Strompreisbremse - Lieber Lieferant mit teurem Arbeitspreis und günstigem Grundpreis wählen?

  • Hallo zusammen,


    gem. der geplanten Strompreisbremse soll es eine Deckelung beim Arbeitspreis von 40 Cent pro Kilowattstunde geben. Für den Grundpreis gibt es m.E.n. keine solche Regelung. Macht es dahingehend nicht Sinn, einen Lieferanten v.a. nach dessen Grundpreis auszuwählen? Wenn man es schafft, seinen gesamten Verbrauch auf die besagten "80% des bisherigen Verbrauchs" zu reduzieren (z.B. weil sowieso eine Person ausziehen wird), spielt es ja keine Rolle, ob der eigentliche Arbeitspreis des Lieferanten bei 42 Cent oder bei 82 Cent liegt. Was meint ihr?

  • Hallo NiWe28,

    Woher haben Sie denn diese Information, dass die Grenze 80% des bisherigen (welcher Zeitraum?) Verbrauchs wäre??


    Gruß Pumphut

    Von hier: Gaspreisbremse & Strompreisbremse erklärt – mit Rechner - Finanztip bzw. genauer: "Dafür wird der Jahresverbrauch, der im September 2022 Deiner monatlichen Abschlagszahlung zugrunde lag, herangezogen. " Habe mir diesen Jahresverbrauch auch von meinem Lieferanten bestätigen lassen, bei dem ich den Sep. 2022 Abschlag gezahlt habe.


    Ist das nicht korrekt?

  • Das gilt für Gas, für Strom wurde es im Verlauf des Gesetzgebungsverfahren noch geändert. Für Strom ist es pro Monat ein Zwölftel der jeweils aktuellen Jahresverbrauchsprognose.


    Außerdem sollten die Einsparmöglichkeiten bei Strom nicht überschätzt werden. Wer sich bisher schon halbwegs vernünftig verhalten hat, wird da schnell an enge Grenzen stoßen. Mal einfach so 20% einsparen wird selten gelingen. Die Heiztemperatur lässt sich zum Gas einsparen herunter drehen, die Gefriertruhe oder der Kühlschrank nicht. Es wird auch niemand zum Wäsche waschen an einen Fluß gehen, um Strom zu sparen, sondern typischerweise dafür auch weiter die heimische Waschmaschine benutzen. Und die Heizungspumpe braucht auch bei niedrigerer Raumtemperatur fast genauso viel Strom wie bei höherer. Der Stromverbrauch wird maßgeblich von solchen Dauer- und Großverbrauchern bestimmt. Wobei es dem Kühlschrank auch egal ist, wieviele Personen sich daraus bedienen und der Fernseher braucht nicht weniger Strom, wenn eine Person weniger davor sitzt. Und manche der immer wieder angepriesenen Einspartips fallen einfach nur unter die Rubrik 'dummes Zeug'. Die berühmten 100 €, die angeblich eingespart werden können, wenn der Fernseher nicht mehr in Stand-By geschickt, sondern immer komplett ausgeschaltet wird, setzen z. B. einen uralten Röhrenfernseher voraus. Bei einem halbwegs modernen Gerät liegt der Stand-By-Verbrauch bei unter 1 W und dann kommt man auf eine tatsächlich mögliche Einsparung von vielleicht 7 KWh oder 2,80 € pro Jahr.


    Ich finde es viel spannender, dass hier bei uns zur Zeit die Strompreise bei Verträgen ohne Preisgarantie nicht erhöht werden. Der Grundversorger (einer der bundesweit tätigen ganz großen in der Branche) nimmt in der Grundversorgung auch weiterhin und bis mindestens Ende Februar knapp 33 Cent/kWh. Mein Lieferant (ein anderer ganz großer in der Branche) hält auch die Füße still und das, obwohl ich noch Strom für knapp 22 Cent/kWh beziehe, die Preisgarantie am 01.02.2023 ausläuft und Preisänderungen mit einer vertraglich festgelegten Frist von sechs Wochen angekündigt werden müssen. Ich hatte eigentlich mit einem unangenehmen "Weihnachtsgeschenk" gerechnet, aber bisher ist nichts gekommen.

  • These:


    "Wenn die für solche "Optimierungsüberlegungen" aufgewendete Zeit in Überstunden oder einen 450 Euro Job wandern würde, dann würden die betreffenden Personen sich vermutlich finanziell wesentlich besser stellen."


    Aber der Deutsche kann halt nicht anders.

  • Hallo Xenia und Benjamin Weigl,


    zuerst allen Mitarbeitern von Finanztip und allen Usern ein gesundes und erfolgreiches 2023.

    "Dafür wird der Jahresverbrauch, der im September 2022 Deiner monatlichen Abschlagszahlung zugrunde lag, herangezogen. "

    Da haben wir den Salat. Bevor noch weitere Verbraucher auf die sehr vereinfachenden Erläuterungen und den Rechnern für die Gas- und Strompreisbremse hereinfallen, schlage ich vor, die Rechner erst einmal vom Netzt zu nehmen und die volle Schönheit der Gedanken des Gesetzgebers wirken zu lassen. Die Regelungen beim Strom sind nämlich wesentlich komplexer, als bisher dargestellt. Basis für die 80%- Berechnung ist eine Verbrauchsprognose (kein historischer Verbrauch), bei der zumindest ich bisher nicht verstanden habe, wer, wann und auf Basis welcher Daten diese Prognose erstellen wird.


