen. Oder die Dauermauerei in Sachen GOÄ/GOZ.

    Was sollte die Politik Deines Erachtens denn gegen die ärgerlichen unregelmäßigen Beitragssprünge unternehmen?

    Und was meinst Du mit "Dauermauerei in Sachen GOÄ/GOZ)"?

  • Was sollte die Politik Deines Erachtens denn gegen die ärgerlichen unregelmäßigen Beitragssprünge unternehmen?

    Eine ganze Menge. Sie könnte dafür sorgen, dass die sogenannten "Auslösenden Faktoren", die eine Beitragsanpassung erzwingen oder zumindest erlauben, nach unten verändert werden. Das würde zwar nicht die Kostenentwicklung beeinflussen, aber doch dafür sorgen, dass eine Erhöhung vielleicht früher, aber nicht so heftig wie empfunden kommt.

    Das fordert die Branche, übrigens in seltener Eintracht mit Verbraucherorganisationen, schon länger. Die involvierten Ministerien, in erster Linie das für Gesundheit verantwortliche, stellen sich taub. Und solange das nicht aktiv wird, hat das für die Finanzen verantworliche auch keinen Handlungsdruck.

    Und bevor Du Quellen hierzu einforderst, Achim Weiss, sage ich Dir gleich: Bin zu faul zum Suchen, aber wenn Du es selbst versuchst, wirst Du auch fündig. ;)

    Und was meinst Du mit "Dauermauerei in Sachen GOÄ/GOZ)"?

    Da geht es um die längst überfällige Aktualisierung der privat(zahn)ärztlichen Gebührenordungen, deren Ziffernkatalog noch aus dem letzten Jahrtausend stammt. Da ist die Gesundheitspolitik schon ewig am Zug, aber immer ist gerade irgendein anderer Zug dringender, eiliger und wichtiger, und selbst wenn es der am Cannabis-Pfeifchen ist. 8)

    "Unhappy Wife - Unhappy Life!" Roger Murgatroyd, 1977

  • Was sollte die Politik Deines Erachtens denn gegen die ärgerlichen unregelmäßigen Beitragssprünge unternehmen?

    Sie könnte dafür sorgen, dass die sogenannten "auslösenden Faktoren", die eine Beitragsanpassung erzwingen oder zumindest erlauben, nach unten verändert werden. Das würde zwar nicht die Kostenentwicklung beeinflussen, aber doch dafür sorgen, dass eine Erhöhung vielleicht früher, aber nicht so heftig wie empfunden kommt.

    Bezahlt müssen die Krankheitskosten aber doch. Die Baby-Boomer kommen nun ins Rentenalter, die Krankheitskosten werden allein durch die Mengenausweitung steigen, selbst bei unveränderten Tarifen. Das gilt für die GKV wie die PKV gleichermaßen.

    Und was meinst Du mit "Dauermauerei in Sachen GOÄ/GOZ)"?

    Da geht es um die längst überfällige Aktualisierung der privat(zahn)ärztlichen Gebührenordungen, deren Ziffernkatalog noch aus dem letzten Jahrtausend stammt. Da ist die Gesundheitspolitik schon ewig am Zug, [...]

    Glaubst Du, daß die Krankheitskosten dadurch sinken werden, daß man die ärztlichen und zahnärztlichen Gebührenordnungen an die Inflation anpaßt?

  • Bezahlt müssen die Krankheitskosten aber doch. Die Baby-Boomer kommen nun ins Rentenalter, die Krankheitskosten werden allein durch die Mengenausweitung steigen, selbst bei unveränderten Tarifen. Das gilt für die GKV wie die PKV gleichermaßen.

    Habe nix Gegenteiliges behauptet.

    Glaubst Du, daß die Krankheitskosten dadurch sinken werden, daß man die ärztlichen und zahnärztlichen Gebührenordnungen an die Inflation anpaßt?

    Nein. Wer hat dich auf dieses Gleis geschoben?

    "Unhappy Wife - Unhappy Life!" Roger Murgatroyd, 1977