    Auch beim Gas und dem Dezemberabschlag sind Präzisierungen nach den nun vorliegenden Gesetzestexten erforderlich. (Spezialität am Rande: Es wird nicht der Dezemberabschlag erlassen, sondern der im Dezember fällige Abschlag. Wird der Dezemberabschlag erst nachschüssig am 02.01. fällig, ist er erst einmal zu bezahlen.)


    Ich denke, Finanztip hat den Anspruch, exakte Verbraucherinformationen zu liefern und nicht nur die oberflächliche Teilinformation der Tagespresse.


    Gruß Pumphut

  • Hallo Pumphut und in die Runde,


    zunächst einmal ein frohes neues Jahr allen zusammen!


    Die von NiWe28 zitierte Textstelle ist mittlerweile tatsächlich überholt - sie stammte nicht aus dem Hauptratgeber zu den Preisbremsen, sondern aus dem FAQ am Seitenende. Ich habe den Fehler nun korrigiert - danke für den Hinweis. Grundsätzlich arbeiten wir gerade daran, detailliertere Informationen zur Ermittlung der Berechnungsgrundlage für den Entlastungsbetrag zur Verfügung zu stellen. Bis zu einer Präzisierung des Ratgebers bitte ich derweil noch um Gelduld - auch, da es sich zwischen den Jahren als sehr schwer erwiesen hat, an Informationen zu kommen.

    Übrigens wird dieses Detail, welches die Strom- und Gaspreisbremse voneinander unterscheidet, bzw. allgemein die Berechnungsgrundlage an vielen Stellen nur vereinfachend erklärt. Bei der Verbraucherzentrale etwa steht aktuell nichts über den Unterschied: https://www.verbraucherzentral…aq-zur-energiekrise-76138
    Selbst in den Texten der Bundesregierung und dem FAQ zur Strompreisbremse ist vom "historischen" Verbrauch bzw. dem "bisherigen Jahresverbrauch" die Rede.

    Unser Ziel ist es, unsere Ratgeber zu den verschiedenen Themen so einfach zu halten wie möglich und so kompliziert wie nötig. Ich bitte deshalb um Verständnis, dass wir nie alle Eventualitäten und Fallbeispiele werden berücksichtigen können.

    Im Fall der Strompreisbremse werden wir aber auf jeden Fall noch präzisieren. Deshalb nochmals: Danke für den Input!


    Viele Grüße, Benjamin

    Finanztip-Experte für Energie

  • Bei der Gelegenheit noch zur "Dezemberhilfe", weil das oben ja auch angesprochen wurde.


    Die Höhe der Leistung, die der einzelne Verbraucher bekommt, wird erst mit der nächsten Jahresabrechnung endgültig berechnet werden, die Nichterhebung des Dezemberabschlags war zunächst einmal eine Vorableistung, bei der es in sehr vielen Fällen nicht bleiben wird. Das wird mit Sicherheit auch noch jede Menge Nachfragen und Gezeter geben, wenn die Abrechnungen kommen. Endgültig bekommt der Erdgasbezieher einen Betrag, der sich errechnet aus einem Zwölftel der Jahresverbrauchsprognose aus September 2022 multipliziert mit den Preisen von Dezember 2022 und das wird bei der nächsten Abrechnung mit dem erstmal pauschal nicht erhobenen Abschlag aus dem Dezember verrechnet. Das wirkt sich wie folgt aus:

    1. Der Dezemberabschlag war niedriger, als er nach dem genannten Rechenmodell hätte sein sollen: Der Verbraucher bekommt mit der Jahresabrechnung noch einen "Nachschlag".

    2. Der Dezemberabschlag war höher, als er nach dem genannten Rechenmodell hätte sein sollen: Ein Teil der "Dezemberhilfe" wird wieder einkassiert.

    Unter 2. fällt auch die weit verbreitete Praxis, dass der Versorger selbst für die Bemessung der von ihm verlangten Abschlagshöhe nicht mit 12, sondern nur mit 11 Raten pro Jahr kalkuliert (die 12. Rate ist dann das Ergebnis der Jahresabrechnung).

  • Bei der Gelegenheit noch zur "Dezemberhilfe", weil das oben ja auch angesprochen wurde.


    [...]

    Unter 2. fällt auch die weit verbreitete Praxis, dass der Versorger selbst für die Bemessung der von ihm verlangten Abschlagshöhe nicht mit 12, sondern nur mit 11 Raten pro Jahr kalkuliert (die 12. Rate ist dann das Ergebnis der Jahresabrechnung).

    Das betrifft z. B. auch meinen Fall: Meine Jahresprognose für (1.1.-31.12.) 2022, mir mitgeteilt im Februar 2022, war/ist 1.914 €, ein durch 11 teilbarer Betrag. Seit 1.3. wurden bis heute, 2.1.23, 10 Raten je 174 € eingezogen; Anfang Dezember wurden 0 statt 174 € eingezogen.


    Ich rechne damit, dass bei der nächsten Jahresrechnung im Februar, 14,50 € (1/12 von 174 €) wieder einbehalten werden bzw. ein leicht davon abweichender Betrag, denn der Nettopreis je kWh im Dezember war 6,19 Cent, im Februar noch 5,35 Cent.

    Da andererseits der Grundpreis gleich geblieben ist, ist es auch mit dem einfachen Dreisatz 14,50 x 5,35 / 6,19 nicht getan; sie werden es mir schon centgenau verklickern.;)

    Besuche bereiten immer Freude. Wenn nicht beim Kommen, dann beim Gehen.

    Altes portugiesisches Sprichwort, Quelle unbekannt